-
Herstellung von Sulfitlauge unter Gewinnung reiner Kohlensäure Die
Gewinnung von Sulfitlaugen für die Zellstoffindustrie geschieht bekanntlich in der
Weise, daß die Verbrennungsgase von Schwefel oder die Röstgase von Pyriten gleich
nach ihrer Kühlung durch mit Wasser berieselte Türme geleitet werden, welche mit
Kalkstein- oder Dolomitstücken gefüllt sind. An Stelle der Türme sind auch Bottichsysteme
in Gebrauch.
-
Da die Gase nur einen beschränkten S02-Gehalt besitzen und überwiegend
aus Luftgasen bestehen, so können bei ihrer Einwirkung auf Carbonate nur Gase erhalten
werden, welche arm an Kohlensäure sind. Außerdem geht auch die Bildung der Sulfitlauge
infolge der Beimischung der Luftgase sehr langsam vor sich.
-
Das nachstehend beschriebene. neue Verfahren der Sufitlaugenherstellung
unterscheidet sich von allen bisherigen dadurch, daß man die S02haltigen Gase nicht
unmittelbar auf das Carbonatgestein einwirken läßt, sondern zunächst eine wäßrige
Schwefeldioxydlösung herstellt, deren Gehalt ausreichend ist, um beim Auflösen von
Kalkstein oder sonstigen Carbonaten in derselben unter Entwicklung von Kohlensäure
eine genügend starke Sulfitlauge zu ergeben, oder doch eine Lauge, die stark genug
ist, daß sie nachfolgend durch die aus den Kochern abgeblasenen S02-Gase auf den
notwendigen Gehalt gebracht werden kann.
-
Da die Sulfitlaugen für die Zellstoffkochung einen Gesamtgehalt von
mindestens 4 bis 5 °/a Schwefeldioxyd besitzen müssen und da ferner das Kohlensäuregas
noch einen erheblichen Gehalt an S02 mit sich fortführt, so hat man für die Herstellung
gebrauchsfertiger Laugen eine wäßrige Lösung von etwa 5 bis 6111 o Schwefeldioxydgehalt
nötig. Diese Stärke läßt sich jedoch nicht durch einfache Absorption der--Röst-
oder Schwefelverbrennungsgase in Wasser erzielen, sondern kann nur unter beträchtlichem
Überdruck hergestellt werden.-Der beim Druckabsorptionsverfahren zur Erreichung
der notwendigen Stärke der Lösung anzuwendende Druck richtet sich nach der Höhe
des S02-Gehaltes der zu verarbeitenden .Gase und nach der Temperatur des Absorptionwassers;
er ist um so geringer, je höher der S02-Gehalt der Gase und je niedriger die" Temperatur
des Wassers ist. Bei reichen Schwefelverbrennungsgasen und kaltem Wasser genügt
schon ein Überdruck von 2 bis 3 Atm., bei Röstgasen von Pyriten sind etwa q. bis
5 Atm. erforderlich. Es lassen sich naturgemäß durch Steigerung des Absorptionsdruckes
auch noch reichere S02-Lösungen erzielen, die nach Lösung von Kalk oder anderen
Basen Sulfitlaugen von höheren Gehalten ergeben, als nach dem direkten Verfahren
gewonnen werden können.
-
Es handelt sich somit nicht allein um ein neues Verfahren. der Gewinnung
von Kohlensäure, sondern auch um ein neues Verfahren der Sulfitlaugenherstellung.
- Ein besonderer Vorteil dieses Verfahrens besteht noch darin;
daß
die allmähliche Vergipsung der Kalk steinfüllung der Türme vermieden wird, weil
an Stelle der bisherigen sauerstoffhaltigen Gase nur S02-Lösungen auf den Kalkstein
zur Einwirkung kommen, welche annähernd frei von Sauerstoff sind.
-
Als Gegenwert des Kraftaufwandes für die Kompression der Gase erhält
man nicht nur eine wesentliche Vereinfachung des eigentlichen Laugenbetriebes, sondern
auch ein von Luftgasen freies Kohlensäuregas, welches nur von dem mitgeführten Schwefeldioxyd
zu trennen ist. Anstatt .der jetzt in Gebrauch befindlichen sehr hohen Kalksteintürme
erfordert die Laugenherstellung nach dem vorliegenden Verfahren nur eine einfache
und wenig umfangreiche Apparatur, wie solche beispielsweise für einen fortlaufenden
Wechselbetrieb in der Zeichnung dargestellt ist.
-
A, und AZ sind zwei innen verbleite eiserne Kessel, die durch die
Mannlochstutzen C, und C@ mit Kalksteinstücken gefüllt werden, welche auf Siebböden
zu ruhen kommen. Durch die mit Abschlußventilen versehenen Rohre d, und dz kann
die von der Druckabsorption kommende, unter ausreichendem Steigedruck stehende SO2-Lösung
entweder in A, oder Az eingelassen werden. Die Rohre e, und e", ebenfalls durch
Ventile schließbar, sind die Ablaßrohre für die fertige Lauge nach den Vorratsbehältern.
Bei Eintritt der unter Druck gewonnenen Schwefeldioxydlösung in die Apparate erfolgt
sofort eine stürmische Entwicklung von Kohlensäuregas, welches durch die Rohre f,
bzw. f 2 nach einem Absorber ß gelangt, der zur Absorption des von der Kohlensäure
mitgeführten SO2-Gases dient. Dieser Turm von. geringem Umfang, der nur etwa den
2o. bis 3o. Teil des Gasvolumens zu bewältigen hat, welches die jetzigen Absorptionstürme
durchströmen muß, kann entweder mit Kalksteinstücken oder, wenn man die Nachfüllung
von Carbonatgestein vermeiden will, mit Koks oder anderem säurefesten Material gefüllt
werden. Er erhält durch Rohr g Wasserberieselung, durch welche sämtliches Schwefeldioxyd
aus dem Kohlensäuregas absorbiert wird. Die reine Kohlensäure entweicht durch Rohr
k und kann zur Sicherung ihrer völligen Reinheit noch einen mit Bicarbonatlösung
gefüllten Wäscher durchlaufen, bevor sie in einen Gasometer zur Weiterverarbeitung
übergeführt wird.
-
Um einen ununterbrochenen Strom von Kohlensäure zu erzielen, erfolgt
die Laugenherstellung in den Apparaten A, und A2 im Wechselbetriebe. Während der
eine Apparat in Betrieb ist, findet die Entleerung des anderen von der fertigen
Lauge statt, erforderlichenfalls unter Nachfüllung von Kalkstein. Die aus dem Absorber
B ablaufende Lösung kann durch die Rohre und Ventile il und i, nach den Erfordernissen
des Betriebes entweder nach A, oder Az geleitet werden. An Stelle der Kesselapparate
können selbstverständlich auch mit der starken S02-Lösung berieselte Kalksteintürme
Verwendung finden.
-
Statt der unter Druck gewonnenen Schwefeldioxydlösung von genügender
Stärke könnte auch reines Schwefeldioxydgas für die Laugenherstellung unter Kohlensäuregewinnung
benutzt werden; ein solches Verfahren hat jedoch den Nachteil, daß erst das S02-Gas
aus seiner wäßrigen Lösung ausgetrieben werden muß, was nur unter erheblichem Wärmeaufwand
geschehen kann. Der Kraftaufwand für die-Absorption unter Druck läßt sich dagegen
auf einen geringen Zuschuß beschränken, wenn die Spannkraft der Abgase für den Kompressionsbetrieb
wieder nutzbar gemacht wird, besonders wenn diese vor ihrer Expansion in der Maschine
wieder erwärmt werden, etwa durch die kostenlose Hitze der Schwefelbrenner oder
sonstige Abhitze.
-
Von dem in der Patentschrift 421 725 auf Seite 3, Spalte 2 angeführten
Verfahren der Sulfitlaugenherstellung unter Druck unterscheidet sich das vorliegende
Verfahren dadurch, daß zunächst nur Schwefeldioxydlösungen von ausreichender Stärke
hergestellt werden, während nach dem erwähnten Verfahren unmittelbar fertige Laugen
aus den Röstgasen durch Einwirkung auf Carbonate unter Druck gewonnen werden, wobei
nur an Kohlensäure armes Gas entstehen kann.
-
Bei dem neuen Verfahren verlaufen die beiden Prozesse der Lösung des
Schwefeldioxyds in Wasser und der Lösung des Kalkes nicht nebeneinander in ein und
demselben Apparat, sondern werden nacheinander in getrennten Apparaten durchgeführt.
-
Bei Herstellung der gewöhnlichen Sulfitlaugen von 1,o bis 1,2 °/o
Kalkgehalt kann man nach dem neuen Verfahren auf jeden Kubikmeter Lauge etwa 7 bis
8 kg reine Kohlensäure gewinnen. .