DE4313975A1 - Immunisierungsmittel und Affinitätschromatographie-Trägermaterial - Google Patents
Immunisierungsmittel und Affinitätschromatographie-TrägermaterialInfo
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Konjugat aus einem Po
lymerträger mit einem Antigen zur Immunisierung des menschli
chen oder tierischen Körpers, zur Gewinnung menschlicher oder
tierischer Antikörper oder zur Behandlung benigner oder malig
ner Tumore. Die Erfindung betrifft ferner ein Affinitäts
chromatographie-Trägermaterial, welches ein Konjugat aus einem
Polymerträger mit einem Biomolekül enthält.
Die Bildung biochemischer Komplexe wird in weiten Bereichen
der Technik angewandt, reichend von der chemischen bzw. bio
chemischen Analytik über die Gewinnung und die Reinigung von
Biomolekülen bis hin zur Behandlung von Krankheiten durch Mit
tel, die eine Bildung eines biochemischen Komplexes hervorru
fen. Als solche biochemischen Komplexe sind beispielsweise zu
nennen die Komplexe zwischen Antikörper und Antigen, zwischen
Enzym und Substrat, zwischen Nucleotidsequenz (DNA oder RNA)
und komplementärer Nucleotidsequenz, zwischen Lektin und Koh
lenhydrat, zwischen Rezeptor und Hormon sowie anderen Rezep
tor-Ligand-Komplexen. Bei dieser Komplexbildung wird die au
ßerordentlich spezifische Affinität mindestens eines Partners
des Komplexes mit einem oder mehreren anderen Komplexpartnern
zur Komplexbildung ausgenutzt, d. h. die Fähigkeit, sich gegen
seitig zu erkennen und miteinander in Wechselwirkung zu tre
ten.
Als eine Technik in der chemischen bzw. biochemischen Analytik
und in der Gewinnung und Reinigung von Biomolekülen, wobei die
genannte biospezifische Affinität zwischen passenden Komponen
ten eines biochemischen Komplexes ausgenutzt wird, hat insbe
sondere die Affinitätschromatographie große Bedeutung erlangt.
Eine umfassende Beschreibung dieser Affinitätschromatographie
technik wird in folgenden Übersichtsartikeln und -büchern ge
geben: Trends in Biochemical Sciences, Bd. 9, Seite 44 bis 48
(1984); "Analytical Biochemistry", Bd. 124, Seiten 372 bis 379
(1982); "Affinity Chromatography", Upsala: Pharmacia 1974;
Chaiken: "Analytic Affinity Chromatography", Boca Raton CRC
Press 1988; Cooper: "Biochemische Arbeitsmethoden", Seiten 122
bis 241, Berlin: de Gruyter 1981; Dean et al.: "Affinity
Chromatography - A Practical Approach", Oxford: IRL Press,
1985; Kirk Othmar (3.) Bd. 6, Seiten 35 bis 54.
Für die Durchführung der Affinitätschromatographie ist es not
wendig, einen der Komplexpartner auf einem festen Träger zu
immobilisieren, um somit ein Affinitätssorbens als stationäre
Phase für das Trennverfahren bereitzustellen. Hierfür wurde
insbesondere der Weg über eine kovalente Bindung des
Komplexpartners an Trägermaterialien wie Dextran, Poly
acrylamide oder Agarose gewählt. Mit Bromcyan aktivierte Aga
rose (Sepharose™) reagiert insbesondere mit primären Amino
gruppen, die sehr häufig in Biopolymeren vorkommen, unter Aus
bildung kovalenter Bindungen. Andere aktivierte Träger enthal
ten Thiol- oder Epoxygruppen. Kleine Liganden werden häufig
über Brückenglieder, den sogenannten Spacern, die Kohlenwas
serstoff-Ketten mit 6 bis 8 Kohlenstoffatomen aufweisen, z. B.
1,6-Diaminohexan oder 6-Aminohexansäure, an die Trägermatrix
gekoppelt.
Diese Affinitätschromatographie-Trägermaterialien sind somit
relativ aufwendig herzustellen. Ferner kann der Nachteil auf
treten, daß das an das Trägermaterial gebundene Biomolekül
durch die kovalente Modifizierung für die Bindung an den Kom
plexpartner inaktiviert wird. Nicht-kovalente Bindungen von
Biomolekülen an Trägermaterialien haben sich bisher in der
Praxis nicht bewährt, was möglicherweise auf die schwache
nicht-kovalente Bindung dieser Biomoleküle an das Trägermate
rial zurückzuführen ist. Das Bereitstellen eines Affinitäts
chromatographie-Trägermaterials, das auch eine nicht-kovalente
Bindung zur Durchführung des Trennverfahrens zuläßt, wäre
jedoch sehr wünschenswert.
Eine spezielle biochemische Komplexbildung, nämlich die zwi
schen Antikörper und Antigen, kann für die Immunisierung von
Organismen wie des menschlichen oder des tierischen Körpers
angewandt werden. Die Bildung von spezifischen Antikörpern
stellt die Hauptwirkung des Immunsystems von Mensch und Tier
als Antwort auf die Aussetzung gegenüber einem Antigen dar.
Dabei werden Antigene durch immunkompetente Zellen erkannt,
gebunden und anschließend Antikörper-produzierenden Zellen
präsentiert. Die Antikörper-produzierenden Zellen proliferie
ren dann und sekregieren entsprechende Immunglobuline. Die da
bei ablaufenden zellulären und molekularen Mechanismen sind
gut bekannt. Diese Fähigkeit der Immunantwort ist die Basis
für die Immunisierung von Mensch und Tier gegen Krankheiten
oder Toxine.
Antikörper für die industrielle Anwendung, klinische Diagnose
oder für die Forschung werden in großem Maße hergestellt durch
Immunisierung von Tieren gegen bestimmte Antigene. Die diesen
Antigenen gegenüber spezifischen Antikörper werden biochemisch
aus dem Plasma des immunisierten Tieres extrahiert, beispiels
weise mit Hilfe eines oben beschriebenen Affinitätschromato
graphie-Trennverfahrens.
Viele Substanzen, die von großem Interesse sind, werden jedoch
von dem Immunsystem des Menschen oder von Tieren nicht er
kannt, da sie per se nicht antigen sind. Der menschliche oder
tierische Körper toleriert die Substanz ohne Immunantwort. Um
Antikörper gegen solche Substanzen zu erhalten, ist es erfor
derlich, diese Substanz chemisch mit einem hochimmunogenen Mo
lekül, beispielsweise Rinderserumalbumin oder Thyroglobulin,
zu binden, um sogenannte Haptene zu erhalten. Durch Kopplung
der entsprechenden Substanzen an die als Carrier wirkenden
Proteine erwerben die Haptene die Immunogenität von Voll-Anti
genen und können das Immunsystem des betreffenden Organismus
zur Antikörper-Produktion anregen. In vielen Fallen reicht je
doch die Haptenbildung nicht aus, um eine Immunantwort hervor
zurufen, und es ist notwendig, die Immunisierung mit starken
Stimulantien, den sogenannten Adjuvantien, wie Aluminiumhydro
xid, Calciumphosphat-Gel oder dem Freund′schen Adjuvans, zu
kombinieren.
Die Immunisierung wird üblicherweise durchgeführt, indem das
Antigen bzw. das Hapten, ggf. mit entsprechenden Adjuvantien,
intradermal oder intramuskulär injiziert wird. Dies führt zu
einer mehr oder weniger stark ausgeprägten lokalen Entzündung.
Der große Nachteil der sich durch die Immunisierung bildenden
polyklonalen Antikörper liegt darin, daß sie neben den Anti
körpern gegen das gewünschte Antigen auch Antikörper gegen das
antigene Molekül bildet, an das das gewünschte Antigen zur
Haptenbildung gebunden wurde. D.h., solche Antisera sind poly
valent, indem sie verschiedene Antigenbereiche des Haptens er
kennen. Für viele klinische Anwendungen ist es jedoch er
wünscht, den menschlichen Körper gegen primär nicht-antigene
Substanzen zu immunisieren. Der Weg zur Immunisierung von Men
schen unter Verwendung von Haptenen oder Adjuvantien wie dem
Freund′schen Adjuvants ist nicht gangbar, da unkontrollier
bare, ungünstige oder gar fatale Reaktionen (anaphylaktische
Schocks) hervorgerufen werden.
Auch in der Krebstherapie spielt die Immunisierung des Patien
ten eine immer größere Rolle, speziell die Immunisierung gegen
Tumorantigene. Die jüngsten Entwicklungen besitzen ihren
Schwerpunkt in der Applikation von monoklonalen Antikörpern in
therapeutischen Arzneimitteln. Eine direkte und aktive Immuni
sierung des Patienten war aus den oben genannten Gründen bis
her nicht praktikabel. Monoklonale Antikörper gegen Tumoranti
gene müssen in hohen Konzentrationen angewandt werden, was
diese Behandlungsmethode sehr teuer macht. Ferner bilden die
immunologischen Reaktionen des Patienten gegen den monoklona
len Antikörper ein Haupthindernis für diesen Behandlungsan
satz.
Es wurde vorgeschlagen, zur Immunisierung von Tieren Antigene
auf einem festen Träger zu immobilisieren und in den tie
rischen Körper zu implantieren, um eine Immunantwort hervorzu
rufen. Für diese Ansätze wurden Filterpapier oder Nitrocellu
lose als feste Trägermaterialien vorgeschlagen, wie beispiels
weise von Viamontes et al. in "Journal of Immunological Me
thods", Bd. 94, Seiten 13 bis 17 (1986). Der Nachteil dieser
Ansätze besteht darin, daß die Trägermaterialien, welche die
Antigene tragen, von Natur aus hydrophil sind. Aus diesem
Grund führen die bekannten Immunisierungs-Trägermaterialien
leicht zu einer Störung der Immunantwort, insbesondere können
sie die Ursache für toxische Reaktionen oder für Entzündungen
sein. Ferner sind die Antigene in den bekannten Trägerkonjuga
ten innerhalb dieser hydrophilen Träger eingebettet, so daß
die Antigene schlecht erreichbar sind und demnach die Immunre
aktion wenig effizient ausfällt.
Diese Probleme und Nachteile des Stands der Technik, in denen
die Bildung biochemischer Komplexe, insbesondere die Antikör
per-Antigen-Wechselwirkung zur Immunisierung, Anwendung fin
det, gilt es mit der vorliegenden Erfindung zu vermeiden.
Es ist Aufgabe der Erfindung, ein Konjugat aus einem Trägerma
terial mit einem Biomolekül, insbesondere mit einem Antigen,
zur Verfügung zu stellen, welches es ermöglicht, daß das Bio
molekül gut mit einem zu dem Biomolekül affinen Material in
Wechselwirkung treten kann, um einen biochemischen Komplex zu
bilden, und welches es bei einem Konjugat des Trägers mit ei
nem Antigen ermöglicht, eine für Anwendungszwecke ausreichende
Immunantwort des menschlichen oder tierischen Körpers hervor
zurufen.
Die Aufgabe wird mit einem Konjugat aus einem Polymerträger
mit einem Antigen gelöst, welches gebildet ist durch Bindung
des Antigens an die Oberfläche eines durch Erhöhung des Ober
flächeninhalts aktivierten Kunststoffträgers. Dieses Konjugat
eignet sich auf hervorragende Weise zur Immunisierung des men
schlichen oder tierischen Körpers, insbesondere zur Behandlung
gegen Infektionen eines Pathogens, zur Immunisierung gegen To
xine, zur Behandlung benigner oder maligner Tumore und zur Ge
winnung menschlicher oder tierischer Antikörper.
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung besteht in
einem Affinitätschromatographie-Trägermaterials, welches ein
Konjugat aus einem Polymerträger mit einem Biomolekül enthält,
wobei das Konjugat gebildet ist durch Bindung des Biomoleküls
an die Oberfläche eines durch Erhöhung des Oberflächeninhalts
aktivierten Kunststoffträgers.
Die vorteilhaften Wirkungen der vorliegenden Erfindung beruht
wesentlich auf der Bildung des Konjugats aufgrund der Bindung
des Antigens bzw. Biomoleküls an die Oberfläche eines speziell
aktivierten Kunststoffträgers. Aktivierung bedeutet, daß der
Oberflächeninhalt des Kunststoffträgers erhöht worden ist,
oder mit anderen Worten, daß die tatsächliche Oberfläche bzw.
Ist-Oberfläche gegenüber der die Mantelfläche (die Einhüllende
des Oberflächenprofils) des Kunststoffträgers vergrößert
wurde. Dies kann durch mechanische oder chemische Mittel be
wirkt werden. Ausführliche Erläuterungen zu der Art des zu
verwendenden Kunststoffträgers sowie zu dessen Aktivierung
werden in den anhängigen PCT-Anmeldungen des Anmelders
PCT/EP92/02256 (Anmeldetag: 8. Oktober 1992) und
PCT/EP92/02432 (Anmeldetag: 23. Oktober 1992) gegeben, deren
Beschreibungen als Teil der Offenbarung vorliegender Anmeldung
gelten.
Der verwendete Kunststoffträger besteht vorzugsweise aus einem
hydrophoben Grundmaterial. Weiter bevorzugt ist dieses hydro
phobe Grundmaterial ein Copolymer oder ein Polymerblend. Ein
solches Material kann besonders leicht wie gewünscht aktiviert
werden, insbesondere durch chemische Mittel. Als Copolymere
oder Polymerblends können solche verwendet werden, die in den
oben genannten PCT-Anmeldungen Nr. EP92/02256 und Nr.
EP92/02432 genannt sind, insbesondere Copolymere von Styrol
und Butadien oder Styrol und Chloropren oder Polymerblends von
Polystyrol und Polybutadien oder Polystyrol und Polychloro
pren.
Das Grundmaterial kann ggf. noch weitere, für Kunststoffträger
übliche Zusätze enthalten, wie Farbstoffe, Prozessierhilfsmit
tel, Stabilisatoren, Vernetzungsmittel, Weichmacher, Füll
stoffe und dergleichen. Das Grundmaterial kann insbesondere
Substanzen enthalten, die dazu dienen, daß das Trägerkonjugat
im menschlichen oder tierischen Körper durch Ultraschall
leicht beobachtet werden kann.
Der Kunststoffträger kann auf herkömmliche Weise geformt wer
den, z. B. durch Spritzgießen, durch Extrusion, durch Granulie
ren oder dergleichen. Der Kunststoffträger sollte nach der
Formung keine oder im wesentlichen keine Porosität aufweisen.
Die gewünschte Aktivierung kann durchgeführt werden, indem das
Grundmaterial für den Kunststoffträger mit einem Lösungsmittel
behandelt wird. Zu diesem Zweck eignen sich beispielsweise Lö
sungsmittel wie Ether, z. B. Diethylether, Ester, Alkohole, Ke
tone, Aldehyde, Säuren, Basen, ungesättigte oder aliphatische
(lineare, verzweigte oder cyclische) Kohlenwasserstoffe, aro
matische Kohlenwasserstoffe, halogenierte Kohlenwasserstoffe
und ähnliche Materialien. Vorzugsweise wird dabei für das
Grundmaterial ein Copolymer oder ein Polymerblend verwendet,
wobei eine Polymerkomponente des Copolymers oder des Po
lymerblends sich in einem geeigneten Lösungsmittel leichter
löst als die andere bzw. die anderen Polykomponente(n) des Co
polymers bzw. Polymerblends. Im Resultat ist die mit dem Lö
sungsmittel behandelte Oberfläche des Kunststoffträgers in ih
rer tatsächlichen Oberfläche bzw. Ist-Oberfläche erhöht und
weist eine Mikroporenstruktur auf.
Alternativ dazu können auch mechanische Mittel zur Aktivierung
herangezogen werden.
Der Kunststoffträger des erfindungsgemäßen Konjugats mit einem
Antigen bzw. einem Biomolekül kann geeigneterweise in Form von
Partikeln, Granulaten, Pellets, Streifen, Stäbchen, Fasern
oder Plättchen vorliegen. Besonders gut geeignet sind im we
sentlichen sphärische Partikel. Solche sphärische Partikel
können einen Durchmesser in einem sehr weiten Bereich aufwei
sen, beispielsweise vom Nanometerbereich bis hin zum Zentime
terbereich. Bevorzugt liegt der Durchmesser der sphärischen
Partikel im Bereich von 0,1 µm bis 1 cm.
Ggf. kann es auch erwünscht sein, daß nur ein Teil der Ober
fläche des Kunststoffträgers aktiviert ist.
Die Konjugatbildung erfolgt auf einfache Weise durch Bindung
des Antigens bzw. des Biomoleküls an die Oberfläche des Kunst
stoffträgers. Dies kann bequemerweise durch Inkubation des
Kunststoffträgers in der entsprechend gewünschten Gestalt in
einer wäßrigen Lösung des Antigens bzw. des Biomoleküls erfol
gen. Die Oberfläche des aktivierten Kunststoffträgers wird
vorzugsweise vollständig mit dem Antigen bzw. Biomolekül
überzogen oder gecoated, um die Bindungsstellen des Kunst
stoffträgers abzusättigen. Falls nicht alle Bindungsstellen
des Kunststoffträgers mit dem Antigen bzw. Biomolekül abgesät
tigt sind, können die restlichen Bindungsstellen geblockt wer
den, beispielsweise mit einem geeigneten Protein wie Rinderse
rumalbumin.
Das Antigen bzw. das Biomolekül bindet besonders stark auf
nicht-kovalente Weise an den aktivierten Kunststoffträger.
D.h., eine kovalente Verknüpfung wird vermieden. Darüber hin
aus ist das Antigen bzw. Biomolekül in dem gebildeten Konjugat
in einem Zustand, in dem es sehr gut mit dem korrespondieren
den Komplexpartner in Wechselwirkung treten kann, wie mit dem
entsprechenden Antikörper oder anderen Komplexpartnern, wie
sie zur Bildung der bereits genannten biochemischen Komplexe
führen. Insbesondere wurde im Rahmen der Erfindung festge
stellt, daß das erfindungsgemäße Konjugat des Kunststoffträ
gers mit einem Antigen eine starke Immunantwort im biologi
schen Organismus hervorruft. Dies dürfte darauf zurückzuführen
sein, daß das Konjugat mit dem Antigen auf der Oberfläche des
Trägers eine für die Immunantwort sehr günstige Präsentation
für immunkompetente Zellen bildet.
Demnach ist das erfindungsgemäße Konjugat des aktivierten
Kunststoffträgers mit einem Antigen zur Immunisierung des men
schlichen oder tierischen Körpers hevorragend geeignet.
Wenn hydrophobe Trägermaterialien verwendet werden, sind diese
inert und stabil. Ferner werden die Antigene auf der äußeren
Oberfläche des Kunststoffträgers präsentiert. Dies führt bei
der Immunisierung des menschlichen oder tierischen Körpers zu
weniger ungünstigen Nebenreaktionen, wie sie für die eingangs
genannten hydrophilen, porösen Trägermaterialien bekannt sind.
Für die Applikation des erfindungsgemäßen Konjugats zur Immu
nisierung wird das Konjugat vorzugsweise in den menschlichen
oder tierischen Körper implantiert, insbesondere subkutan, in
traperitoneal, in die Milzkapsel, in einem Lymphknoten oder an
einem ähnlich geeigneten Ort des Organismus. Solche Implantate
können leicht überwacht und beobachtet werden, z. B. in einem
Sonogramm eines Ultraschallgerätes. Ferner können sie, falls
erforderlich oder gewünscht, entfernt werden, was mit bisher
bekannten Immunisierungstechniken nicht möglich war. Der er
findungsgemäße Immunisierungsansatz gewährleistet ferner ein
direktes Aussetzen von lokal sehr hoch konzentriertem Antigen
gegenüber immunkompetentem Gewebe. Da nur eine geringe oder
überhaupt keine Diffusion des Antigens stattfindet, ist eine
Degradation des Antigens im Organismus minimiert. Darüber hin
aus wird die Immunantwort weiter stimuliert und optimiert, da
Makrophagen lokal infiltrieren können und somit die Immunant
wort unterstützen und nicht zuletzt sind die durch die Immuni
sierung gebildeten Antikörper spezifischer, da das Antigen
nicht haptenisiert oder auf andere Weise chemisch modifiziert
ist, und Adjuvantien, wie das Freund′sche Adjuvants für die
Immunisierung nicht erforderlich ist.
Das beschriebene, erfindungsgemäße Konjugat ist besonders gut
geeignet zur Immunisierung gegen Toxine. Die besonders starke
Bindung des Toxin-Antigens an den Kunststoffträger führt dazu,
daß die toxischen Substanzen nicht schädlich wirken können, da
sie fest an dem aktivierten Kunststoffträger anhaften.
Eine weitere, sehr gute Anwendungsmöglichkeit für das erfin
dungsgemäße Konjugat liegt in der Immunisierung gegen Patho
gene, beispielsweise Viren, Bakterien, Würmer, Parasiten und
andere infektiöse Agentien.
Das erfindungsgemäße Konjugat eignet sich ferner besonders gut
in der Krebstherapie zur Behandlung benigner oder maligner Tu
more. Bei diesem Ansatz werden entsprechende Tumorantigene an
den aktivierten Kunststoffträger zur Konjugatbildung gebunden,
und der menschliche oder tierische Körper wird wie oben be
schrieben mit diesem Konjugat behandelt, insbesondere durch
Implantierung, wie bereits erläutert. Diese Maßnahme ruft eine
Immunantwort gegen benigne oder maligne Tumorzellen hervor,
was schließlich eine Abtötung der jeweiligen Tumorzellen be
wirkt.
Eine weitere Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung besteht
in der Verwendung des erfindungsgemäßen Konjugats zur Gewin
nung menschlicher oder tierischer Antikörper, welche wiederum
in weiteren Anwendungsmöglichkeiten genutzt werden können,
beispielsweise zur Therapie, zur Diagnostik oder zu For
schungszwecken. Hierzu wird der jeweilige gewünschte Orga
nismus wiederum mit dem Konjugat aus dem aktivierten Kunst
stoffträger mit dem jeweiligen, gewünschten Antigen behandelt,
und die spezifischen Antikörper werden auf herkömmliche Weise
aus dem Blutplasma gewonnen.
Eine weitere Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung besteht
in der Bereitstellung eines Affinitätschromatographie-Träger
materials, welches ein Konjugat aus dem oben beschriebenen,
aktivierten Kunststoffträger mit einem beliebigen Biomolekül
enthält. Das auf dem Kunststoffträger adsorbierte Biomolekül
stellt eine Komponente des biochemischen Komplexes dar, wie
sie oben genannt sind, wodurch der oder die weitere(n) Bin
dungspartner des Komplexes mit dem Affinitätschromatographie-
Trägermaterial analysiert, isoliert, gereinigt oder gewonnen
werden kann. Hierzu kann nach einem der herkömmlichen Verfah
ren zur Durchführung der Affinitätschromatographie, wie sie in
den eingangs genannten Literaturstellen beschrieben sind, ver
fahren werden. Dabei kann es gelegentlich erwünscht sein,
insbesondere dann, wenn nicht alle Bindungsstellen des
Kunststoffträgers mit dem adsorbierten Biomolekül gesättigt
sind, zu der flüssigen Phase ein Detergenz, insbesondere ein
nichtionisches Detergenz wie Tween 20 (Polyoxyethylen-Sor
bitanmonolaurat), Tween 80 (Polyoxyethylen-Sorbitanmonooleat),
Triton (Alkyl-Polyether-Alkohol-Gemische), Brÿ 35
(Polyoxyethylenlaurylether), Nonidet P-40 (Polyoxyethylen-
Octylphenol-Ether), Lubrol PX (Polyethylenoxid-Alkylether-
Adukt), Berol EMO 043 (C-16, C-18-Fettalkohol mit 10 Oxyethy
leneinheiten), Triton X-100 und dergleichen. Die in diesem
Fall zu verwendende Konzentration des Detergenz kann auf den
jeweiligen Bedarfsfall angepaßt werden, beispielsweise in
einem Bereich von 0,01% bis 2%, insbesondere 0,05% bis 1%.
Die vorliegende Erfindung wird nachstehend anhand von Beispie
len näher erläutert.
Antikörper gegen Neurophysin sind beispielsweise für diagno
stische Anwendungen und Forschungszwecke sehr nützlich. Neuro
physin ist ein Neurohypophysiales Peptid, welches vom Organis
mus normalerweise nicht als Antigen erkannt wird. Es findet
also keine oder keine erkennbare Immunantwort statt.
100 µg Neurophysin wurde in 1 ml steriler, 0,9%iger Salzlö
sung aufgelöst. Davon getrennt wurden Pellets eines aus Poly
styrol und Polychloropren bestehenden Polymerblends mit 4 mm
Durchmesser durch Behandlung mit Aceton für 1 Minute bei Raum
temperatur aktiviert. Die aktivierten Pellets wurden mit ste
rilem Wasser gewaschen. Die so behandelten Pellets wurden dann
in die Neurophysinlösung für 5 Minuten bei Raumtemperatur ein
getaucht. Danach wurden die Pellets mit steriler, isotoner
Salzlösung gewaschen und in dieser Lösung bei 4°C aufbewahrt.
Diese Antigen-Kunststoffträger-Konjugate in Form von Pellets
wurden in die Milzkapsel von jungen, ausgewachsenen Kaninchen
implantiert.
In zeitlichen Abständen nach der Implantation wurde Blut aus
den Ohrvenen entnommen, und der Immunoglobulingehalt wurde
durch bekannte standardisierte Immundiffusions- und
Immunpreziptationstechniken bestimmt.
Nach einer Woche wies das Blut einen spezifischen
Immunoglobulintiter von 1 : 1000 und nach 3 Wochen einen Titer
von 1 : 5000 auf. Dieser hohe Titer blieb bis zum Ende der
Beobachtungszeit von 3 Monaten konstant.
Bromdesoxyuridin (BrdU) ist als Markierungssubstanz zur Detek
tion und Charakterisierung in Nucleinsäure-Sonden-Assays weit
verbreitet. Bisher wurden lediglich monoklonale Antikörper ge
gen BrdU bereitgestellt. Monoklonale Antikörper haben jedoch
den Nachteil, daß sie nicht-präzipitierend sind, so daß sie
für viele immunochemische Nachweistechniken ungeeignet sind,
beispielsweise zur nicht radioaktiven Sequentierung von DNA.
Daneben ist BrdU cytotoxisch und hat in hohen Dosen, die nach
herkömmlichen Ansätzen zur Immunisierung notwendig wären,
einen sehr negativen Einfluß auf das Immunsystem. BrdU ist
ferner mutagen. Daher kann BrdU nicht für eine direkte in
vivo-Immunisierung verwendet werden.
Polystyrolstäbchen mit 2 mm Durchmesser und 10 mm Länge wurden
durch Behandlung mit Xylol während 30 s aktiviert. Dann wurde
der Kunststoffträger in isotonischer Salzlösung gewaschen. 1
mg BrdU-Triphosphat wurde in 1 ml isotonischer Salzlösung ge
löst, und die aktivierten Stäbchen wurden mit dieser Lösung
für 1 Stunde inkubiert. Anschließend wurden die Stäbchen gewa
schen. Dann wurde das Stäbchenkonjugat in junge, ausgewachsene
Mäuse implantiert, und zwar in den peritonealen Hohlraum. Nach
einer Woche wurde Blut aus der Schwanzvene gesammelt, und der
Immunglobulingehalt wurde durch bekannte Immunodiffusions- und
Immunoprezipitationstechniken bestimmt.
Der spezifische Immunglobulintiter betrug nach einer Woche
1 : 2000 und blieb bis zum Ende der Beobachtungszeit von 3
Monaten auf diesem hohen Niveau.
Zur Gewinnung von Antikörpern gegen das HIV-Antigen T24 wurde
mit einem entsprechenden Immunisierungskonjugat ein Huhn immu
nisiert, um über deren gelegte Eier spezifische Antikörper aus
den Eidottern isolieren zu können.
Zunächst wurden Pellets eines aus Polystyrol und Polychloro
pren bestehenden Polymerblends mit 4 bis 5 mm Durchmesser
durch Behandlung mit Aceton für 1 Minute bei Raumtemperatur
aktiviert. Die aktivierten Pellets wurden mit sterilem Wasser
gewaschen. 100 µg T24-Antigen wurden in 1 ml steriler,
0,9%iger Salzlösung aufgelöst. Die aktivierten Trägerpellets
wurden zur Bindung des Antigens für 5 Minuten bei Raumtempera
tur mit der T24-Lösung inkubiert. Danach wurden die Pellets
mit steriler, isotoner Salzlösung gewaschen.
Dieses Immunisierungskonjugat wurde in den intraperitonealen
Hohlraum eines Huhns implantiert. Nach erfolgter Implantation
wurde die Bildung von Antikörpern gegen T24-Antigen im Dotter
von gelegten Eiern beobachtet. 4 Wochen nach Implantation
zeigte sich bereits ein Antikörpergehalt im Dotter von 1 : 800.
Die so gebildeten Antikörper konnten nach herkömmlichen Metho
den aus den Eidottern gewonnen werden.
Claims (18)
1. Konjugat aus einem Polymerträger mit einem Antigen zur
Immunisierung des menschlichen oder tierischen Körpers, dadurch
gekennzeichnet, daß das Konjugat gebildet ist durch Bindung des
Antigens an die Oberfläche eines durch Erhöhung des
Oberflächeninhalts aktivierten Kunststoffträgers.
2. Konjugat nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der
Kunststoffträger aus einem hydrophoben Grundmaterial besteht.
3. Konjugat nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das
hydrophobe Grundmaterial ein Copolyiner oder Polymerblend ist.
4. Konjugat nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das
Grundmaterial ein Copolymer von Styrol und Butadien oder von
Styrol und Chloropren oder ein Polymerblend von Polystyrol und
Polybutadien oder von Polystyrol und Polychloropren ist.
5. Konjugat nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, daß die Erhöhung des Oberflächeninhalts durch
Behandlung des Kunststoffträgers mit einem Lösungsmittel
bewirkt ist.
6. Konjugat nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, daß der Kunststoffträger die Form von im
wesentlichen sphärischen Partikeln, von Granulaten, von
Pellets, von Streifen, von Stäbchen, von Fasern oder von
Plättchen aufweist.
7. Konjugat nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der
Kunststoffträger die Form von im wesentlichen sphärischen
Partikeln mit einem mittleren Durchmesser im Bereich von 0,1 µm
bis 1 cm aufweist.
8. Konjugat nach einem der voranstehenden Ansprüche zur
Immunisierung gegen Toxine.
9. Konjugat nach einem der Ansprüche 1 bis 7 zur Immunisierung
gegen Pathogene.
10. Konjugat nach einem der Ansprüche 1 bis 7 zur Behandlung
benigner oder maligner Tumore.
11. Konjugat nach einem der Ansprüche 1 bis 7 zur Gewinnung
menschlicher oder tierischer Antikörper.
12. Affinitätschromatographie-Trägermaterial, enthaltend ein
Konjugat aus einem Polymerträger mit einem Biomolekül, dadurch
gekennzeichnet, daß das Konjugat gebildet ist durch Bindung des
Biomoleküls an die Oberfläche eines durch Erhöhung des
Oberflächeninhalts aktivierten Kunststoffträgers.
13. Affinitätschromatographie-Trägermaterial nach Anspruch 12,
dadurch gekennzeichnet, daß der Kunststoffträger aus einem
hydrophoben Grundmaterial besteht.
14. Affinitätschromatographie-Trägermaterial nach Anspruch 13,
dadurch gekennzeichnet, daß das hydrophobe Grundmaterial ein
Copolymer oder Polymerblend ist.
15. Affinitätschromatographie-Trägermaterial nach Anspruch 14,
dadurch gekennzeichnet, daß das Grundmaterial ein Copolymer von
Styrol und Butadien oder von Styrol und Chloropren oder ein
Polymerblend von Polystyrol und Polybutadien oder von
Polystyrol und Polychloropren ist.
16. Affinitätschromatographie-Trägermaterial nach einem der
Ansprüche 12 bis 15, dadurch gekennzeichnet, daß die Erhöhung
des Oberflächeninhalts durch Behandlung des Kunststoffträgers
mit einem Lösungsmittel bewirkt ist.
17. Affinitätschromatographie-Trägermaterial nach einem der
Ansprüche 12 bis 16, dadurch gekennzeichnet, daß der
Kunststoffträger die Form von im wesentlichen sphärischen
Partikeln, von Granulaten, von Pellets, von Streifen, von
Stäbchen, von Fasern oder von Plättchen aufweist.
18. Affinitätschromatographie-Trägermaterial nach Anspruch 17,
dadurch gekennzeichnet, daß der Kunststoffträger die Form von
im wesentlichen sphärischen Partikeln mit einem mittleren
Durchmesser im Bereich von 0,1 µm bis 1 cm aufweist.
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