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Verfahren zur Herstellung von fein verteiltem bis kolloidalem, Magnesiumsalzlösungen
enthaltendem Magnesiumhydroxyd in Pastenform Aus der neuesten medizinischen Literatur
geht hervor, daß bei der Heilung von Wunden und Entzündungsprozessen folgende Umstände-von
großer Wichtigkeit sind: i. Es ist bekannt und in der Literatur beschrieben (S c
h a d e, »Die physikalische Chemie in der inneren Medizin«, 192i), daß die Entzündungsprozesse
durch Säureerzeugung, also durch eine Erhöhung der Wasserstoffionenkonzentration
im kranken Gewebe, charakterisiert sind. Dieser Umstand ergibt sich aus folgenden
Kennzeichen: Die Schwellung des Gewebes und der osmotische Druck. werden erhöht,
im und um den Defekt bildet sich das Oedem, die Temperatur steigt usw.
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Durch Maßnahmen, mit welchen man diese Erhöhung der Wasserstoffionenkonzentration
begrenzt, kann man auch die Symptome der Entzündung mildern oder sogar beseitigen.
So erzielte G a z a (Klin. Woch. VI/ii) sehr günstige Erfolge durch Ausspülung der
Wunden mit alkalischen Lösungen von Carbonaten und Phosphaten. Die Reaktion der
Lösungen war PH 8,o bis 9,o.
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2. Andererseits verwiesen D e 1 b e t und F i e 's s i n g e r auf
die Wichtigkeit der Magnesiumionen bei der fagocytalen Wirkung der Leukozyte. Die
Fagocytose erhöht sich bei Anwesenheit dieser Ionen sehr wesentlich (Delbet und
Fiessinger, Biologie de la plaie de guerre, Paris 19i8)_ Da die Leukozyte in der
Abwehr der Wunde gegen Infektion und bei Entzündungen beim Wegräumen des Spaltungsproduktes
und des. nekrotischen Gewebes aus dem Defekte eine große Rolle spielen, wirkt die
Anwesenheit von Magnesiumionen in der Wunde sehr günstig auf die Heilung. Sehr gute
Erfolge erzielte man z. B. mit dem Ausspülen der Wunden mit Magnesiumchloridlösung.
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Aus dem Vorgesagten ist ersichtlich, daß es sehr zweckmäßig wäre,
in die Wunden und Entzündungsprozesse Hydroxyl- und Magnesiumionen einzuführen.
Wenn dies in Form einer Lösung geschieht, dann tritt der ungünstige Umstand ein,
daß die Wirkung beider Ionen bloß während der Behandlung zur Geltung kommt und daß
daher bei wiederholten Anwendungen sehr viel Material und Zeit des Arztes oder des
Hilfspersonals verloren wird.
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Es wäre daher ein großer Vorteil, wenn beide Ionen in fester Form
einer Paste oder etwas Ähnlichem in den Defekt eingeführt werden könnten. Ein weiterer
Vorteil wäre darin gelegen, wenn der angewandte Stoff verhältnismäßig schwer löslich
wäre, so daß durch langsame Dissoziation beide Ionen im kranken Gewebe allmählich
automatisch frei werden und däß daher ihre Konzentration konstant bleibt. Ein solcher
Stoff ist Magnesiumhydroxyd. Aber auf die übliche Weise erzeugtes Magnesiumhydroxyd
eignet sich nicht gut genug für diesen Zweck, nachdem
seine Alkalität
sehr stark ist und es auch in seiner kristallinischen Form auf das Gewebe sehr reizbar
wirkt.
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Es wurde nun ein Verfahren gefunden, welches ermöglicht, die Dissoziation
und zugleich die Alkalität des Magnesiumhydroxydes wesentlich zu erniedrigen, was
für mannigfache Zwecke von Vorteil ist und unter anderem auch bei der Anwendung
für Heilzwecke die vorerwähnten Nachteile beseitigt.
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Das Verfahren besteht darin, daß aus Magnesi.umsalzlösungen in Wasser
von mindestens io Härtegraden Magnesiumhydroxyd mit Ätzalkalilösungen oder auf elektrolytischem
Wege unter ständigem intensivem Rühren in der Weise partiell gefällt wird, daß noch
ein Überschuß an Magnesiumsalz in Lösung bleibt. Es wird dadurch ein besonders fein
verteiltes bis kolloidales Magnesiumhydroxyd erhalten, welches die Eigenschaft besitzt,
eine große Menge Wasser bzw. von Lösung des überschüssigen Magnesiumsälzes zu binden.
Dadurch wird die Alkalität .des Magnesiumhydroxydes gemildert, was für manche Zwecke
Vorteile bietet, bei denen es sich darum handelt, die Alkalität - langsam und allmählich
zur Wirkung zu bringen.
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So hat sich auch gezeigt, daß durch diese Bindung der überschüssigen
Magnesiumsalze an fein suspendierte bis kolloidale Formen des Hydroxydes dieses
für die Heilung von Wunden und Entzündungsprozessen praktisch verwendbar gemacht
werden kann. Besonders unterstützt wird diese Regulierung und Verlangsamung der
alkalischen Wirkung des Magnesiumhydroxydes durch die Gegenwart von Calciumverbindungen.
Durch diese Kombination wird der besondere Vorteil erreicht, daß das Magnesium dem
Calcium den Weg in die Gewebezellen bahnt. Selbstverständlich müssen dabei die Verhältnisse
der Höchstmengen festgestellt werden. Um diese Bedingungen zu erfüllen, hat es sich
als besonders vorteilhaft gezeigt,- hartes Wasser von mindestens io Härtegraden
zu verwenden, wodurch bereits der Zufuhr von Calciumverbindungen zum Teile Rechnung
getragen ist. Beispiel i kg kristallinisches Magnesiumsulfat wird in 5 1 gekochten
Wassers von mindestens io° Härte gelöst. Man gibt einige Tropfen Ammoniak zum Fällen
des Ferrohydroxydes hinzu. Die Lösung filtriert man von den Verunreinigungen ab.
Die klare Lösung fällt man mit einer Lösung von Kalium- oder Natriumhydroxyd (Zio.g
in i1121 Wasser). Die Fällung wird sodann durch einen schwachen Strom dieser Lösung
bei fortwährendem Umrühren so ausgeführt, daß eine feine Suspension entsteht. Den
Niederschlag läßt man absetzen und gießt die klare Lösung, etwa 61, ab und ersetzt
sie bei steter Mischung durch frisches Wasser. Die so erhaltene Suspension, welche
noch bedeutende Mengen von Magnesiumsalzen enthält, kann dann behufs Beseitigung
der überflüssigen Lösungsmengen filtriert und in Pastenform von gewünschter Dichte
gebracht bzw. dem jeweiligen speziellen Verwendungszweck ängepaßt werden.