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Verfahren zur stufenweisen Hydrierung von Anthrachinon und seiner
Abkömmlinge Die Überführung des Anthrachinons in Anthron (Anthranol) ist bisher
nur auf dem Wege seiner Behandlung mit Phosphor und Jodwasserstoff oder Zink und
Salzsäure gelungen, während die Herstellung von Tetra-und Oktohydroanthranol überhaupt
noch nicht möglich war.
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Es wurde nun gefunden, daß sich Anthrachinon in Gegenwart von Katalysatoren
mit Hilfe von Wasserstoff leicht zu den genannten Produkten reduzieren läßt. Die
Aufnahme des Wasserstoffs erfolgt bei dieser Art der Hydrierung, wie sich überraschenderweise
zeigte, stufenweise, so daß man, je nachdem man eine geringere oder größere Menge
Wasserstoff zur Absorption gelangen läßt, in der Lage ist, eine Reihe wichtiger,
zum größten Teil bisher überhaupt noch nicht zugänglicher Reduktionsprodukte des
Anthrachinons zu gewinnen. Die katalytische Reduktion des Anthr achinons führt zunächst
mit praktisch quantitativer Ausbeute zum Anthron; läßt man jedoch noch weitere Mengen
Wasserstoff einwirken, so erhält man Tetrahydroanthranol. Bei Anwendung eines größeren
Überschusses von Wasserstoff gelangt man schließlich zum Oktohydroanthranol, während
als Endprodukt der Reduktion Oktohy droanthracen erhalten werden kann.
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Für die Reduktion eignen sich die üblichen Hydrierungskatalysatoren;
besonders glatt jedoch verläuft das Verfahren bei Benutzung der im Patent
369 374 beschriebenen Mischungen.
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Auch Derivate des Anthrachinons, wie z. B. Alkyl-, Oxy-, Nitr o-,
Aminoanthrachinon, Naphthanthrachinon usw., lassen sich in der beschriebenen Weise
leicht hydrieren. Selbstverständlich kann man zwecks Gewinnung der höher hydrierten
Verbindungen an Stelle von Anthrachinon auch von dessen primären Hydrierungsprodukten,
z. B. Anthron oder Tetrahydroanthranol, ausgehen.
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Die in den Annales de Chemie et de Physique (8), Bd.16 (igo9), S.89
beschriebene katalytische Hydrierung beschränkt sich auf Chinone der Benzolreihe
und unterscheidet sich grundsätzlich von vorliegendem Verfahren dadurch, daß die
Aufnahme von Wasserstoff nur zu der Bildung der entsprechenden Hydrochinone führt,
während nach vorliegendem Verfahren zunächst die Anthranolstufe und dann je nach
der angewandten Menge Wasserstoff noch weitere Hydrierungsstufen erreicht werden.
Dieses
Verhalten von Anthrachinon und seinen Derivaten bei der katalytischen Hydrierung
konnte aus den bei den Chinonen der Benzolreihe bekannten Hydrierungsresultaten
nicht vorausgesehen werden. Auch von dem Verfahren des Patents. q.6123, ist das
Verfahren der vorliegenden Erfindung grundslätzlich verschieden. Unterwirft man
Anthrachinon und seine Derivate dem Verfahren des Patents q.61232, so werden Wasserstoffatome
an die Seitenkerne angelagert, während die mesoständigen Sauerstoffatome im Molekül
unverändert bleiben; es werden also Hydrierungsprodukte der Tetrahydroanthrachinon-
bzw. Oktohydroanthrachinonstufe erhalten.
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Bei dem Verfahren der vorliegenden Erfindung dagegen verläuft die
Hydrierung ganz anders; schön als erstes Hydrierungsprodukt erhält man einen Körper
der Anthranol- bzw. Anthronstufe unter Ersatz eines mesoständigen Sauerstoffatoms
durch Wasserstoff, während die Seitenkerne noch unverändert bleiben, die dann in
den weiteren Phasen der Hydrierung hydriert werden. Man erhält also nur Körper,
die nach dem Verfahren genannter Patentschrift nicht entstehen.
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Der besondere Vorteil des Verfahrens vorliegender Erfindung besteht,
wie bereits oben hervorgehoben, darin, daß man den Hydrierüngsprozeß mit den berechneten
Mengen Wasserstoff vor sich gehen lassen und die Reaktion' bei jeder gewünschten
Stufe festhalten kann, so daß man die Hydrierungsprödukte leicht in reinem Zustande
isolieren Kann. Infolge dieses großen praktischen Vorteils bedeutet das vorliegende
Verfahren auch gegenüber der Veröffentlichung in Comptes rendus 139 (190q.), S.
6o5 einen. technischen Fortschritt, demgemäß Anthrachinon unmittelbar bis zum Grundkohlenwasserstoff,
dem Oktohydroanthracen, reduziert wird.
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Die Produkte des Verfahrens sollen vor allem als Ausgangsmaterialien
zur Herstellung von Farbstoffen dienen und, soweit sie nicht selbst therapeutisch
verwertbar sind, zur Gewinnung solcher Produkte Verwendung finden. Beispiel i 104
Teile Anthrachinon werden in gleichen Teilen Amylalkohol, ebenso kann man auch D
ekahydronaphthalin, Dimethylanilin usw. als Lösungsmittel anwenden, gelöst und durch
Zusatz eines Nickel-Kobalt-Kupfer-Katalysators bei etwa 15o° im Autoklauen mit Wasserstoff
behandelt, bis q. Atome Wasserstoff aufgenommen sind, eine Reaktion, welche im Verlaufe
weniger Minuten beendet ist. Der Anfangsdruck im Autoklauen beträgt etwa 3o Atmosphären
und sinkt bis auf etwa 2 Atmosphären. Der einen gelben Kristallbrei vorstellende
Autoklaveninhalt wird abgesaugt und erschöpfend mit heißem Alkohol ausgezogen. Versetzt
man die eingeengte alkoholische Lösung mit etwas Wasser, so kristallisiert beim
Erkalten ein bereits fast reines Produkt, welches nach dem Umkristallisieren aus
Alkohol den Schmelzpunkt des reinen Anthrons (163 bis 165°) zeigt. Die, Ausbeute
ist nahezu theoretisch.
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Zum gleichen Resultat gelangt man, wenn man- Anthranol selbst als
Verdünnungsmittel verwendet und beispielsweise folgendermaßen verfährt 5ö0 Teile
Anthranol werden in einem Rührautoklaven zum Schmelzen gebracht. Zu der Schmelze
werden eine hinreichende Menge auf Bariumsulfat niedergeschlagenes Kupfercarbonat
und alsdann 50o Teile Anthrachinon hinzugegeben. Nach Schließung des Autoklauen
wird Wasserstoff bei etwa 20o° unter Druck eingeführt, bis die nötige Wasserstoffmenge
aufgenommen ist. Die Aufarbeitung kann, wie oben angegeben, erfolgen. Bei der Herstellung
von Anthranol in kontinuierlichem Betrieb läßt man in diesem Fall nur einen Teil
der Schmelze aus dem Autoklauen ab und setzt die Hydrierung nach Zusatz einer entsprechenden
Menge Anthrachinon und unter evtl. Zugabe von neuem Katalysator fort. Beispiele
Man löst 52 Teile Anthrachinon in i oo Teilen Dekähydronaphthalin und führt im Autoklauen
in Gegenwart eines aus Nickeleisen-und Kupfercarbonat bestehenden Katalysators die
Hydrierung bei 16o bis i70' durch, bis die 8 Atomen Wasserstoff entsprechende Menge
aufgenommen ist: Zweckmäßig arbeitet-man mit einem Wasserstoffdruck, der im Beginn
etwa 5o Atmosphären beträgt. Zur Durchführung des Verfahrens genügt aber auch schon
ein geringer überdruck von i bis 2 Atmosphären. Nun verdünnt man mit Äther, filtriert
die gelbrote Flüssigkeit vom Äther ab und extrahiert sie mehrmals mit Alkali. Aus
der alkalischen Lösung wird durch Säuren das Tetrahydroanthranol ausgefällt, welches
nach dem Umkristallisieren aus Ligroin schwach gelbliche Kristalle vom Schmelzpunkt
1ö8° bildet. Die neue Verbindung löst sich leicht in Alkalien, liefert eine Benzoylverbindung
vom Schmelzpunkt 142', eine Acetylverbindung vom Schmelzpunkt iog°, ein Monobromsubstitutionsprodukt
vom Schmelzpunkt 123° und kuppelt leicht mit Diazoverbindüngen. Sie wird mittels
Eisessig-Chromsäure zu: dem von S c h r ö t e r (B er. 57 [192q.], S. 2014) erhaltenen
Chinon oxydiert.
Beispiel 3 L.äßt man die in Beispie12 beschriebene
Hydrierung so lange vor sich gehen, bis die. einer Aufnahme von 12 Atomen entsprechende
Menge Wasserstoff verbraucht ist, löst alsdann die Reaktionsmasse in Äther und filtriert
noch warm vom Katalysator ab, so gewinnt man dann durch Erkalten der teilweise eingeengten
Lösung etwa 65% der theoretischen Ausbeute an reinem Oktohydroanthranol. Die eingedampfte
Lauge liefert bei Behandlung mit Alkohol und Wasser neben etwas Oktohydroanthracen
nochmals: etwa 20% Oktohydroanthranol. Die neue Verbindung schmilzt bei 124G, ist
farblos, in Allmli schwer löslich, liefert eine bei 52' schmelzende Acetyl- und
eine bei 125° schmelzende Benzoylverbindung. Das Monobromderivat schmilzt bei 123G.
Bei der Oxydation mit Eisessig-Chromsäure erhält man ein gelbes Chinon vom Schmelzpunkt
18o'. Beispiel ¢ Ersetzt man das in den Beispielen i bis 3 benutzte Anthrachinon
durch Abkömmlinge desselben, so erhält man unter Einhaltung der gleichen Arbeitsbedingungen
die entsprechenden Hydrierungsprodukte. So wird aus 1, 4-Dimethylanthrachinon in
erster Phase 1, 4-Dimethylanthranol erhalten, das aus Alkohol in farblosen Nadeln
vom Schmelzpunkt 112' kristallisiert und sich am Licht rötlich färbt. Bei weiterer
Hydrierung erhält man ein 1, 4-Dimethyltetrahydroanthranol (aus PL-troläther in
weißen langen Nadeln vom Schmelzpunkt 104 bis 1o6'), dann ein 1, 4-Dimethyloktohydroanthranol
(farblose Nadeln aus Ligroin, Schmelzpunkt 83 bis 8¢') und schließlich den entsprechenden
Kohlenwasserstoff.
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In gleicher Weise läßt sich aus 1-Methylanthrachinon ein a-Methylanthranol
(aus Dekalin in blaßgelben Nadeln vom Schmelzpunkt 127'), aus 2-Methylanthrachinon
ein (3-Methylanthranol herstellen, das ein Gemisch der beiden bekannten" Methylanthranole
darstellt. Aus 1, 3-Dimethylanthrachinon wird in gleicher Weise ein Dimethylanthranol
(farblose Nadeln aus Eisessig vom Schmelzpunkt 119') erhalten.
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Bei Verfolgung derselben Arbeitsweise lassen sich aus Oxy- bzw. Aminogruppen
enthaltenden Anthrachinonabkömmlingen die entsprechenden hydrierten Verbindungen
der verschiedenen Stufen herstellen. So wird aus 1-Amino-2-metllylanthrachinon durch
Zufuhr von ¢ Atomen Wasserstoff ein einheitliches Aminomethylanthranol erhalten,
das - aus Alkohol in gelben Kristallen vom- Schmelzpunkt 117' kristallisiert.
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Man erhält das gleiche Produkt, wenn man vom 1-Nitro-2-methylanthrachinon
ausgeht und mit einer 1 o Atomen entsprechenden Menge Wasserstoff behandelt.
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Aus 2-Oxyanthrachinon entsteht zunächst Oxyanthranol, das durch weitere
Wasserstoffaufnahme schließlich in das Oktohydroderivat übergeführt wird, das durch
Kristallisation aus Benzol in farblosen Nadeln vom Schmelzpunkt 165" erhalten wird.
Beispiel 5 Verwendet man statt des in Beispiel 1 bis 3 benutzten Anthrachinons als
Ausgangsprodukt das Tetral-2, 3-anthrachinon (Ber. 5 ¢ [1921], S. 2244), so entsteht
zunächst Tetral-2, 3-anthranol (2, 3-Tetramethylenanthranol) (gelbliche Nadeln aus
Benzol vom Schmelzpunkt 141'). bei weiterer Wasserstoffanlagerung 2, 3, 6. 7-bis-
Tetramethylen-a-naphtb o1 (aus Eisessig gelbliche Nadeln vom Schmelzpunkt 159"),
das der Formel
entspricht. Bei weiterer Hydrierung werden dann entsprechend der dem Reaktionsgemisch
zugeführten Wasserstoffmenge höher hydrierte Kohlenwasserstoffe in folgender Reihenfolge
erhalten Tetrahydronaphthacen (aus Toluol grünlichgelbe Blättchen vom Schmelzpunkt
235'), Oktohydronaphthacen (aus Benzol, in welchem es schwer löslich ist, in farblosen
Blättchen vom Schmelzpunkt 17q.'), Dekahydronaphthacen (durch Destillation und nachfolgende
Kristallisation aus Alkohol in farblosen Nadeln vom Schmelzpunkt 82').
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Die drei letztangeführten Kohlenwass,erstoffe entsprechen wahrscheinlich
folgenden Konstitutionsformeln