DE69927496T2 - Schmerzlinderung mit endogenen cannabinoiden - Google Patents

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Description

  • GEBIET DER ERFINDUNG
  • Die vorliegende Erfindung betrifft generell neuartige pharmazeutische Zusammensetzungen zur Verhinderung der Auslösung oder der Leitung von Schmerzsignalen, die vom peripheren Nervensystem („der Peripherie") ausgehen, zum Zentralnervensystem eines Säugetiers sowie Verfahren zur Verwendung der Zusammensetzungen, allein oder in Kombination mit anderen therapeutischen Mitteln, zur Behandlung und Prävention von Symptomen oder Manifestationen, die mit der durch eine Krankheit oder externe Stimuli verursachten Schmerzwahrnehmung assoziiert sind. Im Einzelnen betrifft die Erfindung Verfahren zur Kontrolle der Schmerzleitung durch das Verabreichen einer therapeutisch wirksamen Menge einer pharmazeutischen Zusammensetzung, die eine synergistische Mischung von Anandamid und Palymitylethanolamid umfasst, an einer Stelle, an der die Schmerzleitung ihren Ursprung hat. Bei der gemeinsamen Verabreichung wirken diese beiden Verbindungen synergistisch und vermindern die Schmerzen wirkungsvoller als jede von ihnen allein.
  • HINTERGRUND DER ERFINDUNG
  • Analgetika, die wirkungsvoll unterschiedliche Schmerzintensitäten mit einem Minimum an Nebenwirkungen kontrollieren, werden ständig gesucht. Aspirin, das am häufigsten eingesetzte Schmerzmittel, ist für die Kontrolle starker Schmerzen praktisch wertlos, und man weiß, dass es unerwünschte Nebenwirkungen hat. Verschiedene andere Analgetika, wie d-Propoxyphen, Codein und Morphin, besitzen unerwünschte Nebenwirkungen, wie ein suchterzeugendes Potenzial. Es ist deshalb erwünscht, über Verbindungen und pharmazeutische Zusammensetzungen mit verbesserten und potenten analgetischen Eigenschaften ohne unerwünschte Nebenwirkungen zu verfügen.
  • Cannabinoide sind Verbindungen, die sich von der Pflanze Cannabis sativa, die allgemein als Marihuana bekannt ist, ableiten oder chemisch zu dieser in Beziehung stehen. Die aktivste chemische Verbindung der natürlich vorkommenden Cannabinoide ist das Tetrahydrocannabinol (THC), insbesondere (-)-Δ9-THC („THC"). Zu den vielen vorteilhaften pharmakologischen Eigenschaften, die Marihuana zugeschrieben werden, gehören eine Analgesie, eine Erniedrigung des Blutdrucks und des Augendrucks und eine antiemetische Aktivität sowohl beim Menschen als auch bei anderen Säugetieren als dem Menschen. Tatsächlich gibt es eine anhaltende Debatte darüber, ob der Gebrauch von Marihuana in bestimmten Fällen legalisiert werden sollte, z.B. eine Anwendung bei Krebspatienten zur Verminderung der von einer Chemotherapie hervorgerufenen Übelkeit oder zur Schmerzlinderung. Seit der Entdeckung von THC sind mehrere synthetische Cannabinoide klinisch zur Behandlung von Krebspatienten eingesetzt worden, darunter Nabilon, Nabortat und Levonantrodol. Allerdings besitzen diese Arzneimittel, auch wenn sie nützlich sind, in gewissem Umfang die negativen pharmakologischen Eigenschaften von THC, und ihr genereller Einsatz ist somit begrenzt. Insbesondere gehören zu den negativen, mit Marihuana und Cannabinoiden assoziierten Eigenschaften eine Abhängigkeit, psychologisch bedingte Verzerrungen der Wahrnehmung, Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, Verlust der Motorkoordination, Sedation und Euphorie. Verbindungen, die derartige negative Eigenschaften oder Wirkungen aufweisen, werden als Cannabimimetika bezeichnet. In der langen Geschichte des Marihuana lagen sein Gebrauch und sein Missbrauch immer eng beieinander.
  • Man weiß, dass die Cannabinoide an die sogenannten CB1- und CB2-Rezeptoren im Gehirn und/oder in anderen Geweben binden. Für Verbindungen, die den CB1-Rezeptor stimulieren, wurde gezeigt, dass sie eine Analgesie und Sedation induzieren, die Stimmung heben, die Übelkeit und den Appetit kontrollieren und den Augendruck senken. Somit sind Verbindungen oder Zusammensetzungen, die die CB1- oder CB2-Rezeptoren stimulieren, direkt oder indirekt, für die Behandlung oder Kontrolle von Schmerzen nützlich. Zusätzlich zur Wirkung auf die CB1- und CB2-Rezeptoren wurde für die Cannabinoide jedoch gezeigt, dass sie Zellmembranen beeinflussen und dadurch unerwünschte Nebenwirkungen, wie Benommenheit, eine Beeinträchtigung der Funktion der Monoaminoxidase und eine Beeinträchtigung der nicht-rezeptorvermittelten Gehirnfunktion hervorrufen. Diese suchterzeugenden und psychotropen Eigenschaften von Cannabinoiden schränken ihren therapeutischen Wert ein.
  • Es wäre nützlich, über einen alternativen Mechanismus zur Stimulierung von CB1- und CB2-Rezeptoren auf eine Weise zu verfügen, dass die unerwünschten suchterzeugenden und psychotropen Eigenschaften von Cannabinoiden eliminiert werden. Demgemäß besteht weiterhin ein Bedarf an neuartigen therapeutischen Zusammensetzungen und Verfahren, die Schmerzen hemmen, und zwar ohne die obigen negativen Wirkungen und ohne die begleitenden Nachteile der herkömmlich verfügbaren Verbindungen, einschließlich von Cannabinoidverbindungen.
  • ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG
  • Es ist ein Ziel der vorliegenden Erfindung, neuartige pharmazeutische Zusammensetzungen und Verfahren bereitzustellen, die für die Hemmung der Auslösung und der nachfolgenden Weiterleitung eines Schmerzsignals zum Zentralnervensystem eines Säugetiers nützlich sind, so dass das Säugetier die Schmerzempfindung nicht wahrnimmt oder fühlt, die es sonst empfunden hätte, wenn es einem schmerzverursachenden Stimulus ausgesetzt wird.
  • Es ist ein weiteres Ziel der vorliegenden Erfindung, neuartige pharmazeutische Zusammensetzungen und Verfahren bereitzustellen, die fähig sind, die von einem Säugetier wahrgenommenen Schmerzen zu begrenzen, und zwar ohne unerwünschte Nebenwirkungen.
  • Die obigen und andere Ziele werden durch eine pharmazeutische Zusammensetzung erreicht, die eine therapeutisch wirksame Menge einer Kombination aus Anandamid („AEA") und Palmitylethanolamid („PEA") und Derivaten dieser beiden Verbindungen umfasst. Man geht davon aus, dass Anandamid (Arachidonylethanolamid) durch die enzymatische Spaltung des Phospholipidvorläufers N-Acylphosphatidylethanolamin erzeugt wird (Di Marzo, V., et al., Nature 372, 686–691 (1994); Cadas, H., di Tomaso, E. &. Piomelli, D., J. Neurosci. 17, 1226–1242 (1997)). Für Palmitylethanolamid (PEA), das in neuralen und nicht-neuralen Geweben gefunden wurde, wurde gezeigt, dass es die Aktivierung von Mastzellen hemmt und entzündliche Reaktionen vermindert (Aloe, L., Leon, A. & Montalcini, R.L., Agents Actions 39, C145 (1993); Mazzari, S., Canella, R., Petrelli, L., Marcolongo, G. & Leon, A., Eur. J. Pharmacol. 300, 227–236 (1996)), und zwar über einen Mechanismus, der über die Bindung an CB2-Rezeptoren laufen könnte (Facci, L., et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA 92, 3376–3380 (1995); Showalter, V.M., Compton, D.R., Martin, B.R. & Abood, M.E., J. Pharmacol. Exp. Ther. 278, 989–999 (1996)).
  • Anandamid und Palmitylethanolamid sind leicht erhältliche Verbindungen, die über die Extraktion und/oder eine Isolierung aus getöteten Tieren, über Routine-Syntheseverfahren, die hier beschrieben werden oder in diesem Gebiet bekannt sind, erhalten werden können, oder die von einer geeigneten kommerziellen Quelle gekauft werden können. Zur Gewinnung der Derivate können Anandamid und Palmitylethanolamid über das Anfügen geeigneter Funktionalitäten zur Verstärkung selektiver biologischer Eigenschaften modifiziert werden. Derartige Modifikationen sind in diesem Gebiet bekannt, und zu ihnen gehören, ohne Einschränkung, solche, die die Penetration in ein gegebenes biologisches Kompartiment erhöhen, die Bioverfügbarkeit erhöhen, die Löslichkeit erhöhen, um eine Verabreichung über eine Injektion zu ermöglichen, den Metabolismus verändern, die Ausscheidungsgeschwindigkeit verändern etc..
  • Es wird hier auch ein Verfahren zur Behandlung von Schmerzen offenbart, unter denen ein Säugetier, das einer Behandlung bedarf, leidet, wobei das Verfahren umfasst:
    Verabreichen einer therapeutisch wirksamen Menge der erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzung an das Säugetier, wobei die genannte Zusammensetzung imstande ist, die Auslösung des Schmerzes zu hemmen und dadurch die Schmerzen, unter denen das Säugetier leidet, zu hemmen oder zu lindern.
  • Die erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzungen und Anwendungen sind durch ihre Fähigkeit gekennzeichnet, die Auslösung von Schmerzen und/oder die Signalübertragung vom peripheren Nervensystem zum Zentralnervensystem zu hemmen. Im Einzelnen resultiert die vorliegende Erfindung in der Hemmung der Übertragung des Schmerzsignals, das die Schmerzwahrnehmung, die von einem Säugetier gefühlt wird, hervorruft. Ohne sich auf eine bestimmte Theorie festlegen zu wollen wird angenommen, dass die erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzungen die intrazelluläre Signalkaskade kurzschalten, indem sie als Agonisten von CB1- und/oder CB2-artigen Rezeptoren wirken, die bei Säugetieren in der Peripherie vorhanden sind. Die vorliegende Erfindung reguliert die Übertragung von Schmerzsignalen in der Peripherie über die Aktivierung lokaler CB1- und CB2-artiger Rezeptoren, wobei angenommen wird, dass endogene Cannabinoide an der Filterung und Auswahl aufkommender Schmerzsignale an den Orten einer Gewebeverletzung beteiligt sind, eine Rolle, die derjenigen von Opioidpeptiden, die von aktivierten Immunzellen während einer Entzündung freigesetzt werden, analog ist. Die vorliegende Erfindung erzielt unerwarteterweise die obigen überlegenen und erwünschten Wirkungen ohne die unerwünschten dysphorischen Nebenwirkungen und in die Abhängigkeit führenden Eigenschaften, die für zentral wirksame cannabimimetische Arzneimittel oder Opiatarzneimittel charakteristisch sind.
  • Weitere Aspekte, Ausführungsformen und Vorteile der vorliegenden Erfindung werden zum Teil in der folgenden Beschreibung ausgeführt, oder sie können durch die Durchführung oder den Einsatz der vorliegenden Erfindung erfahren werden. Die Ziele und Vorteile können mittels der Merkmale und Kombinationen realisiert und erreicht werden, die in dieser Beschreibung und den beigefügten Ansprüchen besonders ausgeführt werden
  • KURZE BESCHREIBUNG DER ZEICHNUNGEN
  • Die begleitenden Zeichnungen, die in die Beschreibung eingearbeitet sind und einen Teil von ihr darstellen, veranschaulichen Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung und dienen, zusammen mit der Beschreibung, dazu, die Prinzipien der vorliegenden Erfindung beispielhaft darzustellen.
  • 1 zeigt, dass Anandamid die nozizeptive Reaktion auf einen durch Formalin hervorgerufenen Gewebeschaden hemmt. (A) Wirkungen von Anandamid (AEA, 50 μg intraplantar, i.pl.), WIN-55212-2 (WIN, 500 μg i.pl.) und Methanandamid (MAEA, 50 μg i.pl.), in Abwesenheit oder Anwesenheit des CB1-Antagonisten SR141716A (SR1, 0,1 mg pro kg intravenös, i.v.) oder des CB2-Antagonisten SR144528 (SR2, 0,1 mg pro kg i.v.). (B) Dosisabhängige antinozizeptive Wirkungen von Anandamid nach i.pl. (Quadrate), i.v. (Dreiecke) oder intraperitonealer (i.p., Kreise) Verabreichung. *, P<0,01 (n = 12–18 für jede Bedingung).
  • 2 zeigt, dass Palmitylethanolamid die durch Formalin hervorgerufene Nozizeption hemmt. (A) Wirkungen von Palmitylethanolamid (PEA, 50 μg i.pl.), Stearylethanolamid (SEA, 50 μg i.pl.) und Oleylethanolamid (OEA, 50 μg i.pl.) in Abwesenheit oder Anwesenheit des CB1-Antagonisten SR141716A (SR1, 0,1 mg pro kg i.v.) oder des CB2-Antagonisten SR144528 (SR2, 0,1 mg pro kg i.v.). (B) Dosisabhängige antinozizeptive Wirkungen von Palmitylethanolamid nach i.pl. (Quadrate), i.v. (Dreiecke) oder intraperitonealen (i.p., Kreise) Verabreichungen. *, P<0,01 (n = 12–18).
  • 3 zeigt die synergistischen antinozizeptiven Wirkungen von Anandamid allein (Quadrate), PEA allein (Rauten) und einer Kombination aus Anandamid und PEA (Kreise) auf (A) die frühe Phase und (B) die späte Phase der Reaktion auf den durch Formalin hervorgerufen Schmerz. Gleiche Mengen von Anandamid und PEA, angegeben auf der Abszisse, wurden i.pl. injiziert. (C) Der CB1-Antagonist SR141716A (SR1) und der CB2-Antagonist SR144528 (SR2) verhindern die Wirkungen von Anandamid plus PEA (jeweils 0,1 μg). Die Antagonisten wurden über eine i.v. Injektion in einer Dosis von 0,1 mg pro kg verabreicht; *, P<0,01 (n = 12).
  • 4 zeigt die inhärenten hyperalgetischen Wirkungen von Cannabinoidantagonisten auf die Zeitabhängigkeit der durch Formalin hervorgerufenen Nozizeption. (A) Wirkungen der systemischen Verabreichung des CB1-Antagonisten SR141716A (ausgefüllte Säulen) und des CB2-Antagonisten SR144528 (schraffierte Säulen). Die Antagonisten wurden über eine i.v.-Injektion in einer Dosis von 0,1 mg pro kg verabreicht. Die Reaktionen auf Formalin allein sind anhand der leeren Säulen gezeigt. (B) Wirkungen der lokalen Verabreichung von SR141716A (ausgefüllte Säulen). 10 μg SR141716A wurden zusammen mit Formalin über eine i.pl. Injektion verabreicht. SR144528 war nicht in 10 % DMSO löslich und konnte nicht lokal injiziert werden. *, P>0,01 (n = 6).
  • 5 zeigt die Identifizierung von Anandamid und PEA in der Haut der Rattenpfote mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie. (A) Repräsentative Spuren für ausgewählte Fragmente, die charakteristisch für endogenes Anandamid (A1, m/z 404, [M-15]+) und synthetisches [2H4]Anandamid (A2, m/z 408), das als interner Standard zu den Proben gegeben wurde, sind. (B) Repräsentative Spuren für ausgewählte Fragmente, die charakteristisch für endogenes Palmitylethanolamid (B1, m/z 356, [M-15]+) und einen [2H4]Palmitylethanolamid-Standard (B2, m/z 360) sind. Die Ergebnisse stammen aus einem typischen Experiment von insgesamt 8.
  • DETAILLIERTE BESCHREIBUNG BEVORZUGTER AUSFÜHRUNGSFORMEN
  • Man geht davon aus, dass die Schmerzleitung in einem Säugetier das Ergebnis einer Gruppe von Rezeptoren ist, die über ein Netzwerk von interzellulären Signalen oder zellulären Ereignissen zusammenwirken, um die Übertragung des Schmerzsignals von einer Ursprungsstelle (z.B. dem Ort einer Verletzung) in der Peripherie zum Zentralnervensystem (z.B. dem Gehirn) auszulösen, wo es vom Säugetier wahrgenommen oder gefühlt wird. Im Einzelnen wird generell davon ausgegangen, dass die Modulation der Schmerzleitung durch cannabimimetische Arzneimittel aus der Aktivierung von CB1-Rezeptoren herrührt, die in schmerzverarbeitenden Bereichen des Zentralnervensystems, einschließlich des Dorsalhorns des Rückenmarks und der periaquäduktalen grauen Substanz, lokalisiert sind. Unerwarteterweise basiert die vorliegende Erfindung jedoch, zum Teil, auf der Entdeckung, dass die CB1- oder CB2-Aktivierung nicht von Anzeichen einer zentralen Cannabinoidvergiftung begleitet ist, sondern stattdessen von einem peripheren Wirkort. Außerhalb des Zentralnervensystems von Säugetieren finden sich Cannabinoidrezeptoren oder Cannabinoidartige Rezeptoren in der Peripherie. Für derartige Rezeptoren wurde gezeigt, dass sie wichtige Faktoren in der biochemischen Kaskade von Ereignissen sind, die die von einem Individuum gefühlten Schmerzen regulieren.
  • In der gesamten Beschreibung bezieht sich der Begriff „Behandlung" auf eine beliebige Behandlung von Schmerzen eines Säugetiers, insbesondere eines Menschen, gemäß den Prinzipien der vorliegenden Erfindung, und er schließt, ohne Einschränkung, ein:
    • i) die Verhinderung von Schmerzen, die von einem Subjekt erlebt werden, das gegenüber diesem Zustand prädisponiert sein kann, bei dem aber der Zustand noch nicht diagnostiziert wurde und dementsprechend die Behandlung eine prophylaktische Behandlung des pathologischen Zustandes darstellt;
    • ii) die Hemmung der Schmerzauslösung oder eines schmerzhaften Zustandes, d.h. das Anhalten seiner Entwicklung;
    • iii) das Lindern von Schmerzen, d.h. das Bewirken einer Regression der Schmerzauslösung oder eines schmerzhaften Zustandes; oder
    • iv) das Lindern der Symptome, die aus einer Erkrankung oder einem Zustand resultieren, von der bzw. dem angenommen wird, dass sie oder er Schmerzen verursacht, z.B. das Lindern der Schmerzwahrnehmung, ohne dass die zugrundeliegende Krankheit oder der zugrundeliegende Zustand beeinflusst wird.
  • Die Begriffe „pharmazeutisch wirksame" und „therapeutisch wirksame" Menge einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung bezeichnen eine Menge, die bei einem Individuum oder Tier zu einer ausreichend starken Schmerzblockade führt, um eine physiologische Wirkung zu verursachen, die aus der Stimulation von Cannabinoidrezeptoren oder Cannabinoid-artigen Rezeptoren resultiert. Zu physiologischen Wirkungen, die aus einer Stimulation von Cannabinoidrezeptoren resultieren, gehört, ohne Einschränkung, die Analgesie. Zu weiteren physiologischen Funktionen können auch das Absenken des Augendrucks bei Glaukompatienten und die Suppression des Immunsystems gehören. Typischerweise liegt eine wirksame Menge der Verbindung im Bereich ungefähr 10 mg/Tag bis ungefähr 1 000 mg/Tag. Ein erfahrener Arzt oder Wissenschaftler kann unter Verwendung von Routineprotokollen, wie den in den folgenden Beispielen oder in der Literatur offenbarten, leicht die Nützlichkeit der hier beschriebenen Zusammensetzungen bestätigen.
  • So, wie die Begriffe hier verwendet werden, bezieht sich „Säugetier" oder „Individuum" auf Menschen oder auf Tiere wie Hunde, Katzen, Pferde und dergleichen sowie auf Nutztiere wie Kühe, Schweine, Meerschweinchen und dergleichen.
  • Die vorliegende Erfindung zielt auch auf ein Verfahren zur Hemmung der Auslösung oder Weiterleitung von Schmerzen bei einem Säugetier ab, das eine schmerzhafte Reaktion zeigt. Die erfindungsgemäßen Verfahren umfassen generell das Verabreichen einer pharmazeutisch oder therapeutisch wirksamen Menge einer Zusammensetzung, wie sie hier beschrieben wird, an einen Patienten, der einer derartigen Behandlung bedarf, wodurch die Schmerzleitung gehemmt wird. Der Patient kann ein Mensch oder ein Säugetier, bei dem es sich nicht um einen Menschen handelt, sein. Zum Beispiel bedarf ein Patient einer Behandlung, wenn er im Verlauf einer Krankheit (z.B. der rheumatoiden Arthritis) oder eines verletzungsbedingten Zustandes eine schmerzhafte Reaktion zeigt. Ein derartiger Bedarf kann von erfahrenen Klinikern und in der Medizin tätigen Wissenschaftlern festgestellt werden.
  • Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen werden vorzugsweise am schmerzenden Ort verabreicht, und zwar in topischer, subkutaner oder intramuskulärer Form unter Einsatz von Dosierungsformen, die Fachleuten auf dem Gebiet der Pharmazie gut bekannt sind oder von ihnen leicht bestimmt werden können. Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen können auf jede beliebige Weise verabreicht werden, die zum Kontakt des aktiven Agens mit dem Wirkort des Agens im Körper eines Säugetiers, d.h. der schmerzenden Stelle, führt. Sie können entweder als einzelne therapeutische Mittel oder in einer Kombination therapeutischer Mittel, die leicht vom erfahrenen Fachmann bestimmt werden kann, verabreicht werden. Sie können allein verabreicht werden, werden aber generell mit einem pharmazeutischen Träger verabreicht, der auf der Basis des gewählten Verabreichungswegs und der pharmazeutischen Standardpraxis ausgewählt wird.
  • Das Dosierungsschema für die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen hängt, natürlich, von bekannten Faktoren ab, wie den pharmakodynamischen Charakteristika des jeweiligen Mittels und seinem Verabreichungsmodus und -weg, der Spezies, dem Alter, dem Geschlecht, der Gesundheit, dem medizinischen Zustand und dem Gewicht des Empfängers, der Art und der Stärke der Symptome, der Art der gleichzeitigen Behandlung, der Häufigkeit der Behandlung, dem Verabreichungsweg, der Nieren- und Leberfunktion des Patienten und der gewünschten Wirkung. Ein gewöhnlicher Arzt oder Tierarzt kann ohne weiteres die wirksame Menge des Arzneimittels bestimmen und verschreiben, die erforderlich ist, um das Fortschreiten des schmerzhaften Zustands zu verhindern, ihm entgegenzuwirken oder ihn anzuhalten. Die für die Verabreichung geeigneten Dosierungsformen (pharmazeutischen Zusammensetzungen) können ungefähr 1 Milligramm bis ungefähr 100 Milligramm des aktiven Inhaltsstoffs pro Dosiseinheit enthalten. In diesen pharmazeutischen Zusammensetzungen liegt der aktive Inhaltsstoff vorzugsweise in einer Menge von ungefähr 0,5–95 Gew.-% auf der Basis des Gesamtgewichts der Zusammensetzung vor. Vorteilhafterweise können die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen in einer einzigen täglichen Dosis verabreicht werden, oder die tägliche Gesamtdosis kann, je nach Bedarf, in zwei, drei, vier oder mehr tägliche Dosen aufgeteilt verabreicht werden.
  • Die Zusammensetzungen für die vorliegende Erfindung können in intranasaler Form über die topische Anwendung geeigneter intranasaler Träger oder auf transdermalen Wegen unter Einsatz derjenigen Formen transdermaler Hautpflaster, die Fachleuten auf diesem Gebiet gut bekannt sind verabreicht werden. Bei der Verabreichung in Form eines transdermalen Zufuhrsystems wird die Verabreichung der Dosis innerhalb des Dosierungsschemas natürlich kontinuierlich und nicht periodisch erfolgen.
  • Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen können den aktiven Inhaltsstoff bilden, und sie werden typischerweise als eine Mischung mit geeignet gewählten pharmazeutischen Verdünnungsmitteln, Hilfsstoffen oder Trägern (die hier gemeinsam als Trägermaterialien bezeichnet werden) verabreicht. Erfindungsgemäße Zusammensetzungen können auch mit löslichen Polymeren als auf bestimmte Ziele gerichteten Arzneimittelträgern gekoppelt werden. Weiterhin können die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen an eine Klasse biologisch abbaubarer Polymere gekoppelt werden, die für die Erzielung einer verzögerten Freisetzung eines Arzneimittels nützlich sind, zum Beispiel Polymilchsäure, Polyglycolsäure, Copolymere von Polymilchsäure und Polyglycolsäure, Poly-epsilon-Caprolacton, Polyhydroxybuttersäure, Polyorthoester, Polyacetale, Polydihydropyrane, Polycyanoacylate und vernetzte oder amphipathische Blockcopolymere von Hydrogelen.
  • Geeignete pharmazeutische Träger werden in Remington's Pharmaceutical Sciences beschrieben.
  • Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen können in Kombination mit einem zweiten therapeutischen Mittel verabreicht werden, zum Beispiel einem Corticosteroid, einem weiteren Analgetikum etc.. Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen und dieses zweite therapeutische Mittel können getrennt oder als physikalische Kombination in einer einzigen Dosiseinheit verabreicht werden, und zwar in jeder beliebigen Dosierungsform und über unterschiedliche Verabreichungswege, wie oben beschrieben wurde. Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen können zusammen mit dem zweiten therapeutischen Mittel in einer einzigen Dosiseinheit formuliert werden (d.h. in einer Flüssigkeit etc. vereinigt werden). Wenn die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen und das zweite therapeutische Mittel nicht zusammen in einer einzigen Dosiseinheit formuliert werden, dann können sie im wesentlichen gleichzeitig oder in jeder beliebigen Reihenfolge verabreicht werden. Zum Beispiel können die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen zuerst verabreicht werden, gefolgt von der Verabreichung des zweiten Mittels. Wenn sie nicht gleichzeitig verabreicht werden, dann erfolgt die Verabreichung einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung und des zweiten therapeutischen Mittels vorzugsweise in einem Abstand von weniger als ungefähr einer Stunde, bevorzugter von weniger als ungefähr 5 bis 30 Minuten. Obwohl es vorzuziehen ist, dass die erfindungsgemäße Zusammensetzung und das zweite therapeutische Mittel über den gleichen Weg verabreicht werden (d.h., zum Beispiel, beide subkutan oder beide intramuskulär), können sie, wenn es gewünscht ist, auf unterschiedlichem Wege und in unterschiedlichen Dosierungsformen verabreicht werden.
  • Die Dosis kann, wenn sie allein oder in Kombination mit einem zweiten therapeutischen Mittel verabreicht wird, variieren, und zwar in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, wie den pharmakodynamischen Charakteristika des jeweiligen Mittels und seinem Verabreichungsmodus und -weg, dem Alter, der Gesundheit und dem Gewicht des Empfängers, der Art und der Stärke der Symptome, der Art der gleichzeitigen Behandlung, der Häufigkeit der Behandlung und der gewünschten Wirkung, wie es oben beschrieben wurde. Die richtige Dosierung einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung, wenn sie in Kombination mit dem zweiten therapeutischen Mittel verabreicht wird, kann von einem erfahrenen praktischen Arzt, der mit der vorliegenden Offenbarung bewaffnet ist, leicht bestimmt werden.
  • Nach der Verbesserung des Zustands eines Patienten kann eine Erhaltungsdosis einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung verabreicht werden, wenn es erforderlich ist. Danach könne die Dosierung oder die Häufigkeit der Verabreichung, oder beides, in Abhängigkeit von den Symptomen, bis zu einem Maß reduziert werden, bei dem der verbesserte Zustand aufrechterhalten wird. Sobald sich die Symptome im gewünschten Umfang vermindert haben, sollte die Behandlung aufhören. Es kann jedoch sein, dass Patienten bei einem erneuten Auftreten der Schmerzen langfristig eine intermittierende Behandlung benötigen.
  • Erfindungsgemäße Zusammensetzungen können mittels der Verfahren synthetisiert werden, die einem geübten Fachmann leicht verfügbar sind, einschließlich derjenigen Verfahren, die man auf dem Gebiet der synthetischen organischen Chemie kennt, oder mittels Varianten, wie sie von Fachleuten auf diesem Gebiet leicht entwickelt und durchgeführt werden können. Weiterhin sollen die auf diesem Gebiet bekannten Syntheseverfahren nicht eine vollständige Liste aller Wege darstellen, über die die in dieser Patentanmeldung beschriebenen und beanspruchten Zusammensetzungen synthetisiert werden können.
  • Wie dem erfahrenen Fachmann klar sein dürfte, sind die unten beschriebenen und im Einzelnen angegebenen Materialien und Bedingungen wichtig für die Durchführung der Erfindung, aber nicht angegebene Materialien und Bedingungen sind nicht ausgeschlossen, solange sie nicht die Realisierung des Nutzens der Erfindung verhindern. Andere geeignete Verfahren und Ausgangsmaterialien werden für Fachleute auf diesem Gebiet offensichtlich sein.
  • BEISPIELE
  • In allen Beispielen wurden, wenn nichts anderes festgestellt wird, entzündliche Ödeme in den Hinterpfoten von Swiss-Mäusen durch eine Injektion von 5%igem Formalin erzeugt und mit einem Plethysmometer (Ugo Basile, Italien) gemessen.
  • BEISPIEL 1
  • Synthese
  • Anandamid und PEA, Stearylethanolamid und Oleylethanolamid wurden mittels Standardverfahren synthetisiert. {N-[(1S)-endo-1,3,3-trimethylbicyclo[2.2.1]heptan-2-yl]-5-(4-chlor-3-methylphenyl)-1-(4-methylbenzyl)-pyrazol-3-carboxamid} war eine großzügige Spende von Sanofi Recherche (Montpellier, Frankreich). SR141716A {[N-(Piperidin-1-yl)-5-(4-chlorphenyl)-1-(2,4-dichlorphenyl)-4-methyl-1H-pyrazol-3-carboxamid-HCl]} wurde von RBI (Natick, Massachusetts) als Teil des Chemical Synthesis Program des NIMH (NO1MH30003) bereitgestellt. Alle anderen Arzneimittel waren von Tocris (Ballwin, Missouri). Die Arzneimittel wurden in Dimethylsulfoxid (DMSO) gelöst und in physiologischer Saline mit 10 % DMSO verabreicht.
  • BEISPIEL 2
  • Zum Beispiel ruft die Injektion von verdünntem Formalin in die Hinterpfoten sich frei bewegender Nagetiere eine Schmerzreaktion hervor, die aus zwei zeitlich unterscheidbaren Phasen aus dem Lecken und dem Krümmen des injizierten Gliedes bestehen. Eine frühe Phase, die die Aktivierung primärer sensorischer Fasern beinhaltet, beginnt unmittelbar nach der Formalinverabreichung, erreicht innerhalb von 5 min einen Peak und nimmt schnell wieder ab. Nach einem Zeitraum von 10–15 min beginnt eine zweite Phase mit einer anhaltenden Schmerzreaktion, bei der die Aktivität sensorischer Fasern von einer lokalen Entzündung und einer zentralen Sensibilisierung begleitet ist.
  • Dieses Beispiel zeigt, dass bei Mäusen die frühe Phase der Schmerzreaktion vollständig blockiert wurde, wenn Anandamid zusammen mit Formalin in die Pfote injiziert wurde, während sowohl die frühe als auch die späte Phase durch die synthetischen Cannabinoid-Agonisten WIN-55212-2 und HU-210 blockiert wurden (1A). Diese antinozizeptiven Wirkungen wurden durch die vorherige systemische Verabreichung des selektiven CB1-Cannabinoid-Antagonisten SR141716A (1A), nicht aber des CB2-bevorzugenden Antagonisten SR144528 rückgängig gemacht (1A). Die fehlende Wirkung von Anandamid auf die späte Phase der Schmerzreaktion kann auf die kurze Lebensdauer dieser Verbindung, die in Geweben schnell biologisch inaktiviert wird, zurückgeführt werden. In Übereinstimmung damit hemmte das gegenüber einer Inaktivierung resistente Anandamidanaloge Methanandamid die Schmerzreaktion über den gesamten Testzeitraum (1A).
  • BEISPIEL 3
  • 1B zeigt Messungen der antinozizeptiven Potenz von Anandamid nach lokaler (intraplantarer, i.pl.), intravenöser (i.v.) oder intraperitonealer (i.p.) Verabreichung. Anandamid war 100 mal wirksamer bezüglich der Verhinderung der durch Formalin bewirkten Schmerzreaktion, wenn es i.pl. und nicht i.v. injiziert wurde, mit einer halbmaximalen Hemmdosis (ID50) von 0,1 mg pro kg bzw. 10 mg pro kg (1B). Anandamid hatte keine Wirkung, wenn es i.p. injiziert wurde (1B).
  • BEISPIEL 4
  • Dieses Beispiel zeigt die biologische Verteilung von [3H]Anandamid 10 min nach einer i.pl. Injektion in Ratten. In drei Experimenten fanden wir, dass 94 % des wiedergefundenen [3H]Anandamids mit der injizierten Pfote assoziiert blieben (6648 ± 820 dpm pro g, Mittelwert ± SEM), während nur wenig oder keine Radioaktivität über dem Background im Vorderhirn, im Cerebellum und im Rückenmark nachgewiesen werden konnten (79 ± 19, 165 ± 67 bzw. 90 ± 48 dpm pro g). Diese Ergebnisse zeigen, dass Anandamid die durch Formalin bewirkte Nozizeption über die Aktivierung peripherer CB1-artiger Cannabinoidrezeptoren hemmt.
  • BEISPIEL 5
  • Dieses Beispiel zeigt, dass PEA, aber nicht zwei eng verwandte Analoge von PEA, sowohl die frühe als auch die späte Phase der durch Formalin bewirkten Schmerzreaktion nach i.pl. Injektion in Mäuse hemmte (2A). Diese Wirkung kann nicht über die entzündungshemmenden Eigenschaften von PEA erklärt werden. Bei sechs Mäusen lagen die Pfotenvolumina unter Kontrollbedingungen bei 0,18 ± 0,003 ml, 30 min nach Injektion von Formalin bei 0,37 ± 0,006 ml und nach Injektion von Formalin plus PEA (50 μg pro Pfote) bei 0,35 ± 0,006 ml. Außerdem kann die Wirkung von PEA nicht aus einer Aktivität als Lokalanästhetikum resultieren, da die Verbindung im Kornealreflextest beim Kaninchen die Nervenleitung nicht beeinflusste. Die PEA-induzierte Analgesie wurde durch die vorherige Verabreichung des CB2-Antagonisten SR144528 vollständig aufgehoben (2A), während der CB1-Antagonist SR141716A und der Opioid-Antagonist Naloxon unwirksam waren ( 2A). Wie Anandamid war PEA potenter, wenn es lokal (i.pl.) verabreicht wurde, als wenn es systemisch (i.v. oder i.p.) verabreicht wurde (2B). Zusammengenommen legen diese Befunde nahe, dass die antinozizeptive Aktivität von PEA durch lokale CB2-artige Cannabinoidrezeptoren vermittelt wird.
  • BEISPIEL 6
  • Die 3A und 3B zeigen die synergistischen antinozizeptiven Wirkungen von Anandamid allein (Quadrate), PEA allein (Rauten) und einer Kombination aus Anandamid and PEA (Kreise).
  • Dieses Beispiel zeigt, dass Anandamid und PEA, wenn sie zusammen in gleichen Mengen injiziert werden, die frühe Phase der durch Formalin bewirkten Schmerzreaktion mit einer Potenz hemmten, die angenähert 100-fach größer war als diejenige der einzelnen Verbindungen in getrennter Form (3A). Eine ähnliche Potenzierung wurde in der späten Phase beobachtet, auf die Anandamid keine Wirkung hatte, wenn es allein verabreicht wurde (3B und 1A). Die vorherige Verabreichung von entweder CB1- oder CB2-Antagonisten blockierte die Reaktion vollständig (3C). Diese synergistische Wechselwirkung schien auf eine periphere Antinozizeption beschränkt zu sein. Tatsächlich beeinflusste die Injektion von PEA in die Gehirnventrikel die Verhaltensreaktionen auf akute Wärmestimuli, die mittels des Hot-Plate-Tests ermittelt wurden, nicht, und sie verstärkten auch nicht die hemmende Aktivität von über den gleichen Weg verabreichtem Anandamid (TABELLE 1). Zusammengenommen legen diese Befunde nahe, dass die parallele Aktivierung peripherer CB1- und CB2-artiger Rezeptoren durch Anandamid und PEA zu einer synergistischen Hemmung der Schmerzauslösung führt.
  • TABELLE 1
    Figure 00130001
  • Wirkungen von Anandamid und PEA auf die Verhaltensreaktion auf akute Wärmestimuli. Die zeitlichen Verzögerungen bis zum Ausweichen durch Springen wurden nach intrazerebroventrikulärer Verabreichung des Trägers (10 % DMSO in Saline, 5 μl), Anandamid (AEA, 10 μg), PEA (10 μg) oder Anandamid plus PEA Qeweils 10 μg) gemessen. *, P<0,01 (n = 6).
  • BEISPIEL 7
  • Um diese Idee weiter zu überprüfen bestimmten wir die inhärenten Wirkungen von CB1- und CB2-Antagonisten auf die durch Formalin bewirkte Schmerzreaktion. Die Ergebnisse dieser Experimente sind in der 4 dargestellt. Ein Cannabinoidrezeptor-Antagonist führt bei unbehandelten Mäusen zu einer Hyperalgesie. Diese Wirkung war besonders ausgeprägt nach der lokalen Injektion des Arzneimittels, die zu einer Verlängerung der frühen nozizeptiven Phase um 10 min und zu einer auf das 2- bis 3-fach erhöhten Schmerzreaktion während des gesamten Testzeitraums führte (4B). Im Gegensatz dazu verursachte die systemische Verabreichung des CB2-Antagonisten SR144528 eine selektive Verstärkung der Reaktion in der frühen Phase, nicht aber in der späten Phase (4A). SR144528 konnte wegen seiner beschränkten Löslichkeit im Träger für die Injektion nicht lokal verabreicht werden.
  • BEISPIEL 8
  • Dieses Beispiel zeigt, dass Anandamid und PEA über die Beseitigung eines endogenen Cannabinoidtonus wirken. Analysen mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie ergaben, dass Anandamid und PEA in der Haut der Rattenpfote vorhanden sind (5). Durch den Vergleich mit internen deuterierten Standards ermittelten wir 49 ± 9 pmol Anandamid und 692 ± 119 pmol PEA pro g Gewebe (n = 8). Diese Mengen sind höher als diejenigen, die mittels des gleichen Verfahrens für das Rattenhirn und -plasma gemessen wurden (Stella, N., Schweitzer, P. & Piomelli, D., A second endogenous cannabinoid that modulates long-term potentiation. Nature 388, 773–778 (1997); Giuffrida, A. & Piomelli, D., Isotope dilution GC/MS determination of anandamide and other fatty acylethanolamides in rat blood plasma. FEBS Lett. 422, 373–376 (1997)), und sie reichen wahrscheinlich zur Aktivierung der Cannabinoidrezeptoren aus. Weiterhin verstärkte der CB2-Antagonist SR144528 selektiv die Nozizeption während der frühen Phase der Reaktion auf Formalin (4A), was nicht mit einer inversen agonistischen Wirkung vereinbar ist. Das zeigt, dass endogenes PEA, das auf CB2-artige Rezeptoren wirkt, primär in die Modulation der frühen nozizeptiven Phase des durch Formalin bewirkten Gewebeschadens involviert ist, während endogenes Anandamid, das auf CB1-artige Rezeptoren wirkt, während des gesamten Verlaufs der nozizeptiven Reaktion eine den Tonus modulierende Wirkung hat.
  • BEISPIEL 9
  • Nozizeptionstests
  • Saline (10 μl), die 5 % Formalin und 10 % DMSO enthielt, wurde subkutan in die Hinterpfoten männlicher Swiss-Mäuse (20–25 g, Nossan, Italien) injiziert. Die Dauer des Pfotenleckens wurde von einem Beobachter, der die Art der jeweiligen experimentellen Behandlung nicht kannte, über Zeiträume von 0–15 min (frühe Phase) und 15–30 min (späte Phase) nach der Formalinverabreichung verfolgt. Für das Experiment in der 4 wurde die Schmerzreaktion über Zeiträume von 5 min während eines Zeitraums von 30 min nach der Formalininjektion verfolgt. Die zeitlichen Verzögerungen bis zum Ausweichen durch Springen wurden mittels einer 55,5°C heißen Platte nach einem Standardverfahren gemessen (Beltramo, M. et al., Functional role of high-affinity anandamide transport, as revealed by selective inhibition. Science 277, 1094–1097 (1997)).
  • BEISPIEL 10
  • Anästhesie
  • Die lokalanästhetische Aktivität wurde mit männlichen Neuseeland-Kaninchen (2,4–2,8 kg, Morini, Italien) bestimmt, indem die Zahl der mit einem Pferdehaar nach Frey applizierten Korneastimuli bestimmt wurde, die zur Hervorrufung des Blinzelreflexes erforderlich waren. Es wurden wässrige 2%ige Lösungen von PEA oder Lidocain (ein Standard-Lokalanästhetikum), die 30 % DMSO enthielten, in den Konjunktivalsack appliziert.
  • BEISPIEL 11
  • Gaschromatographie/Massenspektrometrie (GC/MS)
  • Es wurde Hautgewebe aus den Pfoten mit Nembutal anästhesierter Wistar-Ratten geschnitten, homogenisiert und sofort mit Chloroform/Methanol extrahiert (Cadas, H., di Tomaso, E. & Piomelli, D., Occurrence and biosynthesis of endogenous cannabinoid precursor, N-arachidonoyl phosphatidylethanolamine, in rat brain. J. Neurosci. 17, 1226–1242 (1997)). Die Fraktionierung mittels Hochleistungsflüssigchromatographie und die quantitative Analyse der Trimethylsilylderivate von Anandamid und PEA mittels Isotopenverdünnungs-GC/MS erfolgte wie an anderer Stelle beschrieben (Giuffrida, A. & Piomelli, D., Isotope dilution GC/MS determination of anandamide and other fatty acylethanolamides in rat blood plasma. FEBS Lett. 422, 373–376 (1997)). Die Ergebnisse sind als Mittelwerte ± SEM ausgedrückt. Die Signifikanz der Unterschiede zwischen den Gruppen wurde mittels ANOVA mit einem nachfolgenden Dunnett-Test ermittelt.

Claims (12)

  1. Pharmazeutische Zusammensetzung, die Anandamid und Palmitylethanolamid umfasst.
  2. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 1, wobei Anandamid in einem Anteil von fünfzig Prozent bezogen auf das Gesamtgewicht der Zusammensetzung vorliegt.
  3. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 1 oder Anspruch 2, wobei das Palmitylethanolamid in einem Anteil von fünfzig Prozent bezogen auf das Gesamtgewicht der Zusammensetzung vorliegt.
  4. Pharmazeutische Zusammensetzung nach einem beliebigen der vorhergehenden Ansprüche, die ferner einen pharmazeutisch annehmbaren Träger umfasst.
  5. Pharmazeutische Zusammensetzung, die Anandamid und Palmitylethanolamid umfasst, zur Kontrolle der Schmerzleitung.
  6. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 5, wobei das Anandamid und das Palmitylethanolamid in einer therapeutisch wirksamen Menge vorliegen, die ausreicht, mit CB1- und CB2-Rezeptoren in Wechselwirkung zu treten.
  7. Verwendung von Anandamid und Palmitylethanolamid bei der Herstellung eines Medikaments zur Schmerzbehandlung.
  8. Verwendung von Anandamid und Palmitylethanolamid gemäß Anspruch 7, wobei das Medikament so angepasst ist, dass es dem Säugetier topisch, subkutan oder intramuskulär verabreicht werden kann.
  9. Verwendung von Anandamid und Palmitylethanolamid gemäß Anspruch 7 oder Anspruch 8, wobei das Anandamid in einem Anteil von fünfzig Prozent bezogen auf das Gesamtgewicht der endogenen Cannabinoide vorliegt.
  10. Verwendung von Anandamid und Palmitylethanolamid gemäß Anspruch 7 oder Anspruch 8, wobei das Palmitylethanolamid in einem Anteil von fünfzig Prozent bezogen auf das Gesamtgewicht der endogenen Cannabinoide vorliegt.
  11. Verwendung von Anandamid und Palmitylethanolamid bei der Herstellung eines Medikaments zur Aktivierung von CB1- und CB2-ähnlichen Cannabinoidrezeptoren.
  12. Verwendung von Anandamid und Palmitylethanolamid gemäß Anspruch 11, wobei das Anandamid und das Palmitylethanolamid im Verhältnis fünfzig zu fünfzig vorliegen.
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