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Verfahren zur Gewinnung von Öl aus stark wasserhaltigen Fischstoffen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Öl aus stark wasserhaltigen
Fischstoffen, vorzugsweise Fischleber, Walfett u. dgl., durch welches man Öl von
ausgezeichneten Eigenschaften in hohen Ausbeuten gewinnen kann.
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Das kennzeichnende Merkmal des Verfahrens besteht darin, daß das zerkleinerte
Rohmaterial mit wasserbindenden Stoffen, vorzugsweise wasserfreiem Natriumsulfat,
gemischt und alsdann gepreßt oder zentrifugiert wird.
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Unterwirft man fetthaltige Stoffe, z. B. Dorschleber oder Walspeck,
dem Verfahren gemäß der Erfindung, indem man das Material mit einem wasserbindenden
Stoff mischt und hierauf zentrifugiert, so kann man, wie sich gezeigt hat, eine
viel höhere Ölausbeute als bei dem üblichen bekannten Verfahren erzielen. Als Beweis
hierfür mag folgender Vergleichsversuch dienen.
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Es wurde ganz frische Fischleber in einer Fleischmühle fein vermahlen
und der erhaltene Brei gut gemischt.
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Von dieser Mischung wurden looo g allmählich im Wasserbad auf 6o°
C erwärmt, wodurch ein größerer Teil des Öles oben abgeschieden wurde. Zur noch
besseren Abscheidung (was bisher im praktischen Betrieb nicht üblich ist) wurde
die Masse zentrifugiert und das Öl abgetrennt. Die Ölausbeute betrug 375 g. Andererseits
wurden 1500 g der gleichen Mischung mit 375 9 wasserfreiem Natriumsulfat
innig gemischt. Schon nach viertelstündigem Vermischen fing das Öl an, sich oben
abzuscheiden, und die Einwirkung konnte nach x Stunde als beendet angesehen werden.
Dann folgte Zentrifugierung in der nämlichen Zentrifuge. Die Ölausbeute betrug 784
g oder 52 °j, der Leber. Das neue Verfahren liefert somit eine Mehrausbeute von
15 %.
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Als Zusatzstoffe kommen besonders solche Stoffe in Betracht, welche
das vorhandene Wasser vorzugsweise als Kristallwasser chemisch zu binden vermögen
und im übrigen nicht auf das Fett einwirken. Von den zahlreichen Stoffen, die sich
als Zusatz eignen, seien beispielsweise wasserfreies Natriumsulfat, getrocknete
Alaune, z. B. Kalialaun, gebrannter Gips und wasserfreie Soda genannt.
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Es ist selbstverständlich günstig, wenn diese Stoffe völlig wasserfrei
sind, ohne daß dies unbedingt notwendig ist. Die erwähnten Stoffe binden bekanntlich
verschiedene Mengen Wasser, Natriumsulfat z. B. etwa 126 % und gebrannter
Gips etwa 26 °/o. Bei einem Zusatz, der in Wasser erheblich löslich ist, genügt
eine solche Menge desselben, daß eine gesättigte Lösung entstehen kann. Ist der
Zusatzstoff wenig wasserlöslich, wie z. B. Gips, verwendet man so viel desselben,
daß alles Wasser als Kristallwasser gebunden wird.
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Im allgemeinen kann der Zusatz bei gewöhnlicherTemperatur erfolgen;
man beobachtet hierbei
eine geringe Selbsterwärmung, abhängig von
der Menge und der Art des Zusatzes. Diese Selbsterwärmung ist im allgemeinen günstig,
insofern als man dadurch eine Temperatur erreicht, bei der alle Bestandteile des
Öles in den flüssigen Zustand übergehen und somit durch das Schleudern mit abgeschieden
werden. Unter Umständen, zumal wenn das fetthaltige Material sehr kalt ist, oder
bei Verwendung des Zusatzes in geringen Mengen (z. B. nur io °1!o Natriumsulfat),
kann es zweckmäßig sein, durch Zufuhr künstlicher Wärme die Temperatur zu erhöhen,
und zwar entweder vor, während oder nach dem Zusatz.
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Da beim Vermischen eine chemische Reaktion eintritt; bei welcher sich
das Salz in Wasser auflöst oder kristallwasserhaltige Verbindungen zur Abscheidung
kommen, muß dafür Sorge getragen werden, daß sowohl die wasserhaltigen fetten Stoffe
wie der wasserbindende Stoff in fein verteiltem Zustand vorhanden sind. Aus dem
gleichen Grunde ist es geboten, während eines genügend langen Zeitraums innig zu
vermischen. Bei Verwendung von pulverigem Natriumsulfat pflegt i Stunde zu genügen.
Bei gröberem Material bedarf es längerer Zeit. Bleibt die Mischung längere Zeit
stehen, und zwar besonders wenn der größte Teil des vorhandenen Wassers in feste
Form übergeführt worden ist, so beobachtet man eine enzymatische Bildung freier
Fettsäure. Beim raschen Arbeiten ist diese fast gänzlich ausgeschlossen.
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Beim Vermischen von nicht ganz frischem fetthaltigem Material, wenn
also spontan etwas freie Fettsäure gebildet ist, beobachtet man, daß selbst eine
Mischung mit reichlichen Mengen Natriumsulfat die Emulsion nicht zu brechen vermag.
Dies erreicht man indessen leicht, wenn man außerdem eine ganz geringe Menge eines
schwach alkalischen Mittels hinzufügt, wie z. B. Soda.
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Beim Arbeiten in technischem Maßstabe kann das Vermischen in eisernen,
mit Rührwerk versehenen Trommeln und das Zentrifugieren in stählernen Zentrifugen
geschehen. Damit das Öl hierdurch keinen Metallgeschmack annimmt, empfiehlt es sich,
alle Metallteile mit einem Lacküberzug zu versehen, z. B. Zellstofflack.
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Bekanntlich stellt man sehr hohe Anforderungen an medizinische Leberöle
mit Rücksicht auf Geruch, Geschmack, Farbe und Haltbarkeit. In allen diesen Beziehungen
hat sich das nach der Erfindung hergestellte Leberöl dem gewöhnlichen, durch Ausschmelzen
der Leber gewonnenen Öl zum mindesten als ebenbürtig erwiesen, ja, was Haltbarkeit
betrifft, sogar als überlegen. Das gleiche gilt vom Vitamingehalt, der bekanntlich
von größter Wichtigkeit ist. Dieser Umstand findet eine einfache Erklärung darin,
daß das Öl ohne nennenswerte Erwärmung und vollständig klar und wasserfrei erzielt-
wird, und zwar in kurzer Zeit, ohne daß die Luft Gelegenheit hat, schädlich einzuwirken.
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Aus der zentrifugierten Masse kann das rückständige Öl mittels flüchtiger
Lösungsmittel oder ein etwas dunkleres Öl durch Pressen in Packpressen gewonnen
werden. Dieses Auspressen kann auch nach vorherigem Aufkochen mit Dampf und Wasser
erfolgen, wobei Öl und eine wäßrige Salzlösung ausgepreßt und ein stark stickstoffhaltiger
Rest zurückbleibt, der als Futter- oder Düngemittel verwendet werden kann.
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Aus der aus dem fetthaltigen Material und dem wasserbindenden Zusatz
resultierenden Mischung kann das Öl auch noch durch Auspressen gewonnen werden.
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Es ist zwar bereits ein Verfahren zur Gewinnung von tierischen Ölen
und Fetten bekannt, nach welchem die Rohmaterialien in einer schnellaufenden Schlagstiftmühle
bearbeitet werden, worauf die Abscheidung des Öles oder Fettes ohne Schmelz- bzw.
Preßprozeß durch einfache mechanische Maßnahmen, wie Abfiltrieren, Schleudern usw.,
vorgenommen wird.
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Es hat sich indessen gezeigt, daß durch den Zusatz wasserbindender
Stoffe vor dem Pressen oder Zentrifugieren gerade bei der Verarbeitung von Fischleber
u. dgl. ein wesentlicher technischer Vorteil erzielt wird, der insbesondere in der
Gewinnung eines Leberöles von besonders guter Haltbarkeit und von hohem Vitamingehalt
besteht.
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Es ist auch bereits ein Verfahren bekannt, nach welchem Fische oder
Teile von Fischen mit Gips vermischt und alsdann mit Hilfe von flüchtigen Fettlösungsmitteln
extrahiert werden. Ebenso ist es in der Fettanalyse üblich, die zu extrahierenden
Stoffe vor dem Extraktionsvorgang zu trocknen, damit das Extraktionsmittel in innige
Berührung mit dem vorhandenen Fett gebracht wird. Das vorhandene Wasser würde natürlich
das Eindringen des Fettlösungsmittels in den zu extrahierenden Stoff verhindern.
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Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich aber darum, das 0I
oder Fett durch Zentrifugieren oder Pressen von den festen Bestandteilen des fetthaltigen
Materials zu trennen. Wenn wasserreiche feste Materialien in Pressen oder Schleudern
behandelt werden, wird sich das Öl zusammen mit Wasser ausscheiden. Das vorhandene
Wasser hindert nicht das Abtrennen des Öles, es hat vielmehr die entgegengesetzte
Wirkung. Wenn das Material vor dem Pressen oder Zentrifugieren aber getrocknet würde,
wäre gerade zu befürchten, daß die Menge des ausgeschiedenen Öles vermindert würde,
weil eine erhebliche Menge von Öl durch Adsorptionswirkung in der getrockneten Masse
festgehalten wird.