-
Verfahren zur Herstellung von Polymerisationsprodukten aus Thiovinyläthern
Es wurde gefunden,- daß die Vinyläther ein-oder mehrwertiger Mercaptane der aliphatischen,
aliphatisch-aromatischen, aromatischen, hydroaromatischen oder heterocyclischen
Reihe, die an dem Schwefelatom nur eine Vinylgruppe tragen, zu wertvollen Produkten
in Gegenwart sauerstoffabgebender Stoffe oder sauer reagierender Kondensationsmittel
als Polymerisationsbeschleuniger polymerisiert werden können. Beispielsweise seien
folgende Thiovinyläther genannt: Vinyläther von Alkyl- oder Oxalkylmercaptanen (Ähtyl-,
Propyl-, Isobutyl-, Stearyl-und Oleylmercaptanen, Thioalkylenglykolen und Thioglycerinen),
Vinyläther aromatischer Mercaptane (Thiophenol, Thiokresol, Di- und Polysulfhydrylbenzole,
-naphthaline, -anthracene und -anthrachinone), Vinyläther von Mono- oder Polysulfhydrylen
anderer iso-und heterocyglischer Verbindungen (Mercapto.benzothiazol), Vinyläther
von Aralkylsulfhydrylen (Phenyläthylmercaptan).
-
Eine gewissePolymerisation der erwähnten Thiovinyläther tritt bei
reinen Verbindungen zwar zum Teil schon bei langem Stehen oder, wie von Vinylbutylsulfid
bekannt ist, bei längerem Erhitzen auf höhere Temperaturen ein. Um aber zu einheitlichen
und wertvollen Produkten zu gelangen, ist es erforderlich, die Polymerisation in
Gegenwart der genannten Polymerisationsbeschleuniger vorzunehmen.
-
Geeignete sauer wirkende Kondensationsmittel sind beispielsweise Borfluorid,
Zinnchlorid, Chlorzink, Aluminiumchlorid, Phosgen, Schwefeldioxyd, Kohlendioxyd,
Thionylchlorid, ferner Fluorwasserstoff, Chlorwasserstoff und die Halogene; als
sauerstoffabgebende Stoffe seien anorganische und organische Peroxyde (Wasserstoff-,
Natrium- und Bariumperoxyd, Benzoylperox_yd) sowie Ozon und Luftsauerstoff genannt.
-
Die Polymerisationsbedingungen sind so zu wählen, daß eine Abspaltung
der Vinylgruppe vermieden wird. So muß man z. B. während der Polymerisation darauf
achten, daß keine verdünnten Säuren oder wasserfreie Mineralsäuren bei Anwesenheit
hydroxvlhaltiger Verbindungen, z. B. Alkoholen, zugegen sind. Alkalische Stoffe,
wie die Oxyde, Hydroxyde "und Carbonate der Alkalimetalle, wirken dagegen nicht
zersetzend. Auch durch Polymerisation bei zu hoher Temperatur., (z. B. über etwa
Zoo') kann neben starker Verfärbung Spaltung eintreten.
-
Die Geschwindigkeit der Polymerisation läßt sich durch Zugabe von
Reglerstoffen beeinflussen. Als solche sind zu nennen: alkalisch wirkende Verbindungen,
z. B. die Oxyde,
Hydroxyde und Carbonate der Alkalimetalle, Calciumhydroxyd,
die Alkali- und Erdalkoimetalle, ferner organische Basen (z. B. Methylamin, Dimethylamin,
Butylamin, Pipefidin, Anilin, p-Phenylendiamin oder Dimethylanilin) und viele Alkohole
(z. B. Äthanol, Cyclohexanol oder Glykol) 'sowie Phenole, wie Hydrochinon, Brenzkatechin
oder Pyrogallol.
-
Man kann die Polymerisation auch unter Zusatz von Lösungsmitteln,
z. B. Kohlenwasserstoffen (Benzol, Toluol, Xylol, Ligroin oder Cyclohexan), oder
von Äthern, Ketonen oder Alkoholen durchführen.
-
Auch die Reinheit der zur Polymerisation verwendeten Verbindungen
ist für den Verlauf der Polymerisation von Einfluß. Die Reinigung kann je nach den
Eigenschaften der Ausgangsstoffe z. B. durch sorgfältige Destillation unter vermindertem
Druck, durch Umkristallisieren oder durch Ausfrieren erfolgen. Bei empfindlichen
Thiovinyläthern arbeitet man vorteilhaft in Gegenwart eines Stoffes, der ihren Zerfall
verhindert, wofür besonders die Alkalimetalle, ihre Hydroxyde und Carbonate in Betracht
kommen.
-
Durch die Wahl der Beschleuniger, Regler und durch die übrigen Polymerisationsbedingungen,
wie Temperatur, Konzentration, Polymerisationsart (Block-, Lösungsmittel- oder Emulsionspolymerisation),
sowie Verwendung von Verdünnungsmitteln lassen sich Polymerisate der verschiedensten
- Molekulargröße und von verschiedenartigen physikalischen Eigenschaften gewinnen,
die für die mannigfaltigsten Verwendungszwecke, z. B. zur Herstellung von plastischen
Massen, Filmen, Fäden, Überzügen, Lacken, Spachtelmassen oder Isolierstoffen, geeignet
sind.
-
Durch Zugabe von Weichmachern, wie Dibutylphthalat, Trikresylphosphat,
Polybenzylnaphthalin, chloriertem Naphthalin oder chloriertem Diphenyl, während
oder nach der Polymerisation kann man ebenfalls die Eigenschaften der Polymerisate
weitgehend verändern.
-
Man kann ferner auch gemischte Polymerisate durch Mischpolymerisation
mit anderen polymerisierbaren Verbindungen, z. B. Vinyläthern, Vinylestern, Vinylchlorid,
Styrol, Acrylsäure . oder Methacrylsäure und ihren Derivaten, ungesättigten Ketonen,
wie Isopropenylmethylketon, Vinylmethylketon, oder ungesättigten polymerisierbaren
Kohlenwasserstoffen,wie Butadien, Isopren oder Vinylacetylen, oder polymerisierbaren
Ölen, wie Leinöl oder Holzöl, herstellen. Die genannten Verbindungen können auch
in frisch polymerisiertem Zustand den Thiovinyläthern vor, während oder nach deren
Polymerisation zugesetzt werden. Auch durch Füllstoffe und Pigmente lassen sich
die Polymerisate weitgehend verändern. Ferner lassen sich die Polymerisate durch
Pressen, Walzen, Spritzen, Blasen oder Schneiden in wertvolle plastische Massen
überführen.
-
Man hat bereits Divinylsulfid in Gegenwart alkalischer Stoffein Polymerisate
übergeführt. Die Polymerisation der Vinyläther.ein- oder mehrwertiger Mercaptane,
die an einem Schwefelatom nur eine Vinylgruppe tragen, gelingt jedoch nach dem bekannten
Verfahren nicht. Dies geht schon daraus' hervor, daß bei der Herstellung dieser
Thiovinyläther alkalische Stoffe für die Anlagerung des Acetylens an die betreffenden
Mercaptane benutzt werden, ohne daß eine Polymerisation beobachtet werden kann.
Überraschenderweise gelingt es dagegen nach dem vorliegenden Zerfahren, mit fast
durchweg guten Ausbeuten die erwähnten Thiovinyläther in wertvolle Polyinerisate
überzuführen. Beispiel i In 5o Teile flüssiges Schwefeldioxvd werden bei - 2o° langsam
5o Teile Vinyläthylsulfid unter Rühren eingetragen. Die Polymerisation tritt sofort
unter Erwärmung ein. Das gebildete Polymerisationsprodukt scheidet sich zunächst
aus, geht aber bei längerem Rühren wieder in Lösung. Nach etwa 3 Stunden ist die
Polymerisatiori beendet. Dann wird das Schwefeldioxyd verdampft und das zurückbleibende
Polymerisationsprodukt durch Waschen mit Alkohol oder Behandeln mit Wasserdampf
gereinigt. Es ist eine bei Zimmertemperatur feste Masse. Beispiel e Vinyl-p-tolylsulfid
wird nach Zugabe von etwas gasförmigem Borfluorid 14 Tage lang bei etwa 70° geschüttelt.
Man erhält eine rote, bei Zimmertemperatur nahezu feste, klare Masse. Beispiel 3
.4o Teile Vinyl-p-tolylsulfid und o,5 Teile kristallisiertes Zinkchlorid werden
2o Tage lang bei 7o bis 8o° geschüttelt. -Man gewinnt so ein bei Zimmertemperatur
dickflüssiges, bei 7o bis 8o° leicht flüssiges Polymerisat.
-
Entsprechende Polymerisate erhält man durch Zugabe geringer Mengen
Jod. Beispiel 4 In ioo Teile flüssiges Schwefeldioxyd werden bei -2o° unter Rühren
ioo Teile Vinylp-toly lsulfid eingetragen. Nach i ostündigem
Rühren
bei der angegebenen Temperatur wird das Schwefeldioxyd verdampft. Dabei bleibt nach
dem Waschen mit Alkohol ein festes, fast farbloses Polymerisationsprodukt zurück.
Beispiel 5 Eine Mischung von 2o Teilen Vinylolevläther, 2o Teilen Vinyl-p-tolylsulfid
und 2 Teilen kristallisiertem Zinkchlorid (oder geringen Mengen gasförmigen Borfluorids)
wird etwa 14. Tage lang bei 7o bis 8o1 geschüttelt. Man erhält ein schwach grün
gefärbtes, bei Zimmertemperatur dickes, kaum fließendes, bei 7o bis 8o1 dünnflüssiges
01.
-
Beispiel C# Eine 'Mischung von 15 Teilen Vinyl-p-tolylsulfid, .Io
Teilen Wasser, o,2 Teilen eines Kondensatiönsproduktes aus einer Aminoallcvlsulfonsäure
mit einer Fettsäure, o,i2 Teilen isobutylnaphthalinsulfonsaurein Natrium und
0,3 Teilen 3o°/oigem Wasserstoffperoxyd wird 2o Tage lang bei 70 bis
8o' geschüttelt. Man erhält eine weiße Emulsion von polymerem Vinvl-p-tolvlsulfid.
-
Beispiel ? In ioo Teile flüssiges Schwefeldioxyd werden bei -2o1 5o
Teile i, 8-Chlorthionaphtiiolvinyläther eingetragen. Man rührt etwa 12 Stunden lang
bei der angegebenen Temperatur und erhält nach Abdestillieren des Sch@@-efeldioxvds
ein hartes, festes, pulverisierbares Polymerisationsprodukt.
-
Beispiel 8 5o Teile einer Mischung aus gleichen Teilen Vinyloctodecylsulfid
und Vinyloctodecyläther trägt man unter Rühren langsam in 5o Teile flüssiges Schwefeldioxyd
zwischen .-2o und -30° ein. Die Polymerisation beginnt sofort unter Wärmeentwicklung.
Man rührt das Gemisch noch eine Zeitlang und gewinnt das entstandene Polymerisat
durch Abdampfen des Schwefeldioxyds als farbloses bis schwach gelbes, wachsartiges
Produkt, das in Wasser und kaltem Alkohol kaum löslich ist, dagegen leicht in T
oluol.
-
An Stelle von Vinyloctodecylsulfid kann man auch andere Vinylsulfide
verwenden, z. B. Vinyldodecylsulfid, Vinyloctodecenylsulfid, oder auch Mischungen
verschiedener Vinylalky1sulfide mit Vinylalkylätbern. Man erhält dabei ähnliche
Polymerisate wie das nach dein i. Absatz lierstellbare.
-
Beispiel 9 In Zoo Teile flüssiges, trockenes Schwefeldioxyd trägt
man bei -2o1 .4o Teile Octoclecyfviny,sulfid ein und rührt das Gemisch etwa 12 Stunden
lang bei -io°, Nach dem Abdestillieren des Schwefeldioxyds bleibt das entstandene
Polymerisat als eine bei Zimmertemperatur feste paraffinartige Masse zurück.
-
Auf dieselbe Weise können andere Vinvlallcylsulfide, wie etwa Vinyldodecvlsulfid
für sich allein oder in -Mischung, oder andere Vinylsulfide, wie S-Vinylthioglykolsäurebutylester
(C H2 = C H S C H:. # C O O # C4 H9), polymerisiert werden.
-
Beispiel io Zu 5o Teilen Vinyloctodecylsulfid gibt man unter Rühren
eine geringe Menge Jod (etwa o,o5 bis 0,3 Teile, je nach. der Reinheit des
Ausgangsstoffs) und erwärmt die Masse auf 4.o bis 5o1. Nach 12 bis 24 Stunden ist
das bei Zimmertemperatur flüssige Vinyloctodecylsulfid in eine bei Zimmertemperatur
feste, paraffinartige Masse umgewandelt.
-
Beispiel ii Eine Mischung aus gleichen Teilen Vinylp-tolylsulfid und
Styrol erhitzt man in Gegenwart geringer Mengen Benzoylperoxyd in einem Bad unter
Rückflußkühlung bei steigender Temperatur, und zwar 2.4 Stunden lang auf 7o bis
8o1, 12 Stunden lang auf 100°, i2'Stunden lang auf i2o°, 12 Stunden lang auf 14.0°,
12 Stunden lang auf 16o1 und schließlich io Stunden lang auf 18o1. Das so erhaltene
Polvmerisat kann für die Herstellung von Preßkörpern, Filmen, Bändern, Fäden, Überzügen
u. dgl. verwendet werden. Durch Änderung der Mischungsverhältnisse, der Art und.
Dauer des Erhitzens und gegebenenfalls durch Zusatz von weiteren polymerisierbaren
Verbindungen, Füllstoffen oder Weichmachern kann man bei Zimmertemperatur feste
bis plastische Massen erhalten.
-
ähnliche Mischpolymerisat,e erhält man mit anderen Vinylsulfiden,
z. B. Vinylnaphthylsulfiden oder Vinylalkylsulfiden, und mit anderen Vinylverbindungen
als Styrol.
-
Beispiel 1,2 Eine Mischung aus 5o Teilen Vinyl-p-tolylsulfid und 5o
Teilen Acrylnitril wird zu einer Lösung von 2 Teilen Ölsäure, 8 Teilen n j i -NaOH,
2 Teilen Natriumpyrophosphat, i Teil Kaliumpersulfat, i Teil 3o°1oigem Wasserstoffperoxyd
in 3oo Teilen Wasser gegeben. Die unter kräftigem Rühren entstandene Emulsion wird
durch 2- bis 3stündiges Erwärmen auf 75 bis 8o1 unter weiterem Rühren polymerisiert.
Das Polymerisat fällt dabei in Form einer zähen, zusammenhängenden Masse aus der
Flüssigkeit aus. Es wird abgetrennt, von der anhaftenden Flüssigkeit
durch
Auswalzen befreit und mit Ammoniakwasser, dann mit reinem Wasser und endlich mit
Methanol extrahiert. Es verbleibt nach dem Trocknen ein farbloses, körniges Pulver,
das in den meisten organischen Lösungsmitteln kaum löslich ist und sich in der Wärme
verpressen läBt: Verwendet man statt der angegebenen Mischung von Vinyl-p-tolylsulfid
und Acrylnitril eine solche aus 5o Teilen monomerem Styrol und 5o Teilen Vinyl-p-tolylsulfid,
so erhält man bei 3stündiger Polymerisation bei 75 bis 8o° eine homogene Emulsion.
Aus dieser kann das Polymerisationsprodukt durch Zugabe von mit Eisessig schwach
angesäuerter Kochsalzlösung gefällt werden. Man erhält so ein zusammenhängendes,
fast farbloses, nach dem Trocknen etwas sprödes thermoplastisches Produkt.