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Mit unterteilten Roheiseneinsatzmengen durchgeführtes Thomasverfahren
Die Erfindung betrifft eine Abänderung des üblichen Thomasverfahrens und bezweckt,
unmittelbar aus der Thomasbirne einen phosphorfreien Stahl .mit gewünschtem Kohlenstoffgehalt
zu erhalten, den Durchsatz und die Ausbeute zu verbessern, die Schlußzusätze von
Ferromangan o. dgl. zu verringern und überhaupt die Stahlerzeugung in der Thomasbirne
zu verbessern und zu verbilligen.
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Bei gewöhnlichen Thomasverfahren verschwindet der Phosphor in der
Hauptsache erst nach dem Kohlenstoff; das Blasen nach dem Verschwinden des Kohlenstoffs
bis zum Verschwinden des Phosphors wird üblicherweise als Nachblasen bezeichnet,
wobei eine Überoxydation, d. h. die Bildung eisenoxydhaltiger Schlacke, nicht zu
vermeiden ist, weshalb dann das Stahlbad mit phosphorfreiem Spiegeleisen o. dgl.
desoxydiert wird.
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Um unmittelbar in der Birne phosphorfreien, aber kohlenstoffhaltigen
Stahl herzustellen, ist schon vorgeschlagen worden, dem Kalkzuschlag etwa 4o% seines
Gewichtes eines von einem Metalloxyd verschiedenen Flußmittels, das die basische
Natur der entstehenden Schlacke nicht verändert, zuzuführen, insbesondere Flußspat.
Dieses Verfahren hat sich aber nicht bewährt, weil durch diese große zusätzliche
Flußspatmenge das Roheisen sehr viel heißer eingefüllt oder ein phosphor- oder siliciumreiches,-
also viel Wärme erzeugendes Roheisen verwendet oder länger nachgeblasen (überblasen)
werden muß, um die nötige Hitze und die Verflüssigung der Schlacke zu erreichen.
Ferner. bedingen die große Flußs.patmenge und das starke Brodeln einen außerordentlich
starken Angriff auf das basische Birnenfutter. Diese Gründe mögen wohl die Technik
veranlaßt haben, andere Schlackenzusätze als Kalk, insbesondere eine Zugabe von
Flußspat, als ungeeignet zu verwerfen (vgl. O s a n n , . Lehrbuch der Eisenhüttenkunde,
Bd. 11, 1921, S. 153).
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Um bei der Verarbeitung von siliciumr eichemRoheisen den dabei auftretenden
Auswurf zu verringern, ist weiterhin schon vorgeschlagen worden, in die Birne die
für den Gesamteinsatz erforderliche Kalkmenge und dazu .einen etwa 400,16 des Gesamteinsatzes
betragenden Teil der Roheisenmenge einzubringen, -zwecks Bildung und Verflüssigung
der Schlacke zu überblasen, so daß ein Teil des Eisens lediglich zur Schlackenbildung
oxydiert wird, dann die Restmenge des Eisens (etwa 6o 011o) zuzugeben, deren Kohlenstoffgehalt
desoxydierend auf die Schlacke
wirkt, und dann den mit der Restmenge
eingebrachten Phosphor durch Blasen und Nachblasen zu entfernen. Dieses Verfahre;;
hat einmal den Nachteil, daß man am ScW-49; desselben erhebliche Mengen von Spie=
eisen zur Desoxydation benötigt, daß die dem ersten Teileinsatz eingebrachte geringe
Menge an Silicium und Phosphor nicht genug Hitze entwickelt, um den gesamten Zuschlag
zu verflüssigen, daß bei der Desoxydation durch den Kohlenstoffgehalt der zweiteingebrachten
Menge Roheisen die Schlacke dickflüssig und teigig wird und der neu eingebrachte
Phosphor durch erneutes Nachblasen entfernt werden muß. Wie man auch immer die Roheisenteilmengen
wählt, so kann der mit der ersten Charge eingebrachte Phosphor nur durch ein Überblasen
der Gesamtmenge am Schluß entfernt werden, so daß in dem schließlich erhaltenen
Eisen nur die übliche, ,geringe Kohlenstoffmenge enthalten sein kann, weil, wie
oben gezeigt, die Schlacke dickflüssig wird, da ihr Flüssigkeitsgrad von der in
ihr enthaltenen überschüssigen Menge an Eisenoxyd abhängt.
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Alle diese Nachteile vermeidet das Verfahren der Erfindung, nach welchem
wie folgt gearbeitet wird: a) In die Birne wird neben der für den Gesamteinsatz
benötigten Kalkmenge noch so viel eines von einem Metalloxyd verschiedenen und die
basische Natur der Schlacke nicht verändernden Flußmittels, z. B. Flußspat, eingebracht,
als nötig ist, um den in der ersten Stufe nicht zur Schlackenbildung benötigten
Kalk zu verflüssigen oder, mit anderen Worten, die gesamte Zuschlagsmenge am Ende
der ersten Verfahrensstufe in der Form einer stark basischen, leichtflüssigen Schlacke
zu erhalten. Diese Leichtflüssigkeit wird bewirkt einesteils dadurch, daß der Phosphor
der ersten Teilmenge in die Schlacke hineingeht, und anderenteils durch die Wirkung
des in solcher Menge zugesetzten Flußmittels, daß auch der überschüssige, erst für
den zweiten Teileinsatz benötigte Kalk verflüssigt wird; die so gebildete Schlacke
bleibt sogar noch nach der Desoxydation dünnflüssig. Solche Zuschlagsmittel sind
beispielsweise Flußspat, Calciumchlorid, Natriumcarbonat, ein natriumhaltiges Aluminiumchlorid,
vorzugsweise natürliches Aluminium-Natrium-Chlorid; diese Art Flußmittel sollen
im folgenden nach ihrem hauptsächlichsten Vertreter als Flußspat bezeichnet werden.
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b) Hierauf wird in die Birne eine mindestens 6o %, vörzugsweise aber
mehr betragende Menge des gesamten Roheiseneinsatzes gefüllt und in üblicher Weise
geblasen und nachgeblasen, bis der Phosphor verschwunden ist. Durch die verhältnismäßige
Größe dieses ersten Teileinsatzes genügt die erzeugte Wärme auch bei nicht besonders
°siliciu,m- und phosphorreichem Roheisen zur ,°völlständigen Verflüssigung des Zuschlages
bzw. der Schlacke, und es ist weder eine besonders hohe Vorerhitzung des Roheisens
noch ein überblasen nötig.
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Bis hierher unterscheidet sich also das vorliegende Verfahren von
dem üblichen Thomasverfahren nur durch die Zufügung einer bestimmten, verhältnismäßig
geringen Flußspatmenge.
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c) Wird nun der zweite Teileinsatz (etwa 40% des Gesamteinsatzes oder
vorzugsweise noch weniger) in die Birne eingebracht, so reagiert der mit dieser
Restmenge eingebrachte Phosphor mit der dünnflüssigen basischen Schlacke und wird
praktisch völlig entfernt; da in der ersten Verfahrensstufe nicht durch Überblasen
eine besonders eisenoxydreiche Schlacke gebildet wurde, so verdankt diese Schlacke
ihre Leichtflüssigkeit lediglich der gebildeten Phosphorsäure und dem zugefügten
Flußmittel und bleibt flüssig, selbst wenn ein geringer Teil des mit der zweiten
Teilmenge eingebrachten Kohlenstoffes zur Desoxydation verbraucht wird. Unter diesen
Bedingungen geht der mit der zweiten Teilmenge eingebrachte Phosphor unmittelbar
in die Schlacke über und wirkt als Desoxydationsmittel. Man erhält also einen kohlenstoffhaltigen,
aber phosphorfreien Stahl.
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Ist der Kohlenstoffgehalt des so erhaltenen Stahles noch zu hoch,
so genügt ein kurzes Blasen, tun ihn zu verringern; es kann so nach Wunsch ein harter
oder weicher Stahl von jedem gewünschten Kohlenstoffgehalt erhalten werden. Dem
Enderzeugnis können je nach Wunsch die übrigen Schlußzuschläge zugegeben werden.
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Das Verfahren der Erfindung hat gegenüber dem bekannten Thomasverfahren
zahlreiche Vorteile, insbesondere folgende: a) Der Gesamteinsatz der Birne kann
höher sein als üblich, da der zweite Teileinsatz sich allein durch innige Berührung
mit der Schlacke entphosphort, ohne daß zu diesem Zweck ein Nachblasen erforderlich
ist. Wird zwecks Verringerung des Kohlenstoffgehaltes geblasen, so genügt hierfür
ein sehr kurzes Nachblasen, welches wegen der Leichtflüssigkeit der Schlacke ohne
Druckerhöhung in dem Gebläse vor sich geht; der Kohlenstoffgehalt kann durch die
Dauer dieses Nachblasens geregelt werden.
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b) Da die Entphosphorung des zweiten Teileinsatzes ohne Nachblasen
vor sich geht, erfolgt keine erneute Oxydation; demgemäß wird auch nur ein Bruchteil
der üblichen Spiegeleisen- oder Ferromanganmenge benötigt;
durch
die geringere Oxydation am Schluß des Verfahrens steigt die Güte des erhaltenen
Metalls.
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c) Die am P-nde des Verfahrens erhaltene Schlacke ist außerordentlich
arm an Metal14 oxyden, Metall und woraus eine sich phosphorreichere eine gute Ausbeute
Schlacke anY ergibt.
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d) Man kann Stahl von jedem beliebigen Kohlenstoffgehalt herstellen;
wenn man praktisch völlig phosphorfreien Stahl erhalten will, braucht man nur etwas
weiter nachzublasen, ohne daß dabei eine unzulässig starke Oxydation zu befürchten
ist.
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e) Wenn man nicht zwei Roheisengie.ßpfannen, eine für den Anfangseinsatz
und die zweite für den Resteinsatz, benutzen kann, so kann man auch mit einer einzigen
Pfanne, deren Fassungsvermögen zur Aufnahme des Gesamteinsatzes genügt, zuerst die
für den Verfahrensschritt b erforderliche Menge in die aufnahmebereite Birne gießen
und den Rest in eine andere Birne, in der gerade der obenerwähnte Verfahrensabschnitt
c vor sich gehen soll. Umgekehrt kann auch zuerst die dem Resteinsatz entsprechende
Menge in eine Birne gegossen werden, in der der Verfahrensabschnitt c vor sich gehen
soll, und der dein Verfahrensschritt b entsprechende Restinhalt der Pfanne in eine
zweite Birne. Dieser Rest des Pfanneninhaltes kann auch in die gleiche Birne gegossen
werden, nachdem der Arbeitsgang beendet und eine neue Beschickung von Kalk und Flußmittel
entsprechend dem ersten Verfahrensabschnitt eingebracht worden ist.