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Verfahren zur Herstellung eines Präparates aus Cassia fistula für
therapeutische Zwecke Die Frucht von Cassia fistula enthält in ihrem Mark eine abführend
wirkende Substanz aus der Reihe der Antlirachinonderivate, und zwar beträgt der
Gehalt der Anthrachinonsubstanz etwa i "l" des frischen Fruchtmarkes. Trotz dieser
geringen Konzentration ist die Abführwirkung der rohen Cassiapulpa eine stärkere
als diejenige anderer ebenfalls Anthrachinonderivate in erheblich größerer Menge
enthaltender Drogen, wie Cortex Frangulae oder Cortex Cascarae sagradae, die etwa
i o "j" Anthrachinonsubstanzen enthalten.
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Diese Feststellung ist durch '.\Tessungeii im Tierversuch an der zu
solchen Aufgaben besonders geeigneten weißen :Maus gemacht «orden. Gibt man einer
mit Hafer gefütterten weißen Maus mit Schlundsonde in den Magen o,6 ing Cassienpulpa
je Gramm ihres Gewichts, so bekommt sie nach fünf Stunden starken Durchfall mit
Ausscheidung von Anthrachinonsubstanz im Köt. o,6 ing Pulpa entsprechen etwa o.oo6
rng darin enthaltener Anthrachinonsubstanz. Um die gleiche Wirkung zu erzielen,
sind von Cortex frangulae 0.()5 ing Rindenpulver mit einem Gehalt von o,oC) nig
Anthrachinonsubstanz erforderlich.
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Es ist bekannt, daß die Anthrachinondrogen im allgemeinen den wirksamen
Stoff in zweierlei Formen enthalten, nämlich frei und gebunden, und zwar wahrscheinlich
an Zucker, also als Glucosid. So enthielt die verwendete Cortex frangulae etwa 2o
"f" ihres Gehaltes an Anthrachinonderivaten in freiem Zustande, d. h. mit Äther
extrahierbar, und etwa 8o "/" gebunden, d. h. erst nach der Verseifung durch 5"1"ige
Schwefelsäure mit Äther extrahierbar. Das Verhältnis der freien zu den gebundenen
Anthrachinonderivaten ist in den einzelnen Drogensorten verschieden. Welche Form
die Wirksamkeit als Abführmittel besitzt, war bisher nicht bekannt. Man neigte aber
dazu, anzunehmen, daß die Wirkung von dem nicht gebunden vorliegenden Anthrachinonderivat
ausgeht. Hierfür sprachen insbesondere die mit dem i. 8-Dioxyanthrachinon gesammelten
Erfahrungen. Tierexperimente lagen bisher nicht vor.
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Bei der Ausführung der Tierversuche bat sich nun gezeigt, daß die
in einer wirksamen Dosis im Rindenpulver der Cortex frangulae enthaltenen freien
Anthrachinone, nämlich o,o6 mg j e Gramm Maus, noch völlig unwirksam sind und die
Andeutung einer Wirkung erst erfolgt, wenn man die zwanzigfache Menge der freien
Anthrachinone dem Il agen zuführt. Demnach besitzen also die freien Anthrach-inone
keine wesentliche therapeutische Wirkung, sondern nur die Anthrachinone in ihrer
gebundenen Form.
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Die auf Grund dieses Ergebnisses angestellte Messung des Verhältnisses
von freier zu gebundener Anthrachinonsubstanz im
Mark der Cassia
fistula hat ergeben, daß diese Droge überhaupt keine freien Anthrachinone enthält.
Sie gibt an trocknen Äther solche auch nicht in Spuren ab. Alle Anthrachinone sind
daher im Cassiamark in gebundener Form enthalten. Weiterhin hat sich aber auch gezeigt,
däß die gebundenen Anthrachinone des Cassiamarkes sehr leicht, schon durch Wasser
spaltbar sind, denn schon die Extraktion mit nassem Äther lieferte quantitativ freie
Anthrachinone.
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Die mit dem Cassiamark angestellten Tierversuche haben ferner ergeben,
daß auch die in der Cassia enthaltenen Anthrachinone im freien Zustande fast unwirksam
sind. Eine Menge von o,26 mg der freien Anthrachinone j e Gramm Maus übt noch keinerlei
therapeutische Wirkung aus. Größere Mengen kann man den Tieren nicht beibringen.
Es verhält sich also die therapeutische Wirksamkeit der gebundenen zu den freien
Cassiaanthrachinonen mindestens wie 5o zu i.
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Die gebundenen Anthrachinone sind im glucosidischen Zustande dem Cassiamark
mit Alkohol leicht zu entziehen. Der alkoholische Extrakt, der neben dem Glucosid
nur noch etwas Zucker enthält, besitzt aber merkwürdigerweise, wie der Tierversuch
gezeigt hat, eine sehr schwache therapeutische Wirkung. :Noch 0,20m- je Gramm Maus
wirken nur ganz kurze Zeit und sehr schwach. Möglicherweise beruht dieses Verhalten
darauf, daß das Glucosid im Darmsaft zu rasch verseift wird, daß also ein Zeitfaktor
die ganze Cassienwirkung beherrscht. .
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Auf Grund der vorstehend beschriebenen Versuche ist es möglich gewesen,
aus Cassiamark ein therapeutisch verwendbares Präparat herzustellen. Da in den gebundenen
Anthrachinonen die wirksame Substanz zu erblicken ist und diese sehr empfindlich
sind, kam es bei der Herstellung besonders darauf an, die Anwendung von Wasser zu
vermeiden. um einer Verseifung des Glucosids unter Herabsetzung der Wirkung vorzubeugen.
Ferner erschien es auf Grund der Tierversuche zwecklos, das Glucosid in einer der
bekannten Weisen mit Alkohol oder sonstwie zu isolieren. Vielmehr erschien es als
das aussichtsvollste und sicherste Verfahren, die eigentliche Pulpenmasse ohne chemische
Zersetzung von den schädlichen und unwirksamen Bestandteilen zu befreien.
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DiePulpenmasse besteht aus einem schwarzen Sekret, den scharfen Internodialscheiben
und den Kernen. Das schwarze Sekret, das als zähe und klebrige Masse auf den Internodialscheiben
sitzt, macht etwa q.o bis 50"/" der ganzen Pulpenmasse aus. Eine praktisch.wirksame
mechanische Abtrennung der Internodialscheiben und der Kerne ist wegen der Klebrigkeit
des Markes nicht möglich.
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Es wurde gefunden, daß man durch intensives Schütteln des Markes mit
wasserfreien organischen Lösungsmitteln, wie Äthylalkohol oder Methylalkohol, welche
die klebrigen Stoffe aufnehmen, das Cassiamark in ein homogenes Pulver überführen
kann, aus dem durch Sieben die Internodialscheiben und die Kerne leicht entnommen
werden können. Da nun aber in diese Lösungsmittel auch das Glucosid eingeht, so
ist es noch erforderlich, die Aufnahmefähigkeit des Alkohols für das Glucosid so
zu verschlechtern, daß er nur unbedeutendeMengen des Glucosides aufnehmen kann.
Dies wird durch Hinzufügung von Äther zu dem Alkohol erreicht. Nach eingehenden
Versuchen hat sich eine Mischung von 6o Gewichtsteilen Alkohol und q.o Gewichtsteilen
Äther als besonders geeignet erwiesen. Das nach Entfernung der organischen Lösungsmittel
verbleibende Pulver trocknet an der Luft rasch zu einer grauen, nicht mehr klebrigen
und nicht hygroskopischen Masse, die einen rein süßen, keineswegs bitteren Geschmack
hat, wie er bei anderen Präparaten aus Anthrachinondrogen vorhanden ist. Beispiel
i i k- frisches Cassiamark wird mit einem Liter einer Mischung von 6o Gewichtsteilen
wasserfreiem Methylalkohol und 4o Gewichtsteilen Äther bis zum völligen Zerfall
geschüttelt und hierauf von den groben Bestandteilen durch Sieben durch ein weitmaschiges
Sieb befreit. Das so erhaltene Markpulver wird von der Flüssigkeit durch :Hutschen
getrennt. Man erhält so etwa 40o g eines grauen, therapeutisch stark wirksamen Pulvers,
das- ohne weiteres verwendet werden kann.
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Statt des Methylalkohols kann -auch Äthylalkohol Verwendung finden.
Es ist ferner möglich, geringere Äthermengen in Anwendung zu bringen. Es empfiehlt
sich jedoch nicht, den Ätherzusatz auf über q.o Gewichtsteile auf 6o Gewichtsteile
Alkohol zu steigern. Beispiel 2 Statt des Lösungsgemisches nach Beispiel i wird
ein Gemisch .aus 8o Gewichtsteilen Aceton und 2o Gewichtsteilen Äther verwendet.
Im übrigen wird in derselben Weise verfahren.