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Verfahren zur Herstellung von Trockenhefen für medizinische und pharmazeutische
Zwecke Die steigende Beachtung, die der Hefe als Therapeutikurn entgegengebracht
wird, ist begründet sowohl durch die Vollwertigkeit ihrer Stickstoffsubstanz, die
sämtliche Bausteine enthält, deren der tierische Organismus bedarf, dann aber durch
die Mannigfaltigkeit und den Reichtum an Fermenten und Vitaminen, so daß die Hefe
als Heilmittel nicht nur die Mängel einseitiger Ernährung mit an sich insuffizienten
Nährstoffen rasch und gründlich zu beheben bzw. zu verhindern vermag, sondern auch
zur mittelbaren Bekämpfung organischer Krankheiten und Funktionsstörungen vielfach
Anwendung findet.
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Wenn trotzdem die Hefe in ihren verschiedenen Dauerformen sich als
Therapeutikum und Kräftigungsmittel bei Schwächezuständen sowie als Ergänzungsstoff
nur geringen Eingang verschafft und wenig Beliebtheit gefunden hat, so liegt dies
in erster Linie an den mangelhaften und die komplizierte Zusammensetzung des Hefeorganismus
wenig berücksichtigenden Aufbereitungsmethoden, die es verabsäumen, die Hefe von
ihren nutzlosen und unangenehmen Ballaststoffen zu befreien.
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Die meisten Trockenpräparate des Handels werden in der Weise gewonnen,
daß der mehr oder minder stark mit gewöhnlichem oder alkalischem Wasser gewaschene
Hefebrei, kurzerhand in gewöhnlichen Trockenapparaten oder auf Trommeltrocknern
ausgetrocknet und das Trockengut nach passender Mahlung und Siebung zum Verkauf
gebracht wird.
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Hierbei wird nicht berücksichtigt, daß die Hefezelle empfindliche
Phosphatide, Fett und Extraktivstoffe enthält, die bei dieser Behandlungsweise tiefgebende
Veränderungen erleiden und Geruch und Geschmack dieser Zersetzungsprodukte dem ganzen
Präparat aufdrängen. Infolgedessen besitzen alle Trokkenpräparate des Handels einen
mehr oder minder ausgesprochenen, teils käsigen, teils faden fleischextraktartigen
bzw. würzigen Geschmack, der an sich in einer Würze nicht weiter beanstandet würde,
wohl aber dann, wenn er einem Präparat anhaftet, das ein diätisches Medikament darstellt,
möglichst neutral und, in b@ezug auf die Geschmacksnerven, indifferent sein muß.
In der Tat hat es sich denn auch herausgestellt, daß durch halbstündige Behandlung
derartiger Trockenpräparate des Handels mit verdünntem 65- bis 7oprozentigem Weingeist
bei Temperaturen von 6o bis 65° bis zu 2o % übelriechende, aus Fett, Fettsäuren,
Lecithinen und sonstigen undefinierbaren stickstoff-, ,phosphor- und schwefelhaltigen
Anteilen bestehende Extraktivstoffe herauszulösen sind, die allem Anschein nach
durch Zersetzung der in reichlicher Menge in der Hefezelle enthaltenen Nukleinsubstanzen
entstehen, im Zellgerüst verbleiben und die wertvollen Eiweißstoffe verunreinigen.
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Diese Beobachtungen sind um so wichtiger, als Trockenhefen für therapeutische
Zwecke von hohem Wert sind und ihnen im Arzneischatz ein dauernder Platz eingeräumt
wird (s. diesbezüglich S a b a 1 i s c h k a : Hefe;
präparate als
Pillengrundmasse, Pharm. Ztg. 1922, S.555, Heinz-Erlangen: »Pillen und Tabletten
mit stomachischer Grundlage«, Münch. med. Wochenschrift 1923, S. 176,
M a
s s a t s c h: »Zur Kenntnis der Hefepräparate unter Berücksichtigung ihrer Aufnahme
in das Arzneibuch«, Pharm. Ztg. i 92'5,
S. i937, Schöninger: »Trockenhefe
und Hefeextrakt für mediz. und pharm. Zwecke«, Pharm. Ztg. i925, S. 596, Grö,nb
erg: »Zerfall von Pillen, bereitet mit Genomasse«, Pharm. Ztg. 1926, S.55).
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Unter solchen Umständen muß aber ganz besonders darauf geachtet werden,
nicht nur wirksame, sondern auch in bezug auf Geruch und Geschmack einwandfreie
Produkte zu schaffen.
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Bei Bearbeitung dieser Aufgabe hat es sich herausgestellt, daß es
mittels verdünntem Spiritus überraschend leicht gelingt, bei der vorstehend geschilderten
Behandlungsweise jene verunreinigenden Bestandteile auch den frischen Hefen zu entziehen
und auf diese Weise nach dem Trocknen geschmacklich in jeder Beziehung leinwandfreie
Produkte zu erzielen.
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- Beispiel: i kg frische, gut abgepreßte Naßhefe von nachfolgender
Zusammensetzung
Feuchtigkeit....... 76,68 |
Trockensubstanz ... 23,32 ° |
Stickstoff in der Trockensubstanz. . . . 9,75 °j9 |
Eiweiß .... 60; 900/0 |
Esche .... 8,z0 °/o |
wird mit 2 1 mit Holzgeist denaturiertem Spiritus von 95 % übergossen und 1/2 Stunde
lang bei 55 bis 65° C im Dampfbad erwärmt. Innerhalb dieser Zeit zergeht der Hefekuchen
allmählich in der Flüssigkeit zu einem homogenen, dünnflüssigen Brei, während die
darüberliegende Flüssigkeit sich gelb bis: hellbraun färbt. Der Hefebrei. wird nunmehr
auf der Nutsche abfiltriert, zweimal mit wenig Sprit nachgewaschen, gut ausgepreßt,
durch ein Sieb gedrückt und das Produkt erst bei 65 bis 70
' 2 bis 3 Stunden
und hinterher bei gewöhnlicher Temperatur ausgetrocknet.
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Zur Entfernung der letzten. Spuren. des Lösungsmittels hat sich als
zweckmäßig herausgestellt, das gewonnene Hefepulver kurze Zeit (i bis 2 Stunden)
auf höhere Tempieraturen, beispielsweise auf i So bis 16o° anzurösten. Bekömmlichkeit
und Wohlgeschmack des Endproduktes werden durch. diese Behandlungsweise nicht nur
nicht beeinträchtigt, sondern noch erhöht, auch, bleibt überraschenderweise die
den Vitaminen der Hefesubstanz eigentümliche Wirkung dem in der geschilderten Weise
behandelten Endprodukt erhalten, wie an Tauben, die durch ausschließliche Ernährung
mit poliertem Reis beri-berikrank gemacht wurden, nachgewiesen werden konnte.
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Aus i kg frischer Bierhefe wurden erhalten:
Trockenhefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2o2 g |
Lecithinartige, acetonunlösliche |
phosphorhaltige Stoffe . . . . . . . . . 59 |
Phosphor- und schwefelhaltiges |
Trockenextrakt . . . . . . . . . . . . . . . 239 |
Rohfett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39 |
Für die Anwendbarkeit des Verfahrens bleibt es unbenommen, das feuchte Hefegut vor
der Spiritusbehandlung in sonst zweckmäßig erscheinender Weise beispielsweise durch
Vortrocknen irn: Vakuum oder auf Trokkentrommeln ganz oder teilweise zu -entwässern
und hinterher das Trockengut mit Spiritus zu behandeln.
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Die Behandlung der Hefe mit Spiritus, Äther oder Aceton ist, wie sich
aus den Berichten der Deutschen chemischen Gesell-. Schaft Jahrgang 33/190o
S. 3775 u. ff. sowie aus der deutschen Patentschrift 135 535 ergibt, bekannt,
doch handelt es sich bei den dortselbst beschriebenen Arbeitsbedingungen um - die
Herstellung gärwirksamer steriler Dauerhefen, die- zwar durch kurze Einwirkung des
Lösungsmittels bei- gewöhnlicher Temperatur abgetötet werden, in- ihren enzymatischen,
zuckervergärenden Eigenschaften aber nicht weiterbeeinträchtigt werden. Abgesehen
davon, daß solche Hefen für die hier vorgesehenen Zwecke unbrauchbar sind, kommen
die Arbeitsmethoden ihrer Kostspieligkeit wegen praktisch überhaupt nicht in Betracht.
Bei der in den Berichten angegebenen Ar. beitsweise werden beispielsweise für :25o
g frische Bierhefe 3 1 abs. Spiritus und i1/2 1 Äther, in der Patentschrift 135
535 gier noch für die gleiche Menge Hefe 21 Aoeton und zum Nachwaschen Alkoholäther
verwendet. In der Beschreibung dieser Patentschrift wird ausdrücklich darauf hingewiesen,
daß denaturierter Spiritus seines penetranten Geruches wegen nicht verwendet werden
könne.
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Demgegenüber sei nochmalshervorgehoben, daß bei dem neuen Verfahren
die Herstellung gärunwirksamer, für medizinische und pharmazeutische Zwecke aber
noch geeigneter Hefesubstanz beabsichtigt wird, bei einer Arbeitswelse, die den
praktischen Verhältissen nach jeder Richtung Rechnung trägt. Mit Holzgeist denaturiexter
Spiritus kostet etwa 3o Rpf. je Liter, so daß angesichts des erzielten Effektes
die praktisch bei der Betriebs: mäßigen Herstellungsweise vorkommenden Verluste
an Extraktivstoffen nicht weiter ins Gewicht fallen.
In der englischen
Patentschrift 25 ioi/i898 wird ein Verfahren beschrieben, wonach Hefe auf geeignete
Nährpräparate verarbeitet werden soll. Zu diesem Zweck wird die vorgereinigte und
abgepreßte Hefe mehrere Stunden auf 85" erhitzt, wodurch die Sprengung der
Zellwände und Austritt der Zellflüssigkeit erreicht wird, die auf Trock enextrakt
verarbeitet wird. Um den Geschmack dieser Produkte zu verbessern, wird der Patentschrift
das hergestellte Extrakt vor seiner Austrocknung mit Alkohol gefällt, der Niederschlag
abgepreßt, getrocknet und gepulvert.
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Das Verfahren der vorliegenden Erfindung ist hiermit nicht identisch.
Die Herstellung von Extrakten wird nicht beabsichtigt, auch wird nirgends in dieser
Patentschrift das Abrösten der Hefe auf 15o bis 16o° vorgeschlagen. Handelt es sieh
demnach schon um zwei gänzlich verschiedene Verfahren, so muß weiter berücksichtigt
werden, daß die Entfernung gewisser Verunreinigungen aus einem Extrakt durch Ausfällung
der gewünschten Stoffe mit Spiritus ein wesentlich anderes Verfahren darstellt,
als das Herauslösen von Verunreinigungen aus der Zelle ohne weitere Schädigung ihres
Gefüges oder Schädigung therapeutisch wichtiger Bestandteile.
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Ebensowenig berührt das Verfahren der englischen Patentschrift 26985/1897
das vorliegende Verfahren, da es sich gemäß Zeile 5 und ff. der Beschreibung sowie
nach den Ansprüchen um die Umwandlung der Hefe in Extrakte oder vegetabilische Peptone
handelt, deren Herstellung im Falle vorliegender Erfindung gar nicht beabsichtigt
wird. Die in Zeile 5 S.2 des englischen Patents beschriebene Spiritusbehandlung
wird auch lediglich mit Rücksicht auf die weitere Reinigung der hergestellten Extrakte
und zur Fällung der Peptone vorgesehen, wie sich dies aus den nächstfolgenden Zeilen
leicht entnehmen läßt.
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Im wesentlichen befindet sich der Inhalt dieser Patentschrift auch
in der deutschen Patentschrift 142 302 angegeben, wie sich aus den Zeilen
29 und ff. S. i der Beschreibung ergibt. Das Verfahren gemäß der Patentschrift
137 643 ist ebenfalls abwegig und berührt das neue Verfahren nicht. Wie sich
aus S. i, Sp. 2, Zeile 8 ergibt, werden nur ganz geringe Mengen 2 bis 5 0;o Lösungsmittel
in Anwendung gebracht mit dem Zweck, eine völlige Verflüssigung der Hefe unter Ausscheidung
ihres Protoplasmas zu erzielen, wobei Alkohol ausdrücklich als ungeeignet bezeichnet
wird (s. S. i, Sp. i, Z. 19).
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Schließlich wird in der Patentschrift 244 285 ein Verfahren beschrieben,
um Hefe in aromatisch riechende und Röstaroma besitzende Trockenpräparate zu verwandeln
dergestalt, daß gewöhnliche abgepreßte Hefe ohne jegliche Vorbeltandlung auf Temperaturen
von ioo° abgedarrt wird. Daß diese Behandlungsweise für die Zwecke vorliegender
Erfindung ungenügend ist. wurde oben in der Beschreibung bereits erwähnt und ausdrücklich
darauf hingewiesen, daß die Abröstung der mit Alkohol vorbehandelten Hefe bei Temperaturen
von i 5o bis 16o° vorgenommen werden muß.