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Verfahren zur Bekämpfung von tierischen und pilzlichen Schädlingen
Es ist schon vorgeschlagen worden, rohes Acetonöl zur Bekämpfung von tierischen
und pilzlichen Schädlingen zu verwenden. Die Einbürgerung dieses Mittels scheiterte
einmal an seiner nicht völligen Zuverlässigkeit bezüglich der Wirkung, zum andern
daran, daß das Mittel allen behandelten Gegenständen und Räumen einen lange anhaftenden
unangenehmen Geruch erteilte. Es wurde nun gefunden, daß man durch Chlorierung des
Rohacetonöls ein Produkt von unbedingt zuverlässiger insektizider und fungizider
Wirkung erzielt, welches einen nicht unangenehmen Geruch aufweist, der bald wieder
verfliegt. So wurde gefunden, daß das neue Produkt bei der Bekämpfung der äußerst
widerstandsfähigen Pilze, welche das Stocken der Buchen oder die sogenannte Weißfäule
verursachen, eine ausgezeichnete Wirkung zeigt. Der widerstandsfähigste Pilz dieser
Gruppe, Stereum pupureum, wurde auf Gelatinenährböden übergeimpft, die in einer
großen Zahl von Vergleichsversuchen teils mit gewöhnlichem Rohacetonöl, teils mit
dem chlorierten Produkt behandelt waren. Dabei zeigte sich, daß bereits Konzentrationen
von 0,37, des chlorierten Acetonöls völlig wachstumshemmend wirken, während
unter sonst gleichen Bedingungen das gewöhnliche Rohacetonöl die Ausbreitung des
Pilzrasens erst bei höheren Konzentrationen zu verhindern vermochte.
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Holzbohrwürmer wurden bereits im Dampf von chloriertem Acetonöl innerhalb
von 1o bis 15 Minuten getötet. Damit ist auch die vorzügliche Brauchbarkeit des
neuen Mittels gegen diesen sehr schwer zu bekämpfenden Schädling erwiesen.
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Es ist zweckmäßig, bei der Chlorierung des Acetonöls nur so viel Chlor
einzuführen, als rein additiv aufgenommen wird. Man leitet zu diesem Zweck bei gewöhnlicher
Temperatur in das käufliche gelbe Acetonöl so lange Chlor ein, bis eine leicht erkennbare
Trübung durch Ausscheidung teeriger Tropfen bemerkbar wird. Überschreitet man diesen
Punkt, so tritt Chlorwasserstoffentwicklung auf. Man erhält auf diese Weise ein
Produkt, das weniger als =o°/, Chlor enthält. Es muß als im höchsten Grade überraschend
angesehen werden, daß bereits eine so verhältnismäßig geringe Chlormenge derartige
Wirkungen entfaltet, wie sie oben beschrieben wurden.
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Über die vermutlichen, beim Chlorieren des Acetonöls sich abspielenden
Vorgänge ist folgendes zu sagen: Das Acetonöl ist außerordentlich kompliziertzusammengesetzt;
Pringsheim (vgl. Zeitschrift für angewandte Chemie 40, 1392 [192i]) hat 29 definierte
Verbindungen daraus isoliert. Es befinden sich darunter in erster Linie gesättigte
Ketone, insbesondere Homologe des Acetons, ferner Ringketone (Pentanone und Hexanone)
und endlich einige gesättigte Aldehyde. Alle diese Stoffe nehmen Chlor nur durch
Substitution auf, also unter gleichzeitiger Entwicklung von Chlorwasserstoff. Die
urimittelbare Aufnahme von Chlor
kann also nur durch die ungesättigten
Bestandteile des Acetonöls.-erfolgen; als solche kommen in Betracht Mesityloxyd
und Methylhexanon, ferner ungesättigte Ringketöne (Hexanone), wie Dimethyl- und
Trimethylhexanon, ferner Tsophoron und Tanacetophoron. Diese ungesättigten Verbindungen
addieren offenbar an ihre Kohlenstoffdoppelverbindungen jeweils 2 Atome Chlor und
ergeben somit das Chlorierungsgemisch des Acetonöls mit seinen hervorragenden giftigen
Wirkungen. Die Addition des Chlors an die ungesättigten Verbindungen erfolgt, bevor
eine Substitution durch Chlor bei den gesättigten Verbindungen eintritt. Den Chlorierungsprozeß
zu unterbrechen, sobald der Additionsvorgang beendet ist, hat technisch den großen
Vorteil, daß die Bildung von Chlorwasserstoff und das damit erforderlich werdende,
Kosten erfordernde Auswaschen der gebildeten Salzsäure sowie eine anschließende
Trocknung des chlorierten Öls vermieden wird. Die völlige Chlorierung führt außerdem
zu einem unbrauchbaren, dunklen Teer.
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Bei der Bekämpfung besonders hartnäckiger Schädlinge hat es sich zur
Steigerung der Wirkung des chlorierten Acetonöls als vorteilhaft erwiesen, noch
einen Zusatz von Chloraceton bzw. von dessen Homologen oder von chlorierten fetten
bzw. fettaromatischen Ketonen oder Kohlenwasserstoffen zu machen. Dieser Zusatz
erhöht bereits in geringer Menge beispielsweise die mykozide Wirksamkeit des chlorierten
Acetonöls noch etwa um das iobis 2ofache.
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Das neue Schädlingsbekämpfungsmittel einschließlich seiner Zusätze
kann sowohl in Form von Lösungen wie auch im emulgierten Zustande Verwendung finden.
Als Lösungsmittel eignen sich Petroleum, Teeröle, ferner Holz-, Braunkohlen-, Steinkohlen-,
Schieferteer usw. sowie daraus gewonnene Produkte, z. B. Tetrachloräthan, Chlornaphthalin,
Nitrobenzol und Xylol.