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Verfahren zum Aufschluß von Pflanzenfaserstoffen Es sind zahlreiche
Verfahren zum Aufschließen von verholzten Pflanzenteilen bekannt, welche vor allem
Rücksicht auf eine günstige Ausbeute an Cellulose nehmen, im übrigen auf die Wiedergewinnung
der Aufschlußmittel sowie auf die Gewinnung der inkrustierenden Substanzen keinen
Wert legen.
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So wurde es unter anderem auch versucht, Pflanzenstoffe in der Weise
aufzuschließen, daß das trockene Material mit wasserfreiem, ein- oder mehrwertigem
Alkohol behandelt wurde. Weiter wurde auch schon vorgeschlagen, mehrwertige Alkohole
bei erhöhter Temperatur, allenfalls unter Druckerhöhung, zur Aufschließung zu verwenden.
Bekannt ist es ferner, daß Wasser allein oder unter Zusatz geringer Mengen Alkohol
bei gewöhnlichen und höheren Temperaturen in geringem Maße lösend auf die Inkrusten
von Holz und anderen pflanzlichen Rohfaserstoffen einwirkt. Es ist weiter nach den
Arbeiten von P. Klason und O. Fagerlind (Arkiv f. kemi 3. N.6, ic)oä) bekannt, daß
durch aufeinanderfolgendes Behandeln von Fichtenholz mit Wasser und Alkohol ligninartige
Stoffe in einer Ausbeute von 2% erhalten werden können, Demgegenüber liegt das Wesen
der Erfindung darin, daß als Aufschließungsmittel Alkohol-Wasser-Gemische mit einem
Wassergehalt von 20 bis 750/0 unter Druck bei Temperaturen über i 5o' C verwendet
werden. Diesem Gemisch von Wasser und Alkohol, namentlich Äthylalkohol, kommt bei
Temperaturen über 150° und entsprechend hohem Druck eine starke aufschließende Wirkung
auf solche Pflanzenstoffe zu, deren wesentlicher Bestandteil Cellulose neben Lignin
und anderen Inkrusten ist, insbesondere also auf Hölzer und Gräser. Diese Wirkung
kommt vorzüglich den erwähnten Gemischen zu, während die Komponenten derselben,
getrennt und nacheinander zur Wirkung gebracht, zum Aufschließen praktisch ungeeignet
sind.
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Es wird also gemäß der Erfindung aus Pflanzenfaserstoffen Cellulose
mit einfachen technischen Hilfsmitteln gewonnen, wobei gleichzeitig die inkrustierenden
Substanzen, wie Lignin, Harze, Kohlehydrate usw., erhalten werden. Die Aufschlie3ungsmittelsind
durch einfache Destillation regenerierbar, so daß das Verfahren keinerlei Abwässer
erzeugt.
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So gelingt es z. B., durch dreistündiges Erhitzen von Fichtensägespänen
mit einem 30" /"igen . Äthylalkohol - Wasser'- Gemisch (spez. Gew. 0,957)
auf :2o5' C. einen nur mehr wenig Lignin enthaltenden Zellstoff in einer Ausbeute
von 5o %, b,:zogen auf das trockene Ausgangsmaterial, zu gewinnen. Der Versuch unter
den gleichen Bedingungen, mit 96%igem Alkohol ausgeführt, ergibt einen dunkelbraunen
Rückstand in einer Ausbeute von 92 %, mit reinem Wasser tritt Verteerung unter Schwarzbraunfärbung
des Materials bei gleichzeitigem starken Angriff der Cellulose ein.
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Aufschlußtemperatur und Zusammensetzung des Wasser-Alkohol-Gemisches
können bei gleichbleibendem Endergebnis innerhalb gewissrr Grenzen geändert werden.
Eine Vorbehandlung des aufzuschließenden Materials, wie z. B. durch Kochen mit Wasser
oder verdünnten Alkalien, hat nur geringe Wirkung. Dagegen kann der Aufschluß durch
Zusatzez?inger-
Meügriw!saurer oder basischer Stoffe stark- beeineßt werden: Die Aufspalttmg -des-
-Cellulösc"Ligniii-Komplexes wird durch Vergrößerung der Wasserstoftionenkonzentration
begünstigt, durch Vergrößerung der Hydroxylionenkenzentrationen verzögert,
was durch Zusatz saurer bzw. basisch wirkender Stoffe erreicht werden kann.
Die Verzögerung der aufspaltenden Wirkung des Aufschlußmittels kann für den Aufschluß
insofern Bedeutung haben, als der Extraktion dadurch Zeit gelassen wird, die abgespaltenen
Inkrusten aus den Fasern zu entfernen, bevor störende Nebenreaktionen vor sich gehen
können.
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Außer den Äthylalkohol-Wasser-Gemischen haben auch Mischungen von
Wasser mit Methylalkohol und seinen Homologen oder mit mehrwertigen Alkoholen, wie
Glycerin, in den angegebenen Verhältnissen .eine .ähnliche aufschließende Wirkung.
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Aus den anfangs erwähnten Rohstoffen lassen sich durch Aufschlüsse
init den genannten Wasser-Alkohol Gemischen bei entsprechendem Druck und -entsprechender
Temperatur Rohzellstoffe herstellen, die nur mehr geringe Reste Lioggnin und andere
inkrustierende Substanzen enthalten, von denen sie durch eines der beliebigen bekannten
Veredelungs- oder Bleichverfahren gereinigt werden können, Die Inkrusten einschließlich
des Lignins und der beim Aufschluß entstehenden Zukker werden durch das Aufschlußmittel
aus dem Material extrahiert. Aus den Extrakten werden sie durch Abtreiben des Alkohols
ge-
wonnen. Sie sind durch Chemikalien weder zerstört noch verunreinigt und
kömien daher . auf beliebige Weise weiter verarbeitet werden.
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Ein besonderer Vorteil des Aufschlußverfahrens gemäß der Erfindung
ist, daß. keine Chemikalien verbraucht werden; denn der Alkohol wird nicht verbraucht
und kann immer wieder gewonnen werden. Die Zellstoff- und Papierindustrie wird dadurch
unabhängig von der Einfuhr teurer Hilfsstoffe, die, wie z. B. der für das heute
meist verbreitete Sulfitzellstoffverfahren nötige Schwefelkies, meist nicht im Lande
zu haben sind.
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Schädliche Abwässer, deren Beseitigung bei allen heute fabrikmäßig
ausgeführten Aufschlußverfahren eine stete Verlegenheit bildet, entstehen bei dem
vorliegenden Verfahren überhaupt nicht.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung ist auf die verschiedensten cellulosereichen
pflanzlichen Rohstoffe anwendbar. Es können beispielsweise auch extrahierte Farb-
und Gerbhölzer, welche bisher nicht weiter verarbeitet wurden, nach dem vorliegenden
Verfahren verwertet werden.
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Ausführungsbeispiel Man erhitzt Hackspäne mit dein zehnfachen Gewicht
eines 5oo;oigen Alkohol-Tt#,"asser-Gemisches in einem Druckgefäß, wobei während
des Betriebes in an sich bekannter Weise eine Erneuerung des Aufschlußmittels erfolgt.
Innerhalb der ersten 3 Stunden darf die Temperatur i8o° C nicht übersteigen. Nach
Erneuerung des Aufschlußmittels wird die Temperatur während weiterer 3 Stunden gesteigert,
doch darf eine Höchsttemperatur von 2io° C nicht überschritten werden. Während dieser
Zeit wird das Aufschlußmittel mehrfach erneuert, um die extrahierten Stoffe rasch
aus dein Druckgefäß zu entfernen. Nach Beendigung der Erhitzung lä@ßt man 'erkalten.
' Das Alkohol-Wasser-Gemisch- wird durch Wasser aus dem Druckgefäß verdrängt.
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Der auf diese Weise gewonnene Rohzellstoff läßt sich gut auffasern
und-bleichen, Der beim Autschluß zur Anwendung gekommene Alkohol kann durch einfache
Destillation zurückgewonnen werden. Das Lignin und die übrigen extrahierten Stoffe.
einschließlich der beim Aufschluß gebildeten Zucker, finden sich im Rückstand.