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Verfahren zur Herstellung von Kristallzucker aus Holzzuckerlösungen
In bekannter Weise aus verholzten Pflanzenstoffen hergestellte Zucker lassen sich
bei Innehaltung gewisser Bedingungen in invertierter Form zur Kristallisation bringen.
Gegenüber der Kristallisation von Stärkezucker liegen hier neuartige Verhältnisse
vor, die Kristallisation des Holzzuckers bietet bedeutend größere Schwierigkeiten.
Schon die analytische Zusammensetzung des Zuckers aus verholzten Pflanzenteilen
ist sehr verschieden von der des Stärkezuckers. Während beispielsweise @ ein zur
Kristallisation verwendbarer Stärkezucker neben wenig polymerem Zucker (Dextrinen)
und organischer Substanz praktisch nur aus Glucose besteht, enthält Zucker aus Nadelholz
rund 65 °1° Glucose, 17% Mannose, 1o°1° Xylose, einige Prozente Fruktose, Galaktose,
polymere Zucker, organische Substanzen und Urönsäuren. Dazu kommt, bedingt durch
-die Art der Herstellung, noch ein erheblich höherer Gehalt an anorganischen Verunreinigungen
als bei Stärkezucker. Schließlich hat bei Zucker aus verholzten Pflanzenstoffen
das verwendete Ausgangsmaterial eine wesentliche Bedeutung für die analytische Zusammensetzung
der erzeugten. Kohlehydrate.
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Bei der Verarbeitung der Holzzuckerlösungen auf kristallisierte Glucose
und Xylose beeinflussen die verschiedenen Zuckerarten und sonstigen Beimengungen
erheblich die Kristallisationsvorgänge. Während es nun außerordentlich schwierig
ist, die Glucose oder die Xvlose für sich in zenüzender Reinheit zu isolieren, wurde
gefunden, daß bei bestimmten Mischungsverhältnissen zwischen den verschiedenen Zuckerarten
die Kristallisation gut vonstatten geht. Besonders wichtig war es dabei, daß solche
Mischungen ermittelt werden konnten, bei denen auch die physikalischen Eigenschaften
der Kristallmassen eine leichte Verarbeitung der stark verunreinigten Lösungen auf
reine Produkte gestatten.
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Neben Glucose und Xylose und gegebenenfalls geringeren Mengen an Fruktose,
Galaktose und zuckerähnlichen Stoffen enthalten die verschiedenen Holzzuckerarten
noch Mannose, von der es bekannt ist, daß sie schwierig zur Kristallisation zu bringen
ist. Nach der Erfindung regelt man den Mannosegehalt derart, daß man eine Kristallmasse
erhält, die trotz hoher Zuckerkonzentration bei. gewöhnlicher Temperatur nicht erstarrt
wie etwa Stärkezucker vom gleichen Gehalt an reduzierenden Zuckern, sondern die
eine gewisse pastenartige Konsistenz behält, die ein glattes Abpressen, beispielsweise
auf der Filterpresse oder Hochdruckpresse, oder ein Abschleudern der Mutterlüge
in einer Zentrifuge ermöglicht.
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Wenn man eine Kristallmasse abpreßt, in deren Mutterlauge hydrolysierte
Hemicellu-. lose, vorzugsweise Mannose, vorhanden ist, so kann man die Preßwirkung
bedeutend erhöhen, indem man die Temperatur im Laufe der Abpressung langsam bis
auf etwa 8o0 steigert. Dank der anwesenden Hemicellulosebestandteile erhält man
einen harten, reinen
Preßkuchen, ohne daß die Kristalle infolge
der @ Temperaturerhöhung in der viscosen Mutterlauge gelöst werden. -Das Abpressen
kann so weit getrieben werden, daß schließlich die kristallisierte Zuckerart in
Form harter Platten praktisch frei von Mutterlauge zurückbleibt. Die nachstehende
Tabelle läßt erkennen, welchen Eintluß die Temperatur während der Kristallabpressung
bei sonst gleichen Bedingungen auf den Zuckergehalt und auf die Beseitigung der
Aschenbestandteile hat.
Erhaltener Preßkuchen |
"Temperaturen |
beim Pressen Glucosehydrat Chloridgehalt |
0% Cl |
20° 83 o,6 |
q.0° 86 0,3 |
6o° 88 0,1 |
80° go o,o6 |
Bei Abwesenheit von hydrolysierter Hemicellu[ose ist eine so weitgehende Entfernung
der Mutterlauge mit ihren fremden und färbenden Bestandteilen unmöglich; der Kristallkuchen
besitzt dann nicht jene pastenartige Konsistenz, die ein weitgehendes Abpressen
ermöglicht, und beim Erwärmen tritt leicht Verschmierung ein.
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Je nach der Zusammensetzung der einzelnen Holzzuckerarten bestehen
verschiedene Möglichkeiten, den gewünschten günstigen Mannosegehalt einzustellen:
Man kombiniert z. B. mannosereichen Zukker aus Nadelholz mit mannosearmem Zucker
aus Laubholz, derart, daß in dem Kristallisationssiriip Mannose zusammen mit den
anderen fremden Zuckerarten in einer Menge von etwa 5 bis zolll, des Gesamtzuckers
vorhanden ist. Dieser Gehalt an Fremdzucker genügt, um ein Erstarren des Kristallbreies
selbst bei hoher Zuckerkonzentration zu verhindern und ein glattes Abpressen der
nichtkristallisierenden Mutterlauge mit ihren sonstigen Verunreinigungen zu ermöglichen.
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Auch durch ein vorausgehendes, nur teilweises Aufschließen von Nadelholz
läßt sich dessen hoher Gehalt an Mannose auf das gewünschte Maß herunterbringen.
Man extraliiert in diesem Falle das Holz vor der vollständigen Verzuckerung derart
mit verdünnten Säuren oder Alkalien, daß die leicht hydrolysierbare Hemicellulose,
die zu rund 5o0/0 aus Mannose besteht, entfernt wird. Bei der folgenden Verzuckerung
des extraliierten Holzrückstandes resultiert dann ein Zucker mit rund 800 Mannose.
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Bei Laubholz kann man zwecks Herstellung von kristallisierter Glucose
zuerst den Hauptteil der Pentosen durch eine abgestufte Vorverzuckerung entfernen.
Der Holzrückstand kann dann bei der vollständigen Verzuckerung gegebenenfalls Lösungen
liefern, in welchen der Gehalt an fremden Zuckerarten zu gering ist, um den beschriebenen
Effekt zu erzielen. In solchen Fällen wird man Mannose, die beispielsweise aus der
Teilverzuckerung von pentosearrnen Hölzern stammen kann, in der erforderlichen Höhe
zusetzen. Die Kombination kann gegebenenfalls auch in der Weise geschehen, daß man
Gemische der verschieden vorbehandelten Holzarten gemeinsam der Verzuckerung unterwirft.
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Beispielsweise. sind Holzzuckerlösungen mit einem Gehalt von 5'/,
Mannose und einem geringeren Anteil an sonstigen Begleitstoffen gut geeignet für
die Verarbeitung auf Glucosekristalle. Zu diesem Zweck stellt man aus dem nach den
vorerwähnten Arbeitsweisen gewonnenen Holzzucker Sirupe her, die eine Zuckerkonzentration
von beispielsweise weise 65 bis 75 besitzen. Hierbei ist kein so hoher Reinheitsgrad
der Zuckerlösungen erforderlich, daß die Trockensubstanz über go0io an Glucose enthält.
Der Sirup wird zweckmäßig mit etwas reiner Hydrat- bzw. Anhydridglucose geimpft.
Der Impfansatz beträgt beispielsweise i % des Gesamtzuckers. Die Kristallisation
wird dann bei erhöhter Temperatur unter langsamem Rühren der Masse vorgenommen.
Man geht z. B. von einem 70 °/oigen Holzzuckersirtip aus, der auf roo Teile Zucker
92, Teile Glucose und Pentosen, etwa 5 Teile Mannose und 3 Teile galaktoseähnlichen
Zucker enthält. Durch Kristallisation unter Rühren gewinnt man 55 1{g Glucose, frei
von anderen Zuckerarten, und der Chloridgehalt ist von o,801, Cl im Ausgangssirup
auf o,o25% Cl im Kristallzucker zurückgegangen.
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Die Kristallisationstemperatur kann bei der Gewinnung von wasserhaltiger
Glucose, beispielsweise bei einer Zuckerkonzentration von 650/0, am ersten Tage
d.0°, am zweiten Tage 380 und am dritten Tage 35° betragen. Bei der Erzeugung
von Glucoseanhydrid wird beispielsweise bei einer Zuckerkonzentration von 85 % die
Temperatur auf 5o° gehalten. Wenn die Kristallisation so weit fortgeschritten ist,
daß sich ein dicker ,Kristallbrei gebildet hat, wird die Masse auf der Zentrifuge
abgeschleudert. Die gut ausgebildeten prismatischen Kristalle lassen sich leicht
durch Decken mit wenig Wasser von der anhaftenden Mutterlauge befreien. Dieses Auswaschen
kann ohne wesentlichen Zuckerverlust durchgeführt werden, da die Mutterlauge leicht
löslich ist und nicht zur Nachkristallisation neigt. Aus diesen Gründen ist es auch
möglich, die verhältnismäßig beträchtliche Menge
anorganischer Bestandteile
in einem einzigen Kristallisationsgang praktisch vollständig zu entfernen, wenn
die Kristallisation, wie angegeben, bei Gegenwart von 5 bis zo% Fremdzucker, insbesondere
Mannose; vorgenommen worden ist.
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Bei Verringerung des Mannosegehaltes unter 501, kommt man zu
rascher und härter erstarrenden Kristallmassen. Durch Steigerung des Mannosegehaltes
bis auf zo% verstärkt man die verflüssigende Wirkung.
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Die folgenden Versuchsergebnisse zeigen den Einfluß des Mannosegehaltes
im Holzzucker auf Ausbeute und Beschaffenheit der erhaltenen Kristalle.
Mannose- Kristall- Beschaffenheit |
Behalt ausbeute der Kristalle |
%- °% |
= go hart, nicht preßbar |
5. 8o sehr fest, unter hohem |
Druck preßbar |
1o 73 fest, preßbar |
14 45 halbfest, preßbar |
17 35 weich, filtrierbar |
Wenn bei einem Mannosegehalt .von i0
10 die Kristallmasse hart und nicht
preßbar ist, dann kann man die Verunreinigungen technisch nicht in einfacher Weise
beseitigen. Beträgt dagegen der Gehalt an Mann ose 5 0/0, so geht zwar die Ausbeute
an Glucosekristallen etwas zurück, aber die Anwesenheit der Mannose schafft dann
solche Bedingungen, daß man die Verunreinigungen durch Pressen entfernen kann. Das
ist für die Technik ausschlaggebend. Es war nicht vorauszusehen, daß die Anwesenheit
von einigen Prozenten Mannose die Bedingungen der Kristallisation so verändern würde,
daß sie die leichte Verarbeitung der Kristallmassen ermöglicht. Auf der anderen
Seite wirken höhere Gehalte an Mannose, z. B. 1.4 oder 1701o, wieder ungünstig auf
die Beschaffenheit und insbesondere auch auf die Ausbeute an Kristallen, wie aus
der obigen Tabelle ersichtlich ist.
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Nähert sich der Mannosegehalt 170%o, so wird die Kristallisation in
der Wärme unmöglich. Man kann dann nur noch bei Temperaturen von 2o° und darunter
arbeiten. Bei Zuckerkonzentrationen von 6o und 65ojo erhält man in diesen Fällen
eine weiche Masse von gut ausgebildeten Kristallen, die ohne Schwierigkeit auf der
Filterpresse o. dgl. abgepreßt werden können. Das Abpressen wird so ausgeführt,
daß der Überschuß an nichtkristallisierenden Zuckerarten entfernt wird und ein Preßkuchen
mit dem gewünschten Gehalt an Fremdzucker zurückbleibt. Nach Wiederauflösen des
Preßkuchens kann man dann eine zweite Kristallisation unter den oben beschriebenen
Bedingungen ausführen.
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Bei Glucoselösungen, die dagegen frei von Mannose sind, nimmt der
Kristallbrei in einem gewissen Stadium der Kristallisation sehr rasch eine für die
Weiterbehandlung ungeeignete Konsistenz an. Besonders wenn man bei hoher Zuckerkonzentration
arbeitet, kann es vorkommen, daß die Masse nach kurzer Zeit völlig steif wird, oder
sie führt bei nicht genügender Aufmerksamkeit zu kleinen schmierigen Kristallen,
die eine gute Reinigung unmöglich machen. Diese Schwierigkeiten werden durch die
Gegenwart von Mannose behoben. Auch bei hoher Zuckerkonzentration gelangt man dann
selbst bei einer weniger scharfen Kontrolle zu leicht trennbaren, gut ausgebildeten
Kristallen, deren Reinheit gegenüber dem Ausgangsmaterial erheblich verbessert ist:
Ein Gehalt an fremden Zuckern ist im allgemeinen gar nicht mehr -feststellbar, und
die Aschenbestandteile liegen- innerhalb der Grenzen, die selbst für reine Produkte
zulässig sind.
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Die günstige Wirkung der Mannose besteht auch bei der Kristallisation
von Xylose. Auch hier läßt Mannose zusammen mit den anderen Zuckerarten und zuckerähnlichen
Bestandteilen der Holzsubstanz gut ausgebildete Kristalle erzielen, die sich leicht
reinigen lassen, während sonst kleine, schlecht ausgebildete Kristalle entstehen,
die zum Zusammenbacken neigen und dann die Mutterlauge hartnäckig zurückhalten.
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Zusammenfassend kann somit gesagt werden: Die. Mannose verhindert
ein vollkommenes Erstarren des Kristallbreies auch bei weniger sorgfältiger Überwachung;
sie vermag viel besser als Glucose in der Mutterlauge die verhältnismäßig hohen
Verunreinigungen der Kristallmasse gelöst zu halten; die mannosehaltige Mutterlauge
läßt sich beim Abdecken der Kristalle in der Zentri-, fuge leicht von den Kristallen
abtrennen.