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Verfahren der Nachproduktarbeit in Zuckerfabriken. Das vorliegende
Verfahren zur Verarbeitung der letzten Abläufe der Zuckerfabrikation bezweckt, die
Nachkampagne zu vermeiden. Das Verfahren besteht darin, daß man erst durch Kornkochen
ein Erstprodukt, darauf ebenfalls durch Kornkochen ein zweites Produkt erhält und
beim Kornkochen des zweiten Produktes hinsichtlich des Wassergehaltes so kocht,
daß der Ablauf des zweiten Produktes ständig annähernd 7o Quotienten zeigt, worauf
man diesen Ablauf blank verkocht und durch Abkühlen in Sudmaischen und nachfolgendes
Zentrifugieren in Rohzucker dritten Produktes und Melasse zerlegt.
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Bei dem angeführten ständig gehaltenen Ablaufquotienten von 7o gelingt
es leicht und verhältnismäßig schnell, den Ablauf vom zweiten Produkt unter Blankverkochung
in einer einzigen Operation in Zucker und Melasse zu zerlegen.
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Der Quotient des Ablaufes vom zweiten Produkt soll nahezu 7o betragen,
keinesfalls über i bis 2 0 mehr oder weniger.
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Der nach dem vorliegenden Verfahren erforderliche Wassergehalt der
zweiten Füllmasse und damit der Grad ihrer Abkochung kann aus den Tabellen von Grill
(Zeitschrift des Vereins der Deutschen Zuckerindustrie, Jahrgang 192o, II,
S. 45 9) oder mittels des Verfahrens von Dr. H. C 1 a a
ß e n (Zeitschrift des Vereins der Deutschen Zuckerindustrie, Jahrgang igi6,
ii, S. 8o9) zunächst ungefähr berechnet werden und, falls er beim ersten
Versuch sich nicht als genau genug stimmend erweist, entsprechend korrigiert werden.
Ergibt sich trotzdem bei einer Bestimmung des Wassergehaltes des den Kristallen
anhaftenden Sirups mittels Refraktometer nach Kalshoven eine Abweichung von dem
gewünschten, so ist, wenn die Konzentration zu weit gegangen ist, durch entsprechenden
Wasserzusatz in der Sudmaische und, wenn sie zu niedrig ist, was aber selten vorkommen
wird, durch Zusatz von stärker konzentrierten Sirupen, z. B. Dicksaft, oder auch
durch Wiederauflösen von Nachprodukt, der Ablaufsirup auf nahezu 7o Quotienten zu
bringen.
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Es genügt meist, die Verkochung der zweiten Füllmasse so vorzunehmen,
daß der anhaftende Ablauf einen refraktometrisch zu bestimmenden Wassergehalt von
ungefähr 15 Prozent hat. Dieser Ablauf wird nun in bekannter Weise blank verkocht
bis ungefähr auf einen Wassergehalt von 7 Prozent. Die Masse wird dann mit
einer Temperatur von nahezu go' C
in Sudmaischen ausgefüllt, woselbst sie
ohne jeglichen Zusatz durch Abkühlen der Kristallisation überlassen wird. Nach Eintritt
der Kornbildung wird die Abkühlungstemperatur durch möglichst schwaches Rühren verlangsamt.
Eine stärkere Abkühlung soll erst dann einsetzen, wenn die Menge und Größe der gebildeten
Kristalle ausreicht, um die Bildung von Feinkorn hintenan zu halten.
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Es gelingt nach dem Verfahren innerhalb von 8 Tagen, aus Abläufen
von 7o,2 Quotienten eine Melasse von 61 Quotienten zu erhalten und sogar Melasse
von niedrigerem
Quotient, z. B. 6o, während man ein gleichmäßig
kristallisiertes, gut schleuderbares drittes Produkt erzielt.
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Das Verfahren gestattet weiter, den ersten Schleudersirup in Quotienten
höher als jetzt üblich zu halten, dt-mgemäß die erste Füllmasse schwächer als bisher
abzukochen, wodurch das Schleudern erleitert und beschleunigt wird.
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Das zweite Produkt läßt sich leichter trcekenschleudern, so daß es
bei Rückführung in den Vorderbetrieb, der bcsonders bei der Weißzuckerarbeit üblich
ist, viel weniger anhaftenden Sirup mit zurücknimmt, ala bei Verkochung auf Korn
geschieht. Der Vorderbetrieb wird hierdurch entlastet, die Arbeit in ihm beschleunigt
und eine Ersparnis an Heizdampf erzielt. Da beim Blankkochen im Vergleiche zum Kornkochen
eine geringere Zuckerzerstörung stattfindet, so steigt die Ausbeute an festem Zucker,
wozu auch die gleichmäßige Ausarbeitung der Melasse beiträgt.
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Da das zweite Produkt von vornherein reiner ausfällt, kann man es
auch auf Weißzucker verarbeiten und die letzten Abläufe richtig ausarbeiten, ohne
dabei die tägliche Rübenverarbeitung stark herabsetzen zu müssen, wie dies jetzt
fast überall sich als notwendig erwiesen hat.
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Beispiel, Die Füllmasse des zweiten Produktes wird so eingekocht,
daß sie einen Reinheitsquotienten von 83 besitzt und einen Trockensubstanzgehalt
von 88 Prozent. Aus dieser Masse wird bei einer Rührdauer von 3 bis
5 Tagen etwa 1,82 Prozent Zucker als zweites Produkt auf Rüben berechnet
gewonnen. Der Ablauf hat einen Quotienten von 70 und 78,4 Prozent
Trockensubstanz. Er wird in 2 bis 3 Stunden bis auf einen Trockensubstanzgehalt
von 92 blank verkocht und darauf 8 Tage in den Sudmaischen gerührt und bei
45' C geschleudert. Auf Rüben berechnet werden 0,53 kristallisierter
Zucker gewonnen, wodurch sich die Reinheit der Melasse auf einen Quotienten von
59 vermindert. Das Ergebnis des Verfahrens ist die Erzielung einer größeren
Menge von Zucker in fester Form (auf Rüben berechnet etwa 0,44 Prozent), als wenn
man etwa nur ein Erst-.und ein Nachprodukt erzeugt.
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Man hat (Gröger, Chemisch-technisches Vademekum für Zuckerfabriken
igoi, S. 314, Abs. 2, und S. 33o, Abs. 4) vorgeschlagen, Nachprodukte
auf Korn zu verkochen, indem man nach der Kornbildung mit Abläufen von über 8o Quotienten
zum Wachsen des Korns auch Abläufe von geringerer Reinheit verwendet.
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Dieses Verfahren ist sehr zeitraubend. Das gebildete Korn kann sich
mit abnehmender Reinheit der züi verkochenden Abläufe in der Wärine leicht auflösen,
was aus Versuchen von S c h u k o w über die zunehmende Löslichkeit
des Zuckers bei höherer Temperatur folgt. ",Vährend das bekannte Verfahren ein Kornkochverfahren
ist, wird nach dem vorliegenden Verfahren der Ablauf des zweiten Produktes blank
verkocht. Der gleiche Unterschied besteht auch gegenüber dem Verfahren von Eger.
Es ist praktisch unmöglich, Abläufe von etwa 7o Quotienten noch auf Korn zu verkochen,
weil ein zu großer Zeitraum für das Wachsenlassen desKorns ßrforderlichwäreunddasAbschleudern
in der Zentrifuge wegen der schlechten Bildung des Korns schwer oder gar nicht ausführbar
ist. Der erhaltene Nachproduktenzucker ist unverkäuflich und kann nur in der Fabrik
selbst zum Wiedereinwerfen benutzt werden.
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Nach der Deutschen Zuckerindustrie 1889, Spalte 85o bis
853, werden die Abläufe von etwa 64 bis 68 Reinheit in den Raffinerien
blankgekocht und in Kästen auskristallisiert. Das vorliegende Verfahren hält dagegen
die Abläufe nicht niedriger als ungefähr 7o und bringt die blankgekochten Abläufe
nicht in Kästen, sondern in Sudmaischen zur Kristallisation. Das Verfahren ist wesentlich
kürzer als das vorher erwähnte und kann mit den nach der Veröffentlichung angewandten
Ab-
läufen von 64 bis 68 Quotienten nicht ausgeführt werden. Der bei
dem vorliegenden Verfahren vorgeschriebene Quotient der Abläufe des zweiten Produktes
hat die Wirkung, daß die Kristallisation der blankgekochten Sirupe genügend rasch
vonstatten geht. Bei höheren Quotienten würde man beim Blankkochen und anschließendem
Abkühlen in Sudmaischen mit Rührwerk wegen Bildung von übermäßigem Feinkorn ein
schlechtschleuderbares Nachprodukt erhalten.
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NachClaaßen, »Zuckerfabrikation,* 4.Aufl. S. 257 und
958, bringt man reinere Sirupe durch Vermischen mit Melasse auf 7o bis 7?,
Reinheit, kocht auf etwa io Prozent Wassergehalt blank und bringt die Masse in Sudmaischen,
wo die Zerlegung in Zucker und Melasse stattfindet.
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Im Gegensatz hierzu wird bei dem vorliegenden Verfahren von vornherein
die zweite Füllmasse durch Kornkochung so eingekocht, daß der erhaltene Ablauf stets
nahezu 7o Quotienten hat, der dann blank verkocht und in Sudmaischen gekühlt wird.
Verwendet man, wie es Claaßen tut, Melasse, so erhält man einen schlechten Zucker,
weil er aus unreinen Lösungen kristallisiert. Man braucht mehr Decke bei der Affination.
Das vorliegende Verfahren erzeugt überhaupt keinen Sirup von 63 bis
65 Quotienten, der nach dem Vorschlage
von Claaßen durch
Zugabe reinerer Sirupe wieder hochgebracht werden kann. Es vermeidet also gerade
die bekannte Maischarbeit, die keinen günstigen Zucker liefert. Bei dem Verfahren
von Cl a a ß e n muß das Kochen auf zweites Produkt verlängert werden,
wenn man in einer Operation die zweite Füllmasse in zweites Produkt und Melasse
zerlegen will. Das Aufmaischen unreinerer Sirupe mit reineren erfordert auch bcsondere
Apparatur und besonderen Raum. Dieser Nachteil wird g Aeichfalls bei dem vorliegenden
Verfahren dadurch vermieden, daß man bewußt die zweite Füllmasse so einkocht, daß
ständig der Ablauf init dem Quotienten 7o erhalten wird.