DE4443147A1 - Korrosionsbeständiger Werkstoff für Hochtemperaturanwendungen in sulfidierenden Prozeßgasen - Google Patents
Korrosionsbeständiger Werkstoff für Hochtemperaturanwendungen in sulfidierenden ProzeßgasenInfo
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- C22—METALLURGY; FERROUS OR NON-FERROUS ALLOYS; TREATMENT OF ALLOYS OR NON-FERROUS METALS
- C22C—ALLOYS
- C22C14/00—Alloys based on titanium
Description
Gegenstand der Erfindung ist eine Legierung, die eine sehr hohe Korrosionsbe
ständigkeit in sogenannten reduzierenden, sulfidierend wirkenden Umgebungen bei
Temperaturen bis zu mindestens 700°C besitzt. Diese Atmosphären werden in ver
schiedenen Bereichen der Chemie, Petrochemie und thermischen Abfallentsorgung
sowie der Energietechnik angetroffen und sind gekennzeichnet durch niedrige
Sauerstoffpartialdrücke, beispielhaft im Bereich von 1·10-³⁴ bis 1·10-²⁷ bar,
und z. B. H₂S-Gehalten von bis zu 1 Vol.-% und höher (Ullmann′s Encyclopedia of
Industrial Chemistry, Bände A12, S. 169-306 und A18, S. 52-99, VCH Verlag, Wein
heim 1989 und 1991). Beispiele für Prozesse, in denen solche Atmosphären vor
liegen, sind die Destillation und die Vergasung von Teer und Schwerölrückstän
den, die Vergasung von Kohle sowie die Vergasung von (Sonder-)Müll (B. Glaser,
M. Schütze, F. Vollhardt: Werkstoffe und Korrosion 42 (1991) 374-376). Bisher
werden als Werkstoffe in diesen Verfahren niedriglegierte warmfeste sowie
hochlegierte Chrom-Nickel-Stähle für die metallischen Komponenten der Anlagen
eingesetzt (H.M. Ondik, B.W. Christ, A. Perolff: Contruction Materials for Coal
Conversion; Performance and Properties Data; - National Bureau of Standards;
Washington, DC; USA; 1982 und Veröffentlichungsband "Corrosion Resistant Mate
rials for Coal Conversion Systems"; Applied Science Publishers LTD, London,
England, (1982)). Aufgrund der ungenügenden Korrosionsbeständigkeit dieser
Werkstoffe in den genannten Atmosphären liegen die Werkstofftemperaturen im
Betrieb in der Regel unter 400°C, und als Folge der starken Korrosionserschei
nungen müssen die Komponenten teilweise nach Betriebszeiten in der Größenord
nung von einem Jahr durch neue ersetzt werden. Die Metallabtragsraten, die
unter diesen Bedingungen in den Anlagen beobachtet werden, nehmen oft Größen
ordnungen von 1 mm pro Jahr an. Da in zunehmendem Maße die Wärmerückgewinnung
in entsprechenden Anlagen eine wesentliche Rolle spielt, ist es notwendig, ge
eignete Wärmetauschereinrichtungen in die Prozesse zu integrieren. Unter die
sem Gesichtspunkt sind möglichst hohe Werkstofftemperaturen an den Wärmetau
scherflächen erstrebenswert, um einen hohen Wirkungsgrad zu erzielen. Bishe
rige Versuche, als Wärmetauscherwerkstoff keramische Werkstoffe einzusetzen,
sind aufgrund deren Sprödigkeit sowohl in Form von Struktur- als auch von Be
schichtungswerkstoffen gescheitert. Die intermetallischen Titanaluminidwerk
stoffe (Übersicht über diese neue Werkstoffgruppe in Y.-W. Kim, Journal of
Materials, July 1989, S. 24-30) bieten sich dagegen aufgrund ihrer zwischen
den metallischen und den keramischen Werkstoffen liegenden Eigenschaften als
Werkstoffe für den Einsatz unter diesen Bedingungen an, ohne die genannten
Zähigkeitsprobleme aufzuweisen.
Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe bestand darin, einen Werkstoff zu
entwickeln, der in den eingangs genannten Umgebungen bei deutlich höheren Tem
peraturen ohne massiven Korrosionsangriff eingesetzt werden kann, als dies mit
den bisher verwendeten technischen Werkstoffen möglich war.
Die Lösung der Aufgabe geschieht grundsätzlich mit den Merkmalen aus dem kenn
zeichnenden Teil des Patentanspruchs 1. Vorteilhafte Ausführungsformen sind in
den Unteransprüchen 2-10 beschrieben.
Der Grundgedanke der Erfindung besteht darin, daß ein Werkstoff in einer kor
rosiv wirkenden Umgebung bei hohen Temperaturen nur dann beständig ist, wenn
bei Reaktion mit der umgebenden Atmosphäre sehr dünne, dichte und äußerst lang
sam wachsende Korrosionsproduktschichten gebildet werden, die eine Barriere
wirkung zwischen der äußeren Umgebung und dem Metall entwickeln. Bei den bis
her in der Technik in den genannten Umgebungen eingesetzten Werkstoffen ist
dies bei Temperaturen oberhalb von 400°C und in der Regel auch bei darunter
liegenden Temperaturen nicht der Fall, da sich hier schnellwachsende Sulfide
der Elemente Fe, Cr, Ni bzw. Mischsulfide aus diesen Elementen bilden, vgl.
S. Mrowec, K. Przybylski: High Temp. Mat. and Processes 6 (1984), 1-79 und
H.J. Grabke: Materials at High Temperatures 11 (1993), 23-29. Hingegen wurde
gefunden, daß Titanaluminide selbst in Atmosphären mit extrem niedrigen Sauer
stoffpartialdrücken sehr dünne und dichte Oxidschichten ausbilden, die minde
stens bis zu Temperaturen von 700°C nur äußerst langsam wachsen. Der Verlauf
der Korrosion erfolgt in diesem Fall annähernd nach einem parabolischen Zeit
gesetz und die resultierenden Zunderkonstanten liegen bei 700°C nur bei Werten
von 5·10-¹⁴ g² cm-⁴ s-¹. Die entsprechenden schützenden Oxidschichten sind
theoretisch selbst bei Sauerstoffpartialdrücken von 10-⁴⁵ bar bei einer Tempe
ratur von 700°C noch stabil, vgl. A. Rahmel und P.J. Spencer, Oxidation of
Metals 35 (1991) 53-68. Sollte es dennoch zur Bildung von Sulfiden auf der
Oberfläche kommen, so zeigen die Untersuchungen, daß trotzdem die Metallab
tragsraten bei Temperaturen bis zu 700°C extrem niedrig sind.
Der Werkstoff kann sowohl als Strukturwerkstoff für Bauteile direkt verwendet
werden als auch in Form eines Beschichtungswerkstoffes auf kostengünstigen un- und
niedriglegierten Stählen. Titanaluminidlegierungen können für Strukturan
wendungen gefertigt werden in Form von feingegossenen Teilen, pulvermetallur
gisch hergestellten Teilen, Schmiedeteilen, stranggepreßten Teilen und ge
walzten Blechen, vgl. Berichtsband BMFT-Symposium Materialforschung - Neue
Werkstoffe, PLR Jülich 1994. Für die Beschichtung bieten sich Verfahren des
Plasmaspritzens an. Da die thermischen Ausdehnungskoeffizienten der Titanalu
minide und der un- und niedriglegierten warmfesten Stähle sehr nahe beieinan
der liegen, siehe J.H. Schneibel et al.: Materials Science and Engineering,
A152 (1992), 126-131 und TAPP, A Database of Thermochemical and Physical Pro
perties, ES Microware, Inc.; OH (USA), 1991, bietet sich diese Werkstoffkom
bination als Schichtverbund für Hochtemperaturanwendungen an, da beim Abkühlen
von der Betriebstemperatur keine kritischen mechanischen Spannungen in dem
Schicht/Substratverbund induziert werden, die in anderen Fällen (z. B. bei
Keramikbeschichtungen) zu einem Abplatzen der Beschichtung geführt haben. Des
weiteren folgt aus diesen Aspekten eine besonders gute Temperaturwechselbe
ständigkeit im Betrieb. Eine möglicherweise beim Spritzprozeß nicht gänzlich
zu vermeidende Porosität in der Schicht wird durch die Bildung von Korrosions
produkten aus der Reaktion mit der Umgebung unter Betriebsbedingungen ver
schlossen. Die Beschichtung wird auf diese Weise dicht gegenüber einem Durch
tritt der Gasatmosphäre von der Umgebung zum Substratmetall. Die Erfindung
wird durch die nachstehenden Beispiele erläutert.
In einem kontinuierlich durchströmten Rohrreaktor wird eine Legierung mit 51
Atom% Aluminium und 49 Atom% Titan einer sulfidierenden Gasatmosphäre mit 1
Vol.% Schwefelwasserstoff in einem Trägergas aus Argon und mit 5 Vol.% Wasser
stoff ausgesetzt. Der Reaktor wird durch einen ihn umschließenden Rohrofen
elektrisch beheizt. Bei der eingestellten Temperatur von T = 700°C beträgt
der Gleichgewichtspartialdruck des Schwefels im Reaktionsgas durch die Disso
ziationsreaktion des Schwefelwasserstoffs 1·10-⁶ bar, während der Sauerstoff
partialdruck bei einem Wert unterhalb von 1·10-²⁶ bar liegt.
Nach einer isothermen Auslagerung des Werkstoffs über einen Zeitraum von 500
Stunden beträgt die meßbare flächenspezifische Massenzunahme durch Reaktion
in der Gasatmosphäre lediglich 0,13 mg/cm², während die technisch eingesetzten
Legierungen X10CrNiTi18 9 (Werkstoff-Nr. 1.4541), Alloy 800H (X10NiCrAlTi32 20,
Werkstoff-Nr. 1.4876) und HK40 (G-X1oCrNiSi25 20, Werkstoff-Nr. 1.4848) unter
denselben Bedingungen flächenspezifische Massenzunahmen durch Sulfidierung von
über 160 mg/cm² aufweisen.
Auf den letztgenannten Werkstoffen bilden sich in der beschriebenen schwefel
haltigen Atmosphäre bereits schnellwachsende Sulfiddeckschichten von mehreren
hundert Mikrometern Dicke aus. In rasterelektronenmikroskopischen Nachunter
suchungen der Titan-Aluminium-Legierung können lediglich einzelne Kristalle
mit Abmessungen von wenigen Mikrometern auf der Probenoberfläche nachgewiesen
werden.
Somit besitzt die Legierung bei Bedingungen, unter denen kommerziell einge
setzte, hochlegierte Stähle massiv geschädigt werden, eine um bis zu drei
Größenordnungen verminderte Korrosionsgeschwindigkeit.
In der im Beispiel 1 beschriebenen Versuchsanordnung werden Titan-Aluminium-Legierungen
unterschiedlicher Zusammensetzung einer schwefelwasserstoffhalti
gen Gasatmosphäre bei erhöhter Temperatur ausgesetzt.
Neben der im Beispiel 1 genannten Legierung mit 51 Atom% Aluminium werden Pro
ben mit 50 bzw. 46 Atom% Aluminium sowie 0,8-2 Atom% Niob, 0-1,4 Atom%
Chrom und 0,1-0,2 Atom% Silizium getestet.
Als Reaktionsgas dient wiederum ein Argon/Wasserstoff-Trägergasgemisch (5
Vol.% Wasserstoff) mit 1 Vol.% Schwefelwasserstoff.
In der Praxis wirken sich betriebsbedingte Temperaturwechselbeanspruchungen von
Bauteilen besonders nachteilig auf das Korrosionsverhalten der Werkstoffe aus,
da thermisch induzierte Spannungen zu Deckschichtschädigungen und damit zur be
schleunigten Korrosion führen. Vor diesem Hintergrund wird mit Hilfe bewegli
cher Ofenhalbschalen, die sich computergesteuert öffnen und schließen, eine
thermozyklische Versuchsführung mit schnellen Abkühlvorgängen realisiert. Aus
gehend von einer oberen Haltetemperatur von T = 500°C wird das Reaktionsgas in
Zyklusintervallen von 24 Stunden jeweils auf 350°C abgekühlt und anschließend
erneut aufgeheizt. Diese Prozedur wird über eine Zeitdauer von insgesamt 504
Stunden fortgeführt. Der Gleichgewichtspartialdruck des Schwefels beträgt bei
der maximalen Temperatur von T = 500°C 3·10-⁹ bar, der Partialdruck des Sauer
stoffs liegt unter 10-³³ bar.
Nach Versuchsbeendigung betragen die flächenspezifischen Massenänderungen der
Titan-Aluminium-Legierungen 0,03-0,04 mg/cm². Bei zu Vergleichszwecken mit
ausgelagerten Stahlproben liegen die Werte zwischen 21 mg/cm² (St37, Werk
stoff-Nr. 1.0212) und 10mg/cm² (X10CrNiTi18 9, Werkstoff-Nr. 1.4541). Metallo
graphische Nachuntersuchungen der aus handelsüblichen Wärmeaustauscherrohren
entnommenen Proben zeigen, daß es unter den Reaktionsbedingungen zur Ausbil
dung sulfidischer Deckschichten gekommen ist, die sich durch die Temperaturän
derungen mehrfach vom Substrat abgelöst und somit jegliche Diffusionsbarriere
wirkung verloren haben. Auf den Oberflächen der Titan-Aluminium-Legierungen
können im Rasterelektronenmikroskop selbst bei einem Vergrößerungsfaktor von
4500 keine äußeren Korrosionsprodukte gefunden werden.
Die getesteten Legierungen auf der Basis von Titan und Aluminium weisen somit
in sulfidierender Gasatmosphäre auch unter Temperaturwechselbeanspruchung eine
hervorragende Korrosionsbeständigkeit auf.
Claims (10)
1. Werkstoff für Hochtemperaturanwendungen in korrosiven Prozeßgasen, dadurch
gekennzeichnet, daß der Legierungsgehalt an Aluminium von 22 Atom% bis 56
Atom% beträgt, während der verbleibende Gehalt größtenteils aus Titan be
steht, wodurch auch in Umgebungen mit hohen Schwefel- und niedrigen Sauer
stoffpartialdrücken (sogenannte reduzierende, sulfidierend wirkende Umge
bungen) eine hohe Beständigkeit gegen Korrosionsangriff sowohl unter iso
thermer als auch unter Temperaturwechselbelastung erzielt werden kann.
2. Werkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Legierung als
Strukturwerkstoff für Bauteile bei Werkstofftemperaturen bis 700°C in soge
nannten reduzierenden, sulfidierend wirkenden Umgebungen eingesetzt wird.
3. Werkstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Legierung als
Beschichtungswerkstoff bei Werkstofftemperaturen bis 700°C in sogenannten
reduzierenden, sulfidierend wirkenden Umgebungen eingesetzt wird.
4. Werkstoff nach Anspruch 1 und 2 oder Anspruch 1 und 3, dadurch gekenn
zeichnet, daß die Legierung noch weitere Elemente enthält, wobei der Alu
miniumgehalt in den Grenzen von Anspruch 1 liegt, während der Titangehalt
entsprechend reduziert ist.
5. Werkstoff nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Legierung
bis zu 7 Atom% Niob enthält.
6. Werkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekenn
zeichnet, daß die Legierung bis zu 3 Atom% Chrom enthält.
7. Werkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekenn
zeichnet, daß die Legierung bis zu 2 Atom% Silizium enthält.
8. Werkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekenn
zeichnet, daß die Legierung bis zu 7 Atom% Wolfram enthält.
9. Werkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekenn
zeichnet, daß die Legierung bis zu 7 Atom% Molybdän enthält.
10. Vorbehandlung des durch die vorhergehenden Ansprüche beschriebenen Werk
stoffes, dadurch gekennzeichnet, daß durch Voroxidation in Luft oder reinem
Sauerstoff bei Werkstofftemperaturen von 600 bis 1350°C eine Oxidschicht
aufgebracht wird, deren maximale Dicke 20 µm beträgt und die die Korro
sionsbeständigkeit weiter erhöht, wobei sich die Voroxidationsdauer aus
der jeweiligen Kinetik bei der Voroxidationstemperatur ergibt.
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