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Verfahren und Vorrichtung zur kontinuierlichen Gewinnung fester Stoffe
gleichmäßiger Korngröße aus ihren Lösungen durch Kristallisation Bei den bekannten
Kristallisationsverfahren arbeitet man entweder so, daß man Lösungen so weit eindampft,
daß die Sättigungsgrenze überschritten wird, oder so, daß man eine heiß gesättigte
Lösung langsam abkühlen läßt, oder so, daß man eine an anderer Stelle der Vorrichtung
übersättigte Lösung durch eine Kristallansammlung hindurchschickt und hier durch
Bildung weiterer Kristalle oder Vergrößerung der vorhandenen Kristalle die Übersättigung
aufhebt. Diese Verfahren leiden vor allem bei Stoffen mit kleiner Kristallisationsgeschwindigkeit
und geringer Unterkühlbarkeit entweder unter dem Übelstand, daß bei Einhaltung einer
befriedigenden Leistung der Apparatur das Salzkorn klein ist und viel staubförmige
Anteile enthält, oder darunter, daß sich bei den meisten Salzen Unterkühlungen der
Lösungen, die nötig sind, wenn man eine an anderer Stelle übersättigte Lösung durch
eine Kristallansammlung schickt, schwierig einstellen lassen.
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Es wurde nun gefunden, daß man bei Vermeidung dieser Schwierigkeiten
feste Stoffe von gleichmäßigem grobem Korn erhalten kann, wenn man der in einem
Kristallisiergefäß in Kristallisation befindlichen Masse außer der zum Nachschub
von Material dienenden gesättigten Frischlösung dieser entgegen derart ungesättigte
Lösung zuführt, daß sie aus der kristallisierenden Masse unerwünschte kleine Kristalle
mitnimmt und löst und dabei in den gesättigten Zustand übergeht, worauf die so gebildete
gesättigte Lösung bzw. eine entsprechende Menge vorhandener gesättigter Lösung wieder
abgeführt wird, während die größeren Kristalle zur Entnahmestelle absinken.
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Beispielsweise wird eine Kristallansammlung in ihrer gesättigten
Lösung bei möglichst konstanter Temperatur gehalten, gleichzeitig läßt man eine
wärmere, gesättigte Lösung oder auch eine solche, die bereits z. : B. im Verdampfer
erzeugte feine oder ungleichmäßige Kristalle enthält, zulaufen. Ein Teil der Lösung
wird aus dem Kristallisiergefäß in gesättigtem Zustand abgeführt und ganz oder teilweise
nach Erwärmung oder Verdünnung dem Gefäß wieder zugeführt. Die nichtgesättigte Lösung
übt dabei eine lösende Wirkung auf eben gebildete Kriställchen aus, so daß diese
aufgelöst werden, während schon vorhandene gröbere Körner nur wenig verkleinert,
»angelöst«, werden. Eine weitere Übersättigung der Kessellösung wirkt sich nun
dahin
aus, daß vorhandene Salzkörner durch die Übersättigung wachsen, unliebsame überschüssige
Keime sich aber nicht ansammeln. können, da sie immer wieder im Entstel aufgelöst
werden, Weiterhin ist es zweckmäßig, den Stç ungesättigter Lösung von unten in au
gender Richtung in die die Kristallansammlung enthaltende Lösung einzuführen. Hierdurch
werden die unerwünschten überschüssigen kleinen Kristalle mit Sicherheit so lange
in der Schwebe gehalten, bis sie vollständig aufgelöst sind. Die größeren Kristalle
vermögen entgegen dem Strom der ungesättigten Lösung herabzusinken; sie werden am
unteren Ende der Apparatur ausgeschleust. Man kann den Strom der ungesättigten Lösung
auch aufteilen und den einen Teil den Kristallen in aufsteigender Richtung entgegenführen,
während der andere Teil an einer beliebigen anderen Stelle in das Kristallisationsgefäß
eingeleitet wird.
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Das Verfahren ist auch sehr gut zum Umkristallisieren fester Stoffe
geeignet. Zu diesem Zweck kann man in den Kristallisierkessel unmittelbar das umzukristallisierende,
meist feinkörnige Salz eintragen, während aus dem Kessel dauernd gesättigte Lösung
abgezogen wird. Das von der Strömung mitgeführte feine Salz wird durch Aufheizen
oder Verdünnen der Lösung an einer Stelle außerhalb des Kessels in Lösung gebracht
und die so entstandene nichtübersättigte Lösung dem Kessel, zweckmäßig von unten,
wieder zugeführt. : Die gröberen im Kessel befindlichen Salzanteile wachsen zufolge
der Übersättigung, die durch Einengung oder Kühlung der in den Kessel eingetretenen
noch nicht übersättigten Lösung verursacht wird, zu noch gröberen Körnern an.
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An Stelle des umzukristallisierenden Salzes selbst kann man auch
eine Anschlämmung des Salzes in einer geeigneten Mutterlauge in das Kristallisiergefäß
einführen.
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Beim Umkristallisieren von Stoffen, die unlösliche Verunreinigungen
enthalten, können diese im Kreislauf selbst, zweckmäßig vqr dem Eintritt der Lösung
in die Kristallansammlung, durch Filter, Klärbehälter, Abscheider oder andere geeignete
Mittel abgetrennt werden.
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Tritt eine Sättigung der Kreislauflösung an einem unerwünschten Salz
ein, so kann dieses ohne besondere Schwierigkeiten aus der Lösung entfernt werden,
z. B. bei der Umkristallisation von kochsalzhaltigem Natronsalpeter durch Abzweigen
eines Teiles der an I Kochsalz gesättigten Lösung, Eindampfen und Abtrennen des
Kochsalzes in der Hitze und Wiedereinführung der kochsalzarmen Lösung in den Kreislauf.
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Das neue Verfahren 1ä13t sich auch leicht in jeden Arbeitsgang einschalten,
bei dem durch Laugung oder doppelte Umsetzung Salze , entstehen und diese in grobkörniger
und gleich-'ymäßig, er Form gewonnen werden sollen.
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5 Durch die Zeichnung, welche eine zur Ausführung des Verfahrens geeignete
Vorrichtung schematisch darstellt, wird die neue Arbeitsweise weiter erläutert.
Der Inhalt des Kessels A, der mit einer Rührvorrichtung versehen oder als Verdampfer
ausgebildet sein kann, wird durch Kühlelemente, wie Rohrkühler oder Mantelkühlung,
oder durch Anlegen eines Vakuums gekühlt. Durch das Rohr L läßt man heiße Lösung,
die gegebenenfalls auch schon festes Salz enthalten kann, zulaufen, oder man trägt
dort den umzukristallisierenden festen Stoff ein. Die Pumpe P hält die Lösung in
der Richtung P, C, B im dauernden Kreislauf. In H wird die den KesselS in gesättigtem
Zustand verlassende Lösung durch Verdünnen oder Erwärmen in den ungesättigten Zustand
übergeführt. In der Erweiterung B (Beruhigungsgefäß), in der die Lösung langsamer
strömt, haben etwa mitgerissene feine Kristalle Gelegenheit, sich in der ungesättigten
Lösung zu lösen. Die klare, noch nicht übersättigte Lösung kann bei F durch einen
Abscheider oder durch Filtriervorrichtungen von wasserunlöslichen oder schwerlöslichen
Verunreinigungen befreit werden. Im Rohr C sinken diejenigen Kristalle, welche eine
bestimmte Korngröße erreicht haben, in der entgegenströmenden Lösung herab; sie
werden bei S abgezogen.
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Bewirkt man die Sättigung der Lösung in A durch Kühlung, so wird
die Temperatur in A konstant gehalten, während in den übrigen Teilen der Vorrichtung
(voll H über P bis C) eine um einige Grade höhere Temperatur herrscht.
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Es ist bereits bekannt, in durch Eindampfen kristallisierende Lösungen
einen aufsteigenden Strom warmer Lösung einzuführen und dadurch eine aussiebende
Wirkung auf das Kristallisationsgut auszuüben, so daß nur ausreichend große Kristalle
entgegen der aufwärts gerichteten Flüssigkeitsströmung in ein Sammelgefäß abzusinken
vermögen. Hierbei wird lediglich von der mechanischen Wirkung des aufsteigenden
Flüssigkeitsstromes, d. h. von seiner Schlämmwirkung, Gebrauch gemacht, während
die Anzahl der iiberhaupt vorhandenen Kristalle aller Größen nicht beeinflußt wird.
Will man derartige Verfahren kontinuierlich durchführen, so ergeben sich große Schwierigkeiten,
da infolge der Anhäufung von Kristallkeimen schließlich die ganze Masse zu einem
ungleichmäßigen Kristallbrei erstarrt.
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Man hat auch schon die kristallisierende Flüssigkeit im Kreislauf
geführt und dabei an einer geeigneten Stelle eines als geschlossener Ringkanal ausgebildeten
Behälters den unerwünschten Überschuß an feinen Kriställchen wiederum auf rein mechanischem
Wege, nämlich durch Absaugen, nach der Seite entfernt, in einem besonderen kleinen
Nebenkreislauf mit Hilfe von ungesättigter Lösung aufgelöst und die Lösung dann
in den Hauptkreislauf zurückgeführt. Derartige Verfahren, bei denen die Notwendigkeit
besteht, die Kristallansammlungen in mehr oder minder verwickelten Rohrleitungen
mit Hilfe einer Mehrzahl von Pumpen zu bewegen, leiden an dem Übelstand, daß die
in der Flüssigkeit schwebenden Kriställchen sehr beträchtliche Schleifwirkungen
ausüben. Einmal werden dadurch bereits gebildete größere Kristalle zum Teil wieder
zertrümmert, und außerdem werden die Apparatteile sehr stark angegriffen, so daß
sie häufiger Auswechselung bedürfen. Auch findet die Bereitstellung von Kristallkeimen
im allgemeinen durch eine besondere Zufuhr an anderer Stelle hergestellten Keiminaterials
statt, welche sorgfältiger Überwachung bedarf und solche Verfahren kompliziert macht.
Bei keinem dieser Verfahren wird von der Auflösung kleiner Kriställchen in der kristallisierenden
Flüssigkeit oder gar von Unterschieden ihrer Lösungsgeschwindigkeit gegenüber derjenigen
großer Kristalle Gebrauch gemacht.
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Bei einem anderen, aus der Zuckerindustrie bekannten chargenweise
arbeitenden Kristallisierverfahren wird ungesättigte Lösung lediglich zum Zwecke
der Materialnachfuhr entsprechend dem For-tschreiten des Eindampfungsvorganges zugeleitet.
Dabei lassen sich Unregelmäßigkeiten der Verdampfung bzw. der Kristallisation trotz
sorgfältigster Überwachung nicht mit Sicherheit vermeiden, und es ist daher mitunter
erforderlich, durch verstärkte Zufuhr von ungesättigter Lösung oder gar durch Zugabe
von reinem Wasser die Beschaffenheit der kristallisierenden Masse zu korrigieren.
Ein solches in keiner Weise kontinuierliches Kristallisierverfahren, bei welchem
im übrigen stets nur die Zusammensetzung der Mutterlauge geregelt wird, gab keinen
Fingerzeig für die Entwicklung des vorliegenden völlig kontinuierlichen Verfahrens.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren erfolgt die Materialnachfuhr
in Form gesättigter Lösung und/oder festen Salzes, und die ungesättigte Lösung wird
nur zur Regelung der Zahl der wirksam werdenden Keime durch Auflösung unerwünschten
Keimüberschusses innerhalb der kristallisierenden Flüssigkeitsmasse benutzt. Durch
diese Maßnahmen, zusammen mit der ständigen Abfuhr eines Teiles gesättigter Lösung,
wird eine große Sicherheit des Betriebs erreicht, so daß eine stãndige Aufsicht
praktisch entbehrlich ist.
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Die erforderlichen Einstellungen der zum und abströmenden Mengen können
ein für allemal vorgenommen werden, und selbst ziemlich beträchtliche Schwankungen,
z. B. des Zulaufes gesättigter Lösung oder frischen Salzes, stören das regelmäßige
Arbeiten der Einrichtung nicht. Abgesehen von der Vorsorge für Zu- und Ablauf, welche
bei allen Kristallisierverfahren, ganz gleich welcher Art, erforderlich ist, benötigt
das beanspruchte Verfahren lediglich eine kleine Umlaufpumpe. Da die kristallhaltige
Flüssigkeit keine stärkere Bewegung in der Apparatur ausführt, insbesondere keine
Umlenkungen erforderlich sind, hat sie bzw. die in ihr schwebenden Kriställchen
keinerlei Gelegenheit, unerwünschte mechanische Schleifwirkungen auszuüben. In die
Umlaufpumpe gelangt nur von Kriställchen freie Flüssigkeit.