DEUTSCHES REICH
AUSGEGEBEN AH 26. FEBRUAR 1934
REiCHSPATENTAMT
PATENTSCHRIFT
JVr 593 399
KLASSE 39 b GRUPPE 4 02
144820
Tag der Bekanntmachung über die Ertcihmg des Paicnts: S. Februar 1934
I. G. Farbemndustrie Akt.-Ges. in Frankfurt a. M.*)
Verfahren zur Herstellung von Mischpolymerisaten Patentiert im Deutschen Reiche vom 6. März 1932 ab
Es wurde gefunden, daß Mischpolymerisate mit überraschenden Eigenschaften erhalten
werden, wenn man Vinylester höherer Fettsäuren, die mehr als vier Kohlcnsto ff atome im
Säurerest enthalten, in Mischung mit den Vinylester!! niedrigerer Fettsäuren, ζ. Ε. Vinylacetat,
Vinylchloracctat, Vinylpropionat, Vinylbutyrat, oder in Mischung mit anderen polymerisationsfähigen
Stoffen mit einer olefinischen oder zwei konjugierten olefinischen Doppelbindungen,
wie Vinylhalogeniden, Acrylestern, Diolefincn, polymerisiert.
Die Polymerisation kann in an sich bekannter Weise durch Belichten und bzw. oder durch
Erhitzen erfolgen. Auch können Katalysatoren, wie Wasserstoffsuperoxyd, organische Superoxyde,
z.B. Bcnzoylperoxyd, Ozonide, organische Säurcanhydride -f- Sauerstoff, oder saucrstotfabgebende
Mittel, wie Perborate, Percarbonate, Silberoxyd, zugesetzt werden. Man kann die Polymerisation bei An- oder Abwesenheit
von Wasser und bzw. oder indifferenten Gasen, · wie Kohlendioxyd, mit oder ohne Druck vornehmen.
Man kann in einer oder mehreren Stufen arbeiten, el. h. entweder die Komponenten
des Gemisches mischen und dann zusammen polymerisieren oder auch zunächst die eine
Komponente teilweise polymerisieren, dami
die andere Komponente zusetzen und hierauf die Polymerisation gemeinsam zu Ende führen.
Gewünschtenfalls können Polymerisat ionsregler, z. B. Aldehyde, wie Salicylaldehyd, ferner
Lösungsmittel, z. B. Alkohol, Benzol, Äthylacetat, Chlorbenzol, Tetrachlorkohlenstoff, Dichlorethylen,
Ketone, wie Aceton, Cyclohexanon, oder Nitrokohlenwasserstoffe, wie Xitrobenzol,
bei der Polymerisation zugesetzt werden. Diese kann auch unter Verwendung wäßriger Suspensionen
der zu polymerisicrendoii Stolfe bei
Gegenwart von Emulgatoren und Polynierisationska-talysatoren
erfolgen. Körner gelingt die Polymerisation mitgroßobcrilächigen Stolfcn,
z. B. den bekannten Bleicherden, oder mit Säurcchloriden, z. B. ToluoKulfochlorid usw.
Es ist /,war bekannt, daß die Vinylester
höherer Fettsäuren mit bis v.w vier Kohlenstoffatomen,
ζ. B. Vinylpropionat und Vinylbutyrat,
polymerisierbar sind und daß man diese Verbindungen auch zur Herstellung von Mischpolymerisaten
verwenden kann. Man konnte jedoch nicht voraussehen, daß die bisher noch nicht bekannten Vinylester höherer l;eltsäuren
mit mehr als vier Kohlenstoffatomen im S.iurerest als solche überhaupt noch polymerisierbar sind.
Überraschenderweise ist nun die P< >lymcrisationsfähigkeit
von Gemischen, die als eine Komponente Vinylester höherer Fettsäuren mit mehr als vier Kohlenstoffatomen enthalten, auffallend
*) Fon dem Patentsucher sind als die Erfinder angegeben worden:
Dr. Walter Reppe in Liuhvigshaf en a. Rh., Dr. Werner Starch in llofhcim, Taunus,
und Dr. Arthur Voβ in Frankfurt a. il/.
groß und sogar größer alsdiedcrpolymerisationsfäln'gsten
Ein/clkomponeuten; deshalb genügt in manchen Fällen schon .ein verhältnismäßig
sehr geringer Zusatz von nur wenigen Prozent, j;i sogar von weniger als X0J0 der anderen Komponente,
um eine weitergehende Polymerisation hervorzurufen, als bei der Einzelkomponente
möglich ist. Dieser günstige Einfluß der Vinylester höherer Fettsäuren auf den Polymcrisation;»Vorgang
war nicht vorherzusehen; er stellt bei der an sich schon großen Mannigfaltigkeit
der Erscheinungen der Mischpolymerisation etwas vollkommen Neues dar.
Beispiel ι
In einer Mischung von 90 Gewichtstcilen Vinylacetat und 10 Gewichtsteilen Vinylolcat,
das hergestellt wurde nach Beispiel 3 der Patentschrift 588 352, werden 2 Gewichtsteile Benzoylsuperoxyd
gelöst. Diese Mischung wird unter RückfluGkühlung auf qo° erhitzt. Es tritt lebhafte
Reaktion ein. Nach Sstündigem Erhitzen ist die ganze Masse zu einem farblosen, äußerst
zähen Produkt polymerisiert. Dieses löst sich nicht in Kohlenwasserstoffen und anderen
organischen Lösungsmitteln, sondern wird von diesen nur angequollen. Die Masse eignet sich
zur Herstellung von Kunststoffen.
Beispiel 2
100 Gewichtsteile Vinylacetat, 5 Gewichtstcüe Vinylpalmitat, erhalten nach Beispiel 2 der
Patentschrift 588352, und 2 Gewichtsteile Benzoylsupcroxyd werden unter Rückflußkühlung
auf dem Wasserbad zum Sieden erhitzt. Unter lebhafter Reaktion verdickt sich die Masse und
ist nach b Stünden zu einem farblosen, bei Zimmertemperatur sehr harten, elastischen
Harz erstarrt. Dieses quillt schwach in Kohlcn-Wasserstoffen und eignet sich zur Herstellung
plastischer Massen.
Beispiel 3
Eine Mischung von 190 Gewichtstcilen Vinylchloracetat,
10 Gcwichtsteilen Vinylester der Stearinsäure, erhalten nach Beispiel 2 der
Patentschrift 588 352, 40 Gewichtsteilen Aceton und 3 Gewichtsteilen Benzoylsupcroxyd werden,
unter Rückflußkühlung auf 80G erhitzt. Nach
kurzer Zeit tritt Polymerisation unter Verdickung der Masse ein. Nach iostündigem Erhitzen
ist die Polymerisation zu Ende geführt. Die 8o°/0ige dickviscose Lösung des farblosen
Harzes kann mit Lösungsmitteln verdünnt werden und eignet sich als Lackrohstoff. Es
hintcrbleibt nach dem Auftrocknen der Löstmg auf der Unterlage ein farbloser Film von großer
Festigkeit und Wasserbeständigkeit.
Beispiel 4
In einer Aluminiumbombe werden 270 Gcwichtsteilc
Vinylchlorid, 30 Gewichtsteile Vinylester der Ölsäure, 150 Gewichtsteile Benzin und
1,5'Gewichtsteile Benzoylpcroxyd eingeschlossen.
Die Bombe wird unter Rühren O Stunden auf 6o°, dann weitere 8 Stunden auf 80° erhitzt.
Das erhaltene weiße Pulver wird abflltricrt und im Vakuum getrocknet. Es ist zur
Herstellung von temperatur- und wasserbeständigen elastischen Preßmassen geeignet.
Beispiel 5
. 20 Teile des nach Beispiel 1 der Patentschrift 588 352 erhältlichen Laurinsäurcvinylesfer.s
werden zusammen mit 80 Teilen Acrylsäuremethylester in 300 Teilen Wasser cinulgiert, in
dem 3 Teile'oxyoktodekansulfosuures Natrium, 0,15 Teile Acetopcrsäure und 0,85 Teile Eisessig
gelöst sind. Durch Erhitzen dieser Emulsion unter Rühren am Rückilußkühlcr, zuletzt
bis auf 95°, erhält man den Latex des Mischpolymerisates aus AcrvLsäuremethylester und
Laurinsäurc vinylester, der durch Ausfrieren oder durch Ausfällen mit Säuren oder Salzen
koaguliert wird. Das Koagulat wild gründlich gewaschen und getrocknet. Die aus diesem hergestellten
Filme und Überzüge zeigen eine erheblich bessere Wasserbeständigkeit und geringere
Sprödigkeit in der Kälte als das reine Acrylsäuremethylcbtcrpolymerisat.
An Stelle des Laurinsäurcvinylcsters können die Vinylester der Valeriansäure, Capronsäure,
Caprylsäiire, Myristinsäure, Palmitinsäure usw.
verwendet werden. Die Wasser- und Kältebeständigkeit nimmt zu mit der Kohlenstoffatomzahl
der Fettsäuren der Vinylester und mit dem Prozentgehalt der Mischpolymerisate an diesen Estern.
Verwendet man Mischungen, welche größere Mengen von Vinylestern höherer Fettsäuren
mit mehr als vierKohlenstoffatomen im Säurerest enthalten, so erhält man in analoger Weise
ebenfalls Mischpolymerisate von wertvollen Eigenschaften.
Patentanspruch:
Verfahren zur Herstellung von Mischpolymerisaten aus polymerisicrbaren Verbindungen
mit einer olefinischen Doppelbindung oder zwei konjugierten olefinischen Doppelbindungen als einer Komponente,
dadurch gekennzeichnet, daß man diese Verbindungen mit Vinylestern höherer Fettsäuren
mit mehr als vier Kohlenstoffatomen im Säurerest als zweiter Komponente polymerisicrt.
BEBUN. GEOnUCKT IN DER