-
Verfahren zur Anreicherung von Preßhefen mit Enzymen Der Wert der
Hefen für Backzwecke beruht auf ihrem Gehalt an Enzymen, besonders an Zymase, durch
die ihre Gärkraft hervorgerufen wird, oder auf ihrer Fähigkeit, leicht und schnell
Zymase zu bilden, wenn sie in den Teig eingeführt werden. Nach dem Luftliefeverfahren
in der üblichen Ausführung mit dünnen Würzen und starker Lüftung wird zwar eine
sehr hohe Ernte erreicht, aber die Hefe hat eine nicht genügende, ungleichmäßige
Triebkraft, besonders wenn bei der Herstellung der Würze an Rohstoffen, die stickstoffhaltige
Stoffe mit leicht assimilierbarem, organischem Stickstoff enthalten, gespart wird.
Besser wird die Triebkraft, wenn ein erheblicher überschuß an solchen stickstoffhaltigen
Stoffen zugesetzt wird, also mehr als die Hefe verwerten kann; aber trotzdem bleibt
die Beschaffenheit und Triebkraft dieser Lufthefen für weitergehende Ansprüche der
Bäcker nicht befriedigend.
-
Das neue Verfahren verfolgt den Zweck, die Vorteile des Lufthefeverfahrens,
die in der hohen Hefeernte und guten Haltbarkeit bestehen, weiter auszunutzen, aber
die weniger befriedigenden Eigenschaften dieser Lufthefe zu verbessern und besonders
ihre Triebkraft durch eine Anreicherung mit Enzymen, und zwar nicht mit den zuckerspaltenden
Enzymen, sondern mit den desmolytischen, msbesondere mit Zymase, auf das Höchstmaß
zu steigern. Das Verfahren beruht auf der Erkenntnis, da.ß die ungenügende Triebkraft
auf das Fehlen der Zymase in der ausgereiften Lufthefe zurückzuführen ist, daß also
durch eine Nachbehandlung, bei welcher Zymase wieder gebildet, aber die sonstige
gute Beschaffenheit einer sachgemäß gezüchteten Lufthefe, besonders ihr Gehalt an
stabilen-Eirvei3stoffen, also ihre Haltbarkeit, nicht verringert wird, eine verbesserte
Hefe gezüchtet werden kann.
-
Es ist zwar bekannt, Zwischen- oder Nebenprodukte, die durch Gärung
aus den Kohlenhydraten entstehen oder ihnen strukturverwandt sind, als Stimulantien
für die Hefen zu benutzen. Aber alle diese Produkte sind stabilisierte Umwandlungsprodukte
aus instabilen Zwischenstufen des Zuckerabbaues. Diese instabilen Zwischenprodukte,
die von der Hefe selbst aus dem Zucker erzeugt werden, sind für den Gärungsverlauf
von erheblicher Bedeutung und Wirkung. Ihre Erzeugung und Ausnutzung für .einen
günstigeren Verlauf der Gärung, insbesondere für die Anreicherung und Zymase, bedeutet
daher einen Fortschritt und praktischen Vorteil durch eine kurze und schnelle Gärung,
bei der die Verhältnisse und Zusammensetzung der Nährlösung so gewählt werden, daß
sämtlicher Zucker vergoren
wird, ohne daß die Hefe sproßt und sich
vermehrt. - Die Hefe erleidet dann durch den Stoffwechsel während der Gärung keine
nachteilige -Veränderung in-ihrer Beschaffenheit und im Eiweißgehalt, reichert sich
aber mit Enzimen, besonders mit Zymase, an und wird befähigt, Zymase schnell und
leicht im Teig zu bilden.
-
Eine solche nur i bis 2 Stunden dauernde Gärung, die völlig von der
bekannten, 2 Tage dauernden Gärung zur Herstellung von Alkohol verschieden ist,
erreicht man, wenn eine im Verhältnis zu der in der Nährlösung vorhandenen Zuckermenge
sehr große Menge Hefe zugesetzt wird, die als Zucker hauptsächlich Saccharose oder
ihre Spaltungsprodukte Dextrose oder Lävulose enthält und ferner alle anderen für
den Stoffwechsel der Hefe unter diesen Verhältnissen nötigen Nährstoffe.
-
Bei der Verwendung von Saccharose bzw. Dextrose und Lävulose verläuft
die Gärung in kürzester Frist. Andere Zuckerarten, wie Maltose und die anderen Kohlehydrate
im Malzauszug, vergären zu langsam und sind für das neue Verfahren weniger brauchbar.
-
Der Rohstoff, der sich für das Verfahren am besten eignet, ist die
Melasse, da sie nur Saccharose allein oder vermengt mit Dextrose und Lävulose enthält
und der Preis des Zuckers in ihr viel billiger ist als in anderen Rohstoffen. Außerdem
sind in ihr noch erhebliche Mengen von leicht assimilierbaren, stickstoffhaltigen
Stoffen enthalten; es sind daher bei ihrer Verwendung zur l\Nachbehandlung der Hefe
nur noch geringe Mengen von a.ssimilierbarem Stickstoff zuzusetzen und außerdem
noch Phosphorsäure. -Von erheblicher Bedeutung für den Erfolg des Verfahrens ist
ferner noch die Regelung der Temperaturen und des Säuregehaltes oder der Wasserstoffionenkonzentration
in der Nährlösung. Die Temperaturen werden niedrigerals bei der normalen Vergärung
der zur Alkoholgewinnung dienenden Maischen gehalten, also niedriger als 3o° C,
zweckmäßig auf 2o bis 27° C. Der Säuregehalt soll in der fertigen Nährlösung zweckmäßig
einem pH-Wert zwischen 5,8 bis 6,2 entsprechen; ein höherer Gehalt der Nährlösung
muß durch Absättigen mit verdünnten, für jeden Fall besonders auszuwählenden alkalischen
Lösungen erniedrigt werden. Der Säuregehalt steigt während der Gährung infolge des
Stoffwechsels der Hefe. Dieser Vorgang soll zunächst nicht verhindert werden, da
er nützlich auf die Beschaffenheit der Hefe einwirkt. Nur wenn der pH-Wert auf ungefähr
5 sinkt, ist die zuviel gebildete Säure abzusättigen. Die Wasserstoffzahl soll aber
nicht unter pH = 5 sinken; ,andernfalls ist die zuviel gebildete Säure abzusättigen.
Nach beendeter Gärung muß der PH-Wert durch verdünnte alkalische Lösung auf 5,8
bis 6,2 eingestellt werden.
-
In dieser Weisse wird der Gehalt der Preßhefen, die je nach der Entlüftung
und ihrem Reifezustand eine sehr verschiedene Triebkraft haben können, nicht nur
auf einen hohen, sondern auch gleichmäßigen Enzymgehalt gebracht; den Bäckereien
wird daher eine stets gleichmäßig treibende Hefe geliefert. Gerade diese Gleichmäßigkeit
ist von großem Vorteil bei dem Backprozeß, besonders in den modernen, mechanisch
betriebenen öfen.
-
Das Verfahren wird unter Verwendung von Melasse in folgender Weise
ausgeführt. Durch eine Reihe von Versuchen wurde ermittelt, daß auf i Teil Zucker,
also 2 Teilen Melasse, zur Nachbehandlung ungefähr 3 bis io Teile Preßhefe, gerechnet
mit 25 ojo Trokkenmasse, zu nehmen sind, je nach der Beschaffenheit 'der Lufthefe
die höhere oder niedere Zahl. Die aus diesem Verhältnis berechnete Menge Melasse
wird in bekannter Weise behandelt, indem sie auf 2o° Bg verdünnt, auf 8o° C angewärmt,
mit Phosphorsäure versetzt und mit Schwefelsäure angesäuert wird. Ferner wird ihr
die nötige Menge von leicht assimilierbarem Stickstoff beliebiger Art zugesetzt-
Man kann dazu Auszüge aus aufgeschlossenen, stickstoffhaltigen Futtermitteln oder
aus Malzkeimen, ferner Harnstoff, Ammoniaksalze usw. verwenden. Die Menge des notwendigen
assimilierbaren Stickstoffs wird von Fall. zu Fall durch die Untersuchung der Melasse
und der anderen Rohstoffe sowie der zu behandelnden Hefen ermittelt; meistens genügt
eine Menge des assimilierbaren Stickstoffs von i bis i i:4 der Melasse einschließlich
des in dieser @enthaltenen.
-
Die so hergestellte Nährlösung wird auf 12 bis 15' Bg verdünnt,
abfiltriert, auf etwa 3o bis 35° C abgekühlt, in den Gärbottich geleitet und hier
mit verdünnten alkalischen Lösungen auf einen pH-Wert zwischen 5,8 bis 6,2 gestellt.
Dann erst wird die nachzubehandelndeHefe zugesetzt. DieseHefekannbeliebiger Herkunft
sein und nach beliebigen Lufthefeverfahren hergestellt werden unter Verwendung von
organischer Stickstoffnahrung allein oder von Ammoniakstickstoff allein oder von
gemischter Stickstoffnahrung. Die Temperatur der mit der Hefe versetzten Nährlösung
darf 27° C nicht übersteigen. Die Gärung beginnt sofort und verläuft bei den Temperaturen
zwischen 2o bis 27° C sehr schnell, so daß sie je nach der Höhe der gewählten Temperatur
nach i bis 2 Stunden beendet und sämtlicher Zucker vergoren ist. Der pH-Wert darf
während der Gärung nicht
unter 5 sinken. Nach beendeter Gärung wird
der Säuregehalt mit alkalischer Lösung wieder auf 5,8 bis 6,2 pH gebracht.
Alsdann ist die Nachbehandlung beendet; die Hefe wird in üblicher Weise von der
Würze getrennt, gewaschen und gepreßt.
-
Der Zucker der Nährlösung wird bei dieser Nachbehandlung unter Bildung
von Zymase in der Hefe fast gänzlich in Alkohol und Kohlensäure gespalten; es werden
auf iookg Zucker in der Melasse ungefähr 5o1 Alkohol gewonnen, deren Werteinen erheblichen
Teil der Kosten der Nachbehandlung deckt.
-
Der Haupterfolg der Nachbehandlung ist aber die Erhöhung der Triebkraft,
ihre große Gleichmäßigkeit und die Verbesserung der Backfähigkeit der Hefe im Ofen,
ohne daß die Haltbarkeit der Hefe darunter leidet. Die Triebkraft kann bis zu dem
überhaupt möglichen Höchstmaß gebracht werden. Für den Bäcker bedeutet -das eine
sehr wesentliche Erleichterung des Backens und der Herstellung guter und gleichmäßiger
Backwaren.