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Verfahren zur Verwertung von Kohlenschwefel und von Luftstickstoff
unter Gewinnung von Ammonsulfat Es ist an sich bekannt, bei der Reinigung von Generator-
und Koksofengasen den Wäschern Ammoniak oder Ammoniakwasser zuzuführen und hierdurch
mit anderen Verunreinigungen auch den darin enthaltenen Schwefel abzuscheiden, diesen
in Schwefelsäure überzuführen und diese gegebenenfalls zur Herstellung von Ammonsulfat
anzuwenden.
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Im Gegensatz hierzu kennzeichnet sich nach der Erfindung ein Verfahren
zur Verwertung von Kohlenschwefel und von Luftstickstoff unter Gewinnung von Ammonsulfat
und anderen Stickstoff- bzw. Schwefelverbindungen dadurch, daß bei der Herstellung
von Alkalicyaniden aus Alkali-Kohle-Gemischen, unter Verwendung von schwefelhaltiger
Kohle, während der Aufheizung der Reaktionsmasse der Schwefel durch Einwirkung von
Wasserdampf abgetrieben und nach bekannten Methoden gewonnen wird, worauf das cyanisierte
Reaktionsprodukt in bekannter Weise verseift und so gewonnenes Ammoniak mit den
auf Schwefelsäure verarbeiteten Schwefelverbindungen in an sich bekannter Weise
zu Ammonsulfat weiterverarbeitet wird.
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Das Verfahren beruht demgemäß auf einer Kupplung der an sich bekannten
Kohlenschwefelgewinnung mit einem ebenfalls bekannten Cyanisierverfahren, wodurch
wirtschaftliche Vorteile erzielt werden sollen, insbesondere ein Fortschritt in
Richtung einer erheblichen Energieersparnis. Ein wesentlicher Vorteil der Erfindung
besteht zunächst darin, daß man billige, stark schwefelhaltige Kohle gemäß der Erfindung
ohne weiteres in den Cyanisierprozeß einführen kann, was bisher, wenn man reine
Produkte erzielen wollte, nicht möglich war, und daß man ohne zusätzliche Aufwendung
an Kosten oder Mehrarbeit und unter Verwendung der Aufheizhitze der Cyanisiermasse
diese Kohle entschwefelt.
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Ein weiterer wesentlicher Vorteil wird im Hinblick auf die Porigkeit
der Reaktionsmasse erzielt, und zwar liegt dieser Vorteil für das Cyanisierverfahren
nicht sowohl in dem Grad der erzielten Porigkeit als in ihrer besonderen Art. Bei
der Cyanisierung kommt es offensichtlich darauf an, daß die Einwirkungsgase in möglichst
innige Berührung mit den einzelnen Teilchen des Reaktionsgemisches kommen. Je intensiver
diese Zusammenführung gestaltet werden kann, desto besser wird die Durchführung
des Verfahrens gelingen. Es liegt also auf der Hand, daß eine Porigkeit noch so
hohen Grades in dieser Richtung wenig Nutzen bringt, wenn nicht die Poren in der
Masse so verteilt sind, daß sie fortlaufende Kanäle bilden, die von außen ununterbrochen
nach dem Innern des Gemisches führen. Entschwefelt man nun die Kohle vor der Zumischung
zu dem Reaktionsgemisch, so werden in diesem die Poren der Kohle bzw. des Kokses
unregelmäßig verteilt sein und nicht von außen nach innen durchgehende
Kanälchen
bilden, durch die die Reaktionsgase besonders leicht und intensiv in das Innere
der Reaktionsmasse gelangen können. Wohl muß aber diese Bildung von Kanälchen dann
erzielt werden, wenn die Porigkeit durch Entgasen nach Einführung der Kohle in das
Cyanisiergemisch bewirkt wird. Hierdurch erhält die ganze Reaktionsmasse ein Gefüge,
das von unzähligen kleinen Gaskanälchen durchsetzt ist, die von den Kohleteilchen
zu der Oberfläche der :Masse führen. Daß diese Art der Ausbildung der Hohlräume
beim erfindungsgemäßen Verfahren stattfinden muß, ergibt sich aus dem Wesen der
Entgasung, die nur erfolgen kann, wenn die entwickelten Gase sich durch die Masse
nach den Oberflächen der blasse durchdrängen. Diese Einwirkung, die die erfindungsgemäße
Behandlung auf die Reaktionsmasse ausübt, ist deshalb von ganz besonderem Wert,
weil zwecks Durchführung einer Cyanisierung die Masse im allgemeinen in Form von
Preßlingen zur Anwendung kommt und in dieser an sich die Gemischbestandteile zu
dicht gelagert sind, als daß die Preßlinge von dem Stickstoff genügend durchdrungen
werden könnten. Es ergibt sich also durch die Behandlung mit Wasserdampf im Laufe
der Aufheizung vor der Cy anisierung zugleich mit der Beseitigung des Schwefels
eine Überführung der Preßlinge in einen hochporigen, für die Einwirkung des Stickstoffs
sehr zweckdienlichen Zustand.
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In Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden beispielsweise
Alkali-Kohle-Preßlinge in einen Schachtofen eingeführt. In dem oberen Teil des Schachtofens
wird die Beschickung vorgeheizt, während in seinem unteren Teil die Cyanisierung
der Preßlinge bei sehr hoher Temperatur durchgeführt wird. In dem oberen Teil des
Schachtofens wird an einer Stelle, an welcher in der Beschickung eine Temperatur
von ungefähr 3oo bis 5oo' C herrscht, Wasserdampf eingeblasen. In geringer Entfernung
oberhalb der Einführungsstelle des Wasserdampfes werden sodann die entweichenden
Gase, welche die abgetriebenen Schwefelbestandteile enthalten, abgezogen. Da durch
die dauernde Beschickung des Schachtofens eine periodische oder stetige Wanderung
frischer Preßlingsmassen von oben nach unten durch den Ofen hindurch vor sich geht,
vollzieht sich bei stetiger Wasserdampfbehandlung ohne weiteres und im Zusammenhang
mit der Durchführung des Cyanisierungsprozesses die Entschwefelung der Preßlinge.
Die Cyanisierung selbst wird durch Einführung von heißem Stickstoff in den unteren
Teil des Schachtofens bewirkt.
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Auf diese Weise sind Preßlinge, welche z. B. Zoo Teile Alkalicarbonat
und 3oo Teile Braunkohle enthalten, wobei die Braunkohle einen Schwefelgehalx von
3,5 bis 5°/o besitzt, bis auf geringe Spuren von Schwefel zu befreien. Die schwefelhaltigen
Abgase werden sodann über Reinigungsmasse, z. B. Eisenhydroxyd, geleitet, wodurch
bekanntlich die Schwefelverbindungen zu Eisensulfid gebunden werden. Nachdem die
Reinigungsmasse gesättigt ist, wird sie in einem Röstofen mit getrockneter Luft
abgeröstet. Aus dem Röstofen gelangen die heißen Röstgase unmittelbar in einen mit
Kontaktmasse ausgefüllten Schacht, in welchem sie bei erhöhter Temperatur zu Schwefeltrioxyd
in bekannter )Veise oxydiert werden. Nachdem die Röstgase die Kontaktmasse passiert
haben, werden sie gekühlt und der Absorption unterworfen.
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In der weiteren Durchführung des Verfahrens wird dann der gewonnene
Schwefel vorzugsweise auf künstliche Düngemittel (Ammonsulfat) verarbeitet. Diese
Verarbeitung ergibt sich zwanglos durch die Verseifung der cyanisierten Massen,
wobei bekanntlich Ammoniak in großen Mengen anfällt.
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Ausführungsbeispiel Eine 'Mischung von 4 kg Natriumcarbonat und 6
kg Braunkohle (mit 3,5% Schwefel) wurde, fein gemahlen und zu Briketten v erpreßt,
in einem senkrechten Röhrenofen erhitzt.
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Bei einer Temperatur von joo bis 500' C wurde Wasserdampf eingeblasen.
Dabei wurden 156 g Schwefelwasserstoff abgetrieben und in Eisenhydroxydgasreinigern,
als Eisensulfid gebunden, zurückgehalten. (Die 156 g Schwefelwasserstoff entsprechen
147 g Schwefel, das sind also 7o0/, des in der Kohle ursprünglich enthaltenen Schwefels.)
Durch Abrösten der schwefelhaltigen Eisenhydroxydreinigermassen erhielt man Schwefeldioxyd,
das, mit Luft-Sauerstoff gemischt, durch ein Kontaktrohr geleitet und so zu Schwefeltrioxyd
umgewandelt wurde. Durch Auffangen des Schwefeltrioxyds in Wasser ergaben sich 419
g Schwefelsäure.
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Nachdem die Schwefelabtreibung mit Dampf beendet war, wurde weiter
hochgeheizt und bei einer Temperatur von 95o bis zooo' C Stickstoff zur Einwirkung
gebracht. Nach Beendigung der Stickstoffaufnahme und Abkühlen der Reaktionsmasse
wurde bei 350'C wieder mit Dampf behandelt. Dadurch wurde das bei der hohen
Temperatur aus dem Alkali-Kohle-Gemisch und Stickstoff gebildete Cyanid verseift
und dabei Ammoniak abgespalten. Die erhaltene Ammoniakmenge betrug o,9 kg.
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Durch Neutralisieren der aus dem abgetriebenen Schwefel erhaltenen
419 g Schwefelsäure mit Ammoniak wurden schließlich 56o g Ammonsulfat erhalten.