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Verfahren zur Gewinnung von Aceton aus Schlempe oder ähnlich zusammengesetzten
Produkten In der französischen Patentschrift 57:2 047 ist ein Verfahren zur
Gewinnung von Aceton neben Stickstoffverhindungen und öligen Produkten aus Melasse,
Schlempe und ähnlich zusammengesetzten Ausgangsstoffen beschrieben, welches darin
besteht, daß die stickstoffhaltigen Stoff e zusammen mit Kalk oder anderen alkalischen
Stoffen unter Anwendung eines starken Vakuums der trockenen Destillation unterworfen
werden. Als Vorteile dieses Verfahrens nennt die Patentschrift: i. Die Erzielung
hoher Ausbeuten an stickstoffhaltigen Verbindungen, 2. die Gewinnung wertvoller
'Nebenprodukte, wie Aceton und stickstofffreier öliger Stoffe, 3. die Möglichkeit,
bei niedrigeren als den bisher üblichen Temperaturen zu destillieren und die hierdurch
bedingten Vorteile mit Bezug auf die Vorrichtung u. dgl. (vgl. a. a. 0.,
S.
i, Zeile 2o bis 35).
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Bei der praktischen Durchführung dieses älteren Verfahrens hat sich
herausgestellt, daß die Ausbeuten an Aceton aüßerordentlichen Schwankungen unterlagen,
und zwar auch in solchen Fällen, in welchen die Ausbeuten an stickstoffhaltigen
Produkten ziemlich gleich blieben.
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Eingehende Untersuchungen haben -nun ergeben, daß die Höhe der Acetonausbeuten
in außerordentlichem Maße abhängig ist von der Menge des angewendeten Kalkes und
außerdem von der Höhe der Arbeitstemperatur, welche, wie festgestellt wurde, 6oo'
nicht überschreiten darf.
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Die Verhältnisse seien nachstehend an einigen Vergleichsbeispielen
näher erläutert: i. Eine Destillationsabfallschlempe von einer Dichte von 1,4 und
einer Azidität von o,45 01" auf Schwefelsäure berechnet, wurde durch Zusatz von
o,2-5 Of, an gelöschtem Kalk neutralisiert und bei Temperaturen unterhalb 6oo' destilliert.
In dem Destillat war Aceton nur in Spuren nachweisbar.
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2,. Dieselbe Schlempe wurde mit 5o % ihres Gewichtes an gelöschtem
Kalk versetzt und unter gleichen Bedingungen destilliert. Ausbeute an Stickstoffverbindungen
(Ammoniak und Aminen) 2,25 %, an Aceton 0,710/0.
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3. Dieselbe Schlempe wurde mit ioo 14
ihtes Gewichts
an gelöschtem Kalk versetzt und unter den gleichen Bedingungen, wie bei den Versuchen
i und 2 destilliert. Ausbeute an Sfickstoffverbindungen 2,5I#lo, an Aceton 1,520
' /o-Diese Versuche zeigen, daß eine Schlempe, welche in Anlehnung an frühere
bekannte Vorschläge mit Kalk neutralisiert war, praktisch überhaupt kein Aceton
lieferte, daß die gleiche Schlempe bei 5oprozentigem Kalkzusatz, d. i. das
Zweihundertfache der zur Neutralisation erforderlichen Menge, bereits nennenswerte
Acetonausbeuten, nämlich
0371 Olo, lieferte, und daß
bei iooprozentigem Kalkzusatz die Acetonausbeute 1,52 0/", also mehr als das Doppelte
wie ' bei Versuch 2, betrug, während die Ausbeute an Stickstoffverbindungen
bei Versuchen 2 und 3 praktisch die gleiche geblieben ist, also durch Kalkzusatz
über 5o 0/0 hinaus nicht mehr erhöht werden konnte.
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Auf Grund vorstehender Feststellungen empfiehlt es sich, den Kalkgehalt
im allgemeinen so zu bemessen, daß er zwecks Erhöhung der Ausbeute an Aceton mehr
als 5o '/,» eine Menge, die zur Erzielung von Höchstausbeuten an Stickst:offverbindungen
im allgemeinen ausreichend ist, vorteilhaft z. B. bis zu ioo l)/,) und mehr beträgt,
während weiterhin die Temperaturen unterhalb 6oo', vorzugsweise bei etwa 500', zu
halten sind.
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Unter diesen Bedingungen erzielt man, wie in größerem Maßstab durchgeführte
Dauerversuche ergeben haben, gleichbleibend hohe Ausbeuten an Aceton neben den höchst
erreichbaren Ausbeuten an Stickstoffverbindungen.
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Es ist zwar in der französischen Patentschrift als Vorteil des dort
beschriebenen Verfahrens die Anwendbarkeit von Destillationstemperaturen erwähnt,
welche unter den bisher üblichen liegen. Demgegenüber beruht die Erfindung auf der
neuen Doppelerkenntnis, daß zwecks Erzielung gleichmäßig hoher Acetonausbeuten einerseits
die Anwendung außerordentlich hoher Kalküberschüsse erforderlich ist, während andererseits
die Arbeitstemperaturen unterhalb bestimmter, zahlenmäßig festgelegter Grenzen,
nämlich unterhalb 6oo', zu halten sind.
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Es ist verschiedentlich vorgeschlagen worden, Schlempe und ähnliche
Stoffe vor der Destillation mit Zusätzen von Kalk zu versehen. In Patentschrift
14 433 ist z. B. einleitend ein Verfahren erwähnt, gemäß welchein Ätzkalk eingedampfter
Melasseschlempe zugesetzt und das Gemisch der Trockendestillation unterworfen wird.
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Nach der Patentschrift T3 871 sollen z. B. ioo Gewichtsteile
eingedickter Melasseschlempe mit 25 Gewichtsteilen Torf und 3 Gewichtsteilen
Ätzkalk vermischt werden. Aus derartigen Angaben konnte die Erfindung, gemäß welcher
durch kombinierte Anwendung außerordentlich großer Kalküberschüsse, von Temperaturen
unterhalb 6oo' und starkem Vakuum (z.B. 6omm Quecksilber) hohe Acetonausbeuten erzielt
werden, keinesfalls entnommen werden. Bei Zusatz von nur 3 Gewichtsteilen
Ätzkalk auf ioo Gewichtsteile eingedickte Schlempe nach der Patentschrift 13 871
kann man z. B. selbst bei Einhaltung aller übrigen, für den Erfolg der Acetonbildung
wesentlichen Bedingungen, nämlich tiefe Temperaturen und starkes Vakuum, nur Acetonausbeuien
von etwa o,i2 %
erzielen, während, wie oben erwähnt, bei iooprozentigem Kalkzusatz
Acetonausbeuten von z. B. 1,5:2 % und mehr erzielbar sind.
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Wie zahlreiche Untersuchungen der Erfinderin ergeben haben, wird das
nach vorliegendem Verfahren gewinnhare Aceton aus dem in Schlempen und ähnlichen
Stoffen vorhandenen Betain gebildet. Die Herstellbarkeit von Aceton aus Detain ist,
soweit festgestellt werden konnte, neu. Es ist insbesondere in den zahlreichen Veröffentlichungen
über die Trockendestillation von Schlempe u. dgl. niemals darauf hingewiesen worden,
daß man durch Einhaltung bestimmter Arbeitsbedingungen aus dem Betain wertvolles
Aceton in wirtschaftlich bedeutungsvollen Mengen gewinnen kann. Wenn man die in
den verschiedenen Staaten a11jÄhrlich vexarbeiteten außerordentlich großen Mengen
von Schlempe u. dgl. in Betracht zieht, so erhellt ohne weiteres, daß durch die
erfindungsgemäß ermöglichte Gewinnung beträchtlicher Acetonmengen neben Höchstausbeuten
an wertvollen stickstoffhaltigen Verbindungen die Technik und Wirtschaft erheblich
bereichert worden ist.
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Es hat sich im Verfolg des neuen Verfahrens als vorteilhaft erwiesen,
die z. B. auf 38' B# konzentrierte Schlempe vor dem eigentlichen Destillationsvorgang
mit Kalk o. dgl. zu vermischen. Der Mischvorgang kann z. B. bei Temperaturen von
etwa iooo durchgeführt werden. Hierdurch wird das Schäumen und übersteigen der Masse,
welches sich bei unmittelbarer Destillation von Schlempe u. dgl. häufig bemerkbar
macht, weitgehend vermieden. Es hat sich weiterhin als zweckmäßig erwiesen, bei
dem Mischvorgang außer Kalk noch Zusätze von z. B. Calciumearbonat oder von mineralischen
Rückständen vorhergegangener Destillationsvorgänge zu machen. Hierdurch werden Überhitzung
und unerwünschtes Schäumen während des Mischvorganges vermieden. Beispiel ioo
kg Schlempe von 410 B6, enthaltend 3,71 % Gesamtstickstoff, wer#den
mit ioo kg
pulverisiertem Kalk innig gemischt und das Gemisch unter starkem
Vakuum, z. B. 65 bis 75 nim Quecksilber, allmählich bis auf eine Temperatur
von etwa 58o bis 6ooo gebracht. Nach Beendigung der Trockendestillation werden erhalten
7,65 kg Teer, 35 kg einer wässerigen Lösung, welche Ammoniak und Amine
mit einem Gesamtstickstoffgehalt von 8,63 %, entsprechend 3,o2
kg
wiedergewonnenem Stickstoff (= 3,02 '/, der
angewendeten
Schlempe) enthält, 1,56 kg
Aceton und 0,35 kg Acetonöl.