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Verfahren zur Herstellung von Calciumcyanamid oder solches enthaltenden
Gemischen Der Versuch, durch Umkehrung der Ammoniakabspaltungsreaktion aus Cyanamiden
gemäß der Gleichung Meii C N.= -C 3 H_ O iVIeii C O.; -[- 2 N H.; aus Calcium- bzw.
Magnesiumcarbonat zu den hochprozentigen, technisch verwertbaren Cvanamiden zu gelangen,
hat sich bisher als nicht durchführbar erwiesen. Das bekannte X'erfahren der Einwirkung
von Ammoniak auf Metallcarbonate ist nicht durchführbar. denn die angestellten Versuche
haben er-"eben, daß die Umsetzungsgeschwindigkeiten hier so niedrig sind, daß eine
auch nur nennenswerte Ausbeute in technisch brauchbaren Geiten nicht zu erzielen
ist. Aus der Gleichung ist ersichtlich, daß auf i Mol CaCN= ; Mole H_0 entstehen,
so daß für eine günstige L-nikehrung des VerseifungsgleichgeWichts im Gebiet technisch
brauchbarer Temperaturen überhaupt kaum eine t@'ahrscheinlichkeit schien, womit
ja auch die hohen Ausbeuten von 98 bis 99 % bei der technischen Abspaltung
von Ammoniak aus Kalkstickstoff übereinstimmen.
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Es wurde nun durch eingehende Versuche festgestellt, daß nian auch
bei Calcium und Magnesium eine genügend schnelle Bildung der Cvanamide erreichen
kann, wenn man bestimmte Gasgeschwindigkeitsbeziehungen zur Raumerfüllung der angewandten
Beschickung einhält und bei Temperaturen arbeitet. die bei, unter oder nicht wesentlich
über der Dissoziationstemperatur liegen. An sich ist bekannt, daß die Geschwindigkeit
einer Carbonatdissoziation nicht unter allen Umständen und für alle Carbonate verschiedener
Provenienz gleich ist. Insbesondere spielen hier Korngröße, Verunreinigungen, Kristallform
usw. - eine große Ralle. Während also für eine gegebene Temperatur das Gleichgewicht
an CO, in der Gasphase für alle Calciumcarbonate gleich ist, stellt es sich bei
verschiedenen Materialien verschieden schnell ein. Es ist einleuchtend, daß, da
bei der Stickstoffbindung aus dem Ammoniak als Cyanamid durch das Carbonat das Kohlenstoffatoni
des letzteren bestimmend für das Maß der Azotierung ist, eine vorzeitige Dissoziation
des Carbonats ungünstige Stickstoffausbeuten gibt. Andererseits gilt natürlich die
Temperaturgeschwindigkeitsregel.
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Es ist daher von entscheidender Bedeutung für die zu erhaltende Ausbeute
an Cyanamid. daß durch Versuche festgestellt wurde, daß bei Anwendung bestimmter
Strömungsgeschwindigkeiten auf die Raumerfüllungen des angewandten Carbonats bei
gewölinlicheni oder erhöhtem Druck die oben geschilderten Schwierigkeiten überwunden
werden. Diese Strömungsgeschwindigkeiten liegen bei einer Raumgeschwindigkeit (Kubikzentimeter
Gas pro Kubikzentimeter substanzgefüllter Reaktionsraum in der Stunde) von der Größenordnung
von iooo bis 5ooo pro Stunde und Volumen der Beschickung. Ihre obere Grenze ist
weniger definiert, doch wird man zweckmäßig die Geschwindigkeit von 5ooo nicht
überschreiten,
da sonst die Ausnutzung des strömenden Ammoniaks durch das feste Beschickungsmaterial
unwirtschaftlich werden kann.
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Als Ausgangsmaterial kann jegliches Carbonat oder Carbonatgemisch
technischer oder natürlicher Provenienz, wie getrockneter Carbonatschlamm. Kalkstein,
Kreide, Marmor, .-\lagnesit, Dolomit usw., angewandt werden.
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Als Beispiele seien folgende Zahlen gegenübergestellt: .
i. für Calciumcarbonat |
Temperatur N f l:; 1. Std. t' N |
als J-ancamid |
70o' 500 6,0 Zeit und Ein- |
700' 1000 10,7 Waage gleich |
60o' 500 0,7 |
60o' 1000 2,0 |
für Dolomit |
700- Iooo 14,64 Zeit und Ein- |
65o' 1500 18,72 Waage gleich |
1)es weiteren ergab sich, daß eine bestimmte Temperatur-Strömungsgeschwindigkeits-Beziehung
besteht, die sich schon aus vorstellender Tabelle herauslesen läßt. Es wurde nämlich
gefunden, daß man zur Erzielung gleicher Ausbeuten an azotiertem Produkt mit steigenden
Gasgeschwindigkeiten des strömenden Ammoniakgases mit der Reaktionstemperatur, und
zwar um 5o° und mehr, heruntergehen kann. Dies ist insofern von wesentlicher technischer
Bedeutung, als jede Temperaturerniedrigung Ersparnis anWärme und Material und Schonung
der Apparatur bedeutet, andererseits natürlich hohe. Strötnungsgeschwindigkeiten
bei steigender Temperatur wie eine Art Vakuum auf die Dissoziation des Carbonats
wirken muß. Eine zweite Grenze dieser Geschwindigkeit liegt bei einer noch günstigen
Ammoniakausnutzung. Auch hier seien Beispiele gegeben:
Temperatur V 1-i#, 1. Std. |
als Cyanamid |
800-' 500 7,5 Zeit und Ein- |
700' 500 6,O Waage gleich |
750' 1000 13,2 anderes |
70o' fooo 15,0 Carbonat |
Aus diesen Zahlen ist deutlich ersichtlich, wie zwar steigende Temperatur bei gleicher
Strömungsgeschwindigkeit die Reaktionsgeschwindigkeit steigert, andererseits gesteigerte
Strömungsgeschwindigkeit innerhalb gewisser Grenzen mit der Temperatur herunterzugehen
erlaubt und außerdem sich hier die Verschiedenheit des Ausgangsmaterials günstig
geltend macht.
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Eine weitere wesentliche Bedingung ist die Sicherung gegen jegliche
mögliche Ammoniakzersetzung. Da bei den in Betracht kommenden Temperaturen das Gleichgewicht
sehr auf der Zersetzungsseite liegt, so ist für möglichsten Ausschluß aller katalytisch
die Einstellung desselben beschleunigenden Stoffe Sorge zu tragen. So ist die Gegenwart
von Metallen, wie Eisen, Nickel oder deren Verbindungen, in der Apparatur zu vermeiden
und die Reaktion daher zweckmäßig in Gefäßen (Retorten, Röhren) aus keramischem
Material, insbesondere Ouarz, vorzunehmen.
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Eine Beeinflussung der Reaktionsgeschwindigkeit im Sinne der Cyanamidbildung
hat sich durch Gegenwart bestimmter Zuschläge ergeben. Man erhält so leicht Geschwindigkeitssteigerungen
von 25 °/o und mehr. Als solche Zuschläge seien die Halogenide, Sulfate, Carbonate
und ähnliche Salze der Alkalien und Erdalkalien genannt, also z. B. Natriumcarbonat,
Calciumfluorid u. ä.
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Die erhaltenen hochprozentigen Cyanamide eignen sich neben der Verwendung
in der Landwirtschaft besonders für chemische Umsetzungen, wie Cyanidschmelze, Blausäurebildung
usw.