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Verfahren zur Reinigung von ton- und kaolinhaltigen Substanzen auf
kolloidchemischem Wege. Es sind kolloidchemische Verfahren zur Reinigung von ton-
und kaolinhaltigen Substanzen bekannt, nach denen man im allgemeinen derart verfährt,
daß man die Substanzen aufschlämmt und zu den Aufschlämmungen (Suspensionen) Elektrolyte
hinzufügt, die je nach dem elektrischen Charakter der Substanzen Hydroxylionen oder
Wasserstoffionen enthalten. Unter dem Einfluß des Elektrolyten findet dann zunächst
eine Lockerung der aneinander haftenden oder sich gegenseitig einhüllenden Teilchen
statt; gewisse Anteile erleiden eine Peptisation und gehen in den Schwebezustand
(Solzustand) über, während andere Teilchen sich absetzen und von den in Schwebe
befindlichen Anteilen getrennt werden können. Praktische Bedeutung hat vor allem
die Aufbereitung von ton- und kaolinhaltigen Stoffen mit Hilfe von hydroxylhaltigen
Elektrolyten gewonnen. Man verfährt hierbei wie folgt: Der Rohton oder Rohkaolin,
welcher neben der 7.`onsubstanz (Aluminiumsilikat) Verunreinigungen, wie Sand, Glimmer,
Pyrit, unzersetzten Feldspat u. dgl., enthält, wird mit Wasser zu einem Brei angerührt
und mit geringen Mengen Elektrolyt, wie Wasserglas oder Natronlauge, versetzt. Die
Menge des Wassers und des -Elektrolyten ist für jedes Rohmaterial durch Versuch
festzustellen und so zu bemessen, daß vollständige Trennung der Tonsubstanz von
den Verunreinigungen stattfinden kann. Nach Zusatz des Elektrolyten bleiben die
feinen Kaolin- oder Tonteilchen in der Flüssigkeit suspendiert (Solzustand), während
die meist gröberen Verunreinigungen sich als am Boden des Gefäßes haftende Schicht
absetzen. Die Trennung der Suspension von dem Bodensatz erfolgt durch Abhebern oder
ähnliche Arbeitsweisen.
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Das Ausbringen der suspendierten Tonteilchen aus der Flüssigkeit findet
mit Hilfe des elektroosmotischen Verfahrens oder auf andere bekannte `"eise statt.
Man gelangt so zu einem veredelten Material, dessen Tonsubstanzgehalt im Vergleich
zum Ausgangsmaterial erheblich gestiegen ist, während der Gehalt an Kieselsäure
durch das Absetzen des Sandes abgenommen hat. Auch die übrigen Verunreinigungen,
wie Pyrit, Glimmer, Feldspat u. dgl., sind aus dem Ton oder Kaolin entfernt.
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Diese Verfahren versagen indessen in zahlreichen Fällen, weil die
in Frage kommenden Stoffe häufig peptisationshindernde Substanzen enthalten, die
den zwecks Sedimentation der Verunreinigungen erforderlichen Solzustand der Tonteilchen
nicht zustande kommen lassen. Solche peptisationshindernden Substanzen sind namentlich
die mehrwertigen Ionen, wie Ca", Ba", Al', S04" usw.
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Bei Anwesenheit von Kalziumsulfat (Gips) z. B., das besonders häufig
nicht nur in den zu
reinigenden Stoffen, sondern auch in dem zur
Aufschlämmung verwendeten Wasser vorkommt, versagen die Verfahren mit Verwendung
von hydroxylionenhaltigen Elektrolyten, wie N atriumhy droxyd, Ammoniumhydroxyd
usw., vollständig oder geben nur sehr mangelhafte Resultate.
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Vorliegende Erfindung betrifft eine kolloidchemische Methode zur Reinigung
von ton-und kaolinhaltigen Stoffgemischen. Das Verfahren besteht erfindungsgemäß
darin, daß man die aufzubereitenden Stoffe nach genügender Zerkleinerung aufschlämmt
und zur Aufschlämmung solche Elektrolyte oder ein Gemisch von solchen Elektrolyten
gibt, welche befähigt sind, die für die Peptisation schädlichen Ionen unschädlich
zu machen und gleichzeitig peptisierend auf die Stoffe bzw. Bestandteile zu wirken.
Als geeignete Elektrolyte in diesem Sinne haben sich die Alkalisalze der Oxalsäure
und der Zitronensäure erwiesen, die entweder für sich oder in Verbindung mit anderen
Elektrolyten, z. B. hydroxylionenhaltigen, zur Anwendung kommen. Während nach den
bisherigen Erfahrungen auch die Salze einwertiger Säuren, z. B. Kochsalz, Salpeter
usw., gelbildend auf elektronegative Kolloide wirken, hat sich die überraschende
Tatsache ergeben, daß die erwähnten Salze ein ausgezeichnetes Peptisationsvermögen
für die erwähnten Kolloide besitzen. Praktisch reine, d. h. von störenden Bestandteilen
wesentlich freie Tone oder Kaoline werden z. B. in wässeriger Suspension schon durch
sehr kleine ":Mengen von Natriumoxalat in den Solzustand übergeführt, und sein Peptisationsvermögen
ist sogar verhältnismäßig größer als das hydroxylionenhaltiger Elektrolyte, wie
etwa N atriumhydroxyd, was sich darin zeigt, daß die Aufteilung der Tonsubstanz
in feine Teilchen, das Loslösen und Absetzen von Verunreinigungen, wie Sand, Glimmer
usw., weitgehender und rascher erfolgt.
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Ganz besonders wirksam erweist sich das neue Verfahren bei der Reinigung
von Stoffen, welch<: der Peptisation entgegenwirkende Ionen, wie Ca" oder Al`,
enthalten. Bei Anwesenheit von Kalk [Ca(OH)2 oder Ca0] in den Stoffen versagen hy
droxylionenhaltige Peptisatoren, während die Verwendung von Natriumoxalat ausgezeichnete
Resultate gibt. Die auch in diesem Falle erfolgende weitgehende Peptisation ist
wohl darauf zurückzuführen, daß der schädliche Kalk in das nicht dissoziierte (unlösliche)
und daher unschädliche Kalziumoxalat übergeführt wird, etwa im Sinne folgender Gleichung
Ca (O H) 2-(-2 N a + Oxalat = Ca-Oxalat -E- 2 N a O H. Das entstehende Na0b1 begünstigt
infolge seines Hydroxylionengehaltes die Peptisation, so daß auch aus diesem Grunde
nur sehr geringe Mengen des N a-Oxalates notwendig sind. Ist der Kalkgehalt verhältnismäßig
gering, so verwendet man in diesem Falle zweckmäßig von vornherein zur Peptisation
ein Gemisch von Na-Oxalat und eines hydroxylionenhaltigen Elektrolyten, und es erfolgt
hierbei die Entfernung der ungeeigneten Substanzen, ihre Lockerung und Loslösung
von den festen Teilchen der Suspension besonders rasch und weitgehend.
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Ebenso wie bei Anwesenheit von Kalk gibt bei Anwesenheit von Gips
(Ca"- und S 0. Ionen) die Verwendung von beispielsweise Natriumoxalat technisch
zufriedenstellende Resultate, während z. B. N atriumhydroxyd oft versagt. Die günstige
VG irkung der erwähnten Salze ist wohl darauf zurückzuführen, daß das Ca-Ion in
Form eines unlöslichen Salzes ausgefällt wird. Zurück bleibt das weniger störende
S 0Ion. Um auch dieses zu entfernen. verfährt man zweckmäßig so, daß man als Peptisator
neben Natriumoxalat Barythydrat als hydroxyiionenhaltigen Elektrolyten verwendet,
wobei gemäß den Gleichungen: Ca S 0., -i- N a-Oxalat = Ca-Oxalat + N a . S O und
Na2S0ä+Ba(OH)"=BaSOi+2 Na OH die der Peptisation entgegenwirkenden Ca"-bzw. SO,"-Ionen
durch Überführung in unlösliche Verbindungen praktisch unschädlicb gemacht werden.
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Für den Vorgang der Lockerung und Zertrümmerung der suspendierten
Teile und die weitgehende Peptisation ist, wie ersichtlich, von besonderem Einflusse
die M-irkung der Anionen der angewandten Salze. Beim Aufschlämmen des zu reinigenden
Materials gehen die in den suspendierten Teilchen absorbierten oder gebundenen schädlichen
Bestandteile teilweise in Lösung, und zwar so weit, bis an den Grenzflächen der
festen und flüssigen Phasen sich ein Gleichgewicht einstellt. Durch die Anwendüng
von Elektrolyten der hier beanspruchten Art wird dieses Gleichgewicht durch die
Unschädlichmachung bzw. Ausfällung der für die Peptisation schädlichen Ionen sehr
rasch gestört, so daß der Prozeß der Entfernung der schädlichen Bestandteile außerordentlich
beschleunigt wird. Hinzu kommt noch die Wirkung der entstehenden bzw. hinzugefügten
Hydroxylionen, welche nun ihrerseits keine schädlich wirkenden Substanzen bilden
können bzw. antreffen, da diese ja bereits in unschädliche Form gebracht sind. Als
Folge hiervon tritt eine raschere und weitergehende Lockerung, Peptisation und Reinigung
der suspendierten Teile ein als nach den bisherigen Verfahren.
Die
Ausführung des Verfahrens wird durch folgende Beispiele erläutert: Beispiel i.
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Zur Ausführung des Verfahrens werden z. B. ein Gewichtsteil rohen
Kaolins mit einer den jeweiligen Eigenschaften des Kaolins entsprechenden Wassermenge,
z. B. i bis 5 Teile @#-asser, angerührt. Zu dieser Suspension gibt man unter Umrühren
in kleinen :Mengen allmählich eine wässerige Lösung von \ atriumoxalat hinzu, so
lange, bis Peptisation eingetreten ist und deutliches Absitzen der Verunreinigungen,
wie Sand, Glimmer usw., sichtbar wird. Man läßt dann einige Zeit absitzen und trennt
die überstehende Suspension von dem meist sehr festhaftenden Bodensatz. Aus der
Suspension wird das gereinigte Kaolin nach einer der bekannten Methoden ausgebracht.
Beispiel 2. Ein Ton, der erhebliche Mengen von Kalziumverbindungen, namentlich Gips,
enthält, wird mit Wasser im Verhältnis von i Gewichtsteil Ton zu 3 Gewichtsteilen
Wasser angerührt und mit so viel Natriumoxalat versetzt, bis Peptisation erkennbar
ist. Dann fügt man in sehr kleinen Mengen eine Lösung von Barythydrat hinzu, worauf
sofort weitgehende Solbildung bzw. Absitzen der Verunreinigungen stattfindet.
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Die Mengenverhältnisse und die Natur der zugesetzten Elektrolyte richten
sich nach der Natur der zu reinigenden Stoffe und der Art und Menge ihrer Verunreinigungen.
In manchen Fällen ist es zweckmäßig, Gemische von Natronlauge und Oxalat zu verwenden,
@venn z. B. die verunreinigenden Sulfatmengen gering sind. Wenn man salzartige Elektrolyte
in Vereinigung mit hydroxylionenhaltigen anwendet, so ist es meist vorteilhaft,
zuerst die Salzlösung und dann den hy droxylionenhaltigen Elektrolyten zuzugeben;
indessen ist auch die umgekehrte Reihenfolge der Zusätze möglich oder die Anwendung
eines vorher angesetzten Gemisches von salzartigen und hydroxylionenhaltigen Elektrolyten.
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Als salzartige 1_lektroly te kommen vorzugsweise in Frage: die Alkalisalze
(Na, K, Li, H.) der Oxalsäure und Zitronensäure.