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Verfahren zur Herstellung käseartiger Zubereitungen Käse können gemeinhin
nur aus Quarg oder Bruch hergestellt werden, d.b. aus Zwischenerzeugnissen, die
bereits mehr oder weniger stark von Molke befreit sind. Dies hat den Nachteil, daß
in der abgeschiedenen Molke wertvolle Nährstoffe, insbesondere Albumin, Milchzucker,
Milchsäure und Milchsalze, für den Käse und damit für die menschliche Ernährung
verlorengehen.
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Versuche, die Molke aus dem Quarg oder Bruch weniger stark herauszuarbeiten
oder größere Molkenanteile bei der Käseherstellung in die Käsemasse mit hineinzuarbeiten,
scheitern daran, daß der dann zu hohe Feuchtigkeitsgehalt die normale Käsereifung
stört. In der zu feuchten Käsemasse wickeln sich die Reifungsvorgänge zu stürmisch
ab, insbesondere begünstigt der zu hohe Milchzuckergehalt die stürmische Hefeentwicklung,
der zu hohe Wassergehalt die Entwicklung eiweißabbauender Bakterien. Die gewonnene
Käsemasse schmeckt dann bitter und verflüssigt sich zu einer dünnen, abstoßend riechenden
Masse.
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Ausgehend von der Tatsache, daß die üblichen Käsungs- und Reifungsverfahren
aus bakteriologischen Gründen versagen müssen, wenn von einem Rohstoff ausgegangen
wird, welcher höhere Anteile an Albumin, Milchzucker, Milchsäure und Milchsalzen
enthält, wurden Versuche angestellt über eine sinnvolle Einschaltung zusätzlicher
Maßnahmen, um die einzelnen Phasen der Reifung zuverlässig einzusteuern.
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Zunächst wurde gefunden, daß sehr molkenreiche Käsemassen einer normalen
Reifung durch Milchsäurebakterien, Käsehefen und Schimmelpilze unterzogen werden
können, wenn man sie z. B. durch Passieren einer Kolloidmühle - oder Homogenisiermaschine
fein verreibt und dann in dünnster Schicht auf geeigneter Unterlage, z. B. Platten,
Röhren, Drähten oder Seilen aus geeigneten Stoffen, z. B. Glas, Kunstharz, Holz
u.
dgl., reifen läßt. Die Schicht kann 0,5
bis 3,o mm stark sein. Die große Oberfläche
dieser dünnen Käseschichten bewirkt dann eine große Einwirkungsmöglichkeit des Luftsauerstoffs
auf die Bakterien-, Hefen- und Pilzentwicklung und außerdem eine Feuchtigkeitsabdünstung.
Die genannten Mikroorganismen entwickeln sich unter diesen günstigen Verhältnissen
so rasch, daß innerhalb weniger Tage sich die Käsemasse mit einem Rasen von Hefen
und Schimmelpilzen überzieht und dieser Pilzrasen seinen großen Wasserbedarf aus
der Käsemasse deckt. Die Reifungsvorgänge spielen sich nunmehr doppelt so rasch
ab wie bei gewöhnlichen Reifungsverfahr en, und schon nach einigen Tagen hat man
eine gut zusammenhaltende, dabei nicht zu feuchte Käsemasse von feinem Geschmack.
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Es wurde weiter gefunden, daß die bereits geschilderten Maßnahmen
es ermöglichen, sogar gewöhnliche dicksauer geronnene Milch direkt zu Käse zu verarbeiten,
d. h. den ursprünglichen Gehalt dieser Milch an Albumin, Milchzucker, Milchsäure
und Milchsalzen vollständig in Form einer gereiften Käsemasse für die menschliche
Ernährung nutzbar zu machen. Dabei zeigte sich bei der Verarbeitung sehr trockensubstanzarmer
Milch, z. B. Magermilch, aber die Zweckmäßigkeit einer Voreindickung auf etwa 5o0,1o
des ursprünglichen Volumens durch Wärme. Ferner zeigte sich die Nützlichkeit der
Anwendung eines Haftmittels, z. B. Agar-Agar, Gelatine, Johannisbrotkernmehl und
anderer quellender und bindender Massen, um die in dünnster Schicht ausgestrichenen
Milchmassen oder dünnflüssigen Käsemassen besser und gleichmäßiger an die Unterlage
haften zu können.
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Versuche in dieser Richtung ergaben zweierlei i. die Herabsetzung
des Wassergehaltes durch Voreindickung der Milch konnte so weit getrieben werden,
daß besondere Arten von Milchsäurebakterienrassen, z. B. Joghurtbakterien, welche
bekanntlich eine weit größere Menge von Milchzucker in Milchsäure umzuwandeln vermögen
als gewöhnliche Rassen, noch gerade ein gutes Wachstumsvermögen zeigten; 2. daß
es zweckmäßig ist, ein Gemisch von besonderen Milchsäurebakterienrassen zu wählen,
welches nicht nur größte Mengen Milchzucker in Milchsäure umwandelt, sondern auch
einen stark eiweißquellenden Charakter hat, so daß an nachträglich zugesetzten Bindemitteln
gespart werden kann.
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Weiterhin wurde gefunden, daß sich als Ausgangsrohstoffe für die weitere
Behandlung mit Bakterien, Hefen und Pilzen im Sinne der Erfindung nicht nur sehr
wasserreiche, nach der Vorbehandlung durch z. B. Homogenisieren sehr dünnflüssige
Quarg- und Rohkäsemassen eignen, sondern auch derartige Massen, denen nach der Gewinnung
und vor der weiteren Behandlung Molkeneiweiß, Magermilch oder Rahm zugesetzt wurde.
Eine weitgetriebene Homogenisation des fertigen Gemischs ergab eine genügende Haftfähigkeit
auf den Unterlagen, auch wenn die Gemische über 8o% Wasser enthielten.
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Die Verwendung von Haftmitteln, wie Agar-Agar, Gelatine, Johannisbrotkernmehl
oder anderen Pflanzenschleimen, ist dann angebracht, wenn Massen zur Verarbeitung
kommen, die bereits die Phasen der Milchsäurebakterienentwicklung und Milchsäurebildung
durchlaufen haben, das Kasein also in bereits koagulierter Form enthalten. Werden
die fertigen Massen bei Temperaturen oberhalb q.0° dann mit geringen Mengen von
Haftmitteln vermischt, so zeigt sich eine gute Auftragsfähigkeit und Haftfähigkeit
auf der kalten Unterlage, z. B. Glasröhren, Glasplatten usw., infolge der raschen
Abkühlung und Erstarrung der vordem warmen und flüssigen Massen.
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Es zeigte sich aber auch als durchführbar, den Milchsäurebakterienentwicklungsprozeß
erst dann vor sich gehen zu lassen, nachdem die mit Haftmitteln, Milchsäurebakterienkulturen,
Nährsalzen und organischen Säuren bereits angemischten Massen in dünnster Schicht
auf Unterlagen, wie oben beschrieben, aufgetragen waren.
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Die Auftragung erfolgt zweckmäßigerweise durch Eintauchen von z. B.
Glasröhren oder Glasstäbchen in die ¢o° warmen, flüssigen Massen und nachfolgendes
Herausziehen. Die Massen erstarrten fast augenblicklich, hafteten dann gut an der
Oberfläche und hatten eine Dicke von etwa 2 mm. Eine ähnliche Wirkung wurde durch
Bespritzen kalter Unterlagen mit warmen, flüssigen Massen erzielt.
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Erfindungsgemäß wurde festgestellt, daß die Entwicklung von Milchsäurebakterien,
Hefen, Schimmelpilzen und anderen Reifungsbakterien in ganz normaler Weise vor sich
geht, wenn man die Glasröhren, Glasplatten, Drähte oder Seile, auf denen die Massen
in dünnster Schicht haften, in einen infektionsfreien Raum verbringt und die Temperaturen
dieses Raumes auf etwa 18', die Feuchtigkeit auf etwa 700'o hält. Es bilden
sich innerhalb 48 Stunden auf der Oberfläche der Massen dichte Rasen von Schimmelpilzen,
und die Massen selbst werden allmählich von der Reifung durchwachsen, d. h. speckig.
Die Massen können dann von der Unterlage abgestreift werden und sind für weitere
Zwecke verwendungsfähig, z. B. für folgende Zwecke:
i. nach Anmischen
mit Salz, Kümmel oder anderen Gewürzen und Aromastoffen zum direkten Genuß, z. B.
Aufstrichkäse; 2. durch Trocknen der Massen in warmer Luft oder in der Sonne oder
in den bekannten Trocknungsanlagen zu einem trocknen Pulver, welches verwendet werden
kann wie Glarner Schabziger Käse oder Parmesankäse; 3. durch Einschmelzen, gegebenenfalls
unter gleichzeitigem Eindampfen der Massen zu einer haltbaren Konserve nach Art
der Schmelzkäse.
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Für alle drei Verwendungsmöglichkeiten steht in den mit Edelschimmelpilzen
durchwachsenen Klassen ein geeignetes, schmackhaftes, äußerst nahrhaftes und bekömmliches
Produkt zur Verfügung. Verfahrensbeispiel Als Ausgangsmasse wird ein Gemisch von
Speisequarg mit fettarmem Rahm und Molkeneiweiß verwendet. Das Gemisch enthält 820o
Wasser und i 8 % Trockensubstanz. Nach guter Durchmischung wird die Masse in einer
Homogenisiermaschine homogenisiert, bis sie eine glatte, rahmartige Struktur hat.
Der Säuregrad liegt zwischen 6o und 70° nach Soxhlet-Henkel. Die Masse wird darauf
mit i % Säurewecker versetzt, der hergestellt ist aus Joghurtbakterien, Thermophilen-Milchsäurebakterien
oder anderen Milchsäurebakterien, und so lange auf 40° temperiert, bis mindestens
7o bis 8o Säuregrade nach Soxhlet-Henkel erreicht sind. Der nunmehr dicklich gewordenen
Masse werden 2 % Johannisbrotkernmehl, letzteres in trockener Form, einverleibt
bei einer Temperatur, die zwischen 25 und 30° liegt. Nachdem zwecks besserer Hineinarbeitung
des Mehls die Masse eine Kolloidmühle passiert hat, erfolgt der Zusatz der für die
Käsereifung wichtigen Kulturen und Nährstoffe, also o,io/oo gewöhnliche Milchsäurebakterienkultur,
o, i%o Oidium lactis, o,io/oo Weißschimmelkultur und o,io/oo Käserotkultur, ferner
i % Zucker und 1A00/00 Weinsäure. Die fertig angemischte Masse enthält etwa 79%
Wasser und 210;o Trockensubstanz. Nunmehr erfolgt die Auftragung der halbflüssigen,
bindigen und glatten Masse in bis zu 3 mm starken Schichten auf Platten, Drähte
oder Seile, die aus geeigneten nicht oxydierbaren Stoffen, z. B. Holz, Kunstharz,
Glas oder Glaswolle, hergestellt sind. Hierbei können die erwähnten festen Unterlagen
ebensowohl in die halbflüssigen Massen eingetaucht als auch mit der Masse bespritzt
werden. Hierauf erfolgt die Verbringung der auf festen Unterlagen in dünnen Schichten
hergerichteten Massen in den infektionsfreien Reifungsraum, der eine Temperatur
von 18° und einen Luftfeuchtigkeitsgehalt von 70% hat. Es entwickelt sich ein rasches
Bewachsen auf den in großen Flächen und dünnen Schichten stark luftberührten Massen
mit Oidium lactis und Weißschimmelrasen. Die starke Vegetation dieser Oidien und
Pilze entzieht der Masse Feuchtigkeit und gibt sie an die umgebende Luft ab. Es
wird Sorge getragen, daß. die feuchte Luft abgeführt und durch trockene Luft ersetzt
wird. _VTach 48- bis 96stündigem Aufenthalt im Reifungsraum sind die Schichten fertig
bewachsen und gereift und haben in diesem Zustand einen Wassergehalt von weniger
als 700/0. Sie besitzen einen feinen Käsegeschmack und können nach Zusatz von Salz
und Gewürz sowohl zu einem Brotaufstrich vermahlen als auch durch Trocknen zu einem
reibkäseähnlichen Produkt verarbeitet oder durch Einschmelzen zu einer schmelzkäseartigen
Zubereitung verarbeitet werden.
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Der eigenartige Effekt des Verfahrens besteht i. in der Möglichkeit,
sehr nasse, wasserreiche Ausgangsmassen einer Käsereifung unmittelbar zu unterziehen,
2. den hohen Wassergehalt der Massen nutzbar zu machen zu einer reichlichen Entwicklung
von Reifungspilzen und Organismen, 3. hierdurch die Käsereifung zu beschleunigen,
d. h. den Reifungsverlauf abzukürzen, und 4. durch das Reifenlassen der Massen in
dünnen, breit gelagerten Schichten zu verhindern, daß sich der gegenüber gewöhnlichen
Käsemassen relativ hohe Gehalt an Molkenfeuchtigkeit, Milchzucker, Molkeneiweiß
und Milchsalzen auf die Reifung schädlich auswirkt.