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Verfahren zum messen der Übertragungsgüte von Fernmeldeleitungen Anordnungen
zum Messen der Dämpfung von Fernmeldeleitungen sind bereits bekannt. Eine solche
Anordnung wird beispielsweise in einem Aufsatz von F. H. B e s t im Journal of the
American Institute of Electrical Engneers, Februar r924, Seite 141 ff ., insbesOndere
A:b!b. 9, beschrieben. Sie beruht darauf, daß auf einer Sendestation von einem Tonfrequenzgenerator
ein Sprechstrom bestimmter Frequenz und Amplitude in die Fernleitung hineingeschickt
wird. Auf der Empfangsstation befindet sich ein zweiter Generator, :der einen Strom
von derselben Frequenz und Amplitude liefert. Dieser Strom wird zunächst über eine
Kunstleitung von konstanter großer Dämpfung geschickt und die Spannung am Ende der
IC-uns:tleitung mittels eines Röhrenvoltmeters. angezeigt. Das Röhrenvoltmeter wird
so eingestellt, daß das Anzeigeinstrument genau bis zur Mitte der Skala ausschlägt.
Sodann wird mit der Fernleitung eine Eichleitung veränderlicher Dämpfung in Reihe
geschaltet und das eingestellte Röhrenvoltmeter an das Ende dieser Eichleitung gelegt.
Die Dämpfung der Eichleitung wird nun so lange verändert, bis das Röhrenvoltmeter
denselben Ausschlag wie anfangs anzeigt. Dann soll die Summe der Dämpfungen der
Fernleitung und der veränderlichen Eichleitung gleich der konstanten und bekannten
Dämpfung der Kunstleitung sein.
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Dieses bekannte Verfahren ist ziemlich umständlich. Sein wesentlicher
Nachteil besteht darin, daß, wie eine einfache Überlegung zeigt, für eine genaue
Messung die Charakteristik der Fernleitung gleich der Charakteristik 4er Kunstleitung
konstanter Dämpfung und gleich der Charakteristik der verändeT-lichen Eichleitung
sein ruß. Die in dem genannten amerikanischen Aufsatz beschriebene Apparatur wurde
so eingerichtet, daß es möglich war, wahlweise drei Charakteristiken, nämlich 6oo
Ohm, r2oo Ohne und r8oo Ohm, einzustellen. Diese drei Werte sind aber nur Mittelwerte
der am häufigsten. gebrauchten Leitungstypen. Tatsächlich weicht die Charakteristik
einer Leitung im allgemeinen von diesen Werten mehr oder weniger stark ab. Außerdem
ist der Scheinwiderstand einer jeden Leitrang noch von der Frequenz abhängig. Daher
sind namentlich bei Verwendung von höheren Sprachfrequenzen die Messungen mit Fehlern
behaftet, die von den Abweichungen zwischen den Charakteristiken
der
zu messenden Leitung und der Kun,stleitung und: Eichleitung herrühren.
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Sowohl in der Abhandlung von F. H. B e s t als auch in der österreichischen
Patents,chrüft 95 62o (s. daselbst Seite i, Zeile 29) müssen die Widerstände, die
in der Patentschrift mit 4 bzw. 4.' bezeichnet sind, möglichst klein gewählt wenden.
im Vergleich zu der Charakteristik der Fernleitung (unter Charakteristik ist nach
B r e i s,i g »Theoretische Telegraphie«, 2.Auflage, Braunschweig, Iß2¢. Seite 313,
der
Wellenwiderstand
zu verstehen), und zwar deswegen, weil bei sonst glienchen Verhältnissen das Meßresultat
um so ungenauer wird, je größer diese Widerstände werden, da für ;größere Werte
ihrer Impedanz das Potential an den Klemmen dieser Widerstände nicht mehr unabhängig
von der Impedanz der zu untersuchenden Leitung ist. Sind nun aber die Widerstände
hinreichend klein, so fließt der weitaus größte Teil dies S#eikundärstromes .der
Transformatoren 3 bzw. 3' über diese Widerstände; das bedeutet weiterhin, daß ein
großer Prozentsatz ,der von den Generatoren gelieferten Wechselstromenergie nutzlos
in den Widerständ ien 4 und 4' vernichtet wird. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit,
den Wechselstromgeneratoren i lyzw. i' eine sehr viel größere Leistung zu entnehmen,
als man an und für sich für die Messung benötigte. Steht nun andererseits die maximal
abgebbare Leistung der Generatoren von vornherein fest, und ist ferner diie Amplitude
des Meßstromes vorgeschrieben (was erforderlich ist, da infola der verwendeten Pupinspulen
und Verstärker das Fortpflanzungsrnaß einer Fernleitung nicht unabhängig von der
Amplitude ist), so ist damit ein Mindestwert für die Widerstände q. bzw. 4' bestimmt,
unter den man nicht heruntergehen kann. Dadurch ist aber, wie oben gezeigt, zwangsweise
ein gewisser, nicht zweiter zu vermindernder, grundsätzlicher Fehler im Meßresultat
gegeben.
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Demgegenüber wird gemäß der Erfindung eine Schaltung benutzt, die
es ermöglicht, für jede Charakteristik der Leitung .in einfachster Weise genaue
Werte zu messen, wobei die zur Fernleitung bzw. der Eichleitung parallel geschalteten
Widerstände ungefähr dieselbe Größenordnung haben wie die Leitungscharakteristik
selbst.
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Eine beliebige Fernleitung läßt sich bekanntlich (vgl. z. B. F. B
r e i s i g, »Theoretische Telegraphie«, 2. Auflage, Braunschweig, I924, § 262 und
§ 266) als linearer Vierpol auffassen. Ein solcher Vierpol sei in der Abb. i schematisch
dargestellt, und zwar bezeichne V den Vierpol, der mit einem Widerstand 9 abgeschlossen
sein möge. _Ia, 2, _5e, %e seien die Ströme und Spannungen am Anfang und Ende des
Vierpols. Dann gelten für den linearenVierpol in komplexer Schreibweise die Gleichungen:
- 21123, m. ,1 21g. 5e + (E 2e#l Hierin sind die Konstanten 2#, VI2, 2, (1 in den
in Betracht kommenden Fällen durch die Gleichung A=f-,%z-2(i-+z miteinander verknüpft.
Das elektrische Verhalten des Vierpols ist somit durch die Angabe dreier komplexer
Konstanten vollkommen bestimmt. Statt der unanschaulichen Konstanten 21,,
91, S'$, (S kann man drei andere Konstanten 2Q, 2e, g einführen. Für diese
gelten die Gleichungen:
Von diesen Konstanten ist g=b+ja das Fortpflanzungsmaß, dessen reeller Teil b das
Dämpfungsmaß und dessen imaginärer Teil a das Winkelmaß heißt. & ist die vom
Anfang a aus und 2e die vom Ende e aus gemessene Charakteristik des Vierpols. Von
der Charakteristik eines Vierpols ist sein Scheinwiderstand (d. h. das Verhältnis
von Spannung zu Strom) zu unterscheiden.
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& läßt sich durch Messung folgendermaßen bestimmen: mißt man von
a aus den Scheinwiderstand ,Cal, wenn der Vierpol bei e offen ist, und den Scheinwiderstand
Uak, wenn der Vierpol bei e kurzgeschlossen ist, so ist und analog ist
Für einen Vierpol wird sein Scheinwiderstand von einem Ende aus gemessen mit wachsendem
Dämpfungsmaß b weniger empfindlich gegen den Abschluß des Vierpols am anderen Ende
und nähert sich mehr und mehr dem Wert der zu dieser Seite gehörigen Charakteristik
des Vierpols.
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Wird ein Vierpol etwa auf der Seite e mit einem Widerstand abgeschlossen,
der gleich ist, so wird der von a aus gemessene Scheinwiderstand gleich 2, also
gleich der zur Seite a gehörigen Charakteristik. Wird umgekehrt ein Vierpol auf
der Seite a mit einem Widerstand abgeschlossen, der gleich
ist,
so wird der von e aus gemessene Scheinwiderstand gleich Es sei der Vierpol auf der
Seite e mit 2,C = 2e abgeschlossen, und es seien für diesen Fall .5d, !3Q, 5e, ß,
die Ströme und Spannungen am Anfang und Ende des Vierpols, so folgt aus (i) und
(2)
Hierin ist e die Basis der natürlichen Logarithmen, und es seien die lateinischen
Buchstaben die Beträge der entsprechenden komplexen Größen.
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Ein zur Mitte symmetrischer Vierpol (vgl. F. B r e i s i g a. a. O.,
Seite 352) wird definiert durch die Gleichung 1211 = 21'. (4) Dann wird nach (i)
bis (3)
Wenn auch in vielen Fällen die Fernleitungen zur Mitte symmetrisch sind, so werde
doch der Allgemeinheit wegen im folgenden ein unsymmetrischer Vierpol den Betrachtungen
zugrunde gelegt. Es ergeben sich die für einen symmetrischen Vierpol geltenden Vereinfachungen
dann fast unmittelbar.
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Abb. z stellt eine beispielsweise Ausführungsform des Verfahrens gemäß
der Erfindung dar, die im einzelnen noch mannigfach abgeändert werden kann. RTG,
und RTG, seien zwei Tonfrequenzgeneratoren, die sinusförmige Wechselströme liefern.
RTG, befinde sich auf der Sendestation, RTG2 auf der Empfangsstation. Zweckmäßigerweise
werden die beulen Generatoren durch geschützte Übertrager RUe, und RUe, abgeschlossen.
Zwei Strom- (oder Spannungs-) Messer A1 und A2 gestatten, die Stromstärke (oder
Spannung) der von den beiden Generatoren gelieferten Ströme auf dieselbe Amplitude
einzustellen. Die Empfangsstation ist mit der Sendestation durch die zu messende
Fernleitung verbunden, deren Vierpolkonstanten 2C" ff, 2, 1
seien. Die beiden
Charakteristiken der Leitung seien bekannt oder zuvor durch Messungen bestimmt,
und zwar zeige die Leitung von der Sendeseite aus gemessen die Charakteristik 2"
und von der Empfangsseite aus gemessen die Charakteristik 9e. Der reelle Teil b
von g soll durch die Schaltung gemäß der Erfindung bestimmt werden. Zu diesem Zwecke
wird erfindungsgemäß, parallel zu dem Beginn a" b, der Fernleitung, ein Widerstand
R gelegt. Ein Teil des von RTG, gelieferten Wechselstromes durchfließt die Fernleitung,
die auf der Empfangsseite durch einen veränderlichen Widerstand U abgeschlossen
ist, der erfindungsgemäß jeweils gleich Q, gemacht wird.
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Es wird nun beispielsweise ein Spannungszeiger von unendlich hohem
inneren Widerstand, also etwa ein Röhrenvoltmeter G an den veränderlichen Widerstand
U gelegt und der Ausschlag des Zeigers abgelesen. Der Spannungsabfall über U braucht
dabei seiner wirklichen Größe nach nicht bekannt zu sein. RTG, liefert einen Strom,
der mittels des Stromzeigers AZ oder eines Spannungszeigers auf dieselbe Amplitude
wie der von RTG, gelieferte Strom eingestellt wird. Er fließt über den Ringübertrager
RUe, in eine Eichleitung E, deren Dämpfung veränderlich sei. Als Eichleitung wird
man der Einfachheit halber in der Regel ein symmetrisches Gebilde wählen, d. h.
die Eingangscharakteristik der Eichleitung gleich ihrer Ausgangscharakteristik machen
und außerdem diese Charakteristik reell wählen. Am einfachsten geschieht dies dadurch,
daß man die veränderliche Eichleitung aus rein Ohmschen Widerständen zusammensetzt.
Die reelle Charakteristik der Eichleitung sei gleich W. Es steht aber grundsätzlich
nichts im Wege, die Eichleitung auch unsymmetrisch oder- ihren Wellenwiderstand
bzw. ihre Wellenwiderstände komplex zu machen.
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Parallel zum Eingang der Eichleitung zwischen den Punkten a2, b2 liegt
ein veränderlicher, komplexer Widerstand S. Die Eichleitung E- wird durch einen
festen Widerstand T abgeschlossen, der erfindungsgemäß gleich der Charakteristik
W der Eichleitung gemacht wird. (Für den Fall einer unsymmetrischen Eichleitning
istTgleich der Ausgangscharakteristik der Eichleitung zu machen.) Ferner wird erfindungsgemäß
R gleich W (für den Fall einer unsymmetrischen Eichleitung gleich der Eingangscharakteristik
der Eichleitung) gemacht und S jeweils gleich 2" eingestellt. Die Dämpfung b, der
veränderlichen Eichleitung E wird so lange verändert, bis der Spannungsanzeiger
an dem Ab schlußwi:derstand T der Eichleitung dieselbe Spannung anzeigt wie an dem
Abschlußwiderstand U der Fernleitung. Es kommt hierbei
nur darauf
an, daß die beiden Spannungen einander gleich sind. Ihre absolute Größe selbst braucht
-dabei nicht bekannt zu sein.
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Wegen des Abschlusses der Fernleitung mit U=P, ist der Scheinwiderstand
der Fernleitung, von der Sendestation aus gemessen, gleich 2Q. Da parallel zu dem
Beginn der Fernleitung der Widerstand
R z---
W liegt, so ist der gesamte
zwischen den Punkten a, b, liegende Widerstand
Ist der durch A1 fließende Strom seinem Betrag nach gleich To, so herrscht zwischen
den Punkten a1, b1 ein Spannungsabfall, dessen Betrag
ist. Ist V, der Betrag der Spannung am Ende der Fernleitung, so ist nach Gleichung
(3a)
Wegen des Abschlusses der Eichleitung mit T==
W ist der Eingangsscheinwiderstand
der Eichleitung ebenfalls gleich W. Da überdies S==2" ist, so ist der gesamte zwischen
den Punkten a2, b2 liegende Widerstand
Fließt durch das Instrument A2 ein Strom, der seinem Betrag nach .ebenfalls gleich
f, ist, so ist der Betrag des Spannungsalbfalles zwischen den Punkten a2,
b2
Wie man unmittelbar sieht, ist daher
Va' == Va-
Ist Ve der Betrag der
Spannung am Ende der Eichleitung, so gilt nach Gleichung (3a) die BeziehunL-
wenn bi die eingestellte Dämpfung der Eichleiheng ist. Da nun, wie oben nachgewiesen,
I',;' gleich Va ist, und da außerdem die Eich-
leitung so eingestellt wurde, daß V" gleich |
Ve' ist, so erhält man |
# Z" eb - eb@ |
Z, |
oder |
b- bl-l@2V Z" |
Ze |
Ist die Fernleitung symmetrisch, so wird |
Za=I |
@Ze |
und .damit |
e =e1. |
also |
b-bl. |
Man sieht hieraus, daß es mit dem Verfahren gemäß der Erfindung möglich ist, ohne
weiteres in strenger und höchst einfacher Weise die Dämpfung b der Fernleitung zu
bestimmen, sobald & und 9e bekannt sind.
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Anstatt auf Gleichheit der Spannungen an den Abschlußwiderständen
der Fernleitung und der Eichleitung einzustellen, kann man natürlich auch auf Gleichheit
der durch dieAbschlußwiderstände fließenden Ströme einstellen.