-
Mechanisches Recheninstrument Graphische oder mechanische Recheninstrumente
sind in verschiedenen Zweigen der Technik gebräuchlich und daher bekannt. In die
Schußtechnik haben derartige Instrumente nur in beschränktem Maße Eingang gefunden,
weil bisher den hohen Anforderungen auf diesem Gebiete an Einfachheit des Instrumentes,
Schnelligkeit der Bedienung und Genauigkeit des aus dem Instrument ermittelten Ergebnisses
nicht entsprochen werden konnte.
-
So sind bereits Recheninstrumente bekannt, bei denen zur Ermittlung
des Aufsatzwinkels eine Kurve über einem Bezugssystem beweglich ist. Als Abszissen
des dort verwandten Bezugssystems sind gerade Linien, als Ordinaten aber Kreisbögen
vorgeschlagen worden, deren Mittelpunkte sämtlich auf der Abszissennullinie liegen.
Diese Mittelpunkte «-erden dadurch gewonnen, daß man ihre Abstände vom Systemnullpunkt
halb so groß macht wie die Radien der zugehörigen Ordinatenkreise.
-
Als bewegliche Kurve über dem System wird die Geschoßkurve größter
Tragweite, also jedenfalls eine wirkliche, keine idealisierte Kurve gewählt.
-
Aus der Konstruktion der Ordinaten geht ohne weiteres hervor, daß
die Krümmung der einzelnen Ordinaten, also ihre Abweichung von der Geraden, um so
geringer wird, je weiter die Ordinaten vom Nullpunkt des Systems entfernt sind.
Das System selbst ist daher am stärksten in der Nähe des Systemnullpunktes verzerrt,
und die Verzerrung nimmt um so mehr ab, je weiter die Ordinaten vom :Nullpunkt entfernt
liegen. Nun ist es aber schon aus den Anfangsgründen der Ballistik bekannt, daß
sich die verzerrenden Einflüsse der verschiedenen Faktoren auf die Geschoßbahn,
in der Hauptsache der Einfluß des Abschußwinkels, im ersten Teile der Bahn, also
in der Nähe des Nullpunktes, fast gar nicht äußern, daß dagegen der zweite Teil
der Bahn, der sogenannte absteigende Ast der Parabel, sehr stark verzerrt wird.
-
Da nun die bewegliche Kurve des bekannten Instruments eine wirkliche
Kurve ist, so kann ein Bezugssystem der geschilderten Art die Verzerrungen unmöglich
berücksichtigen, die sich für die Geschoßbahn in größerer Entfernung vom Standort
des Geschützes ergeben. Aus diesem Grunde kann das bekannte Instrument auch keinen
Anspruch auf Genauigkeit machen; die mit ihm ermittelten Ergebnisse bedeuten vielmehr
nur eine ganz. rohe und für größere Entfernungen vom Standort des Geschützes völlig
unbrauchbare Annäherung.
-
L m mit einem solchen Instrument die erforderliche Genauigkeit zu
erzielen, wäre es nötig, die verzerrenden Einflüsse dadurch zu berücksichtigen,
daß man für jeden Geschoßwinkel eine besondere Kurve verwendet. Auch derartige Instrumente
sind bereits vorgeschlagen worden. Sie erfordern aber die Einzeichnung einer großen
Zahl dichtgedrä ngter Kurven in das Bezugssystern; daher gestattet
sich
die Ablesung des Instrumentes sehr unübersichtlich. Die Folge der Unübersichtlichkeit
würde sein, daß eine Kurve mit einer anderen beim Ablesen leicht verwechselt werden
könnte und somit die Gefahrenquellen für fehlerhafte Ablesungen vermehrt wären.
-
Die Erfindung betrifft nun ein graphisches Recheninstrument, bei dem
die erforderliche Genauigkeit mit einer einzigen Kurve erreicht wird. Erfindungsgemäß
wird für eine idealisierte, den größten Entfernungsbereich der Tafel überdeckende
Kurve das Bezugssystem für alle Schußwinkel in der Weise aufgetragen, daß den einzelnen
Punkten der in verschiedene Lagen gedrehten Kurve die Erfahrungsbezugswerte beigeschrieben
und die Punkte von gleichen Koordinaten miteinander verbunden sind, wobei die Kurvenform
so gewählt ist, daß die Verzerrung des Bezugssystems ein Minimum wird.
-
Praktisch hat sich ergeben, daß es zweckmäßig ist, nur die Abszissenlinien
in der angegebenen Weise verzerrt darzustellen. Bei dieser Form des Bezugssystems
läßt sich auch eine gleichmäßige Teilung der Ableseskala des Abschußwinkels erreichen.
-
Bei der Aufzeichnung des Bezugssystems geht man folgendermaßen vor:
Von dem System werden zunächst nur der Nullpunkt und die Ordinatenlinien festgelegt,
die geradlinig und in gleichen, passend gewählten Abständen voneinander aufgetragen
werden. Eine fiktive Geschoßkurve wird jetzt derart gewählt, daß die bei der Vervollständigung
des Systems sich ergebenden Verzerrungen der Abszissen möglichst gering ausfallen.
Ergibt die zunächst angenommene Form der Geschoßbahn eine unübersichtliche Verzerrung,
so muß die Kurve entsprechend berichtigt werden.
-
Nachdem diese Kurve unter einem bestimmten Abschußwinkel aufgezeichnet
worden ist, liegt jeder Kurvenpunkt durch seine Horizontalentfernung -vom Nullpunkt
und durch den Aufsatzwinkel fest. Nunmehr werden aus Erfahrungstabellen die Höhen
einzelner dieser Punkte ermittelt und die Tabellenwerte den entsprechenden Punkten
als Ordinaten beigeschrieben. Die Kurve wird nun in eine andere Lage gedreht, die
einem anderen Aufsatzwinkel entspricht, und das geschilderte Verfahren für die Punkte
der neuen Kurve wiederholt. Hat man auf diese Weise die Ordinaten einer genügenden
Anzahl von Punkten ermittelt, so werden die Punkte gleicher Zahlenwerte miteinander
verbunden. Diese Verbindungslinien stellen die verzerrten Abszissenlinien dar. Bei
diesem-Verfahren wird also die Kurve als gegeben erachtet und das Bezugssystem auf
Grund der Kurve und der festgelegten Ordinatenachsen ermittelt.
-
Ein Ausführungsbeispiel für die Erfindung zeigen die Fig. i und 2,
von denen Fig. i die Vorderseite und Fig. a die Rückseite einer Meßplatte darstellt.
-
In Fig. i ist das Hauptkoordinatensystem i auf einer temperaturbeständigen
Platte :2 eingeätzt. Um den Koordinatenanfangspunkt 3 verschiebbar ist ein Hebel
4 in der Lagerführung 5 derart gelagert, daß er den Anfangspunkt zur Ansicht frei
läßt. Der Hebel besteht im wesentlichen aus einem metallenen Rahmen, in den eine
durchsichtige Platte 6 aus geeignetem Stoff eingelassen ist. Auf dieser Platte sind
die charakteristischen Kurven, die für die Einstellung des Schießgerätes (z. B.
eines Maschinengewehres) in Betracht kommen, eingezeichnet. Der Arm 4 hat ferner
ein Fenster 7, das einen Ausschnitt aus einer Skala 8 freigibt, die am rechten Rande
der Unterlagsplatte angebracht ist.
-
Im Koordinatensystem i sind nun als Abszissen die in einer Horizontalebene
gemessenen Entfernungen a (Kartenentfernungen) des Zieles vom Standort des Geschützes
aufgetragen. Als Ordinaten b sind die Höhenlagen des Zieles über dem Standort eingezeichnet.
Eine Betrachtung des Systems läßt erkennen, daß die Ordinaten b geradlinig und zueinander
parallel sind, während die Abszissen a gegeneinander allmählich divergieren. Die
Divergenz wird, wie schon vorher ausgeführt wurde, empirisch an Hand -vorher errechneter
Werte festgelegt.
-
Die auf der durchsichtigen Platte des Schwenkarmes 4 aufgetragenen
Kurven sind folgende i. Die Geschoßkurve 9.
-
a. Die überschießkontrollinie fo, welche den unteren Rand der Geschoßgarben
darstellt und die Möglichkeit des Überschießens von Hindernissen (Wäldern, Höhen
u. dgl.) zu kontrollieren gestattet.
-
3. Die Sicherheitslinie i i. Sie gibt an, ob eigene Truppenverbände
ohne Gefahr noch überschossen werden können.
-
Zum leichteren Gebrauch werden die eingetragenen Kurven in verschiedenen
Farben eingezeichnet, z. B. Kurve 9 blau, Kurve io gelb, Kurve i i rot. Sämtliche
Kurven sind reduzierte Kurven, d. h. sie geben bei einer Schwenkung des Hebels 4,
unabhängig vom Abschußwinkel, in dem verzerrten System die richtigen Koordinatenwerte
an.
-
Die normale Aufgabe, die mit dem Instrument gelöst wird, ist folgende:
Gegeben ist die Höhe und die Entfernung des Ziels; gesucht ist der Abschußwinkel.
-
In diesem Fall schwenkt man den Arm so
weit, daß die
blaue Kurve g durch die entsprechenden Koordinaten hindurchgeht, und man liest nun
an der Randskala 8, und zwar an der am Fenster des Schwenkarmes angegebenen Marke
12, den zugehörigen Wert des Abschußwinkels ab.
-
Die Kartenentfernung und die Horizontalhöhe des Ziels werden durch
die an sich bekannte, an der Rückseite der Platte angebrachte Meßvorrichtung (Fig.
2) ermittelt.
-
In Fig.2 ist ein Sektor dargestellt, über dem ein Schwenkarm 13 um
den Mittelpunkt 14. des Kreises verdrehbar ist. Die Randskala 15 entspricht der
Einteilung des Richtkreises an dem Richtgerät, das bei jedem Geschütz vorhanden
ist. Auf dem Arm 13 ist eine einzige, die Luftentfernung darstellende Meßlinie aufgetragen.
Die absolute Entfernung des Standortes vom Ziel (Luftentfernung) wird mit Hilfe
der bekannten Entfernungsmesser ermittelt. Bei einer Luftentfernung c ergibt sich
bekanntlich, `nenn (p den Höhenwinkel bezeichnet, die Kartenentfernung zu c cos
(p und die Höhe zu c sin (p. Dadurch nun, daß Kartenentfernungen und Höhen in einem
rechtwinkligen Koordinatensystem aufgetragen sind, läßt sich durch Einstellen des
Schwenkarms 13 der zu einer bestimmten Luftentfernung c zugehörige Wert c sin bzw,
c cos, @p ablesen. Diese Ablesung dient dann zur Bestimmung des Abschußwinkels auf
der anderen Seite der Meßplatte.
-
Zur Bestimmung von Kontrollwerten in größerer Nähe des Standortes
ist auf der Vorderseite der Platte noch eine sogenannte fr berschießkontrolle vorgesehen.
Diese besteht darin, daß ein schwenkbarer Hebel 16, auf dem eine weitere Kurvenschar
dargestellt ist, über einem zweiten Koordinatensystem von größerem Maßstabe als
das erste spielt.
-
In dem Ausführungsbeispiel der Figuren sind die beiden beweglichen
Teile des Systems miteinander gekuppelt. Das hat den Vorteil, daß bei Einstellung
des Hauptarms auf einen besimmten Wert der mit ihm gekuppelte Nebenarm zu gleicher
Zeit auf denselben Wert eingestellt ist. Für das Kontrollsystem hat die Anordnung
eines Lagers mit sichtbarem Nullpunkt den Vorteil, daß die Kurve bis zum Nullpunkt
der Betrachtung Z ug# *inglieli ist.
-
Das Instrument gestattet somit, aus den .'Angaben der Karte oder des
Entfernungsmessers und des Richtkreises die Schießgrundlage ohne Hilfe von Schußtafeln
und ohne zeitraubende Rechnungen (d. h. unter Ausschaltung von Rechenfehlern) genau
und in kurzer Zeit zu ermitteln. Das Instrument stellt somit für die kämpfende Truppe
eine erhebliche Steigerung der Feuerbereitschaft und der Zielsicherheit dar. Das
Instrument ist auch für alle Arten von Schußwaffen (:Maschinengewehre, Minenwerfer,
Geschütze u. dgl.) verwendbar.