-
Die
vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet der genetischen Transformation
von Pflanzenplastiden, und insbesondere die genetische Transformation
der Plastidengenome von Pflanzenmaterial mit dem Potential, zu reifen
fertilen Pflanzen zu regenerieren, die zur Gattung Lycopersicon
(Tomate) gehören.
-
Hintergrund der Erfindung
-
In
der vorliegenden Beschreibung wird auf zahlreiche Veröffentlichungen
durch Zitierung innerhalb von Klammern Bezug genommen, wobei die
vollständigen
Referenzen am Ende der Beschreibung direkt vor den Ansprüchen zu
finden sind.
-
Die
Plastiden höherer
Pflanzen sind ein attraktives Ziel für die Gentechnik. Pflanzenplastiden
(Chlorophyll enthaltende Chloroplasten, Stärke speichernde Amyloplasten, Öl enthaltende
Elaioplasten, gelbe, orange oder rote Carotinoid enthaltende Chromoplasten,
und Etioplasten, als zum Teil entwickelte Chloroplasten, die sich
in im Dunkeln kultivierten Setzlingen bilden), sind die hauptsächlichen
biosynthetischen Zentren, die, neben der Photosynthese verantwortlich
sind für
die Herstellung industriell wichtiger Verbindungen, wie Aminosäuren, komplexe
Kohlenhydrate, Fettsäuren,
Pigmente, und dergleichen. Die Plastiden stammen von einem gemeinsamen
Vorläufer,
der als Proplastid bezeichnet wird, und folglich besitzen die in
einer gegebenen Pflanzenart vorhandenen Plastiden alle den selben
genetischen Inhalt. Das Plastidengenom höherer Pflanzen ist ein zirkuläres doppelsträngiges Molekül mit 120
bis 160 Kb und enthält
ca. 130 Gene. Identische Kopien dieses Genoms sind in allen Zellen
und in allen oben erwähnten
Plastidentypen vorhanden. Ein besonders bemerkenswertes Merkmal
des Plastidengenoms ist sein extrem hoher Ploidiegrad: Eine einzelne
Zelle eines Tabakblattes kann bis zu 100 Chloroplasten mit jeweils
ca. 100 identischen Kopien des Plastidengenoms enthalten, was zu
einem außergewöhnlich hohen
Ploidiegrad von bis zu 10.000 Plastidengenomen pro Zelle führt, woraus
potentiell sehr hohe Expressionsraten für Fremdgene resultieren können.
-
Die
jüngste
Entwicklung von Technologien zur Manipulation des Chloroplastengenoms
der Grünalge Chlamydomonas
reinhardtii (1) und der höheren
Pflanze Nicotiana tabacum (2) hat die Möglichkeit eröffnet, Transgene
durch Chloroplasten-Transformation
zielgerichtet in das Plastidengenom einzuführen. Diese Technologien bieten
für die
zukünftige
Biotechnologie ein großes
Potential (3, 4, 5) und eine Reihe von höchst attraktiven Vorteilen
gegenüber
koventionellen transgenen Pflanzen (generiert durch Transformation
des nukleären
Genoms) wie beispielsweise:
- – Hohe Raten
transgener Expression und Akkumulation von Fremdprotein von bis
zu mehr als 40% der gesamten löslichen
zellulären
Proteine (10-100 Mal höher
als nach einer nukleären
transgenen Expression), vermutlich augrund der Polyploidie des plastidären genetischen
Systems und/oder der hohen Stabilität der Fremdproteine;
- – Möglichkeit
der Expression multipler Transgene als Operons („transgene stacking") aufgrund effizienter Translation
polycistronischer mRNAs in Plastiden;
- – Abwesenheit
von Positionseffekten in Plastiden aufgrund einer fehlenden kompakten
Chromatinstruktur, und effiziente Integration des Transgens über homologe
Rekombination;
- – Abwesenheit
von epigenetischen Effekten („Gene-Silencing");
- – Sichere
Verwahrung des Transgens aufgrund der uniparentalen maternalen Vererbung
von Chloroplasten in den meisten höheren Pflanzen (d.h. keine Übertragung
der Transgene durch Pollen).
-
Bezüglich höherer Pflanzen
ist die Transformation von Chloroplasten nur in Tabak routinemäßig verfügbar, Nicotiana
tabacum (US-Patent Nr. 5,451,513). Das Haupthindernis für die Ausdehnung
der Technologie auf andere Spezies und, besonders wichtig, auf die
bedeutenden Kulturpflanzen, besteht wahrscheinlich in den Beschränkungen
der derzeit für
transplastomische Pflanzen zur Verfügung stehenden Gewebekultursystemen
und Regenerationsprotokollen. Obwohl kürzlich einige Fortschritte
hinsichtlich der Chloroplastentransformation mit Arabidopsis und
der Kartoffel erzielt worden sind (9, 10), ist die Herstellung fertiler
transplastomischer Pflanzen bisher in keiner anderen Spezies als
Tabak berichtet worden. Tatsächlich
waren die drei Chloroplasten-Transformanten, die bisher für die Modellpflanze
Arabidopsis thaliana generiert worden sind, alle steril, weshalb
sie nicht generativ vermehrt werden konnten (9). Zur Übersicht
siehe auch L. Bogorad (17).
-
Die
WO 0020611 A offenbart Transformationsverfahren für eine reproduzierbare
und effiziente Expression eines interessierenden Gens vom pflanzlichen
Plastidengenom durch Verwendung von DNA-Molekülen, welche flankierende DNA-Sequenzen umfassen,
durch die eine homologe Rekombination innerhalb des Empfängers ermöglicht wird.
-
Die
WO 0028014 A offenbart Transformationsverfahren für Nachtschattengewächse zur
Expression einer interessierenden DNA von Plastiden der Pflanzenzelle
und gibt an, dass dieses Verfahren zur Transformation von Nachtschattengewächsen wie
Kartoffel und Petunie angewendet werden kann. Obwohl die Transformation
von Tabak- und Kartoffelpflanzen offenbart ist, gibt es keine Anleitung
bezüglich
der Selektion und Regeneration von Tomatenpflanzen, für die ein
spezifisches Protokoll hätte
etabliert werden müssen.
-
Hieraus
folgt, dass transgene Chloroplasten in der Pflanzenbiotechnolgie
einzigartige Vorteile bieten, einschließlich einer hohen Expressionsrate
für Fremdproteine,
der Abwesenheit epigenetischer Effekte und der sicheren Verwahrung
der Gene aufgrund des Fehlens einer transgenen Übertragung durch Pollen. Allerdings
ist eine breite Anwendung der Manipulation des Plastidgenoms in
der Biotechnologie stark behindert durch (i) das Fehlen von Chloroplasten-Transformationssystemen
für bedeutende
Kulturpflanzen und (ii) die üblicherweise
geringe plastidäre
Genexpressionsrate in nicht-grünen
Geweben, wie beispielsweise in Früchten, Knollen und anderen
Speicherorganen (vgl. z.B. WO 0028014).
-
Die
vorliegende Erfindung basiert auf der erfolgreichen Entwicklung
eines neuen Plastidentransformations-, Selektions- und Regenerationssystems
für die
Generierung fertiler transplastomischer und für die Ernährung nutzbarer Pflanzen, das
zuerst für
die Tomate Lycopersicon esculentum etabliert worden ist. Entsprechend
den erfindungsgemäßen Prinzipien
konnte gezeigt werden, dass ein gewünschtes Transgen in den Chromoplasten
der Tomatenfrucht verglichen mit Blattchloroplasten mit einer Expressionsrate
von ca. 50% exprimiert wird. Angesichts der üblicherweise sehr hohen Akkumulationsraten
für Fremdproteine,
die in transgenen Chloroplasten erzielt werden können (mehr als 40% der löslichen
Gesamtproteine), ebnet dieses System den Weg zu einer effizienten
Herstellung von essbaren Vakzinen, Pharmazeutika und Antikörpern in
Pflanzen.
-
Zusammenfassung
der Erfindung
-
Die
vorliegende Erfindung stellt Verfahren zum Erhalt stabil transformierten
homoplasmischen transplastomischen Pflanzenzellmaterials bereit,
welches zur Gattung Lycopersicon gehört und das Potential besitzt,
zu reifen fertilen Pflanzen zu regenerieren. Das Verfahren umfasst
allgemein (a) Die Transformation von Plastiden des Pflanzenzellmaterials
mit einem DNA-Molekül,
welches eine für
mindestens ein interessierendes Protein kodierende Expressionskassette
sowie eine Zielsequenz trägt,
die homologe Rekombination ermöglicht;
(b) Die Selektion des Pflanzenzellmaterials bis im Wesentlichen
alle Plastiden mit dem DNA-Molekül transformiert
worden sind, wodurch stabil transformiertes homoplasmisches transplastomisches
Pflanzenzellmaterial erhalten wird; und, gegebenenfalls, (c) Die
Regeneration des transplastomischen Pflanzenzellmaterials zu reifen
homoplasmischen fertilen Pflanzen. Darüber hinaus stellt die vorliegende
Erfindung stabil transformierte homoplasmische transplastomische
Lycopersicon Pflanzenzellen, Samen, Gewebe und Organe mit dem Potential
zur Regeneration zu reifen fertilen Pflanzen bereit, sowie reife
homoplasmische fertile Pflanzen, erhältlich durch Ausführung der
erfindungsgemäßen Verfahren,
und deren Verwendung zur Herstellung proteinöser Substanzen.
-
Kurze Beschreibung
der Zeichnungen
-
Die 1 zeigt
den Aufbau der Chloroplasten-Transformationsvektoren,
die geeignete Polylinker für die
Klonierung von Passagier-Genen enthalten. (A) Physikalische und
Restriktionskarte des für
die Konstruktion von Plasmidvektoren für die Plastidentransformation
verwendeten Bereichs des Chloroplastengenoms. (B) Karte des Plastidentransformationsvektors
pRB70, der ein vom Promotor für
das rRNA-Operon gesteuertes chimäres
aadA-Gen enthält.
(C) Karten der Vektoren pRB94 und pRB95. Die beiden Plasmide tragen
den Polylinker von pBluescript stromaufwärts des aadA-Gens in verschiedenen
Orientierungen. Innerhalb der Vektorsequenzen wurden mittels Mutagenese
mehrere Restriktionsstellen für
Polylinker-Enzyme eliminiert. Demzufolge sind fast alle Restriktionsstellen
im Polylinker einmalig (Enzyme in Kursivschrift gezeigt) und können somit
für das
Einfügen
von Passagier-Genen verwendet werden. Zu beachten ist, dass die EcoO1091-Stelle im
Polylinker, obwohl sie nicht einmalig ist, für die Klonierung verwendet
werden kann, da die zweite Stelle innerhalb des psaB-Gens in E.coli
Dcm-methyliert ist und demnach nicht in Plasmiden erkannt wird,
die aus standardmäßigen (dcm+)
Laborstämmen
präpariert
worden sind. Restriktionsstellen, die durch Mutagenese oder Ligation
heterologer Enden eliminiert worden sind, sind in Klammern angegeben.
-
Die 2 zeigt
die Generierung von Tomatenpflanzen mit transgenen Plastiden. (A)
Primäre
Selektion der gegenüber
Spectinomycin resistenten Tomaten-Kalli (Selektionsphase A). Gezeigt
ist eine Platte mit beschossenen Blattstücken nach einer Inkubation
von 3 Monaten in Spectinomycin enthaltendem Gewebekulturmedium.
Zu beachten ist, dass das Blattgewebe aufgrund der effektiven Inhibition
der Chloroplastentranslation ausgeblichen ist. Gegenüber Spectinomycin
resistente Kalli erscheinen als kleine gelbe oder blassgrüne Erhebungen
aus sich teilenden Zellen (Pfeil). (B) Vermehrung von gegenüber Spectinomycin
resistenten Tomatenlinien. Gewebeproben von primären Plastidentransformanten
werden zusätzlichen
Selektionszyklen in Antibiotika enthaltendem Kulturmedium unterworfen
(Selektionsphase B). Auf diesem Medium wächst das Gewebe als undifferenzierter
Kallus, von dem für
Homoplasmie-Tests in regelmäßigen Abständen Proben
genommen werden (3). (C) Pflanzenregeneration
von homoplasmischem transplastomischen Kallusgewebe. Die Triebregeneration
wird ungefähr
4 Wochen nach dem Transfer des homoplasmischen Kallusmaterials in
das Triebinduktionsmedium beobachtet. (D) Wurzelbildung der transplastomischen
Tomatentriebe. Die von homoplasmischen Kalli induzierten Triebe
werden in Behälter
mit hormonfreiem Wurzelbildungsmedium überführt. Nach erfolgreicher Wurzelbildung
werden die Pflanzen in Erde überführt und
bis zur Reife im Gewächshaus kultiviert.
-
Die 3 zeigt
eine RFLP-Analyse zur Identifizierung der homoplasmischen transplastomischen
Tomatenlinien. Eine Wildtyp-Probe, eine spontane Spectinomycin-resistente
Linie, eine heteroplasmische transplastomische Linie und eine homoplasmische
Linie sind gezeigt. Die DNAs wurden mit EcoO1091 und PstI verdaut
und mit einem radioaktiv markierten StyI/PsI-Restriktionsfragment
untersucht (1). Um die Sensitivität des Assays
zu steigern, wurde die 5-fache DNA-Menge der transplastomischen Linien
aufgetragen. Während die
Genome der heteroplasmischen Linien selbst nach starker Überentwicklung
des Blots (nicht gezeigt) eindeutig eine Mischung aus Wildtyp und
transformierten Chloroplasten aufweisen, konnte in der homoplasmischen
Linie kein Signal für
das Wildtyp-Plastidengenom nachgewiesen werden, was darauf hindeutet,
dass alle plastidären
DNA-Moleküle
des Wildtyps in drei aufeinanderfolgenden Selektionszyklen erfolgreich
beseitigt worden sind. Die Homoplasmie wurde zusätzlich durch uniparental maternale
Vererbung des plastidären Transgens
bestätigt
(4).
-
Die 4 bestätigt die
maternale Vererbung des Merkmals der Resistenz gegenüber Spectinomycin auf
die F1 Nachkommen der transplastomischen Tomatenpflanzen. Die Blüten der
transplastomischen Pflanzen wurden mit Pollen der Wildtyp-Pflanzen bestäubt, und
die Samen wurden auf Spectinomycin enthaltendem MS-Medium zum keimen
gebracht. Während
die Wildtyp-Kontrolle eindeutig sensitiv gegenüber Spectinomycin ist und alle
Setzlinge ausbleichen (rechts), weisen F1 Setzlinge aus der Kreuzung
einer transplastomischen Tomatenpflanze mit einer Wildtyp-Pflanze
eine gleichermaßen
ausgeprägte
Resistenz gegen das Antibiotikum auf (links).
-
Die 5 zeigt
die Akkumulation von Fremdprotein in Blättern sowie in grünen und
reifen roten Früchten
der transplastomischen Tomatenpflanzen. Proben, die 15 μg der extrahierten
zellulären
Gesamtproteine entsprechen, wurden in PAA-Gelen elektrophoretisch
aufgetrennt, auf PVDF-Membranen transferiert und mit einem AadA-spezifischen
polyklonalen Antikörper
inkubiert. Als Kontrollen wurden Wildtyp-Tomatenproben für alle Gewebe miteinbezogen.
Zum Vergleich sind eine transplastomische Tabaklinie, die ein identisches
chimäres
aadA-Gen (Nt-Iycf9; (15)) enthält,
sowie eine Verdünnungsreihe
an Blattproteinen von einer transplastomischen Tomatenpflanze gezeigt.
Zu beachten ist, dass geringe kreuzreagierende Banden in Extrakten
von Fruchtproteinen in Wildtyp- und transplastomischen Pflanzen üblich sind
und demnach kein AadA-Protein repräsentieren.
-
Detaillierte Beschreibung
der Erfindung
-
Erfindungsgemäß werden
Verfahren zum Erhalt stabil transformierten homoplasmischen transplastomischen
Pflanzenzellmaterials bereitgestellt, welches zur Gattung Lycopersicon
gehört
und Plastiden enthält, in
die Fremd-DNA eingeführt
worden ist, und das Potential besitzt, zu reifen fertilen Pflanzen
zu regenerieren. Der hier verwendete Begriff „Fremd-DNA" umfasst alle DNA-Sequenzen, die entweder
homolog oder heterolog sind in Bezug auf das Wildtyp-Plastidengenom
des betreffenden für
die Transformation vorgesehenen Wirts.
-
Die
Verfahren beinhalten allgemein die Transformation einer Pflanzenzelle
mit Plastiden-Expressionsvektoren. Die Plastiden-Expressionskonstrukte
enthalten im Allgemeinen Nukleinsäuresequenzen, die, als funktionsfähig verknüpfte Komponenten
in der 5'→3'-Richtung der Transkription,
einen in einem Pflanzenplastid funktionsfähigen Promtor, mindestens eine
interessierende DNA-Sequenz, und eine nicht-translatierte 3'-Region zur Stabilisierung
der Transkripte in einem Pflanzenplastid umfassen.
-
Erfindungsgemäß umfassen
die Verfahren im Allgemeinen die Schritte:
- a)
Transformation von Plastiden des Pflanzenzellmaterials, welches
zur Gattung Lycopersicon gehört,
mit einem DNA-Molekül, welches
eine Selektion transformierten Pflanzenzellmaterials ermöglicht und
eine für mindestens
ein interessierendes Protein kodierende Expressionskassette sowie
eine Zielsequenz trägt,
die homologe Rekombination ermöglicht;
- (b) Selektion, Vermehrung, und Aufreinigung des in (a) erhaltenen
transformierten Pflanzenzellmaterials zur Homoplasmie, wobei die
Selektion eine primäre
(A) und eine sekundäre
(B) Selektionsphase umfasst, wobei Phase A die Beleuchtung des Pflanzenzellmaterials
von Schritt (a) unter Selektionsbedingungen unter Verwendung von
reduzierten durchschnittlichen Lichtintensitäten in einem Bereich zwischen
2 und 55 Mikromol Quanten pro Quadratmeter und Sekunde (2-55 μE) umfasst,
bis transplastomisches Kallusgewebe gebildet worden ist, welches
transferiert und regeneriert werden kann, und wobei Phase (B) die
weitere Vermehrung des in Selektionsphase (A) erhaltenen transformierten
Pflanzenzellmaterials und die Isolierung homoplasmischen transplastomischen
Gewebes umfasst, welches frei ist von jeglichen restlichen Kopien
des Wildtyp-Plastidengenoms, und, gegebenenfalls
- (c) Regeneration des transplastomischen Pflanzenzellmaterials
zu reifen homoplasmischen fertilen Pflanzen.
-
Vorzugsweise
liegt die angewandte durchschnittliche Lichtintensität in einem
Bereich zwischen 2 und 55 μE,
besonders bevorzugt zwischen 20 und 30 μE, mit einer am meisten bevorzugten
Lichtintensität
von ca. 25 μE.
Der in Bezug auf reduzierte Lichtintensitäten verwendete Begriff „durchschnittlich" schließt Modifikationen
der erfindungsgemäßen Verfahren
ein, bei denen während
einer gegebenen Beleuchtungsperiode unterschiedliche μE-Werte innerhalb
des genannten Bereiches angewendet werden.
-
Bezüglich der
primären
Selektionsphase A ist es bevorzugt, diese für mindestens 60 Tage, vorzugsweise
für mindestens
80 Tage durchzuführen.
-
Erfindungsgemäß werden
die Selektionsphasen A und B folgendermaßen definiert. Die Phase A
umfasst die Selektion des primären
transplastomischen Pflanzenmaterials, bis Kallusgewebe gebildet
worden ist, welches transferiert und regeneriert werden kann, wie
in 2A beispielhaft erläutert, wohingegen
die Phase B die Vermehrung/Vervielfachung des transplastomischen
Pflanzenmaterials sowie die Aufreinigung zur Homoplasmie umfasst,
wie beispielhaft in 2B erläutert ist.
-
Bezüglich der
Transformation zugeführten
Pflanzenmaterials können
im Wesentlichen alle Pflanzenteile und Gewebe, die in der Literatur
vorgeschlagen worden sind, ausgewählt werden, obgleich vorzugsweise das
der Transformation zugeführte
Pflanzenzellmaterial von Blattgewebe abgeleitet ist. Nach der Transformation
ist es besonders bevorzugt, dass das der Selektionsphase A zuzuführende transformierte
Blattmaterial eine durchschnittliche Oberfläche zwischen 6 und 16 mm2 aufweist, wobei eine Oberfläche von
ca. 9 mm2 am meisten bevorzugt ist.
-
Der
Fachmann wird erkennen, dass die vorliegende Erfindung zuverlässig die
Plastidentransformation von Pflanzenzellmaterial ermöglicht,
welches zur Gattung Lycopersicon gehört und bevorzugt ausgewählt wird aus
der Gruppe bestehend aus Lycopersicon esculentum, Lycopersicon pimpinellifolium,
Lycopersicon cheesmanii, Lycopersicon hirsutum, Lycopersicon pennellii,
Lycopersicon peruvianum, Lycopersicon chilense und Lycopersicon
chmielewskii.
-
Gemäß eines
weiteren bevorzugten Aspekts der vorliegenden Erfindung wird die
Expressionskassette des in Schritt (a) verwendeten DNA-Moleküls durch
Verwendung eines Promotors für
das plastidäre
rRNA-Operon kontrolliert. Diese Promotoren sind hoch konserviert
und können
von einem Fachmann leicht ausgewählt
werden.
-
Ferner
werden stabil transformiertes homoplasmisches transplastomisches
Lycopersicon Pflanzenzellmaterial einschließlich Zellen, Samen, Gewebe
und Organe mit dem Potential zur Regeneration zu reifen fertilen
Pflanzen, erhältlich
durch Ausführung
des obigen erfindungsgemäßen Verfahrens,
sowie reife homoplasmische fertile Pflanzen, die aus dem stabil
transformierten transplastomischen Pflanzenzellmaterial regeneriert
worden sind, bereitgestellt, wobei das Pflanzenmaterial bevorzugt
ausgewählt
wird aus der Gruppe bestehend aus Lycopersicon esculentum, Lycopersicon
pimpinellifolium, Lycopersicon cheesmanii, Lycopersicon hirsutum,
Lycopersicon pennellii, Lycopersicon peruvianum, Lycopersicon chilense
und Lycopersicon chmielewskii.
-
Außerdem betrifft
die Erfindung die Verwendung der stabil transformierten homoplasmischen
transplastomischen Lycopersicon Pflanzenzellen, Samen, Gewebe, Organe
und reifen fertilen Pflanzen zur Herstellung proteinöser Substanzen,
umfassend die Kultivierung des Pflanzenzellmaterials oder der reifen
fertilen Pflanzen zur Akkumulation der proteinösen Substanzen.
-
Selbstverständlich kann
sich der Fachmann verschiedene Modifikationen der erläuterten
erfindungsgemäßen Verfahren
vorstellen, ohne das in der vorliegenden Beschreibung dargestellte
allgemeine Prinzip zu verlassen. Insbesondere können alternative Konstrukte
mit anderen homologen oder heterologen Zielsequenzen zur Sicherstellung
einer homologen Rekombination, verschiedene Vertreter aus einer
breiten Auswahl geeigneter interessierender DNA-Sequenzen und alternative
Selektionsmarker sowie andere Transformationstechniken leicht für die vorliegende
Erfindung eingesetzt werden und sind folglich von der vorliegenden
Erfindung umfasst. Beispielsweise wird hingewiesen auf alternative
Mittel, wie sie in WO 9732977, WO 0028014, und WO 0039313 offenbart
sind.
-
Die
Expressionskonstrukte zur Verwendung in den erfindungsgemäßen Verfahren
steuern die Expression fremder DNA-Sequenzen, die für Gene kodieren,
welche bei zahlreichen Anwendungen der Pflanzengentechnik beteiligt
sind. Solche Sequenzen können
für Proteine
kodieren, die zu ackerbaulichen Merkmalen („input traits") wie beispielsweise
Herbizidtoleranz und Krankheitsresistenz, oder zu Qualitätsmerkmalen
(„output traits") führen wie
die Veränderung
der Fettsäurezusammensetzung
und die Carotinoid-Herstellung. Ferner können die erfindungsgemäßen Expressionskonstrukte
oder -kassetten auch DNA-Sequenzen umfassen, die für Proteine
zur Herstellung von humaneigener Biomoleküle in einem Plastid einer Pflanzenzelle
kodieren.
-
Der
Fachmann wird erkennen, dass andere DNA-Sequenzen in den Konstrukten
für die
Verwendung in den erfindungsgemäßen Verfahren
eingesetzt werden können.
Außerdem
finden die Expressionskassetten auch Anwendung in der Steuerung
der Herstellung humaner biologischer Proteine (pharmazeutische Proteine) im
pflanzlichen Plastid.
-
Bezüglich der
Verwendung selektierbarer Marker oder Reporter wird darauf hingewiesen,
dass auf die Anwesenheit der für
geeignete Marker oder Reporter kodierenden DNA-Sequenzen in den
Expressionskassetten dann verzichtet werden kann, wenn die fremden
DNA-Sequenzen für
Proteine oder Polypeptide kodieren, die selbst als selektierbare
Marker dienen können.
-
Bei
Betrachtung der durch die Ausführung
der Erfindung erhaltenen unerwarteten Ergebnisse ist zu beachten,
dass die Vorteile gegenüber
dem Stand der Technik unter Verwendung biolistischer Transformationstechniken
im Wesentlichen erzielt werden durch (i) die Anwendung extremer
Schwachlicht-Bedingungen während der
primären
Selektionsphase A, (ii) die drastische Verlängerung der primären Selektionsphase
A auf mindestens 60 Tage gegenüber
3-5 Wochen bei Tabak, (iii) die verglichen mit der Plastidentransformation
bei Tabak signifikant geringere Größe der Blattstücke, die
dem Gewebekulturmedium während
der primären
Selektion ausgesetzt werden (2A),
und (iv) die Optimierung der Vorgehensweise für die Selektion und Regeneration
einer Pflanze (siehe unten). Insbesondere wurde gefunden, dass die
erfolgreiche Selektion transplastomischer Tomatenzellen entscheidend
abhängt
von der Anwendung wesentlich geringerer Lichtintensitäten (z.B.
25 μE) als
den für
die Selektion transplastomischer Tabakpflanzen (70-100 μE) angewendeten.
Der Fachmann wird erkennen, dass die obigen Punkte (iii) und/oder
(iv) zu modifizieren waren, falls alternative Transformationsprotokolle
angewendet werden sollten.
-
Die
Expressionsraten eines Transgens in den verzehrbaren Teilen der
Pflanze (die häufig
nicht grün sind)
sind zentral für
die breite Nutzung der Plastidentransformations-Technologien in der Biotechnologie.
Die meisten endogenen, vom Plastidengenom kodierten Gene sind an
der Photosynthese beteiligt und daher in nicht photosynthetisch
aktiven Geweben drastisch herunterreguliert. Reife Tomatenfrüchte enthalten
Chromoplasten, einen Carotinoid akkumulierender Differenzierungstyp
der Plastiden. Chloroplasten sind in grünen Tomaten vorhanden und werden
dann während
des Fruchtreifungsprozesses in Chromoplasten umgewandelt. Es wurde
gezeigt, dass Chromoplasten in Tomatenfrüchten eine aktive Proteinbiosynthese
durchführen
und große
Mengen an plastidärer ribosomaler
RNA enthalten. Aus diesem Grund wurde zur Steuerung der Expression
des Transgens bei der Plastidentransformation der Tomate ein vom
rRNA Operon abgeleiteter chimärer Promotor
(8) verwendet. Unter Verwendung eines für das AadA Protein spezifischen
Antikörpers
wurde die Akkumulation von Fremdprotein in Blättern, grünen Früchten und reifen roten Tomaten
verglichen. Unerwarteterweise werden selbst in roten Tomaten hohe
Expressionsraten erzielt (ca. die Hälfte der Expressionsraten in grünen Blättern) (5).
Außerdem
verändert
sich die Akkumulation von Fremdprotein während des Reifungsprozesses
nicht signifikant, vermutlich aufgrund des ribosomalen Promotors
für das
rRNA Operon, der für
eine mehr oder weniger konstitutive Expression des Transgens sorgt.
-
Das
unerwartete Ergebnis, dass hohe Akkumulationsraten von Fremdprotein
in transplastomischen Tomatenpflanzen nicht auf photosynthetisch
aktives Gewebe beschränkt
sind, sondern auch in reifen Früchten auftreten,
eröffnet
neue Anwendungen für
transplastomische Technologien, wie beispielsweise die effiziente Herstellung
von Nutrazeutika und Biopharmazeutika in Pflanzen.
-
Dementsprechend
werden durch die vorliegende Erfindung zusätzlich effektive Verfahren
zur Herstellung der gewünschten
proteinösen
Substanzen bereitgestellt durch Verwendung transplastomischen Pflanzenmaterials,
welches gemäß der hier
offenbarten Protokolle zur Transformation, Selektion und Regeneration
erhältlich
ist.
-
Wie
bereits erwähnt,
bieten die transplastomischen Technologien ein enormes Potential
zur Herstellung sicherer und nahrhafterer Nahrungsmittel. Mit der
erfolgreichen Entwicklung eines Protokolls zur Plastidentransformation
für die
Tomate, wie es erfindungsgemäß bereitgestellt
wird, ist nunmehr ein erstes System etabliert worden, das (i) die gentechnische
Veränderung
des Plastidengenoms einer dem menschlichen Konsum dienenden Kulturpflanze
ermöglicht,
(ii) zur Herstellung fertiler transplastomischer Pflanzen führt, und
(iii) hohe Expressionsraten an Fremdprotein in verzehrbaren Pflanzenorganen
hervorbringt. Obwohl frühere
Arbeiten mit Arabidopsis (9) und der Kartoffel (10) zu einer erfolgreichen
Chloroplastentransformation geführt
haben, waren alle transplastomischen Arabidopsis-Linien männlich und
weiblich steril, und sie konnten nur vegetativ in Gewebekulturen
vermehrt werden (9). Ebenso ist über
die Erzeugung fertiler transplastomischer Kartoffelpflanzen und
die uniparentale Übertragung
des Transgens auf die nächste
Generation bisher nicht berichtet worden.
-
In
transplastomischen Kartoffelpflanzen war die Akkumulation von Fremdprotein
in nicht photosynthetisch aktiven Mikroknollen hundertfach geringer
als in grünen
Blättern
(10). Zur Zeit kann nur spekuliert werden, weshalb die Expression
des Transgens in Tomatenfrüchten
soviel höher
ist als in den Mikroknollen einer Kartoffel. Eine mögliche Erklärung könnte darin
liegen, dass die Tomatenfrucht vor dem Beginn des Reifungsprozesses
aus grünem
photosynthetisch aktiven Gewebe bestand, und dass die aktive Plastiden-Genexpression bei
der Umwandlung der Chloroplasten zu Chromoplasten während der
Fruchtreifung erhalten bleibt. Tatsächlich sind die Tomatenchromoplasten
bekannt dafür,
dass sie eine aktive Proteinbiosynthese durchführen und eine große Menge
an plastidärer
ribosomaler RNA enthalten, wohingegen die mRNA-Level der meisten Gene mit Bezug zur
Photosynthese drastisch herunterreguliert waren. In dieser Hinsicht
mag die Wahl chimärer,
vom rRNA-Operon abgeleiteter Promotoren zur Steuerung der Expression
des Transgens in der Tomatenfrucht ideal sein, um hohe Expressionsraten
zu erzielen. Es besteht jedoch noch reichlich Raum für weitere
Verbesserungen: Die Kombination des Promotors für das rRNA-Operon mit dem Bakteriophagen-Leader
Gen 10 und einer für
die ersten 14 Aminosäuren
des „Grünfluoreszierenden
Proteins" (GFP)
kodierenden Sequenz erbrachte einen drastischen Anstieg der Expression
des Transgens in transplastomischem Tabak (18). Ferner haben neueste
Experimente mit der Expression des Bt-Toxins in Tabak gezeigt, dass die Akkumulation
von Fremdprotein in Blättern
transplastomischer Pflanzen Werte von mehr als 45% des löslichen
Gesamtproteins der Zelle erreichen kann (7). Bei einer Extrapolation
dieser Daten könnte
man erwarten, dass in Früchten
transplastomischer Pflanzen eine Akkumulationsrate an Fremdprotein
von mindestens 20% erreicht werden kann, was die maximalen Möglichkeiten
einer nucleocytoplasmatischen Transgenenexpression um das Zehnfache übersteigen
würde.
-
Es
ist klar, dass die Plastidentransformation bei einer Tomate zur
Zeit aufwendiger und zeitintensiver ist als eine Plastidentransformation
in den beiden einzigen gut etablierten Standardobjekten Tabak und
Chlamydomonas. Die erste erfolgreiche Plastidentransformation mit
Tabak benötigte
fast zwei Jahre, von dem biolistischen Beschuss der Blätter bis
zur Ernte der ersten reifen transplastomischen Tomaten. Sicherlich
kann das Verfahren weiter optimiert werden, ohne von den Prinzipien
der vorliegenden Erfindung abzuweichen.
-
Die
folgenden Beispiele dienen der Erläuterung, nicht aber der Beschränkung der
vorliegenden Erfindung.
-
Beispiele
-
Herstellung von Vektoren
zur Plastidentransformation
-
Bei
der Chloroplastentransformation mit Tabak wurden zahlreiche Bereiche
des Chloroplastengenoms auf geeignete Zielstellen für die Aufnahme
von Transgenen getestet. Im Verlauf der Durchführung der zur vorliegenden
Erfindung führenden
Experimente ist ein Bereich im Chloroplasten-Genom (1A)
identifiziert worden, der, sofern in Transformationsvektoren als
Zielsequenz zur homologen Rekombination verwendet, zu einer besonders
hohen Chloroplasten-Transformationsfrequenz führte. Dementsprechend ist dieser
Bereich ausgewählt
worden, und eine Reihe von Plastiden-Transformationsvektoren ist
davon abgeleitet worden. In diese Konstrukte wurde, wie weiter unten
genauer beschrieben wird, das selektierbare Markergen aadA zwischen
zwei tRNA-Gene eingefügt
(1B, C). Für das geeignete Einfügen von
Passagier-Genen und deren enge Verknüpfung mit dem selektierbaren
Spectinomycin-Resistenzgen aadA wurde der pBluescript® (Statagene)
Polylinker in unterschiedlichen Orientierungen unmittelbar stromaufwärts des
Markers aadA eingefügt. (1C).
-
Die
rps14/trnfM-Region (1A) wurde vom
Tabak-Plastidengenom
als ein 3,4 Kb langes PstI/StuI-Fragment in den pBluescript® (Statagene)
(PstI/Ec1I36II) kloniert. Nachdem die SpeI-Stelle durch eine Auffüllungsreaktion
mit dem Klenow-Enzym
glattendig gemacht worden war, wurde ein vom Promotor für das rRNA-Operon
(8) gesteuertes chimäres
aadA Gen in die einzige SpeI-Stelle zwischen die Gene für tRNAGly und
tRNAfMet eingefügt.
Für nachfolgende
Manipulationen wurde ein Klon ausgewählt, bei dem die aadA-Kassette
die gleiche Orientierung aufweist wie das stromaufwärts gelegene
trnfM-Gen (Plasmid pRB70; 1B). Der
verbleibende Polylinker wurde durch Verdau des pRB70 mit ApaI und
PstI eliminiert, wonach die Enden mit Mung-Bean-Nuklease und Religation
glattendig gemacht wurden (Klon pRB83). Verbleibende Restriktionsstellen
für Polylinker-Enzyme
innerhalb der aadA-Kassette (KpnI, SpeI, XbaI) wurden durch Mutagenese,
Auffüllungsreaktionen
mit dem Klenow-Enzym oder durch Behandlung mit der Mung-Bean-Nuklease
entfernt. Der vollständige
Polylinker des pBSII SK wurde mit dem M13-Primer und dem Revers-Primer
mittels PCR amplifiziert, und das PCR-Produkt wurde in eine HincII-Stelle
zwischen trnfM und aadA kloniert. Die Klone hinsichtlich beider Orientierungen
des Polylinker wurden ausgewählt
und zur Kontrolle sequenziert (Plasmide pRB94 und pRB95; 1C).
-
Die
plastidäre
Zielregion in den Transformationsvektoren ist in den Chloroplasten-Genomen
dikotyler Pflanzen hoch konserviert und ist daher wohl nicht nur
zur Transformation von Plastiden der Gattung Tomate, sondern auch
für andere
höhere
Pflanzen geeignet.
-
Pflanzenmaterial
-
Sterile
Tomatenpflanzen (Lycopersicon esculentum Variante „Santa
Clara") wurden in
Magenta-Boxen (Doppelboxen mit einem Verbindungselement, Magenta
Corp., Illinois) aus Oberflächensterilisiertem
Saatgut gezogen, das in MS-Medium keimte (12). Homoplasmische transplastomische
Pflanzen und Wildtyp-Kontrollpflanzen
wurden auf Erde übertragen
und wuchsen bis zur Reife in einer Phytokammer (16 Stunden Licht,
8 Stunden Dunkelheit, 24°C).
Das Blatt- und Fruchtmaterial für
die Analyse der Nukleinsäuren
und Proteine wurde in Flüssigstickstoff
eingefroren und bis zum Gebrauch bei – 70°C gelagert. Die Tabakkontrollpflanzen
wurden unter identischen Bedingungen kultiviert.
-
Plastidentransformation
und Regeneration homoplasmischer transplastomischer Tomatenpflanzen
-
Die
Plastidentransformation der Tomate wurde durch biolistischen Beschuss
junger steriler Tomatenblätter
mit Goldpartikeln (Durchmesser 0,6 μm) erzielt, die mit der DNA
des Plasmids pRB70 beschichtet waren, unter Verwendung der DuPont
PDS1000He „biolistic
gun" (2, 13) und
1100 PSI Berstscheiben (BioRad). Proben beschossener Blätter wurden
in kleine Stücke
mit einem durchschnittlichen Oberflächenbereich von ca. 9 mm2 geschnitten, in RMOP-Medium transferiert,
welches Spectinomycin (300-500 mg/l) enthielt (2,8)), und bei gedämpftem Licht
(25 μE;
16 Stunden Licht, 8 Stunden Dunkelheit) für eine Zeitperiode von 3 bis
4 Monaten in Abhängigkeit
vom Entstehungszeitpunkt transferierbaren, gegenüber Antibiotika resistenten
Kallusgewebes inkubiert. Primäre
gegenüber
Spectinomycin resistente Linien wurden als gelb oder schwachgrüne wachsende
Kalli identifiziert (2A); sie zeigten
sich in diesem Stadium als sehr lichtsensitiv. Kallusstücke wurden
zur weiteren Vermehrung und für
die Isolierung homoplasmischen transplastomischen Gewebes, welches
frei ist von jeglichen restlichen Kopien des Wildtyp-Plastidengenoms auf
das gleiche aber frische Selektionsmedium transferiert (Phase B)
(2). Im Gegensatz zum Tabak zeigte das Tomatengewebe auf diesem
Medium keine Triebentwicklung und wuchs weiter als in Form grüner Kalli
(2B). In diesem Stadium wurde eine
erfolgreiche Chloroplastentransformation durch Analysen bestätigt, die
nachstehend genauer beschrieben werden. Ein erster schneller Test
mittels PCR führte
zur Identifizierung von Chloroplastentransformanten und ermöglichte
die Eliminierung spontan gegenüber
Spectinomycin resistenter Linien (Tabelle 1). Nach einem bis zwei
zusätzlichen
Zyklen der Kallusvermehrung auf identischem Medium wurden die Chloroplastentransformation
und Homoplasmie noch einmal durch RFLP-Analysen bestätigt (3).
Da das aadA-Gen eine breite Resistenz gegenüber zahlreichen Aminoglykosid-Antibiotika
verleiht (8), wurden die Chloroplastentransformanten zusätzlich auf
doppelte Resistenz gegenüber
Spectinomycin und Streptomycin getestet. Während spontan gegenüber Spectinomycin
resistente Linien sensitiv gegenüber
Streptomycin sind und in Kulturmedium ausbleichen, welches diese
beiden Wirkstoffe enthält,
erbrachte das fortlaufende Kalluswachstum des transplastomischen
Gewebes einen weiteren Beleg für
eine erfolgreiche Chloroplastentransformation und effiziente Expression
des plastidären
aadA-Markers.
-
Für die Pflanzenregeneration
wurde homoplasmisches Kallusgewebe auf die Oberfläche eines
mit Agar verfestigten (MS) Mediums zur Triebinduktion transferiert,
welches 0,2 mg/l Indol-3-essigsäure
(IAA) als Auxin und 3 mg/l 6-Benzylaminopurin
(BAP) als Cytokinin enthielt. Alternativ wurde eine Triebinduktion
mit dem gleichen Medium erzielt, welches anstelle des BAP aber 2
mg/l Zeatin enthielt. Für
die nachfolgende Wurzelbildung wurden regenerierte Triebe in Boxen
transferiert, die MS-Medium ohne Phytohormone enthielten (2D). Die resultierenden transplastomischen
Pflanzen wurden dann in Erde gepflanzt und im Gewächshaus
bis zur Reife kultiviert.
-
DNA-Extraktion, PCR und
RFLP-Analysen
-
Die
gesamte zelluläre
DNA wurde mit einem auf CTAB basierenden Verfahren extrahiert (14).
Für die RFLP-Analyse
wurden DNA-Proben
entweder mit PstI und XhoI oder mit PstI und EcoO1091 verdaut (1), elektrophoretisch
in 1% Agarosegelen aufgetrennt und auf Nylonmembranen geblottet
(Hybond® N, Amersham/Pharmacia).
RFLPs und Homoplasmie der transplastomischen Pflanzen wurden nachgewiesen durch
nachfolgende Hybridisierung mit einem radioaktiv markierten StyI/PstI-Restriktionsfragment
(1) in RapidHyb®-Puffer
gemäß den Instruktionen
des Lieferanten (Amersham/Pharmacia). Die PCR-Reaktionen wurden nach den Standardprotokollen
durchgeführt
(45 Sekunden bei 94°C,
1,5 Minuten bei 55°C,
1,5 Minuten bei 72°C;
30 Zyklen) unter Verwendung spezifischer Primer-Paare für das chimäre Gen aadA.
-
Kreuzungen und Tests zur
maternalen Vererbung des Transgens
-
Um
die uniparental maternale transgene Übertragung auf die nächste Generation
zu bestätigen,
wurden emaskulierte Blüten
transplastomischer Pflanzen mit Pollen von Wildtyp-Pflanzen bestäubt. Um
die Übertragung
der Resistenzeigenschaft zu testen, wurde Oberflächen-sterilisiertes F1-Saatgut
auf MS-Medium mit 100
mg/l Spectinomycin zur Keimung gebracht. Eine Übertragung des Resistenzgens
aadA wurde überwacht durch
den grünen
Phänotyp
der Setzlinge und das fortlaufende Wachstum und die Entwicklung
in Gegenwart des Antibiotikums im Gegensatz zum Ausbleichen und
eingestellten Wachstum der sensitiven Abkömmlinge.
-
Wie
für ein
Plastid-kodiertes Merkmal zu erwarten war, war die F1-Generation
dieser Kreuzungen einheitlich gegenüber Spectinomycin resistent
(4), was sowohl die stabile Transformation des
Plastidengenoms der Tomaten als auch die Homoplasmie der transplastomischen
Linien bestätigt.
-
Eine
Probe in Form eines einzigen beschossenen Tomatenblattes führte üblicherweise
zu acht bis neun Selektionplatten mit Blattstücken auf der Oberfläche des
Spectinomycin enthaltenden Kallusinduktionsmediums (Tabelle 1).
In drei unabhängigen
Transformationsexperimenten wurden insgesamt 6 Tomaten-Chloroplastentransformanten
ausgewählt,
entsprechend einer Transformationseffizienz von einer ausgewählten transplastomischen
Linie aus ca. 80-100 Selektionsplatten. Obwohl diese Effizienz signifikant
geringer ist als die Häufigkeit
der Plastidentransformation im gut etablierten Tabaksystem (wo routinemäßig ein
Chloroplastentransformant pro 5-10 Selektionsplatten erhalten wird),
ist die Plastidentransformation bei Tomaten effizient genug, um
sowohl für
die Grundlagenforschung als auch für die Pflanzenbiotechnologie
ein ausführbares
und attraktives System bereitzustellen.
-
-
Die
Tabelle 1 zeigt die Statistiken von drei unabhängigen Chloroplasten-Transformationsexperimenten in
der Tomate. Kalli, die eine Resistenz gegenüber Spectinomycin aufweisen,
aber negativ bei PCR- und RFLP-Tests sind, sind wahrscheinlich spontane
Resistenzmutanten, die durch Punktmutationen im Gen der 16S rRNA
entstehen.
-
Proteinextraktion und
Immunoblot-Analysen
-
Das
gesamte lösliche
Protein verschiedener Gewebe wurde aus Proben extrahiert, die in
einem Puffer homogenisiert worden waren, der 300 mM Saccharose,
50 mM Tris/HCl, 10 mM EDTA, 2 mM EGTA, 10 mM DTT und 1 mM Pefabloc® (Roche
Diagnostics) enthielt (unter Verwendung eines Mörsers und unter Zugabe gewaschenen
und kalzinierten feinen granulären
Quartzes). Die Homogenisate wurden durch zwei Schichten Miracloth® (Calbiochem)
filtriert, gefolgt von einer Zentrifugation bei 12.000 rpm für 8 Minuten.
Für jedes
Gewebe wurden Proben, die 15 μg
der extrahierten Proteine darstellen, durch Polyacrylamid-Gelelektrophorese aufgetrennt
und unter Verwendung eines standardmäßigen Gefäß-Blotters (BioRad) auf PVDF-Membranen geblottet.
Die Membranen wurden anschließend
mit einem AadA-spezifischen polyklonalen Antikörper inkubiert (erzeugt in
Kaninchen und freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Dr. Jean-David
Rochaix, Universität
Genf, Schweiz) und einer Detektion mit dem Western Blot Chemiluminesenz
Reagenz Plus System (NEN) zugeführt.
-
Plastidäre Expression
des Transgens in Tomatenblättern
und Früchten
-
Der
für die
Steuerung der plastidären
Expression des Transgens in Tomaten verwendete Promotor ist der
starke, mehr oder weniger konstitutiv exprimierende Promotor für das ribosomale
RNA-Operon Prrn (8). In Tabak wurde gezeigt, dass dieser Promotor
eine Akkumulation von Fremdprotein von bis zu 5% des gesamten löslichen
Blattproteins (6) und in einem extremen Fall sogar mehr als 45%
(7) hervorbringt. Um zu bewerten, ob die Proteinakkumulationsrate
in transplastomischen Tomatenpflanzen derjenigen transplastomischen
Tabaks ähnlich
ist, wurde eine vergleichende Analyse der Fremdprotein-Akkumulationsraten
in transplastomischen Tomatenpflanzen und in Tabakpflanzen mit identischem
Chloroplasten-Transgen durchgeführt
(5). Es wurde kein signifikanter Unterschied gefunden,
was darauf hindeutet, dass plastidäre Transgene in Tomaten mit
einer ähnlich
hohen Rate wie in Tabak exprimiert werden.
-
Unter
Ausnutzung der hohen Transgen-Expressionsrate in den Chromoplasten
einer Tomatenfrucht kann das hier bereitgestellte System verwendet
werden, um durch die Plastidentransformation neue agronomisch und
biotechnologisch relevante Merkmale in Tomatenpflanzen einzuführen. Aktuelle
Experimente, bei denen ein erster Satz von Passagier-Genen zusammen
mit dem selektierbaren Markergen aadA in das Plastidengenom einer
Tomaten eingeführt
wird, sind bereits durchgeführt
worden. Die erhaltenen Daten zeigen eine erfolgreiche Plastidentransformation
und eine stabile Integration dieser Passagier-Gene in die plastidäre DNA.
-
Der
Fachmann wird erkennen, dass die Verfügbarkeit einer erfindungsgemäßen Technologie
für die Expression
eines Transgens vom Plastidengenom einer Tomate neue Möglichkeiten
für das
Stoffwechsel-Engineering, das Resistenz-Management und die Verwendung
von Pflanzen als Fabriken für
Biopharmazeutika eröffnen
wird. Pflanzen haben ein beachtliches Potential zur Herstellung
essbarer Vakzine, Antikörper
(„plantibodies") und therapeutischer
Substanzen (kürzlich
erschienener Review siehe z.B. 11). Für solche Anwendungen bieten
die erfindungsgemäßen oder
davon abgeleiteten Technologien zur Plastidentransformation nicht
nur Lösungen
für technische
und ökologische
Probleme, die mit den konventionellen Transgen-Technologien assoziiert sind (wie beispielsweise
Transgen- Silencing,
Auskreuzen etc.), sondern auch den Vorteil, dass viel höhere Transgen-Expressionsraten
erzielt werden können.
-
Literatur
-
- 1. Boynton, J. E., Gillham, N. W., Harris,
E. H., Hosler, J. P., Johnson, A. M., Jones, A. R., Randolph-Anderson, B.
L., Robertson, D., Klein, T. M., Shark, K. B. & Sanford, J. C. Science 240, 1534-1538
(1988).
- 2. Svab, Z., Hajdukiewicz, P. & Maliga, P. Proc. Natl. Acad. Sci.
USA 87, 8526-8530 (1990).
- 3. Daniell, H. Trends Plant Sci. 4, 467-469 (1999).
- 4. Hager, M. & Bock,
R. Appl. Microbiol. Biotechnol. 54, 302-310 (2000).
- 5. Heifetz, P. B. Biochemie 82, 655-666 (2000).
- 6. McBride, K. E., Svab, Z., Schaaf, D. J., Hogan, P. S., Stalker,
D. M. & Maliga,
P. Bio/Technology 13, 362-365 (1995).
- 7. De Cosa, B., Moar, W., Lee, S.-B., Miller, M. & Daniell, H. Nature
Biotechnol. 19, 71-74 (2001).
- 8. Svab, Z. & Maliga,
P. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 90, 913-917 (1993).
- 9. Sikdar, S. R., Serino, G., Chaudhuri, S. & Maliga, P. Plant Cell Rep. 18, 20-24
(1998).
- 10. Sidorov, V. A., Kasten, D., Pang, S.-Z., Hajdukiewicz, P.
T. J., Staub, J. M. & Nehra,
N. S. Plant J. 19, 209-216 (1999).
- 11. Giddings, G., Allison, G., Brooks, D. & Carter, A. Nature Biotechnol. 18,
1151-1155 (2000).
- 12. Murashige, T. & Skoog,
F. Physiol. Plant. 15, 493-497 (1962).
- 13. Kanevski, I. & Maliga,
P. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 91, 1969-1973 (1994).
- 14. Doyle, J. J. & Doyle,
J. L. Focus 12, 13-15 (1990).
- 15. Ruf, S., Biehler, K. & Bock,
R. J. Cell Biol. 149, 369-377
(2000).
- 16. Svab, Z. & Maliga,
P. Mol. Gen. Genet. 228, 316-319 (1991).
- 17. Borogard, L. TIBTECH 18, 257-263 (2000).
- 18. Ye, G.-N., Hajdukiewicz, P. T. J., Broyles, D., Rodriguez,
D., Xu, C. W., Nehra, N. & Staub,
J. M. Plant J., in Druck (2001).