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Die
vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung einer Blockerverbindung
für Kalziumkanäle und/oder
Kanäle,
die durch 3' 5' cyclo Guanosinmonophosphat
(cGMP) aktiviert werden im Rahmen der Behandlung von Pathologien
der Netzhaut aufgrund einer Degeneration von Photorezeptoren bei
Mensch oder Tier, wie Retinitis pigmentosa oder analoge Pathologien,
die die Photorezeptoren ähnlich
betreffen, insbesondere die altersbedingte Makulardegeneration.
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Retinitis
pigmentosa bezeichnet einen Komplex degenerativer Krankheiten von
Photorezeptoren (Benson, 1996), die zur Erblindung führen.
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Zahlreiche
Mutationen, die verschiedene Proteine der Stäbchen beeinflussen und der
Ursprung dieser Krankheit sein können,
sind nachgewiesen worden. Unter diesen Mutationen kann man jene
nennen, die die Gene der Proteine beeinflussen, die in der Kaskade
der Phototransduktion auftreten, wie Rhodopsin, das Transduzin,
die Phosphodiesterase, das Arrestin oder strukturelle Proteine wie
das Peripherin.
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Die
rd (Retinadegeneration) Maus ist mehr als 70 Jahre als Modell der
Retinitis pigmentosa (Farber et coll., 1994) studiert worden, da
der Degenerationsprozess der Retina ähnlich ist jenem, der bei der Retinitis
pigmentosa beobachtet worden ist, das Absterben der Stäbchen der
Retina wird von einem unerklärlichen
Verlust der Zäpfchen
der Retina gefolgt. Mehr noch, die kausale Mutation ist im Gen,
das für die
Untereinheit β-cGMP-Phosphodiesterase (PDE)(Bowes
et coll., 1990) kodiert wie in gewissen Familien, die von der Krankheit
betroffen sind (Mc Laughlin et. coll., 1993), lokalisiert worden.
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Die
PDE wird während
der Kaskade der Phototransduktion durch die α-Kette des Transduzin aktiviert,
welches selbst durch Licht-stimuliertes Rhodopsin angeregt wird.
Das aktivierte PDE hydrolisiert das cGMP und reduziert so die Konzentration
des cGMP und somit die Zahl der offenen cGMP abhängigen Kanäle. Die endgültige Konsequenz
ist eine Verringerung der Leitfähigkeit
der Kationen wie Na+ und Ca2+ und
daraus eine Verringerung des Depolarisationsstromes der Photorezeptoren
im Dunkeln. Bei der Maus rd haben Farber et Lolley (1974) eine anomale
Erhöhung
der Konzentration von cGMP gezeigt, die der Degeneration der Photorezeptoren
voranging. Die Giftigkeit des cGMP in starker Konzentration ist
in der Folge bei normalen Photorezeptoren (Lolley et Farber, 1977;
Ulshafer et coll., 1980) nachgewiesen worden.
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Einige
therapeutische Versuche, um den Verlust der Photarezeptoren zu verhindern,
werden gegenwärtig
an den Mäusen
rd untersucht. So ist es beschrieben worden, dass die Genthe rapie
in vivo es erlaubt, das Absterben der Photorezeptoren während sechs
Wochen nach der subretinalen Injektion eines rekombinanten, vermehrungsunfähigen Adeno-Virus zu
verzögern,
der cDNA enthält
die PDE von einer Maus kodiert (Bennett et coll., 1996). Die Transplantation
von Photorezeptoren (Gouras et coll., 1994, Silverman et coll.,
1989) ist als die Photorezeptoren der Zäpfchen erhaltend (Mohand-Said
et coll., 1997) beschrieben worden. Die Interpretation dieser Wirkung
als parakriner Mechanismus steht in Beziehung mit der Erhöhung des Überlebens
der beobachteten Photorezeptoren in gemeinsamer Kultur mit gesunden
Photorezeptoren (Mohand-Said et coll., 1998) oder nach Anwendung
in vivo oder in vitro von trophischen Faktoren wie die Faktoren
des fibroblastischen oder neuronalen Wachstums (LaVail et coll.,
1998).
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Trotzdem
ist derzeit keine Behandlung von Krankheiten der Netzhaut aufgrund
einer Degeneration der Photorezeptoren verfügbar, abgesehen von der Verschreibung
von Vitamin A für
Retinitis pigmentosa (Berson, 1996).
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Die
vorliegende Erfindung hat genau das Ziel pharmazeutische Zusammensetzungen
zu schaffen, die im Rahmen der Behandlung von Krankheiten der Retina
aufgrund einer Degeneration der Photorezeptoren bei Mensch oder
Tier verwendbar sind.
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In
der Tat leitet sich die vorliegende Erfindung vom Beweis der Erfinder
für die
Tatsache ab, dass die Blockerverbindungen für die Kalziumkanäle und/oder
cGMP-abhängigen
Kanäle
wie das Diltiazem-Chlorhydrat nicht nur die Degeneration der Stäbchen und
der Zapfen bei Mäusen
rd verzögern, sondern
auch die Kapazität
der Netzhautzellen zur Erwiderung auf Lichtstimulation erhalten.
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Die
Erfindung betrifft die Verwendung von Diltiazem (D-cis-enantiomer),
von L-cis-enantiomer, ihrer
Metaboliten und ihrer pharamazeutisch verwendbaren Salze für die Herstellung
eines Medikamentes, das zur Behandlung von Pathologien bestimmt
ist, die mit der Degeneration der Photorezeptoren der Retina einhergehen,
insbesondere zur Behandlung der Retinitis pigmentosa oder von Pathologien,
die die Photorezeptoren ähnlich
angreifen wie die altersbedingte Makulardegeneration.
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Die
Erfindung betrifft insbesondere die unten angeführte Verwendung von Diltiazem
der Formel
sowie seiner Additionssalze
der pharmazeutisch verwendbaren Säuren, insbesondere das Malat
oder das Chlorhydrat von Diltiazem.
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Die
Erfindung betrifft auch die Verwendung des oben erwähnten L-cis-enantiomer
von Diltiazem oder des Razemat von Diltiazem sowie deren Additionssalze
pharmazeutisch verwendbarer Säuren,
insbesondere das Chlorhydrat des Isomers cis(–) der Formel :
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Vorteilhafterweise
werden die Blockerverbindungen der Kalziumkanäle und/oder der cGMP-abhängigen Kanäle wie oben
erwähnt
für die
Herstellung von pharmazeutischen Zusammensetzungen verwendet, die
in jeder Verabreichungsform anwendbar sind, insbesondere auf oralem
Weg, intramuskulär,
intravenös,
intraokulär
oder in Form von Augenwasser.
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Vorzugsweise
besitzen die pharmazeutischen, erfindungsgemässen Zusammensetzungen in einheitlicher
Form ungefähr
0,1 bis ungefähr
100 mg einer Blockerverbindung für
Kalziumka näle
und/oder cGMP-abhängige
Kanäle,
wie solche die oben definiert wurden in Verbindung mit einem pharmazeutisch
annehmbaren Träger.
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Die
Erfindung wird weiter anhand der folgenden 1 bis 3 beschrieben.
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1 zeigt
das Überleben
der Stäbchen
am 25ten Tag und am 36ten Tag postnatal bei Mäusen rd, die mit Chlorhydrat
von Diltiazem behandelt worden sind. Die Injektionen von Diltiazem-Chlorhydrat haben
am 9ten Tag postnatal begonnen, was dem Erscheinungszeitraum der
ersten Zeichen der Degeneration der Stäbchen entspricht. Die Dosen
von Diltiazem-Chlorhydrat (2,5 mg/ml in einer physiologischen Lösung) sind
schrittweise ausgehend von 50 μl/Tag bis
100 μl zweimal
am Tag, je nach Wachstum des Tieres erhöht worden. Da die Elektroretinogramme (ERG)
vor der Opferung der Tiere gemessen worden sind, wurde die letzte
Injektion 48 Stunden vor der physiologischen Messung gegeben. Nach
der Fixation der Retinen sind die Stäbchen mittels Anti-Rhodopsin
Antikörper
(rho-4D2) (Hicks und Molday, 1986) markiert worden und ihre Zahl
wurde auf den auf den Träger
gegebenen Retinen durch Stereologie abgeschätzt unter Verwendung eines
Vorganges der Zufallsprobeentnahme (Mohand-Said et. coll., 1998). Nur
die rechten Retinen sind berücksichtigt
worden, um unabhängige
Ergebnisse zu erhalten. Die Behandlung mit Diltiazem-Chlorhydrat
hat das Überleben
der Stäbchen
am 25ten Tag um 85% und am 36ten Tag um 148% bei den behandelten
Tieren im Verhältnis
zu Kontrollmäusen
rd erhöht.
Die wiederholten Injektionen mit physiologischer Lösung allein haben
das Überleben
der Stäbchen
(7.416 +/– 1.291, s.
e. m., n = 5) gegenüber
nicht behandelten Tieren (7.648 +/– 774, s. e. m., n = 4) nicht
merklich beeinflusst. Diese Beobachtungen zeigen jedoch, dass die Behandlungen
der Mäuse
rd mit Diltiazem-Chlorhydrat zu einem Überleben der Stäbchen führt.
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Die 2 zeigt
das Überleben
der Zäpfchen am
25ten Tag und am 36ten Tag, postnatal bei mit Diltiazem-Chlorhydrat
behandelten Mäusen
rd. Die Zahl der Zäpfchen
ist indirekt nach der Anfärbung
der Kerne mit DAPI (4',6-Diamin-2-Phenylindol)
abgeschätzt
worden und zwar auf Schnitten der Retinen. Um diese Zahl zu erreichen,
ist die Zahl der immunmarkierten Stäbchen abgezogen worden von
der Zahl der mit DAPI markierten Kerne der Photorezeptoren. Die
Behandlung mit Diltiazem-Chlorhydrat hat um 109% das Überleben
der Zäpfchen
am 25ten Tag und um 144% am 36ten Tag bei den behandelten Tieren
im Verhältnis
zu den Kontrollmäusen
rd erhöht.
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3 illustriert
die Tatsache, dass das Überleben
der Photorezeptoren von einer physiologischen Verbesserung bei den
Mäusen
rd begleitet ist, die mit Diltiazem-Chlorhydrat behandelt worden
sind. Diese Darlegung ist durch Messung des ERG bei den behandelten
Mäusen
rd und den Kontrollmäusen
rd gezeigt. Bei den nicht behandelten Mäusen rd verringern sich die
Amplituden der Wellen a und b des ERG regelmäßig ab dem 12ten Tag postnatal
bis zur Auslöschung
am 24ten Tag postnatal. Im Gegensatz zeigten alle behandelten Tiere
Signale im ERG am 25ten Tag postnatal (n = 7). Am 36ten Tag postnatal konnten
bei vier von zehn behandelten Tieren ERG Signale in den beiden Augen
gemessen werden. Diese Feststellung zeigt, dass die Behandlung durch
Diltiazem-Chlorhydrat nicht nur das Überleben der Stäbchen gestattet,
sondern auch die visuellen Funktionen der Retina schützt.
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Legende
der Figuren:
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1 Abschätzung der
Zahl der Stäbchen auf
den Retinen von Mäusen
rd mit 25 Tagen und 36 Tagen, die mit Diltiazem-Chlorhydrat behandelt
wurden, verglichen mit nicht behandelten Kontrollmäusen rd.
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2:
Abschätzung
der Zahl der Zäpfchen und
der Stäbchen
in Retinenschnitten von Mäusen
rd mit 25 Tagen und 36 Tagen, die mit Diltiazem-Chlorhydrat behandelt
wurden, verglichen mit nicht behandelten Kontrollmäusen rd.
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3:
Einfluss von Diltiazem-Chlorhydrat auf ERG gemessen bei Mäusen rd
A) Darstellung der ERG-Aufzeichnungen gemessen bei Mäusen rd,
die behandelt worden sind und der Kontrolle am 25ten und am 36ten
Tag postnatal B) Einfluss von Diltiazem-Chlorhydrat auf die Welle
b des ERG; die Kurve, die der Messung der Amplitude der Welle b
in Funktion der Zeit bei den Kontrollmäusen rd entspricht, ist dargestellt
mit Hilfe von leeren Kreisen, wohingegen die gleiche Messung bei
mit Diltiazem-Chlorhydrat behandelten Mäusen rd mit Hilfe ausgefüllter schwarzer
Vierecke wiedergegeben ist.
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Bibliographische Hinweise
:
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