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Verfahren zur Gewinnung von Harnstoff aus schwefelsauren Lösungen.
Der Harnstoff wird technisch erhalten aus Calciumcyanamid, wobei man den Kalk entfernt
durch irgendein. Reagens, um das Cyanamid CN2H2 freizumachen; es wird dann mit irgendeinem
Hydratationsmittel, gewöhnlich Schwefelsäure, behandelt, gemäß der Gleichung
Die so erhaltenen Lösungen von Harnstoit sind sauer und verdünnt. Bis jetzt mußte
man zur Isolierung des Harnstoffs die Säure neutralisieren durch eine Base, die
ein unlösliches Sulfat ergibt, den Niederschlag des Su:fats abfiltrieren, auswaschen
und die Lösungen konzentrieren bis zur Kristallisation.
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Dieses Verfahren bedeutet den Verlust der Säure und der Base, die
zur Neutralisation dient, macht eine Filtration und ein Auswaschen nötig.
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flach der vorliegenden Erfindung wird der Harnstoff im Gegensatz dazu
isoliert, indem man ein Verfahren benutzt, das nur physikalische Hilfsmittel benötigt
und keinen Verbrauch an Reagenzien. nötig macht.
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Zur Erklärung des Verfahrens mögen nachstehende Ausführungen dienen:
Es ist bereits bekannt, Harnstofflösungen im Vakuum bis zur Kristallisation einzudampfen,
doch handelt es sich hierbei um Harnstofflösungen, die durch Zusatz von schwachen
Säuren oder sauren Salzen schwach sauer gehalten sind, wobei der Zweck der ist,
durch den Zusatz dieser schwachen Säuren oder sauren Salze den Angriff des Materials
der Eindampfgefäße hintanzuhalten. Bei der vorliegenden Erfindung dagegen handelt
es sich um eine Trennung von Harnstoffen und Säuren auf rein physikalischem Wege.
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Die Erfinderin hat die Gleichgewichtsdiagramme der verschiedenen nachstehenden
Systeme aufgestellt: Zwei-Komponenten-System: Wasser - Harnstoff; Zwei-Komponenten-System:
Schwefelsäure-Harnstoff; Drei-Komponenten-System: Wasser - Schwefelsäure-Harnstoff.
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Aus diesen Studien haben sich die Bedingungen ergeben, unter denen
man den Harnstoff trennen kann.
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Die sauren und verdünnten Harnstofflösungen, die aus dem Cyanamid
erhalten werden, und die eine Menge Stickstoff von ungefähr i oo g pro Liter enthalten,
werden auf eine Temperatur unter o° C (z. B. -io, -i 5°) abgekühlt. Unter diesen
Bedingungen fängt die Lösung an, Eis auszuscheiden, das man vorteilhaft im Maße
der Abkühlung trennt. Der flüssige Teil konzentriert sich an Harnstoff und Säure
im Maße dieses Ausscheidens und
man verfolgt das Abkühlen, bis man
auf eine Temperatur etwas oberhalb der Temperatur kommt, die der Ausscheidung einer
eutectischen Mischung von Wasser + Schwefelsäure entspricht. In diesem Augenblick
vollendet man die Trennung des während der ersten Phase der Abkühlung ausgeschiedenen
Eises.
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Sowie die aus drei Einheiten bestehenden Mischungen eine genügende
Konzentration haben an Schwefelsäure, beispielsweise io bis 2o Prozent Schwefelsäure
entsprechend 1,5 kg bis 1,7 kg Monohydrat H2S04 für i kg S;ickstoff, besteht der
feste Körper, der sich bei der Abkühlung der Lösung ausscheidet, nicht aus reinem
Eis, sondern aus einem Hydrat der H.S04, das sehr arm ist an Monohydrat und 2,65
Prozent H.S04 und 9735 Prozent Wasser enthält. Man kann es durch Zentrifugieren
trennen, wie das oben für das Eis ausgeführt ist. Die flüssige Phase reichert sich
dann an Harnstoff an.
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Die durch den Prozeß konzentrierte Lösung ist weiter konzentriert
durch Wärme unter vermindertem Druck, beispielsweise im Vakuum, bei einer Temperatur
von ungefähr 6o° C, um so schließlich auf eine Lösung zu kommen, die zwei bis drei
Teile Harnstoff auf einen Teil Wasser enthält.
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Ein wesentlicher Punkt bei der Konzentration der schwefelsauren Lösung
des Harnstoffes ist der, daß man nicht die Temperatur von 75` überschreitet, damit
nicht der Harnstoff sich mehr oder weniger vollständig umwandelt in Ammoniumsulfat.
Die umgewandelte Menge hängt ab von der Konzentration der Säure, der Zeit der Erhitzung
und der Temperatur. Beispielsweise bei einer Lösung, die 1,75 Teile Mondhydrat H"S04
mit einer Säure von 53` B6 enthält auf einen Teil Stickstoff und bei einer Erhitzungsdauer
von zwei Sunden und einer Temperatur T, wird die Menge H2S04, die sich in ein Ammoniumsulfat
umwandelt, ausgedrückt in Prozenten der Gesamtmenge H.S04 in folgender Weise:
Temperatur H2S04 umgewandelt |
7o° . . . o,65 Prozent |
75° . . . 1,52 - |
8o° . . . 4,81 - |
85° . . . 1o,88 - |
90' . . . I7,=0 - |
95' 21,00 - |
1000 . . . Ioo,oo - |
Die Konzentration des Harnstoffes kann übrigens weiter, als sie oben erwähnt ist,
getrieben werden. So war es möglich, durch Anwendung des gegenwärtigen Prozesses
Lösungen zu erhalten, die enthalten:
Harnstoff . . 81,8 Prozent, |
Wasser . . . 6,1 - |
Säure . . . 12,1 - |
Diese geben ein besseres Erträgnis an kristallisiertem Harnstoff.
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Bei dieser Konzentration scheidet die gegen o` abgekühlte Lösung Harnstoffkristalle
aus, die in Gleichgewicht bleiben mit der flüssigen Phase, die ganze Schwefelsäure,
Wasser und etwas Harnstoff in Lösung enthält.
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Da die feste Phase dieses in Gleichgewicht befindlichen Systems (kristallisierter
Harnstoff) viel bedeutender ist als die flüssige Phase (Wasser, Schwefelsäure),
so erhält man einen reichlichen Niederschlag von Kristallen, zwischen denen die
flüssige Phase eingelagert ist. Man trennt die beiden Phasen z. B. durch Zentrifugieren,
und man reinigt den Harnstoff durch Klären oder durch irgendeinen anderen geeigneten
Prozeß. Es genügt dann, die Kristalle zu trocknen.
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Dieses Verfahren. kann eine Abänderung vertragen in dem Falle, daß
es angewendet wird in einem Betrieb, der über Abwärme verfügt. In diesem Falle läßt
man die erste Phase (Ausscheiden von Eis) weg und bringt die Lösung direkt auf die
vorgesehene Konzentration durch einfache Verdampfung in der Luftleere durch Erhitzen,
bei welchen Bedingungen der Harnstoff stabil bleibt im Beisein - von Schwefelsäure,
wie das gleichfalls auseinandergesetzt worden ist.
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Das Verfahren kann, wie ausgeführt, angewendet werden, entweder ohne
vorherige Trennung des Eises, d. h. durch direkte Konzentration durch Wärme unter
Bedingungen, bei denen der Harnstoff stabil bleibt im sauren Milieu, oder mit vorhergehender
Trennung des Eises oder des sauren Hydrats durch Abkühlung.
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a) Ausführung ohne vorhergehende Trennung. Die vorhergehenden Verfahren
können nur unter ganz bestimmten Bedingungen der Konzentration des Harnstoffs und
der Schwefelsäure angewendet werden, denn der Harnstoff kann zwei bestimmte Verbindungen
mit der Schwefelsäure bilden.:
Die konzentrierten Lösungen können also durch Abkühlung ausscheiden entweder den
reinen Harnstoff oder eine Mischung von Harnstoff und Sulfat
sei es eine Mischung der beiden Sulfate oder nur das eine Sulfat in reiner Form.
Die
Natur der Kristalle, die beim Abkühlen einer konzentrierten Lösung entstehen, hängt
also von der prozentualen Zusammensetzung dieser Lösung ab, und das genaue Studium
des Systems Wasser-Harnstoff-Schwefelsäure ermöglicht :es, die Konzentration der
Lösungen zu bestimmen, die nur reinen Harnstoff ausscheiden.
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Nachstehend wird ein Ausführungsbeispiel gegeben zur Gewinnung von
Harnstoff aus einer schwefelsauren Lösung mit Ausschluß von Harnstoffsulfat.
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Die Lösung des Cyanamids nach der Hydratisierung und Umbildung in
Harnstoff hat beispielsweise folgende prozentuale Zusammensetzung
Man verdampft unter vermindertem Druck, ohne dabei die Temperatur von 75'
zu überschreiten. Dabei verwendet man vortehhaft ein möglichst geringes Vakuum,
um einen Siedepunkt zu haben.
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Das Verhältnis -
ändert sich nicht im Verlauf der Verdampfung. Man hört mit der Konzentrierung auf
sowie das System Wasser-Harnstoff-Schwefelsäure folgende prozentuale Zusammensetzung'hat:
Die auf beispielsweise i i° abgekühlte Lösung ergibt eine starke Ausscheidung von
Kristallen. Man kann die Kristalle von den sauren Mutterlaugen trennen, die folgende
Zusammensetzung haben:
Die Menge des im Verlauf dieser Abkühlung ausgeschiedenen Harnstoffes ist gleich
63 bis 64 Prozent der Gesamtmenge Harnstoff, die in dem System vor der Verdampfung
vorhanden ist.
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b) Ausführung mit vorhergehender Trennung des Eises.
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Diese Trennung geht vorteilhaft vor sich mit schwefelsauren Lösungen
des Harnstoffes, die arm an H.S04 sind.
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Die eutectische Mischung entspricht einer Konzentration von 34 Prozent
Harns_off. Oberhalb dieses Gehalts scheiden die Lösungen Harnstoff aus. Unterhalb
scheiden sie Eis aus. Die Temperatur der Ausscheidung der eutectischen Mischung
liegt zwischen io` C und 15' C.
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Die Harnstofflösurgen, die erhalten sind von dem Cyanamid, und deren
Konzentration geringer ist als 34 Prozent Harnstoff, können also durch dieses Verfahren
konzentriert werden.
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In beiden Ausführungsformen werden die Munerlaugen, die durch Zentrifugieren,
wie oben erwähnt, getrennt sind, benutzt zur Hydratisierung von neuen Mengen von
Cyanamid. Der Harnstoff wird durch Klärung gereinigt.
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Wenn man bedenkt, daß man mit einem Teil der Mutterlaugen, die aus
dem oben beschriebenen Verfahren herrühren, eine Menge der Lauge von Cyanamid hydratisieren
kann, die durch die Hydratisierung eine Menge Harnstoff gibt, doppelt so groß wie
die, die die Mutterlaugen mit sich führen, so sieht man, daß ein solcher Kreislauf
es ermöglicht, als kristallisierter Harnstoff die gesamte Menge des Harnstoffes
durch Auslaugen des Cyanamids zu isolieren. B eis piel.
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Das Beispiel entspricht einer Behandlung, durch die iooo g Stickstoff
in Form von kristallisiertem Harnstoff gewonnen werden.
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Man behandelt 7,o55 kg Cyanamidlauge, die i,5ookg freies Cyanamid
Ch,H2 und 5,555 kg Wasser enthält, mit
1,97 i kg Mutterlauge, die aus einem
früheren Abschnitt herrührt und enthält
Harnstoff . . . i,2 i 9 kg |
H250,1 . . . - . 0,500 - |
Wasser . . . . 0,252 - |
1,97 i kg. |
Man erhält so
7,055 kg -f- 1,971 kg = 9,026 kg schwefelsaure Harnstofflösung,
die enthält
1,21g kg aus der Mutter- |
Harnstoff 3,365 kg lauge. 2,1q.6 kg aus der |
Hydratisierung des |
CN2H2 |
HIS04 , 0 15 00 - |
Wasser aus der Lösung |
des CN,H., + Wasser |
Wasser g,161 - aus den Mutterlaugen |
- Wasser, das zur Hy- |
dratisierung gedient hat |
9,o26 kg |
Man verdampft im Vakuum, ohne die Temperatur von 75` zu überschreiten, bis der
Gehalt
der Lösung an Wasser gleich der Hälfte des Gehaltes an Schwefelsäure ist.
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Man erhält so ¢,11 7 kg eines konzentrierten Produktes, das enthält:
Harnstoff . . . 3,365 kg |
Schwefelsäure . . o,5oo - |
Wasser . . . . 0,252 - |
q.,117 kg. |
Man läßt diese Lösung abkühlen bis zur gewöhnlichen Temperatur und erhält einen
Niederschlag von 2,146 kg kristallisieltem Harnstoff, der einer Menge von i kg Stickstoff
entspricht, und 1,971 kg Mutterlaugen., die enthalten:
Harnstoff . . . 1,2 i9 kg |
Schwefe_säure . . o,5oo - |
Wasser . . . . 0,252 - |
1,971 kg. |
Damit kann man von neuem die Behandlung von Cyanamidlauge in dem gleichen Kreislauf
beginnen.
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Es sei hervorgehoben, daß das oben beschriebene Verfahren mit allen
schwefelsauren Lösungen des Harnstöffes ausführbar ist, für die die Verdampfung
nicht zu Harnstoffsulfaten führt.
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Die gemachten Studien haben weiter gezeigt, daß der Ertrag an kristallisiertem
Harnstoff um so größer war, je ,geringer die Menge Säure im Verhältnis zum Harnstoff
war und je weiter die Konzentration der Lösungen getrieben war.
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So ergeben Lösungen, die 0,3 bis o,5 Teile H,S04 auf einen
Teil Stickstoff enthielten und die konzentriert waren, bis daß die Säure gleichkommt
der Konzentration einer Säure von 63° B6, einen sehr guten technischen Ertrag an
kristallisiertem Harnstoff.
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Bei gutgelegenen industriellen Anlagen zur Kälteerzeugung ist es von
Wichtigkeit, die Lösungen durch Abkühlung und Ausscheidung von Eis zu konzentrieren.
Die Trennung eines Kilogramm Wassers durch das Verfahren benötigt nur ungefähr ioo
Kälteeinhei.en, während mehr als 6oo Kalorien nötig sind; um -die gleiche Menge
Wasser durch Verdampfung zu trennen.
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Der Verbrauch an Reagenzien ist gering, . den die mit ungefähr 53°
B6 in der flüssigen Thase nach der Zentrifugierung wiedergewonnene Schwefelsäure
kann zur Hydratisierung von neuen Mengen Cyailamid d:,enen. Wie oben erwähnt, wird
von der Verwendung von Kalk abgesehen.