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Verfahren zur Erhöhung der Azotierbarkeit von Calciumcarbid Es ist
bekannt, aus Calciumcarbidbildungs--gemischen in einem Arbeitsgang zu Calciumcyanamid
zu gelangen. Es ist ferner ein Verfahren bekannt, ein kalkfreies Calciumcarbid dadurch
herzustellen, daß man eine aus Kalk und einer zur Carbidbildung nicht ausreichenden
Menge Kohle erhaltene Carbidschmelze außerhalb des Ofens in feinpulverige Kohle
enthaltende erhitzte Formen einlaufen läßt, wobei der restliche Kalk in Carbid übergeführt
wird. Beide Verfahren sind indessen unvorteilhaft und haben keinerlei praktische
Bedeutung erlangt. Das Verhalten des nach dem zweiten Verfahren hergestellten Calciumcarbides
hinsichtlich seiner Azotierbarkeit war weder bekannt noch vorauszusehen.
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Es wurde nun gefunden, daß die Azotierbarkeit von kalkhaltigem Calciumcarbid,
das durch Erhitzen von Kalk mit der für die Umwandlung notwendigen Menge Kohlenstoff
erhalten worden ist , überraschenderweise erhöht werden kann, wenn die reaktionsfremden
metalloxydischen Verunreinigungen, wie Aluminiumoxyd, innerhalb des Carbidofens
selbst bzw. in derselben Ofenwanne ganz oder teilweise durch entsprechend längeres
und/oder stärkeres Erhitzen der Schmelze, durch Umwandlung in die Metalle, Metallegierungen,
MetaUcarbide, Metallsilicide, Metallstickstoffverbindungen oder Verbindungen, in
denen der Sauerstoff gegen die Einwirkung von Carbid oder Kalkstickstoff abgeschirmt
ist, unschädlich gemacht bzw. entfernt werden. Diese Wirkung war nicht zu erwarten,
da es bisher nie möglich gewesen ist, eine ioo%ige Umwandlung des Carbides in Cyanamid
zu erzielen. Zur Erklärung dieser unvollkommenen Azotierbarkeit waren zwar die verschiedensten
Erklärungsversuche gegebenworden; jedoch konnte diese in der Praxis als Carbidverlust
bezeichnete Erscheinung nicht beseitigt werden. Es zeigte sich, daß die in kalkhaltigem
Calciumcarbid vorhandenen metalloxydischen Verunreinigungen, wie Aluminiumoxyd,
Eisenoxyd, Kieselsäure, Magnesiumoxyd usw., für die unvollkommene Azotierung verantwortlich
zu machen sind und daß ihre Beseitigung bzw. Unschädlichmachung die Azotierbarkeit
des Calciumcarbides bis auf iooo/o erhöht. Die carbidzerstörendeWirkung der Oxyde
bei den Temperaturen der Kalkstickstoffherstellung war um so weniger vorauszusehen,
als die Carbidbildung ja gerade in Gegenwart- dieser oxydischen Verunreini-' gungen
bei den sehr hohen Temperaturen des Carbidofens ohne Reduktion der Oxyde durch
das
gebildete Carbid stattgefunden haben muß. Die erfindungsgemäße Verbesserung des
Carbides für die Azotierung tritt überraschenderweise bereits ein, ohne daß das
gesamte frei4#' Calciumoxyd reduziert wird, wodurch eine vo#-# teilhafte Erhöhung
der Ausbeute an Kalkstickstoff bei kalkhaltigen Carbiden erzieli wird.
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Die Entfernung bzw. Unschädlichmachung der reaktionsfremden metalloxydischen
Verunreinigungen kann z. B. durch Verdampfung oder in der Weise erfolgen, daß mandie
Carbidbildungsgemische längere Zeit oder bei höheren Temperaturen, als zur Carbidbildung
notwendig, erhitzt. Man kann auch beide Maßnahmen gleichzeitig anwenden, d.h. Carbidbildungsgernische
entsprechend länger und stärker erhitzen, wobeidieAnwendunghöherer Temperatur bzw.
erhöhter Energie sowohlvon Anfang an als auch erst anschließend an die normale Carbidbildung
erfolgen kann. Der Carbidofen wird in diesem Falle im Anschluß an den anfänglichen
Carbidbildungsprozeß mit erhöhter Energiezufuhr gefahren. Der verfahrensgemäße Erhitzungsprozeß
wird in dem Carbidbildungsofen selbst durchgeführt, dergestalt, daß z. B. die innerhalb
einer Ofenwanne gebildete Carbidschmelze vor dem Verlassen einer thermischen Nachbehandlung
bei den Bedingungen des Carbidofens oder bei erhöhter Temperatur unterworfen wird.
Die Erfindung läßt sich anderseits auch so ausführen, daß man die an sich fertige
Carbidschmelze vor dem Verlassen des Ofens selbst einem Raffinations- oder 'Nachschmelzungsprozeß
bei gleicher oder erhöhter Temperatur unterwirft. Nach der Behandlung nach dem neuen
Verfahren lagen z. B. die Verunreinigungen, bei Zunahme der Azotierbarkeit von 94
auf 99,86%, als aluminiumhaltiges Ferrosilicium, wahrscheinlich als ein Fe-Si-Al-Legierungsgemisch,
vor. In anderen Fällen konnte röntgenographisch eine starke Zunahme von Aluminiumnitrid
nachgewiesen werden.
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Das neue Verfahren kann auch in Gegen-%vart von Hilfsgasen, z. B.
Stickstoff, durchgeführt werden. Die Umwandlung der Verunreinigungen erfolgt am
besten in die Metalle, Metallegierungen, Metallcarbide, Metallsilicide oder Metallstickstoffverbindungen
oder auclr in Verbindungen, in. denen der Sauerstoff gegen die Einwirkung von Carbid
oder Calciumcyanamid abgeschirmt ist.
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Ein besonderer Vorteil der neuen Erfindung besteht darin, daß man
auf Grund der aufgezeigten Möglichkeiten zur Entfernung bzw. Unschädlichmachung
der oxydischen Verunreinigungen nunmehr in der Lage ist, auch solche Rohmaterialien
auf - hochazotierbare Carbide zu verarbeiten, die bisher infolge ihres hohen
Gehaltes an Verunreinigungen für die Carbid- bzw. Kalkstickstoffherstellung ..iinb
rau chbar waren. So kann man das erfin-',#u4gsgemäße Verfahren beispielsweise auch
##äi -#us Kalk und Braunkohlen-oks berge-SI#'llf*e Carbide oder Carbidbildungsgemische
ähwenden und erhält mit diesem letzteren Rohmaterial erhöhte Azotierbarkeiten. Hierin
liegt ein ganz besonderer technischer Fortschritt, weil man nunmehr in der Lage
ist, auch mindenve " rtigere unreine Ausgangsmaterialien auf höchstazotierbares
Carbid zu verarbeiten.
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Man kann die Entfernung der Verunreinigungen bzw. die Umwandlung in
die gewünschten unschädlichen Metalle oddrI#letallverbindungen auch durch geeignete,
zweckmäßig reduzierende Zuschläge begünstigen. Insbesondere ist es vorteilhaft,
bei Verwendung stark verunreinigter Rohmaterialien zusätzlichen Kohlenstoff in solcher
Menge anzuwenden, daß die reaktionsfreinden metalloxydischen Verunreinigungen in
die entsprechenden Metalle bzw. Carbide übergeführt werden können. DieserzusätzlicheKohlenst3ff
kann von Anfang an beigemengt werden Dder aber, z. B. in Form von kohlenstoffreicherer
Mischung, mehr in der Nähe der Abstichseite des Carbidofens aufgegeben werden. Hierdurch
wird vorteilhafterweise eine besonders weitgehende Umwandlung der schädlichen oxydischen
Verunreinigungen bewirkt, wenngleich auch ohne diesen besonderen reduzierenden Zusatz
eine Verbesserung der Azotierbarkeit des erfindungsgemäß hergestellten Carbides
erfolgt.
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Beispiel i In einem technischen 3-Phasen-Carbid3fen wurde aus Kalk
und Koks mit einem Anthrazitzusatz Carbid erschmolzen. Das Ausgangsgemisch wird
hierbei gleichmäßig durchgemischt aufgegeben, oder es wird in der Nähe des Abstichs
kohlenstoffreichere und weiter vom Abstich entfernt kalkreichere Mischung bzw. Zusatzkalk
aufgegeben. Ebenso können die Aufgabekörnungen in verschiedenen Teilen des Ofens,
verschiedenartig sein. Der Ofen wurde einmal in der bisherigen Weise betrieben,
während er anderseits nach der neuen Erfindung bei ungefähr gleichem Energieverbrauch
je Tonne Carbid mit verdoppelter mittlerer Verweilzeit der Schmelze gefahren
wurde. In ersterem Falle, Aei der bisherigen Betriebsweise, wurde ein Carbid von
gi,6()/o erzeugt, das bei der Behandlung mit Stickstoff eine Azotierbarkeit von
93,501o aufwies. Im Gegensatz hierzu zeigte daserfindungsgemäße, mit längerer Schmelzzeit
hergestellte Carbid bei ungefähr gleichem CaC..-Gehalteine Azotierbarkeit von etwa
95%.
BeiSP4el 2 E in normales Betriebscarbid, das eine Azotierbarkeit
von 94,900/0, zeigte, wurde durch Widerstandserhitzung umgeschmolzen; nach dem Umschmelzen
betrug die Azotierbarkeit 99,i8%, hatte also um 4,30/0 zugenommen. In entsprechender
Weise nahm bei einem anderen Carbid die Azotierbarkeit durch Umschmelzen von 94,88
auf 99,2Io/o, also um 4,33%, zu. In beiden Fällen war eine starke Zunahme des Aluminiumnitrids
röntgenographisch nachzuweisen.
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Beispiel 3
Ein normales Betriebscarbid von 76,40/0 CaC#-Gehalt,
das bereits eine Azotierbarkeit .von 94#o3% zeigte, wurde umgeschmolzen; dabei ergab
sich ein Produkt von 84,40/0 Ca C.-Gehalt und einer Azotierbarkeit von 99,89%. Die
Azotierbarkeit hatte also um 5,840/0 zugenommen. Das erhaltene Carbid zeigte an
Stelle der Oxyde ein Ferrosilicium Mit 290/0 Siliciumgehalt und einem Gehalt von
i,64% Al, das wahrscheinlich als Bestandteil eines Fe-Si-AI-Legierungsgemisches
vorliegt, Es hat also parallelgehend mit der Azotierbarkeitserhöhung eine Reduktion
der Verunreinigungen stattgefunden.
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Beispiel 4 An einen technischen Carbidofen wurden am Abstichkanal
eine Vorkammer mit einer Zusatzelektrode angebaut, so daß das abgestochene flüssige
Carbid in dieser Vorkammer einer Nachschmelzung gemäß dem neuen Verfahren unterworfen
werden konnte. Während die Azotierbarkeit des nicht nachbehandelten Carbides etwa
89 bis 89,5% betrug, zeigte das nachbehandelte Carbid Azotierbarkeiten von 94 bis
94,80/0, so daß eine Azotierbarkeitsverbesserung von etwa 5% eingetreten war.
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Beispiel 5
Aus einer bei ungefähr 70' vorgetrockneten
Rohbraunkohle und technischem Kalk erschmolzenes Carbid wurde anschließend an den
Herstellungsprozeß io Minuten bei erhöhter 'Spannung behandelt. Der aus der Braunkohle
erhaltene Koks zeigteeinenAschegehalt von '2 1, 11 ()/0, während der sonst
im C.arbidbetrieb verwendete Koks im allgemeinen nur 7 bis 8 % Asche
aufzuweisen pflegt und möglichst noch geringere Aschegehalte zeigen soll. Trotz
dieses für die bisher bekannten Verfahren unzulässig hohen Aschegehaltes des aus
der Rohbraunkohle erhaltenen Kokses ließ sich durch die oben beschriebene Nachbehandlung
eine Azotierbarkeit des Braunkohlencarbides von 97,5 bis 98,2% erzielen.