-
Anordnung zur Erzeugung eines Kippvorganges mittels Elektronenröhren
Es sind Relaisanordnungen von Wichtigkeit, die durch einen kurzdauernden Spannungsstoß
zum Ansprechen gebracht werden und die dann einen elektrischen Vorgang zum Ablauf
bringen, der seinem zeitlichen Verlauf nach von der anstoßenden Spannung im wesentlichen
unabhängig ist.
-
Anwendungsbeispiele dafür sind die Anordnungen, die zum selbsttätigen
Schreibren der Zeitlinie bei oszillographischen Aufnahmen verwendet werden. Für
diesen Zweck sind bereits einige Schaltungen angegeben worden. Der Zeitkipper nach
Rog,owski-W@olff benutzt die Entladung eines Kondensators, die nach dem Zusammenbruch
der Spannung an einer Funkenstrecke über deren nach dem Zünden sehr kleinen Widerstand
stattfindet. Dabei wird dieser Spannungszusammenbruch an der vorgespannten Funkenstrecke
durch einen kurzzeitigen überspannungsstoß herbeigeführt. Dieser auf den Kathodenoszillograph
zugeschnittene Zeitkipper .eignet sich besonders gut für hohe Spannungen.
-
Für kleine anstoßende Spannungen wurde für denselben Zweck zuerst
von D. G a b o,r ein Kipprelais angegeben (vgl. Forschungsheft i der Studiengesellschaft
für Höchstspannungsanlagen). Später wurde eine vereinfachte Anordnung von R o g
o w s k i -P e e k unter Schutz gestellt (Patent 51q.482).
-
Diese Relais beruhen im Prinzip darauf, daß in Elektronenröhren durch
einen Spannungsstoß ein Strom entsteht und daß der Spannungsabfall, den der also
eingeleitete Strom in Widerständen verursacht, dazu benutzt wird, die Elektronenröhren
in geeigneter Weise zu steuern, so daß der durch den Spannungsstoß ausgelöste Vorgang
auch nach Beendigung des Stoßes seinen weiteren Verlauf nimmt. Beide genannten Relais
kehren nach Ablauf des beabsichtigten Vorganges in ihren betriebsbereiten Zustand
zurück.
-
Es wird hier eine neue Anordnung vorgeschlagen, die auf einem anderen
Prinzip beruht und die sich durch eine besondere Einfachheit und eine weitgehende
und leichte Regulierharkeit auszeichnet.
-
Die vorgeschlagene Anordnung benutzt die Eigenschaften der von A.
W. H u 1 l angegebenen Dynatronschaltung.
-
Auch von H u d e c sind bereits auf Grund der Hullschen Dynatronschaltung
Kippschaltungen angegeben worden; doch handelt es sich dabei ausschließlich um periodische
Vorgänge, während der einmalige Kippvorgang nicht erzeugt werden kann.
Zur
Lösung der letzteren Aufgabe wird hier die Hullsche Schaltung auf neuartige Weise
ausgenutzt. Die bekannten Kennlinien dieser Schaltung zeigt Abb. i. Die Elektronenröhre
hat dabei positives Gitterpotential. Mit steigender Anodenspannung steigt zunächst
der Anodenstrom an, fällt dann wieder ab und erreicht ein Minimum, tun dann erneut
anzusteigen. Bei passender Wahl der Heizung und der Gitterspannung kann man es erreichen,
daß die Kennlinie ein kleines Stück unter der Nullinie verläuft.
-
Diese Eigentümlichkeit der Kennlinie wird nun gemäß der Erfindung
dadurch zur Erzeugung eines Kippvorganges ausgenutzt, daß die Röhre finit einer
Anodenspannung betrieben wird, die dem wieder ansteigenden Ast der Kennlinie entspricht,
und daß parallel. zur Röhre ein Kondensator geschaltet ist, der sich über den Anodenstromkreis
der Röhre entlädt, wenn durch einen Spannungsstoß, der eine Erniedrigung der Anodenspannung
oder eine entsprechende Änderung der Gitterspannung zur Folge hat, der Kippvorgang
eingeleitet ist. Falls die Anodenstromkennlinie ein Stück unter der Nullnnie verläuft,
kann man als Arbeitspunkt zweckmäßig den Punkt wählen, in dem der wieder ansteigende
Teil der Kennlinie die Nullinie schneidet. Weitere Einzelheiten gehen aus den im
folgenden beschriebenen Ausführungsbeispielen hervor.
-
Man denke sich eine Elektronenröhre so geheizt und an einem solchen
Gitterpotential liegend, daß eine Kennlinie wie etwa die mit ES = 5oo Volt bezeichnete
in Abb. i gültig ist. Diese Kennlinie schneidet bei den Spannunen OB und
0C die Nullinie. Dort ist also' der Strom Null. Jetzt denke man sich einen Kondensator
auf die Spannung e" = 0C aufgeladen und an Anode und Heizfaden dieser Röhre
angeschlossen (s. Abb.2). Da bei einer Anodenspannung e" = 0C kein Strom
fließt, bleibt der Zustand des Kondensators nach dem Anschalten unverändert. Auch
wenn die Spannung e", auf die der Kondensator vor dem Anschalten aufgeladen wurde,
nicht genau gleich` OC war, stellt sich der stromlose Zustand ein. War nämlich e"
etwa größer als 0C, so fließt die überflüssige Ladung über die Röhre ab, und zwar
mit einem zeitlich abnehmenden Strom, bis die Spannung 0C erreicht ist. War die
Kondensatorspannung vor dem Anschalten ein wenig kleiner als 0C, so lädt die Gitterbatterie
den Kondensator durch die Röhre mit einem Strom entgegengesetzter Richtung auf die
Spannung 4C auf. Das geschieht natürlich auch dann, wenn zur Deckung von Verlusten
im Kondensator Ladung zugeführt werden muß. Der Zustand ist also stabil. Nun soll
durch einen kurzzeitigen Spannungsstoß dieser stabile Zustand in einen labilen übergeführt
werden und infolgedessen eine Entladung des Kondensators über die Röhre veranlaßt
werden. Man denke sich zu diesem Zweck in den Kondensatorkreis noch einen Widerstand
G eingefügt (s. Abb.3). Auf diesen Widerstand möge nun ein Spannungsstoß auftreffen,
derart, daß der Spannungsabfall an G das Anodenpotential herabsetzt, und zwar etwa
auf den Betrag 0D (s. Abb. i). Dann fließt in der Röhre ein Strom DA, der
den Kondensator entlädt. Das Anodenpotential der Röhre sinkt infolgedessen weiter,
der Strom nimmt nacheinander die entsprechenden Werte der Kennlinie an, bis schließlich
der Kondensator vollständig entladen ist, womit dann auch der Strom den Wert Null
erreicht.
-
Soll nun dieses Relais bei einem neuen Stoß wieder betriebsbereit
sein, so muß der Kondensator irgendwie wieder auf die Spannung 0C aufgeladen werden.
-
Das Umschalten des Kondensators von seiner Spannungsquelle an die
Elektronenröhre ist nachteilig. Man kann sich für den praktischen Betrieb einer
Schaltung nach Abb. 4 bedienen.
-
Dabei ist die Spannung E" der Spannungsquelle über den großen Widerstand
H , mit Anode und Kondensator ständig verbunden. Beim Kurzschließen von H mittels
der parallel geschalteten Taste l( lädt sich der Kondensator F auf die Spannung
E" auf, und nach dem öffnen der Taste stellt sich der stabile Zustand mit einer
Kondensatorspannung gleich 0C ein. Gibt man nun auf den WiderstandG im Kondensatorkreis
den Spannungsstoß, der das Relais zum Ansprechen bringt, so voll- i zieht sich die
Entladung des Kondensators. in analoger Weise, wie oben beschrieben, weil der Widerstand
H so groß gewählt wird, daß der Strom, der von der allmählich ansteigenden Spannung,
die sich im Verlauf der Kondensatorentladung nach und nach an den Widerstand H anlegt,
in diesem Widerstand entsteht, verschwindend klein ist gegenüber dem Strom, der
den Kondensator zur Entladung bringt. Immerhin trägt auch der durch H mögliche Strom
zur Stabilisierung des auf-, geladenen Zustandes bei.
-
Um das Relais nach erfolgter Entladung wieder betriebsbereit zu machen,
muß man mit Hilfe der Taste K den Kondensator F wieder aufladen. Darin liegt ein
gewisser Nachteil, und es erscheint erwünscht, die Anordnung so zu gestalten, daß
sie wieder von selbst in den betriebsbereiten Zustand zurückkehrt. Das wird dadurch
erreicht, daß der Ohmsche Widerstand H durch eine passend große Induktivität L ersetzt
wird (s. Abb. 5). Da diese
Induktvität rasche Stromänderungen nicht
zuläßt, ist es auch- bei dieser Anordnung gewährleistet, daß während -der rasch
sich vollziehenden Kondensatorentladung der von der Spannungsquelle durch L gelieferte
Strom verschwindend klein bleibt im Vergleich zu dem Strom, der den Kondensator
-:entlädt. Das hindert andererseits nicht, daß der mit der Zeit in der Induktivität
anwachsende Strom schließlich größer wird als der Strom, welchen die Elektronenröhre
überhaupt zu führen imstande ist, so daß ein Überschuß in den Kondensator fließt,
wodurch dann schließlich ganz selbsttätig eine Wiederäüf= ladung des Kondensators
auf die Spannung 0C erreicht wird.
-
Der ganze Vorgang vollzieht sich, genau besehen, in drei Zeitabschnitten,
die als Entladung, Pause und Aufladung bezeichnet sein sollen. Schematisch ist dies
in Abb. b dargestellt. Für den Verlauf und insbesondere für die Dauer der Entladung
sind bei gegebener Röhrentype hauptsächlich die Größe des Kondensators, die Heizung
der Röhre und die Höhe der Anodenspannung ma.ßgebie!nd. Für den dritten Zeitabschnitt,
die selbsttätige Wiederaufladung, kommt noch der Einfluß der Induktivität hinzu.
Daß zwischen Entladung und Wiederaufladung eine Pause liegt, während der die Kondensatorspannung
und die Anodenspannung der Röhre Null ist, erklärt sich folgendermaßen: Wegen des
endlichen Spannungsabfalles längs des Heizfadens der Röhre ist bei der Anodenspannung
Null der nicht auch Null, sondern er hat einen gewissen Wert, und zwar beispielsweise
bei der vorhin betrachteten Kennlinie mit der Gitterspannung E',= 5oo Volt in Abb.
I den Wert 1o. Ist nun nach Beendigung der Entladung das Anodenpotential Null geworden,
so liegt die Spannung E" an der Induktivität L und bringt darin einen zeitlich ansteigenden
Strom zustande. Solange dieser Strom kleiner als 10 ist, stellt die Röhre einen
Kurzschluß dar, und solange bleibt also der Kondensator spannungslos.
-
Diese Eigentümlichkeit des hier angegebenen Relais ist u. a. wichtig
bei einer Anwendung desselben zum Schreiben der Zeitlinie bei Oszillographen, weil
dadurch ein Rückschreiben des Strahles von vornherein ausgeschlossen ist. Besondere
Vorkehrungen dafür, wie sie bei den bisher bekannten Anordnungen erforderlich sind,
erübrigen sich also hier.
-
In den geschilderten Fällen ist es nicht unbedingt erforderlich, daß
die Kennlinie die Nullinie schneidet, da man .auch einen anderen Punkt auf dem wieder
ansteigenden Teil der Kennlinie als Arbeitspunkt verwenden kann, wenn der diesem.
Punkt entsprechende Strom z. B.- über einen Vorschaltwiderstand der Röhre zugeführt
wird und die Spannung der Anodenstromquelle entsprechend dem Spannungsabfall in
diesem Widerstand erhöht wird.
-
Der Anstoß, der das Relais zum Ansprechen bringt, kann außer. in der
vorhin beschriebenen Weise auch anders erfolgen. Man kann ihn ganz allgemein auf
den Anoden-, den Gitter- oder den Heizkreis einwirken lassen, und als Kopplungsglied
kann statt eines Ohm-_schen Widerstandes jedes andere Schaltelement verwendet werden,
wenn nur bei einem Anstäß der -Übergang der Anordnung aus einem stabilen Zustand
in einen 'labilen Zustand gewährleistet ist.
-
Wegen ihrer großen Einfachheit und weitgehenden und leichten Regulierbarkeit
eignet sich die Anordnung für mannigfache Anwendungen.
-
Schaltet man dem Kondensator F die Zeitablenkplatten eines Oszillographen
parallel, so kann man ohne weiteres einen einlaufenden elektrischen Vorgang selbsttätig
aufzeichnen lassen. ' Ferner kann die Anordnung überall da angewandt werden, wo
das Eintreffen eines Spannungsstoßes festzustellen ist, also zu mannigfachen Zwecken
meßtechnischer Art. Als Beispiel sei hier genannt die Anwendung zur Anzeige der
Abgleichung einer Widerstandsmeßbrücke, die mit Stoßspannungen betrieben wird (wichtig
für Elektrolytemessungen). Entsprechend kann man das Relais für Fernmessung und
für Fernsteuerung verwenden.
-
Insbesondere ist es möglich, das Relais zum Registrieren von Spannungsstößen
zu verwenden, wobei man auch die Stoßdauer und bei Anwendung mehrerer Relais auch
die Stoßhöhe in gewissen Intervallen, ferner die Polarität u. a. fortlaufend aufzeichnen
lassen kann.