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Einrichtung zum Breitschlichten und Verfestigen von Kunstseideketten
Den Gegenstand der Erfindung betrifft eine Einrichtung zum Breitschlichten und Verfestigen
von Kunstseideketten auf Kettenschlichtmaschinen.
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Bisher wurden beim Schlichten von Kunstseideketten auf der Kettenschlichtmaschine,
'ähnlich wie beim Schlichten baumwollener Ketten, zum Auftragen der Schlichte die
Kunstseideketten unmittelbar zwischen im Schlichtetrog umlaufenden Quetschwalzen
oder über eine Eintauchwalze und durch ein nicht angetriebenes Quetschwerk geführt,
daraufhin getrocknet und unter Spannung aufgebäumt.
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Dieses bekannte Schlichten von Kunstseidenketten hatte jedoch oft
zur Folge, daß die Webketten nach dem Färben glanzstreifig 'wurden, denn die Trocknung
der Kunstseidenkette unter Spannung verändert infolge der sogenannten Trockendehnung
sowohl die Dehnbarkeit der Kunstseidenfäden in der Längsrichtung als auch die Quellbarkeit
derselben. Diese Veränderungen werden zwar beim nachfolgenden Färben durch Quellung
im Wasser und nachfolgendes Trocknen ohne Spannung zu einem erheblichen Teile wieder
ausgeglichen, jedoch nur insoweit, als die vorausgegangene Trockendehnung gleichmäßig
erfolgte. Nachdem aber in der Schlichtmaschine das Trocknen unter Spannung erfolgt
und die Kunstseidenfäden durch <las bisherige Schlichten unregelmäßige Quellungen
erfahren, treten in den Kunstseidekettenfäden unregelmäßige Spannungen auf, die
in der Fertigware nach dem Färben als Glanzstreifen oder sogenannte »boldribge Stellen«
kenntlich sind.
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Demgegenüber ist erfindungsgemäß die Einrichtung zum Breitschlichten
so ausgebildet, daß die Kunstseidenfäden zum Tränken mit Schlichte durch ein Naßstreckwerk
.geführt werden, wobei dieselben eine Naßdehnung erfahren.
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Bei der neuen Einrichtung werden die Fäden der Kunstseidenketben für
das Auftragen der Schlichte durch ein oberhalb des Schlichttroges angeordnetes Einzugswalzenpaar
eingezogen, das von einem in der Drehgeschwindigkeit veränderlichen Wechselgetriebe
angetrieben wird, und dann über die Tauchwalze im Schlichtetrog geführt und durch
ein von demselben Wechselgetriebe angetriebenes Abzugswalzenpaar abgezogen und .ausgequetscht.
Durch Verringerung der Drehgeschwindigkeit der Einzugswalzen gegenüber den Abzugswalzen
erfahren die Kettenfäden die beabsichtigte Naßde#hnung, deren Größe der jeweiligen
Art der behandelten Kunstseide entsprechend eingestellt ist.
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Es besteht bei der Kunstseide ein :grundsätzlicher Unterschied zwischen
Dehnung im trocknen und Dehnung im nassen Zustande. Der naßgedehnte Kunstseidenfaden
erfährt eine sogenannte plastische Dehnung, die eine 'bleibende Längung bis auf
etwa 17 % ergibt. Die mechanische Einwirkung des Naßstreckwerkes im Schlichttrog
verleiht dem Kunstseidenfaden außerdem andere mechanische
und .färberische
Eigenschaften, was am auffallendsten in der charakteristischen Zunahme der Festigkeit,
der sogenannten Verfestigung, zutage tritt, die insbesondere noch durch die Art
des Auftragens der Schlichte für das Zusammenkleben der einzelnen Kunstseidenfäden
beträchtlich erhöht wird. Die geänderten mechanischen und färberischen Eigenschaften
des naßgedehnten Kunstseidenfadens bewirken insbesondere, daß das nachfolgende Trocknen
und Aufwickeln der Kettenfäden .auf dem Webbaum unter Spannung die schädlichen Einflüsse
der Trockendehnung aufheben, wodurch die Glanzstreifen oder die boldrigen Gewebestellen
vermieden werden. Weiterhin können sich die Kunstseidefäden beim Anfeuchten im Schlichttrogge
nicht bündelförmig zusammendrehen, da mit der neuen Einrichtung die einzelnen Kunstseidefäden
durch die zwischen denn Einzug- und Abzugwalzenpaar zwangsläufig eingestellte Streckspannung
in ihrer Einzellage gespannt :gehalten werden.
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Auf der Zeichnung ist eine zur Erzielung dieser Naßdehnung der Kunstseidenketten
beim Schlichten geeignete Schlichteinrichtung in einem Ausführungsbeispiel dargestellt,
und zwar zeigt Abb. i die Einrichtung im Aufriß in schematischer Darstellung und
Abb. a dieselbe im Grundriß, wobei nur die zum Verständnis erforderlichen Teile
der Schlichtmaschine dargestellt sind.
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Im Scherbaumgestell i ist der Scherbaui z lose drehbar gelagert. Der
am Eingang der Schlichtmaschine hinter dem Scherbaumgestell befindliche Schlichttrog
6 ist aus Kupfer hergestellt und besitzt am Boden ein Ablaßrohr und einen Hahn zum
Ablassen des Schlichtrestes. Vor denn Einlauf des Troges 6 ist die untere kupferne
Einzugswalze 7 in der Gestellwand 5 drehbar gelagert, die durch. das von der Hauptwelle
3 aus angetriebene Wechselgetriebe 4 zwangsläufig gedreht wird. Die obere mit einem
elastischen Überzug versehene Preßwalze 8 ist lose drehbar in der Gestellwand 5
gelagert und drückt durch ihr Eigengewicht auf die untere Einzugswalze 7, von der
sie in.Drehung versetzt wird. Die kupferne Eintauchwalze 9 ist in einer nicht gezeichneten
heb- "und senkbaren Lagerung gelagert, um die Eintauchtiefe beliebig regeln züi
können. Im Schlichttrog 6 ist weiterhin in Lagern der Gestellwand die unterekupferrne
Quetschwalze io drehbar gelagert und wird vom gleichen Wechselgetriebe 4 in entsprechend
regelbarem Übersetzungsverhältnis zur Einzugswalze 7 angetrieben, während die obere
mit einem Filzmantel überzogene kupferne Quetschwalze i i auf die untere Quetschwalze
io drückt und durch eine nicht gezeigte Exzenterabhebevorrichtung in bekannter Weise
abhebbar ist.
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Die Einrichtung der Trockenkammer ist bei den Kunstseideschlichtmaschinen
bekannt, daher auf der Zeichnung weggelassen. Ebenso dient zum Aufwickeln der Kette
die bekannte Aufbäumvorrichtung mit Gleitkupplung.
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Die Wirkungsweise der vorbeschriebenen Einrichtung ist folgende: Die
kunstseidenen Kettfäden i z werden zwischen dem Einzugwalzenpaar 7, 8 hindurchgeführt
und zwangsläufig vom Scherbaum 2 abgezogen, indem die untere Einzugwalze 7 durch
das Wechselgetriebe 4 angetrieben wird; darin werden die Keafäden durch die Eintauehwalze
9 in die im Trog 6 befindliche Schlichte so weit eingetaucht, daß die Fäden. eine
für das Weben hinreichende Menge Schlichte aufnehmen. Weiterhin wird die Kette zwischen
den beiden Quetschwalzen io, ii hindurchgeführt und dadurch, daß die untere Quetschwalze,
ebenfalls durch das Wechselgetriebe 4 angetrieben, ungefähr zur Hälfte in den Schlichttrog
eintaucht, wird nochmals Schlichte in reichlicher Menge den Kettfäden zugeführt.
Durch den Auflagedruck der oberen mit Filz überzogenen Quetschwalze i i auf die
untere Quetschwalze io wird die überflüssige Schlichte aus dem mit Schlichte getränkten
Kettfäden ausgequetscht; die abgequetschte Schlichte läuft auf der unteren Quetschwalze
i o über die einlaufenden Kettfäden hinweg in den Trog zurück, wodurch diese .außerdem
mit Schlichte bedeckt werden. Hierbei arbeiten die beiden zwangsläufig durch das
regelbare Wechselgetriebe 4 angetriebenen Walzenpaare 7, 8 und io, i i als Streckwerk,
.indem das Abzugsquetschwalzenpaar i o, i i eine etwas größere Umfan,g.sgeschwindigkelt
erhält als das Einzugswalzenpaar 7, 8, wodurch infolge Verzugs den .nassen, mit
Schlichte bedeckten IC-unstseidefäden zwischen den beiden Walzenpaaren eine Streckung
erteilt wird. Durch Auswechslung der Zahnräder des Wechselgetriebes 4 kann nun der
Verzug bzw. die Naßdehnung jedesmal entsprechend der jeweiligen Kunstseidenart .geregelt
werden, so daß die Naßdelmung für jede Kunstseidenart genau bestimmt werden kann.
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.Das Trocknen der Kette .geschieht in derselben Weise wie bei den
bekannten Kunstseiden-Breitschlichtmaschinen. Die von dem Abzugswalzenpaar io, i
i kommenden Kettfäden werden entweder in Trockenkammern über Skeletttrommeln geführt
und luftgetrocknet, oder aber über Heizkörper oder geheizte Stahlwalzen geleitet
und unter Spannung am Webbaum aufgewickelt, dessen Gleitkupplung die Spannung der
Kettfäden regelt.
Durch die Regelbarkeit des Naßstreckwerkes im
Schlichttrog kann der Verzug desselben auf die der betreffenden Kunstseidenart entsprechende
Naßdehnungeingestellt werden, ohne daß jeweils die Reißgrenze der Kunstseide überschritten
wird. Die Regelbarkeit des Streckwerkes ist daher wichtig für feinfädige Kunstseide,
deren Reißfestigkeit sehr gering ist. Für Acetatseide, deren Naßdehnung geringer
ist als die der Viskoseseide, wird das Verzugsverhältnis ebenfalls geringer sein
müssen, so daß dasselbe nahezu i : i eingestellt werden kann.