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Verfahren zur Darstellung von Lysergsäurehydrazid Untersuchungen der
letzten Jahre haben ergeben, daß aus allen bis jetzt bekannten Alkaloiden des Mutterkorns
(Secale cornutum) durch Spaltung mit wässerigem oder alkoholischem Alkali eine Säure
CißHic0=N_ bzw. deren Amid C" Hl; ON 3 gewonnen werden kann. Das Amid wurde von
seinen Entdeckern S. S m i t h und G. U. T i m m i s (Journ. Chem. Soc. 1932, S.763)
als Ergin, die freieSäurevonW.A.JacobsundL.C.Cr,a#g (Nature, London, 133, 579 [19341)
als Lysergsäure bezeichnet. Die allen Mutterkornalkaloiden gemeinsam eigentümlichen
Farbreaktionen, z. B. die prächtige Blaufärbung in eisenchloridhaltigem Eisessig
mit konzentrierter Schwefelsäure (Kellersche Reaktion), die violettrote Färbung
mit alkoholischer p-D.imethylaminobenzaldehydlösung beim :Unterschichten mit konzentrierter
Schwefelsäure (Reaktion nach Van Urk), sind durch den gemeinsamen charakteristischen
Baustein, den Lysergsäurerest, bedingt. Durch Verknüpfung der Lysergsäure mit bekannten
einfacheren Verbindungen, wie Prolin, I-Phenylalanin, Isobutyrylameisensäure, Brenztraubensäure
usw., hat die Natur die komplexen Mutterkornalkaloide aufgebaut. So ließen sich
Ergotoxin bzw. Ergotinin in Ergin, Prolin, i-Phenylalanin und Isobutyrylameisensäure
zerlegen (W. A. J a c o b s und L. C. C r a i g , Journ. Americ. Chem. Soc. 57,
3$3 119351, Journ. Biol. Chem. fob, 595 L19351) Die komplexe Natur der Mutterkornalkaloide
bringt es mit sich, daß bei der Einwirkung chemischer Mittel fast immer eine weitgehende
Zerstörung ,der Verbindung eintritt und daß dementsprechend immer nur ein kleiner
Bruchteil von einheitlichen Abbauprodukten gefaßt werden kann. Verhältnismäßig beständig
ist der Lysergsäurerest der Alkaloide gegen Alkalien, so daß die Lysergsäure (bzw.
ihr AmId) als erster größerer Baustein in verhältnismäßig guter Ausbeute bei der
alkalischen Hydrolyse der Mutterkornalkaloide gefaßt werden konnte. Doch beträgt,die
Ausbeute an Lysergsäure im besten Falle 25 bis 30'1, der Theorie. Bei der außergewöhnlichen
Kostbarkeit
der als Ausgangsstoffe für die Darstellung der Lysergsäure dienenden Alkaloide war
es im Hinblick auf
analytische und synthetische Versuche mit |
dieser Verbindung wichtig, ein Verfahe, |
aufzufinden, das in glatter Weise undt' |
Ausbeute die Gewinnung der Lysergsäftre@' |
oder eines geeigneten Abkömmlings derselbeii" |
aus den Alkaloiden gestattet.
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Es wurde nun gefunden, daß man, wenn man geeignete Abkömmling-- der
Lysergsäure mit Hydrazin behandelt, in guter Ausbeute das Lvsergsäurehydrazid erhalten
kann. Als Ausgangsstoffe zur Gewinnung des Lysergsäurehy:drazids eignen sich z.
B. .die Ester und Amide der Lysergsäure wie auch besonders die lysergsäurehalbigen
Alkaloide des Mutterkorns, wobei man zur Darstellung von Hydrazid sowohl von reinen
Mutterkornalkaloiden, wie Ergotamin, Ergotoxin, Ergotaminin, Ergotinin, Ergobasin
usw., wie auch von rohen Alkaloiden und Gemischen solcher ausgehen kann.
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Zur Darstellung des Lysergsäurehydrazids werden die geeigneten Derivate
der Lysergsäu.re mit Hydrazinhydrat vorteilhafterweise auf 8o bis 118° am Rückfluß
erwärmt. Es ist oft zweckmäßig, unter Druck bei Temperaturen von 8o bis 16o° oder
in einem geeigneten Lösungsmittel, wie z. B. Propylalkohol, Buty 1-alkohol, Pyridin
usw., und in einer indifferenten Atmosphäre, wie Stickstoffatmosphäre, zu arbeiten.
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Der Abbau der Mutterkornalkaloide mit Hydrazin zu Lysergsäurehydrazid
ist, besonders in bezug auf die Ausbeute, der bekannten Hydrolyse mit alkoholischem
oder wässerigem Alkali bei weitem überlegen. Bei :dem neuen Verfahren entsteht zwar
nicht die freie Lys@ergsäure, wie dies bei den bekannten Verfahren der Fall ist,
sondern deren Hydr azid. Dies ist aber als weiterer Vorteil zu bewerten; denn dieser
neue Abkömmling der Lysergsäure kann durch einmaliges Umkristallisieren in analysenreinem
Zustand erhalten werden und ist viel beständiger als .die freie Lysergsäure. Ferner
ist das Hy drazid insbesondere für synthetische Versuche als Ausgangsstoff geeigneter
als die freie Lvsergsäure.
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Dank der ausgezeichneten Kristallisationsfähigkeit und der großen
Beständigkeit der neuen Verbindung ergibt sich ein weiterer bedeutender Vorteil
des Hydrazinverfahrens gegenüber dem Abbau mit -Alkali, .der darin besteht, daß
es nach dem neuen Verfahren nicht mehr nötig ist, von reinen Verbindungen der Lysergsäure
bzw. von reinen Alkaloiden auszugehen; es können vielmehr als Ausgangsstoffe für
die Gewinnung von Lysergsäurehydrazid auch Rohprodukte oder bei der Gewinnung der
reinen Alkaloide abfallende, nicht mehr kristallisierende Mutterlaugen verwendet
werden.
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Außer durch unmittelbaren Abbau der Mutterkornalkalaide mit Hydrazin
kann man natürlich auch über die freie Lysergsäure zurr
i,..,#,ysergsäurehydrazi@d gelangen, indem man |
die durch Abbau eines Alkaloids mit wässerigem Alkali erhaltene freie Lysergsäure
z. B. mit Diazomethan verestert und den Lysergsäuremethylester nachdem vorliegenden
Verfahren mit Hydrazin umsetzt. Die nach beiden Verfahren dargestellten Verbindungen
stimmen miteinander völlig überein. Der unmittelbare Abbaü der Alkaloide mit Hydrazin
ist jedoch viel einfacher und liefert eine ungefähr fünfmal bessere Ausbeute an
Hydrazid, bezogen auf das als Ausgangsstoff dienende Alkaloid, als auf dem Umweg
über die Lysergsäure.
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Ly sergsäurehydrazid ist in Wasser, Äther, Benzol und Chloroform sehr
schwer löslich, mäßig löslich .in Pyridin und in heißem, absolutem Äthylalkohol.
Aus letzterem scheidet sich die Verbindung in prächtigen, derben, klaren, sechsseitig
begrenzten Kristallplatten ab, die bei 235 bis 24o° (korr.) unter Zersetzung schmelzen.
In Säuren ist das Hydrazid unter Bildung gut kristallisierender Salze leicht löslich.
Eine Spur der Verbindung in Eisessig, . der etwas Ferrichlorid enthält, gelöst,
gibt mit konzentrierter Schwefelsäure eine prächtige blaue Färbung. Eine io/,ige
p-Dimethylaminobenzal:dehyd enthaltende alkoholische Lösung. des Hydrazids gibt
beim Unterschichten mit konzentrierter Schwefelsäure eine schön v iolettrote Zone.
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Die Elementaranalyse der bei ioo° im Hochvakuum ,getrockneten Verbindung
ergab folgende Werte: C 6,8,oo; 67,85 %; H 6,8o; 6,62 0(0; N 19,24; 1948 %.
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Für Cl, H18.0 ,'\T.1 berechnet sich C 68,04 0/0;H 6,43 0/0; N 19,86
0/0.
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Die neue Verbindung ist optisch inaktiv, d<1 die optisch aktive
Lysergsäure bei der Hydrazinbehandlung racemisiert wird. Das so erhältliche racemnisierte
Hydrazid kann aber z. B. mit ,d-a-Bromcampher--,c-sulfonsäure in die optischen Antipoden
-zerlegt werden.
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Die neue Verbindung der Lysergsäure soll als Ausgangsstoff für Synthesen
auf dem Gebiet der Mutterkornalkaloide dienen.
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Beispiel i i g Lysergsäuremethylester, aus Benzol umkristallisiert,
F. 167 bis i71°, [aJ ;; =4- 79°, wird in .4 ccm Hydrazinhvdrat gelöst und
17 Stunden im Dampfbad bei etwa rio° gehalten. Nach 3 bis 5 Stunden beginnen sich
aus
der gelbbraunen Lösung derbe, fast farblose, spießförmige Kristalle abzuscheiden.
Nach 15 Stunden tritt keine merkliche Vermehrung der festen Abscheidung mehr ein.
Zur Vervollständigung der Fällung wird noch 24 Stunden- in den Eisschrank gestellt.
Hierauf wird .die Kristallmasse unter Nachwaschen mit wenig absolutem Alkohol abgenutscht.
Ausbeute: 0.7 g. Das fast farblose Rohkristallisat wird in etwa 25o ccm absolutem
Äthylalkohol gelöst. Beim Erkalten scheidet sich (las reine Hydrazid in derben,
klaren, sechsseitig begrenzten Tafeln mit den vorstehend beschriebenen Eigenschaften
-ab.
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Beispiel e i g Ergotamin wird in io ccm Hydrazinhydr at verteilt und
im Dampfbad ualter Durchleiten von Stickstoff auf ioo° erhitzt. Die Substanz löst
sich rasch; aber sobald Lösung eingetreten ist, scheidet sich bereits wieder eine
fast farblose feste Verbindung ab. Die Untersuchung einer Probe er festen Abscheidung
zeigt, daß sich das Ergotamin unter der Einwirkung des H@idrazins in .das schwer
lösliche Ergotaminin umgelagert hat. Die Suspension wird weiter erhitzt. Nach ungefähr
20 Stunden ist Lösung eingetreten. Die hellbraune Lösung wird im Vakuum auf 5 ccm
eingeengt, wobei sich das Lysergsäurehydrazid als kristallines, hellgraues Pulver
abzuscheiden beginnt. Zur Vervollständigung der Fällung wird noch i bis 2 Tage im
Eisschrank stehengelassen und die Verbindung dann, wie in Beispiel i beschrieben,
abgetrennt und umkristallisiert. Ausbeute: o,26 g, entsprechend 68 °;o .der
Theorie.
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Beispiel 3 i g Ergotinin wird in ioccm Hydrazin aufgeschlämrrit und
die Suspension in einem Rundkölbchen mit eingeschliffenem Rückflußkühler über freier
Flamme gekocht. Zu Beginn des Siedens schäumt die Flüssigkeit stark; aber in dem
Maße, wie das Alkaloid in Lösung geht, siedet der Ansatz. ruhiger. Nach 20, bis
30 Minuten ist vollständige Lösung eingetreten. Es wird noch 5 Minuten weitergekocht
und dann, wie im Beispiel 2 beschrieben, eingeengt usw. Schon beim Erkalten der
-gelben Lösung beginnt das Hv.drazid auszukristallisieren. Ausbeute: ungefähr
0,25
g. entsprechend 6o °;'o der Theorie.
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Beispiel 4 i g der Molekülverbindung aus Ergotarnin und Ergotam-inin,
die unter dem Namen »Sensibamin« bekanntgeworden ist (Patentschrift 634 589), wird
in 5 ccm Propylalkohol gelöst, die Lösung mit 5 ccm Hydrazin versetzt und io Stunden
unter Rückfluß gekocht. Dann wird eingeengt und wie in den vorherstehenden Beispielen
aufgearbeitet. Ausbeute: 0,2 bis 0,3 g.
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Beispiel 5 5 g eines aus den nicht mehr kristallisierenden Mutterlaugen
der Ergotamindarstellung gewonnenen Präparates, das jedoch die Kellersche Farbreaktion
noch deutlich gibt, werden in 3o ccm Hydrazinhydrat verteilt und 5 Stunden im. geschlossenen
Gefäß unter Druck auf 115° erhitzt. Nach dem Abtrennen der ungelösten Anteile wird
die braune Hydrazinlösu@ng auf io ccm eingeengt. Beim Stehen bei o° scheidet sich
das Lysergsäurehydrazid als graues, kristallines Pulver ab.