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Verfahren zur Herstellung von Acetylmethylcarbinol Obwohl es seit
langem bekannt ist, daß Acetylmethylcarbinol bei verschiedenen mikrobiologischen
Umwandlungen sehr verschiedener Stoffe gebildet wird, z. B. von Kohlehydraten, organischen
Säuren, Aldehyden, Oxysäuren, Alkoholen, Ketosäuren u. dgl., ist doch die erhaltene
Menge zu gering, um darauf ein technisches Verfahren zur Herstellung dieses Carbinols
zu gründen.
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Sogar in Fällen, in denen sehr große Mengen des nahe verwandten 2
# 3-Butylenglykols bei solchen bakteriellen Umwandlungen gebildet werden, z. B.
bei der Vergärung von Zucker durch Bakterien wie aerobacter aerogenes, clostridium
polymyxa und viele andere, wobei dieses Glykol in Mengen von mehr als
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des vergorenen Zuckers gebildet wird, beträgt die Menge des gebildeten
Acetylmethylcarbinols selten mehr als z °/o des vergorenen Zuckers.
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Bei einer so geringen Ausbeute kann eine technische Anwendung dieses
Wegs zur Herstellung des Carbinols nicht in Frage kommen.
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Es wird angenommen, daß das in den letzterwähnten Gärungsvorgängen
auftretende 2 # 3-Butylenglykol sein Vorhandensein einer Reduktion von Acety1methylcärbinol
verdankt, das bei der Gärung zuerst gebildet wird, es ist aber bis jetzt noch nicht
gelungen, die letzterwähnte Verbindung gegen eine Umwandlung während des Gärungsvorgangs
zu schützen. Walpole hat versucht, erhebliche Mengen des Carbinols herzustellen,
indem er Sauerstoff in eine Lösung von 2 # 3-Butylenglykol leitete, die mit Bac.
aerobacter aerogenes geimpft war. Nach 22tägigem Durchleiten von reinem Sauerstoff
durch die Maische waren nur 70/, des' Glykols in Carbinol umgewandelt worden.
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Gemäß der Erfindung wird. das Carbinol aus Zucker mit Ausbeuten von
35 °/o und mehr hergestellt, indem man große Mengen von Luft durch die Maische während
einer Gärung durchbläst, die unter normalen Bedingungen 2 # 3-Butylenglykol ergeben
würde. Dieses Ergebnis ist um so überraschender, als Luftmengen, die man als groß
bezeichnen kann, z. B. 2,4 cbm Luft in der Stunde auf den Hektoliter, ohne jede
merkliche Wirkung auf die Beschaffenheit des Gärungsprodukts bleiben. Nur wenn diese
Luftmenge erheblich gesteigert wird, z. B. auf 25 cbm auf die. Stunde und den Hektoliter,
werden erhebliche Ausbeuten an Carbinol erhalten. Auf diese Weise können 35 und.
mehr Gewichtsprozent des in der Maische anwesenden Zuckers in Acetylmethylcarbinol
umgewandelt werden.
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Es hat sich als unnötig erwiesen, so stark zu lüften, daß die Bildung
von Butylenglykol während der Gärungsvorgänge vollkommen verhindert wird, da infolge
ungenügender Lüftung gebildetes Glykol nach der Hauptgärungs-
Periode
durch Fortsetzung der starken Lüftung der Flüssigkeit in Acetylmethylcarbinol umgewandelt
werden kann.
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Zur Erzielung der- erwähnten hohen Ausbeuten hat es sich als notwendig
erwiesen, die entweichende Luft in einer oder mehreren Waschvorrichtungen zu waschen.
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Die drwähnten Luftmengen sind nur beispielsweise angeführt, da es
sich als möglich erwiesen hat, erheblich an den Luftmengen zu sparen, indem man
die Berührung zwischen der Luft und der in Gärung befindlichen Maische durch Anwendung
besonderer Luftverteilungsvorrichtungen in dem Gärungsgefäß vermehrt.
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Durch Anwendung dieses Verfahrens kann Acetylmethylcarbinol in technischem
Maßstab erhalten werden.
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Das Acetylmethylcarbinol wird von der gegorenen Maische und der Absorptionsflüssigkeit
aus der Waschflüssigkeit entweder durch Destillation und Rektifikation oder durch
Extraktionmittels geeigneter Lösungsmittel gewonnen.
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Beispiel i 5oo kg Rübenzuckermelasse werden durch direkten Dampf in
50001 Wasser unter Zusatz von 2o kg Phosphorit und 23 kg gemahlenem Calciumcarbonat
auf Siedetemperatur erhitzt und nach dem Abkühlen in einen vorher sterilisierten
geschlossenen Gärungsbottich gebracht. Nachdem sich die Maische auf 40' abgekühlt
hat, werden 5001 einer Mutterkultur von Bac. aerobacter aerogenes in Malzmaische
eingeführt. Nachdem der Beginn der Gärung durch Gasentwicklung erkennbar geworden
ist, was gewöhnlich nach 8 bis io Stunden der Fall ist, wird eine Luftmenge von
ioo cbm in der Stunde durchgeblasen. Diese Geschwindigkeit wird allmählich gesteigert,
vorzugsweise derart, daß die Stundengeschwindigkeit jede Viertelstunde um Zoo cbm
gesteigert wird, bis sie i2oo cbm erreicht hat. Diese Geschwindigkeit wird bis zum
Schluß der Gärung aufrechterhalten, worauf die gegorene Maische in einem Extraktionskessel
mittels Kohlenstofftetrachlorids ausgezogen wird. Das Kohlenstofftetrachlorid wird
dann durch Destillation und Rektifikation entfernt. Auf diese Weise erhält man 72
kg Acetylmethylearbinol in praktisch reinem Zustand.
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Beispiel 2 qooo kg Kartoffeln mit einem Stärkegehalt von 170/, werden
in einem Autoklaven derart behandelt, daß in 45 Minuten ein Druck von 3,5 Atm. erhalten
wird. Die verflüssigte Stärke wird in üblicher Weise in einem Maischbottich mit
9o kg Malz eingemaischt. Nach der Verzuckerung wird die Maische etwa auf Siedetemperatur
erhitzt und dann in einer geschlossenen, vorher sterilisierten Gärvorrichtung auf
37° abgekühlt. Dann werden 3o kg Superphosphat und q.o kg gesiebter Kalkstein zugesetzt,
und das Ganze wird mit 3001 einer Mutterkultur von' Bac. aerobacter aerogenes in
einer Roggenmalzmaische geimpft. Darauf beginnt man mit der Lüftung der Maische.
Es wird eine Luftmenge von 6o cbm in der Stunde durchgeblasen. Die aus dem geschlossenen
Gärungsgefäß entweichenden Gase werden in eine Kalkwasserwaschkolonne geleitet,
in der das aus dem Gärungsgefäß mitgeführte Acetylmethylcarbinol festgehalten wird.
Nach 15stündiger Gärung wird die Luftmenge auf 11o cbm in der -Stunde gesteigert.
Die Gärung der Maische geht weiter, ohne daß die Stärke der Lüftung geändert wird,
bis nach 36 Stunden der Zucker verschwunden ist. Die Lüftung der Flüssigkeit wird
jetzt verstärkt bis auf 6oo cbm pro Stunde und weitere 12 Stunden fortgesetzt, bis
das neben Acetyhnethylcarbinol während der Zuckervergärung gebildete Butylenglykol
in Acetylmethylcarbinol umgewandelt worden ist.