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Die vorliegende Erfindung betrifft
eine neue therapeutische Verwendung von physiologisch annehmbaren
Vanadiumverbindungen, -salzen oder -komplexen. Die vorliegende Erfindung
betrifft insbesondere die Verwendung einer physiologisch annehmbaren
Vanadiumverbindung, eines physiologisch annehmbaren Vanadiumsalzes
oder Komplexes als wirksame Komponente bei der Herstellung einer
pharmazeutischen Zusammensetzung zur prophylaktischen Behandlung
von Sekundärverletzung des
Gewebes, wobei die Sekundärverletzung
durch eine Primärverletzung
von vorwiegend Umgebungsgewebe induziert wird, insbesondere von
Umgebungsgewebe, und das Ergebnis eines traumatischen Ereignisses
ist. Fachleuten ist klar, dass die Sekundärverletzung von Gewebe auch
durch Toxine erfolgen kann, die von bereits verletztem Gewebe abgegeben
werden, und dass sich das bereits verletzte Gewebe nicht notwendigerweise
in der direkten Nähe
des Gewebes befindet muß,
das vor Sekundärverletzung
geschützt
werden soll. In dieser Beschreibung werden die Begriffe Vanadiumverbindung,
-salz oder -komplex austauschbar verwendet und beziehen sich auf
eine organische, anorganische oder organometallische Verbindung,
die mindestens ein Vanadiumatom und/oder -ion in den üblichen
Oxidationszuständen
enthält,
vorzugsweise V(II), V(III), V(IV) und/oder V(V), wobei die Verbindung
gegebenenfalls ein Kation oder ein Anion ist und gegebenenfalls
eine Komponente eines Ionenpaars ist.
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Die Verwendung von Vanadiumverbindungen
zu therapeutischen Zwecken ist bekannt. Die WO-A-90/12563 offenbart
beispielsweise die therapeutische Verwendung von Zusammensetzungen, die
Vanadiumverbindungen als wirksame Substanz umfassen, zum Heilen
von Säugetiergewebe,
z. B. der Haut und Organen wie Herz und Hirn, wobei Vanadiumverbindungen
wiederholt in einem gewählten Konzentrationsbereich über einen
längeren
Zeitraum verabreicht werden. Es wird insbesondere gesagt, dass diese
Zusammensetzungen in der Lage sind, Falten in Hautgewebe zu verhindern.
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Der Mechanismus, nach dem die Vanadiumverbindungen
gemäß der WO
90/12563 wirken, ist nicht klar, da sie degenerative Prozesse inhibieren können – verminderte
Geschwindigkeit des Zelltods – und/oder
regenerative Prozesse stimulieren können – erhöhte Geschwindigkeit der Zellproliferation – wobei
der Nettoeffekt darin liegt, dass das Zellwachstum den Zelltod übersteigt,
was schließlich
zur Heilung des verletzten Gewebes führt. Es wird jedoch offenbart,
dass die Vanadiumverbindungen eine stimulierende Wirkung auf die
Zellproliferation haben, indem die enzymatische Dephosphorylierung
inhibiert wird, wodurch Wachstumsfaktoren für einen längeren Zeitraum aktiv sind,
wie epidermaler Wachstumsfaktor (EGF), von Insulin und Thrombozyten
abgeleiteter Wachstumsfaktor. Es wird ferner vorgeschlagen, dass
die Vanadiumverbindungen die Heilung von z. B. Herz und Hirn fördern. Da
Herz und Hirn jedoch nicht proliferierende Gewebe sind, wäre die vorgeschlagene
Behandlung auf Basis des postulierten Mechanismus erfolglos, wie
er in dem zitierten Dokument beschrieben ist, und ein Fachmann würde die Behandlung
dieses Gewebes mit Vanadiumverbindungen auf Basis der zitierten
Offenbarung nicht in Erwägung
ziehen. In diesem Zusammwnhang ist mit nicht proliferierenden Gewebe
ein Gewebe oder Zellen gemeint, das bzw. die unter normalen Bedingungen
kaum proliferiert bzw. proliferieren. Insbesondere ist nicht proliferierendes
Gewebe nur zur Differenzierung imstande, und daher kann eine direkte
oder Primärverletzung
des nicht proliferierenden Gewebes, z. B. Lebernekrose, durch Verwendung
einer Vanadiumverbindung nicht geheilt werden, die als den Proliferationsprozess
stimulierend bezeichnet wird. Der mitotoxische Index von Leberzellen
als Beispiel für ein
nicht proliferierendes Gewebe ist beispielsweise unter normalen
Bedingungen extrem niedrig und ist etwa 1 : 10 000 bis 20 000. Es
wird kein Anzeichen für
die fördernde
Wirkung von Vanadiumverbindungen auf die Heilung von Herz- oder Hirngewebe
gegeben, und demnach wird die WO-A-90/12563 nur als Offenbarung
für die
Verwendung von Vanadiumverbindungen zur Steigerung der Zellproliferation
angesehen, die in der Tat nur in sofern wirksam sein kann, als dass
proliferierendes Gewebe, z. B. die Haut, beteiligt ist, wodurch
die direkte oder Primärverletzung
des proliferierenden Gewebes geheilt wird. Es wird keine Offenbarung
der Behandlung von nicht proliferierendem Gewebe gelehrt.
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Neben den bekannten Wachstumsfaktor
und Insulin nachahmenden Eigenschaften der Vanadiumverbindungen
sind die Verbindungen ferner als Na/K-ATP-ase-Inhibitoren, Abfangmittel
für freie
Radikale, insbesondere Abfangmittel für Superoxidradikal, das durch
Xanthinoxidase in verletzten Geweben produziert wird, z. B. ischämischem
Gewebe, Verbrennungen und anderen Traumata, und Inhibitoren des
Angiotensin II Typ 2-Rezeptors bekannt.
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Superoxidradikale können zu
Apoptose in Gewebe führen,
und es wird daher erwartet, dass Vanadiumverbindungen Apoptoseinhibitoren
sind, indem die Superoxidradikale abgefangen werden. Yamada et al.
[T. Yamada, M. Horiuchi und V. J. Dzau, Procl. Natl. Acad. Sci.
U.S.A. 93, 156 bis 160 (1996)] offenbaren, dass der Angiotensin
II Typ 2 Rezeptor die Apoptose mediiert. Dieser Rezeptor ist in
reichlichen Mengen in Fetalgewebe und unreifem Hirn vorhanden und
mediiert Antiwachstumseffekte auf vaskuläres glattes Gewebe und Endothelialgewebe,
wobei der zelluläre
Mechanismus die Erhöhung
der Dephosphorylierung von mitogen-aktivierter Proteinkinase (MAP-Kinase)
beinhalten. Es sei darauf hingewiesen, dass in der vorliegenden
Beschreibung unreifes Hirngewebe als proliferierendes Gewebe angesehen
wird. Aus in vitro-Untersuchungen schließen sie, dass das Vanadat die
Dephosphorylierung von MAP-Kinasen
beendet, wodurch der Angiotensin II Typ 2 Rezeptor inhibiert wird
und Apoptose verhindert wird. Somit wird der Vorschlag der Apoptoseinhibierung
in diesen Gewebetypen durch Anwendung von Vanadiumverbindungen geliefert.
Es werden jedoch keine in vitro- oder
in vivo-Daten für
diese Anwendung gegeben, genannt wird jedoch nicht proliferierendes
Gewebe.
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Buerke et al. [M. Buerke, T. Murohara,
C. Skurk, C. Nuss, T. Tomaselli und A. M. Lefer, Proc. Natl. Acad.
Sci. U.S.A. 92, 8031 bis 8035 (1995)] offenbaren die Verwendung
von insulinartigem Wachstumsfaktor (IGF) zur Verhinderung der Reperfusionsverletzung
nach Ischämie.
Aus in vitro-Untersuchungen folgern sie, dass IGF Myokardverletzung
nach Reperfusion verhindert, und dass Vorbe handlung mit IGF Schutz
für das
Herz bedeutet. Es werden mehrere Mechanismen vorgestellt, um diese
Wirkungen von IGF einschließlich
der Neutrophilakkumulation in dem ischämischen-reperfusierten Myokard,
der Inhibierung der polymorphonuklearen Leukozyteninduzierten Herznekrose
und Induktion von Reperfusions-induzierter Apoptose der kardialen
Myozyten zu erklären.
Die Stimulation von IGF in vivo zur Verringerung von Reperfusionsschaden,
d. h. indirekter oder Sekundärverletzung
des Myokards, wird nicht offenbart. Buerke et al. verwendeten IGF
außerdem intrakoronar,
da es sich in einem sehr kurzen Zeitraum zersetzen würde, falls
es intravenös
verwendet werden würde.
Isolierte Wachstumsfaktoren wie IGF-I, IGF-II und EGF können zudem
in brauchbaren Mengen nur mittels Rekombinanttechnologie erhalten
werden und sind daher extrem teuer. Die Verwendung in der Medizin
ist daher nur in sehr begrenztem Maßstab möglich.
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Olivetti et al. [G. Olivetti, R.
Abbi, F. Quaini, J. Kajstura, W. Cheng, J. A. Nitahara, E. Quaini,
C. DiLoreto, C. A. Beltrami, S. Krajewski, J. C. Reed und P. Anversa,
N. Engl. J. Med. 16, 1131 bis 1141 (1997)] offenbaren, dass der
Tod von Myozytzellen infolge der Ischämie durch Apoptose und Nekrose
erfolgt. Es wird nichts über
indirekte oder Sekundärverletzung
vorgeschlagen oder offenbart, die durch Reperfusion nach Ischämie verursacht
wird. Es wird nichts in Bezug auf eine wie auch immer geartete Behandlung
gesagt. Es wird nichts über
Vanadiumverbindungen offenbart.
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Die US-A-5 583 242 offenbart die
Verwendung von Vanadiumverbindungen zur Inhibierung der Proliferation
maligner B-Lymphozyten durch Induktion von Apoptose in solchen Zellen.
Dieser Effekt ließ sich
jedoch in humanen T-Zellleukämie-Zelllinien oder
in humanen Kolonkarzinomzellen nicht beobachten, wodurch gezeigt
wird, dass Vanadiumverbindungen nicht in allen Arten von Zellen
Apoptose induzieren können. Über andere
Zelltypen wird nichts gesagt. Da keine Korrelation zwischen der
B-Zellenpopulation und Verletzung des Herzens oder Epithelialgewebes
bekannt ist und die B-Zellenpopulation in Fällen von Verletzung von Myokard
oder Epi thelialgewebe nicht zunimmt, wird die Anwendung von Vanadiumverbindungen
zur Behandlung des Myokard- oder Epithelialgewebes in diesem Dokument
nicht vorgeschlagen.
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Zudem können Vanadiumverbindungen, -salze
und -komplexe als Insulinstimulatoren zur Behandlung von Diabetes
und zur Behandlung von Hypertension und Fettleibigkeit verwendet
werden. Bekannte insulinstimulierende Vanadiumsalze sind Natriumorthovanadat
(Na3VO4), Vanadylsulfat (VOSO4·(H2O)x) und andere
Reaktionsprodukte von Vanadat und Peroxid.
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Zahlreiche Vanadiumverbindungen,
-salze und -komplexe, die zur Behandlung von Diabetes, Hypertension
und Fettleibigkeit wirksam sind, sind in der US-A-5 520 967 beschrieben.
Die Verbindungen, Salze und Komplexe, um die es hier geht, sind
Vanadiumkomplexe von monoprotischen zweizähnigen Liganden, die zur Chelatbildung
mit Vanadium zu einem fünf-
oder sechsgliedrigen, ungesättigten,
vanadiumhaltigen Ring in der Lage sind, wobei der Ring mindestens
zwei andere Heteratome zusätzlich
zu Vanadium enthält
und der Ring vanadiumkoordinierende Sauerstoff- und Stickstoff-Heteroatome enthält, falls
der Ring ein sechsgliedriger Ring ist. Beispiele für Verbindungen,
die einen fünfgliedrigen Ring
als Ligand bilden, sind α-Aminosäuren, Hydroxamate,
Thiohydroxymate, α-Hydroxypyridinone oder α-Hydroxypyrone,
wie Maltol oder Kojisäure. Beispiele
für Verbindungen,
die als Liganden einen sechsgliedrigen Ring bilden, sind substituierte
oder unsubstituierte 2-Oxazolin-2-ylphenole und 2-Thiazolin-2-ylphenole.
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Es hat sich nun herausgestellt, dass
bekannte Vanadiumverbindungen, -salze und -komplexe indirekte oder
Sekundärverletzung
von gesundem Gewebe verhindern, wobei die indirekte oder Sekundärverletzung
durch aus einem traumatischen Ereignis verursachte direkte oder
Primärverletzung
von Gewebe, das das gesunde Gewebe hauptsächlich umgibt, induziert wird.
Der Stand der Technik schlägt eine
Verbindung zwischen Apoptose einiger Gewebearten vor, liefert jedoch
keine in vitro-Daten oder in vivo-Daten über Inhibierung von Apoptose
durch irgendeine Behandlung. Es werden auch keine in vitro- oder
in vivo-Daten zur Behandlung der indi rekten Verletzung irgendwelcher
Art geliefert. Es werden auch keine Daten geliefert, die illustrieren,
dass Apoptose für
die indirekte Verletzung verantwortlich ist. Ohne dass sich die
Anmelderin auf eine Theorie festlegen möchte, wird vorgeschlagen, dass
diese indirekte oder Sekundärverletzung
von gesundem Gewebe durch Apoptose hervorgerufen sein kann, wobei
die Apoptose durch direkt oder primär verletzte Zellen hervorgerufen
wird, die das gesunde Gewebe vorwiegend umgeben. Die vorliegende
Erfindung betrifft somit die Verwendung einer physiologisch annehmbaren
Vanadiumverbindung als wirksame Komponente zur Herstellung einer
pharmazeutischen Zusammensetzung zur prophylaktischen Behandlung der
Sekundärverletzung
von Gewebe, wobei die Sekundärverletzung
durch die Primärverletzung
von hauptsächlich
umgebenden Gewebe induziert wird und das Ergebnis eines traumatischen
Ereignisses ist.
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Die Regenerierung von proliferierendem
Gewebe findet im Allgemeinen durch verstärkte Zellproliferation statt,
wenn das proliferierende Gewebe durch Degenerierung geschädigt worden
ist. Andererseits ist die Regenerierung des beschädigten, nicht
proliferierenden Gewebes offensichtlich nicht möglich, da dieses Gewebe nicht
zur Proliferation in der Lage ist.
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Die Regenerierung findet völlig unabhängig von
der Schadensursache statt, ob die Ursache beispielsweise Ischämie (Infarzierung)
oder Trauma ist. Bei Schaden infolge von Ischämie oder Trauma findet indirekter
oder Sekundärschaden
zusätzlich
zu direktem Schaden oder Primärschaden
statt. Der indirekte oder Sekundärschaden
findet in Gewebe statt, das hauptsächlich das Gewebe umgibt, das
bereits durch den direkten oder Primärschaden geschädigt ist,
wobei der indirekte oder Sekundärschaden möglicherweise
das Ergebnis eines Prozesses ist, an dem Apoptose von Zellen des
Gewebes beteiligt ist, die durch direkte oder Primärverletzung
geschädigt sind.
In vielen Fällen
ist dieser indirekte Schaden größer als
der direkte Schaden. Obwohl die Proliferation in proliferierendem
Gewebe stimuliert werden kann, wodurch die Regenerierung des Gewebes
induziert wird, kann nicht proliferie rendes Gewebe offensichtlich
nicht proliferieren, und die Beschädigung von nicht proliferierendem
Gewebe ist ein irreversibler Prozess. Es ist daher für den Patienten
wesentlich, dass die Auswirkungen der indirekten oder Sekundärverletzung
auf ein Minimum begrenzt oder vorzugsweise verhindert werden.
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Unerwarteterweise werden sehr gute
Ergebnisse erhalten, wenn die Vanadiumverbindung durch eine Einzeldosis,
vorzugsweise intravenös,
z. B. mittels einer Bolusinjektion, oder oral verabreicht wird. Der
Stand der Technik, der die Behandlung mit Vanadium irgendeiner Art
erwähnte,
schwieg in Bezug auf irgendeinen Vorteil dieser Verabreichung. Die
Einzeldosis verringert zudem die Belastung für den Patienten, da längere Verabreichung,
die für
den physischen Zustand des Patienten schädlich sein könnte oder
zu Nebenwirkungen führen
kann, nicht erforderlich ist. Erfindungsgemäß wird die Vanadiumverbindung
insbesondere intravenös
verabreicht.
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Die Vanadiumverbindung wird vorzugsweise vor
dem traumatischen Ereignis verabreicht, wo dies möglich ist,
oder unmittelbar oder kurz nach dem Ereignis. Wenn das Ereignis
eine Operation beinhaltet, kann z. B. die Vanadiumverbindung in
einem geeigneten Moment vor der Operation verabreicht werden. Die
Vanadiumverbindung kann bis zu zwei Wochen nach dem Ereignis, vorzugsweise
innerhalb von 24 Stunden verabreicht werden, und speziell ist innerhalb
von 2 h nach dem Ereignis geeignet. Vorzugsweise wird die Behandlung
so bald wie möglich
nach dem traumatischen Ereignis durchgeführt. Der genaue Zeitpunkt hängt von
den Umständen
des Patienten ab und wird durch den behandelnden Arzt festgelegt.
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Falls das traumatische Ereignis eine
Operation ist, führt
die Operation selbst zu direkter oder Primärverletzung des Gewebes, wodurch
unter normalen Bedingungen indirekte oder Sekundärverletzung an hauptsächlich umgebendem
Gewebe hervorgerufen wird. Erfindungsgemäß kann die indirekte oder Sekundärverletzung
durch Verabreichen einer Einzeldosis einer geeigneten Menge der
Vanadiumverbindung an den Patienten vor Durchführung der Operation verhindert
werden, d. h. normalerweise einige Stunden vor der Opera tion. Falls
das traumatische Ereignis Ischämie
mit anschließender
Reperfusion ist, wird alternativ die indirekte oder Sekundärverletzung
verhindert, indem so rasch wie möglich
nach Stattfinden des Ereignisses eine Einzeldosis verabreicht wird.
Eine solche Verabreichung kann jedoch selbst nach 24 Stunden die
indirekte oder Sekundärverletzung
verhindern. Falls das traumatische Ereignis eine Verbrennung ist,
wird außerdem
eine Verhinderung der indirekten oder Sekundärverletzung selbst dann erreicht,
wenn die Vanadiumverbindung vier oder fünf Tage nach Stattfinden der
Verbrennung verabreicht wird. Die Vanadiumverbindung kann daher
eine Woche nach dem traumatischen Ereignis, vorzugsweise innerhalb
des Zeitraums, z. B. innerhalb von 24 Stunden und insbesondere 2
Stunden nach solchen Ereignissen verabreicht werden.
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Erfindungsgemäß kann die Vanadiumverbindung
auch Medien für
Gewebe- oder Organtransplantationen oder Medien zum Transport von
zu transplantierendem Gewebe oder zu transplantierenden Organen
zugesetzt werden, wodurch der Zelltod des Gewebes oder der Organe
infolge von Sekundärverletzung
des implantierten oder transplantierten Gewebes oder Organs durch
Anoxie/Hypoxie oder Verlust von Wachstumsfaktoren verhindert wird. Auch
in diesen Fällen
erfolgt die Zugabe vorzugsweise so rasch wie möglich nach Entfernung des Spenderorgans
oder -gewebes.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der
vorliegenden Erfindung ist das vor indirekter oder Sekundärverletzung
zu schützende
Gewebe nicht proliferierendes Gewebe, insbesondere Herz, Niere, Leber,
Nerven- oder anderes differenziertes Gewebe. Wie im Einleitungsteil
der Beschreibung erklärt
wurde, ist direkt verletztes, nicht proliferierendes Gewebe von
der erfindungsgemäßen Behandlung
ausgeschlossen. Das erfindungsgemäß zu behandelnde, nicht proliferierende
Gewebe ist insbesondere Myokard- oder Herzgewebe. Das traumatische
Ereignis ist bei der Behandlung dieses Gewebes insbesondere Reperfusion
nach Ischämie.
Der Reperfusionsschaden findet zusätzlich zu direktem oder Primärschaden
statt, der durch Ischämie
verursacht wird, und die indirekte oder Sekundärverletzung ist sehr oft größer als
die direkte oder Pri märverletzung,
wobei das Verhältnis
dieser Verletzungen auf 70 : 30 geschätzt wird. Die Verhinderung
der Sekundärverletzung,
z. B. verursacht durch Reperfusion nach Ischämie, ist oft für einen
Patienten von erheblichem Interesse, der an einer Primärverletzung
leidet, die z. B. durch Ischämie
verursacht worden ist.
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Ein weiteres Beispiel für erfindungsgemäß zu behandelnde
traumatische Ereignisse sind Verbrennungen bei Epidermalgewebe.
Verbrennungen, insbesondere Verbrennungen zweiten und dritten Grades,
schädigen
bekanntermaßen
in der Haut vorhandene Strukturen, wie den tiefen vaskulären Plexus,
die Adnexe des Haars (Talgdrüsen)
und Schweißdrüsen. Die
Vanadiumverbindungen, -salze und -komplexe können bei intravenöser Verabreichung
als Einzeldosis diese Strukturen vor indirekter oder Sekundärverletzung
schützen.
Diese Strukturen sind nicht proliferierend, und Epidermalgewebe
als solches ist proliferierendes Gewebe. Außerdem werden Narbenkontraktionen
auf ein Minimum reduziert. Interessanterweise wurden größere Unterschiede zwischen
Wundheilungseffekten, die einerseits durch Wachstumsfaktoren oder
Wachstumsfaktor stimulierende Mittel beeinflusst werden können, und
andererseits der Verhinderung der durch diese Verbrennungen induzierten
indirekten oder Sekundärverletzung
beobachtet, die durch Wachstumsfaktoren oder Wachstumsfaktor stimulierende
Mittel nicht beeinflusst werden können. Dies führt auf
die im Einleitungsteil in Bezug auf Offenbarungen des Standes der
Technik gegebenen Kommentare zurück,
die die Verwendung von Vanadium zur Behandlung zusammen mit Stimulieren
der Wachstumsfaktoraktivität vorschlagen,
und zeigt den Unterschied zwischen unserer Erfindung und dem Stand
der Technik.
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Die Behandlung von Verbrennungen
gemäß dem Stand
der Technik kann zu rascherer Heilung führen, es sind jedoch keine
beschrieben als oder in der Tat fähig zur Verhinderung der indirekten
Verletzung von Strukturen wie dem tiefen vaskularen Plexus, den
Adnexen des Haars (Talgdrüsen)
und Schweißdrüsen, und
können
schwere Narbenkontraktionen nicht verhindern. Die Erfindung liefert
jedoch eine Zusammensetzung, die zur Verhinderung dieser indirekten
oder Sekundärverletzung
sehr wirksam ist.
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Erfindungsgemäß werden die Vanadiumverbindungen
vorzugsweise intravenös
oder oral verabreicht. Topische Behandlung von Verbrennungen mit den
Vanadiumverbindungen, -salz oder -komplex verhindert die Sekundärverletzung
nicht, wahrscheinlich weil das verbrannte Gewebe für Vanadiumverbindungen
undurchlässig
ist.
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Geeignete Vanadiumsalze sind prinzipiell alle
physiologisch annehmbaren Vanadiumsalze. Beispiele für solche
Salze, die beispielsweise bereits als Insulinersatz für Diabetespatienten
verwendet werden, sind Natriumorthovanadat und Vanadylsulfat. Vanadiumkomplexe,
die verwendet werden, sind bekannte, physiologisch annehmbare Komplexe. Diese
Komplexe umfassen sowohl Vanadyl- als auch Vanadiumkomplexe. Komplexbildende
Einheiten, die verwendet werden können, sind beispielsweise Maltol
und Kojisäure.
Erfindungsgemäß sind Maltol,
das zu Bis(maltolato)oxovanadium(IV) führt, oder das entsprechende
Bis(maltolato)oxovanadatsalz bevorzugt. Sowohl die oben genannten
Vanadium- und Vanadylsalze als auch die Komplexe sowie andere geeignete
Vanadium- und Vanadylsalze und -komplexe sind in den US-A-5 583
242 und US-A-5 20 967 beschrieben. Prinzipiell können alle in diesen Patenten erwähnten Salze
und Komplexe verwendet werden.
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Erfindungsgemäß ist die Vanadiumverbindung,
das Salz oder der Komplex vorzugsweise eine Organovanadiumverbindung,
insbesondere Bis(maltolato)oxovanadium(IV) oder das entsprechende Bis(maltolato)oxovanadatsalz.
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BEISPIEL 1
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Risikobereich (AR) und infarzierter
Bereich (IA) wurden in Herzen von mit Phenobarbital anästhesierten
Ratten nach 60 Minuten Koronararterienokklusion (CAO) und 180 Minuten
Reperfusion ermittelt. Bei Normothermie (36,5 bis 37,5°C Körpertemperatur)
wurde gefunden, dass das IA/AR-Verhältnis 69 ± 2% (Mittelwert ± Standardfehlergrenze,
n = 6) bei Kontrollratten und 45 ± 3% bei Ratten (n = 6, P < 0,001) betrug,
die 25 Minuten vor CAO mit 3,3 mg/kg Körpergewicht (i. v. Bolus in
10 Minuten) Bis(maltola to)oxovanadium(IV) vorbehandelt worden waren.
Der mittlere AR, ausgedrückt
als Prozentsatz des linken Ventrikels, unterschied sich zwischen
der Kontrollgruppe und der experimentellen Gruppe nicht (42 ± 2% beziehungsweise
42 ± 3%).
Dieses Experiment zeigt, dass die Kontrollgruppe mehr unter indirekter oder
Sekundärverletzung
litt als die experimentelle Gruppe (IA gibt sowohl direkte als auch
indirekte Verletzung wieder, und der Anteil der direkten Verletzung ist
für beide
Gruppen gleich) und dass Bis(maltolato)oxovanadium(IV) indirekte
Verletzung des Myokardgewebes in wesentlichem Maße verhindert (vergleiche 1 und 2).
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BEISPIEL 2
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Das Yorkshire-Schwein ist als Versuchstier ausgewählt worden,
weil von allen Tierarten dieses Hausschwein dasjenige mit den morphologischen und
funktionalen Hautcharakteristika ist, die der menschlichen Haut
am nächsten
kommen, und das so die Anforderungen an ein Modell der menschlichen
Haut am besten erfüllt.
Es ähnelt
in der grundlegenden Architektur der menschlichen Haut in der relativen
Dicke von Epidermis und Dermis, der Anwesenheit der Epidermalwälle, einer
abgegrenzten dermalen Papillarschicht und einer tiefen Schicht aus Unterhautfett.
Verglichen mit dem Menschen ist der Gehalt der Schweinehaut an elastischer
Faser relativ niedrig, jedoch höher
als bei irgendeiner anderen Spezies. Der Vergleich der Epidermis
und der Anhangsgebilde von Mensch und Schwein legt gemeinsame Behandlungen
ebenfalls nahe. Studien der Proliferationsgeschwindigkeit der Schweineepidermis
zeigt Parallelen zu derjenigen der Menschen. Die keratinartigen
Proteine sind ähnlich.
Im Unterschied zu der Haut von Nagetieren ist das Follikularmuster bei
Schweinen und Menschen relativ spärlich und als Einzelhaare oder
in Gruppen von zwei oder drei Follikeln angeordnet. Schweine schwitzen
nicht. Die Regulierung der Körpertemperatur
durch die Haut ist bei Menschen ausgeprägter als beim Schwein. Es finden sich
in der Schweinehaut keine ekkrinen Drüsen. Das Schwein hat apokrine
Drüsen, über ihre
Rolle in der Tem peraturregulierung lässt sich jedoch streiten. Die vaskulare
Anatomie der Schweinehaut besteht aus einem dreischichtigen Netzwerk;
unterer, mitteldermal und subepidermal. Die Größe, Orientierung und Verteilung
der Gefäße sind
der menschlichen Haut bemerkenswert ähnlich, unterscheiden sich
jedoch von Menschen dahingehend, dass das Subepidermalnetzwerk weniger
dicht ist. Die Vaskularisierung des unteren Bereichs des Follikels
entspricht derjenigen bei Menschen. Die Heilung tiefer Hautverbrennungen,
die von diesem Phänomen
abhängt,
könnte auch
analog sein. Studien der Temperatureigenschaften der Schweinehaut
als Funktion der Tiefe sind durchgeführt worden, indem der Wassergehalt des
Gewebes gemessen wurde. Unter Verwendung eines mathematischen Modells
konnten Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit
berechnet werden, und es wurde gefunden, dass die Ergebnisse bei Schweinehaut
mit denjenigen für
Menschenhaut übereinstimmten.
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Die Geschwindigkeit der Epithelialisierung bei
Schweinen hängt
von mehreren Faktoren ab. In Wunden mit vollständiger Dicke geht die Epithelialisierung
nur von den Wundrändern
aus.
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In Wunden mit Spaltdicke ist jeder
lebensfähige
Haarfollikel eine Insel der Reepithelialisierung. Bei Wunden mit
Spaltdicke von 2,2 × 2,2
cm und 0,04 cm Dicke werden beim sechs Monate alten Yukatan-Minischwein
etwa 96 Stunden benötigt,
bevor die Reepithelialisierung abgeschlossen war. Die Standardabweichung
des mittleren Epithelialisierungsgrads ist ±10%. Dies zeigt die Schwankungen
unter den Individuen. Die Geschwindigkeit der Epithelialisierung
hängt von
dem Alter ab und ist bei Schweinen, die 7 kg wiegen, vergleichsweise
deutlich schneller als bei jenen, die 40 kg wiegen.
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Es gab bei der Progression der Epithelialisierung
in der Mitte der Wunde im Vergleich mit dem Wundrand bei Wunden
von Spaltdicke keine Unterschiede.
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Protokoll 1a: Zwölf identische tiefe Brandwunden
wurden jedem Tier beigebracht. Das verwendete Tiermodell wurde in
dem Burn Research Institute (Beverwijk, Niederlande) entwickelt
und ist Standard für
sämtliche
experimentelle Brandwundenforschung. Das Modell ist von der Tierexperimentekommission
der Universität
von Amsterdam auch anerkannt.
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Protokoll 1b: Sechs Biopsien von
6 mm des verbrannten Bereichs wurden jedem Schwein entnommen und
auf einen nicht verbrannten Bereich übertragen. Sechs Biopsien von
6 mm des nichtverbrannten Bereichs wurden von jedem Schwein entnommen
und auf einen verbrannten Bereich übertragen (Bestimmung der indirekten
Verletzung). Tiere: Yorkshire-Schwein, weiß, weiblich, ±30 kg.
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In dieser Studie haben wir beobachtet,
dass in der Dermis vorhandene Strukturen, wie der tiefe vaskulare
Plexus, die Adnexen der Haare (Talgdrüsen) und die Schweißdrüsen geschützt waren,
nachdem Bis(maltolato)oxovanadium(IV) intravenös als Einzeldosis verabreicht
wurde. Die Narbenkontraktionen waren auch deutlich verringert, und
es wurde raschere Heilung beobachtet.