DE4008893A1 - Verfahren zum enzymatischen bleichen von zellstoffen - Google Patents
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum enzymatischen
Bleichen von Zellstoffen.
Die bisher bekannten biologischen Verfahren zur
Zellstoffherstellung arbeiten mit Mikroorganismen, insbesondere
mit Pilzen. So ist aus der DE-PS 31 10 117 ein Verfahren zur
Gewinnung von Zellulose aus Holz oder anderen Pflanzenfasernmaterialien
bekannt, bei dem die Lignozellulose mit Hilfe von
Weißfäulespilzen abgebaut wird. Die mit Mikroorganismen arbeitenden
Verfahren haben jedoch erhebliche Nachteile. So ist es bislang
nicht möglich, ohne gleichzeitiges Wachstum der Mikroorganismen
und ohne Verlust an Cellulose einen Abbau und ein Loslösen des Lignins
von seinen Begleitpolymeren (Zellulose) zu erreichen. Durch das gleichzeitige
Wachstum des Pilzes treten sehr lange Abbauzeiten auf, die bis
zu mehreren Wochen dauern können.
In den letzten Jahren sind wegen der dargestellten Schwierigkeiten
des Einsatzes von Mikroorganismen die Verwendungsmöglichkeiten für
isolierte Enzymsysteme untersucht worden. Insbesondere wurden die
Enzyme des Weißfäulepilzes Phanerochaete chrysosporium erforscht
und in vielen Einzelheiten aufgeklärt. So ist aus "Biotechnology
in the Pulp and Paper Industry, 3. International Conference,
Stockholm, 1986", bekannt, daß beim Abbau von Lignin das Gleichgewicht
der Reaktion auf der Polymerisationsseite liegt, d. h. zellfreie Systeme
bauen kein Lignin ab bzw. polymerisieren es.
In der Literatur ist auch seit der Entdeckung der lignolytischen
Enzyme beim Weißfäulepilz Phanerochaete chrysosporium eine Reihe
von enzymatischen Verfahren zum Bleichen von Zellstoff mit
lebenden Pilzsystemen und auch von zellfreien Systemen bekanntgeworden.
Ebenso wurde eine Reihe von Versuchen unternommen, mit
Hämsystemen zu bleichen. Alle diese Systeme benötigen
Reaktionszeiten von mehr als 12 Stunden. Das heißt, allen diesen
Systemen sind ein großer Zeitaufwand und hohe Kosten zu eigen.
Letzeres trifft insbesondere für die reinen Hämsysteme zu.
Heutzutage wird eine Bleiche noch rein chemisch in mehreren Stufen
unter Zusatz von Chlor durchgeführt. Die Chlorbleiche ist aber
mit großen Umweltproblemen verbunden. Bei den Bleichverfahren
wird im allgemeinen durch Entfernung der beim Kochprozeß zur
Ligninentfernung entstandenen chromophoren Restlignin-Kondensationsprodukte
die Kappazahl, d. h. der Ligningehalt erniedrigt
und so der Zellstoff aufgehellt.
Die vorliegende Erfindung hat sich nunmehr die Aufgabe gestellt,
ein Verfahren zum enzymatischen Bleichen von Zellstoffen zur
Verfügung zu stellen, welches die aufgezeigten Nachteile der
biologischen und chemischen Bleichverfahren nicht mehr aufweist.
Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß a) unter gleichzeitiger
Zudosierung von Oxidations- und Reduktionsmitteln und Zusatz von
Salzen und Komplexbildnern zu einer wäßrigen zellstoffhaltigen
Lösung ein Redoxpotential im Bereich zwischen 200 und 500 mV
eingestellt, b) durch Zugabe von lignolytischen Enzymen eine Bleichreaktion
gestartet und c) die Reaktion unter ständigem Rühren über
15 Minuten bis 12 Stunden aufrechterhalten wird. Durch diese
Verfahrensführung wird eine Repolymerisierung des Lignins verhindert
und eine Depolymerisierung erst möglich gemacht.
Das Redoxpotential liegt vorzugsweise zwischen 250 und 450 mV. Es
kann bei dem erfindungsgemäßen Verfahren mittels einer
Redoxelektrode ermittelt und mittels eines Reglers und eines
Stellgliedes während der gesamten Reaktionszeit durch die Zugabe
von Oxidations- und Reduktionsmitteln, Salzen und phenolischen
Verbindungen konstant gehalten werden.
Als Oxidationsmittel werden vorzugsweise Wasserstoffperoxid,
Sauerstoff und Ozon eingesetzt. Als Reduktionsmittel kommen
Ascorbinsäure, Dithionit und Natrium-Bisulfit in Frage.
Als Salz wird der zellstoffhaltigen wäßrigen Lösung Kupfer(II)sulfat
zugesetzt. Zusätzlich können als Salze Mn(II)sulfat, Mn(III)acetat,
Fe(II)sulfat, Ti(III)chlorid, Ce(III)nitrat
und Ce(IV)amoniumnitrat eingesetzt werden. Ebenso kommen
Salze mit den Elementen Zink, Antimon und Blei in Betracht.
Gegebenenfalls können der wäßrigen zellstoffhaltigen Lösung phenolische
Verbindungen zugesetzt werden. Als solche haben sich insbesondere
Veratrylalkohole bewährt.
Ferner können der wäßrigen zellstoffhaltigen Lösung Fettsäuren,
z. B. Ölsäuren, Hämverbindungen, z. B. Hämoglobin, und
Bleichreagenzien, z. B. Natriumperborat, zugesetzt werden. Darüber
hinaus kann eine Nachbleiche mit gängigen Bleichmitteln, wie
Natriumhypochlorit, O₂, Chlordioxid, Ozon, H₂O₂ und Natriumthionit
durchgeführt werden.
Außerdem sei darauf hingewiesen, daß der Zusatz von
Komplexbildnern für den Erfolg des erfindungsgemäßen Verfahrens
sehr wichtig ist. Als solche werden vorzugsweise
Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) oder
Diethylentriaminpentraessigsäure (DTPA) eingesetzt. Sobald
das erforderliche Redoxpotential eingestellt ist, beginnt
relativ schnell der Bleichprozeß, der innerhalb weniger Minuten
schon beendet sein kann, allerdings mit kaum erniedrigter
Kappazahl, welche in Abhängigkeit vom Zellstoffgehalt nach
einigen Stunden bis zu 90% vermindert werden kann.
Zusätzlich zu den genannten Stoffen können der wäßrigen
zellstoffhaltigen Lösung weitere Substanzen zugesetzt werden. Als
solche kommen Natriumhypochlorit, Natriumperborat, Detergenzien,
Tenside und Polysaccharide, wie Glukane und Xanthane, in Betracht.
Als Enzyme werden bei dem erfindungsgemäßen Verfahren vorzugsweise
lignolytische Enzyme eingesetzt. Hierzu zählen unter anderem
Phenoloxidasen, Laccasen und Peroxidasen. Die Wirksamkeit des
Verfahrens kann durch Einsatz von Pektinase und/oder
Hemicellulasen noch erhöht werden. Besonders geeignete
lignolytische Enzyme sind solche, die aus dem Weißfäulepilz
Phanerochaete chrysosporium gewonnen werden. Der Einsatz solcher
Enzyme ist bereits aus den US-PS 46 92 413, 46 90 895 und 46 87 741
bekannt. Allerdings werden nach diesen Patentschriften aus
speziellen Mutanten aus Phanerochaete chrysosporium gewonnene
Enzyme zum Bleichen eingesetzt. Erfindungsgemäß ist dies hingegen
nicht erforderlich. Vielmehr können bei Einhaltung der dargestellten
Bedingungen alle heute bekannten lignolytischen Enzyme eingesetzt
werden. Der Hauptunterschied ist in der Funktion der zudosierten
reduzierenden oder oxidierenden Stoffe und Mediatoren, welche als
Radikalfänger fungieren, zu sehen. Diese Stoffe verhindern nämlich
eine Repolymerisierung des Lignins und ermöglichen dadurch erst einen
Ligninabbau in der beschriebenen Weise und Menge innerhalb der
erwähnten kurzen Zeitspanne.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren liegt der pH-Wert gewöhnlich
zwischen 2 und 5. Besonders bevorzugt wird ein pH-Wert von 3. Die
Temperatur beträgt 20 bis 60°C, vorzugsweise 40°C. Bei Einhaltung
der Bedingungen wird unter Zusatz der genannten Stoffe ein
Redoxpotential von 200 bis 500 mV eingestellt. Dabei wird dies
durch das Verhältnis der verschiedenen zugesetzten Stoffe im Reaktionsgefäß
bestimmt. Durch die entsprechende Messung und Regelung der
Zugabe der Oxidations- und Reduktionsmittel, der Salze und ggf.
der phenolischen Verbindungen kann es während der gesamten
Reaktionszeit aufrechterhalten werden.
Mit dem geschilderten Bleichverfahren ist es erstmals gelungen,
innerhalb sehr kurzer Zeit (15 Minuten - 2 Stunden) bei
physiologischen Temperaturen (40°C) ohne Druck und mit geringsten
Zugaben an chemischen Stoffen kostengünstig und vor allem
umweltschonend Zellstoffe zu bleichen. Ein weiterer Vorteil des
erfindungsgemäßen Verfahrens ist die Möglichkeit der
kontinuierlichen Verfahrensführung.
Das erfindungsgemäße Verfahren wird anhand der folgenden Beispiele
näher erläutert:
50 g atro-Zellstoff (Sulfatzellstoff) werden in einem Rührgefäß bei
1% Stoffdichte bei ca. 500 rpm und 40°C gerührt. Der pH-Wert wird
mit 1 n HCL auf pH 3 eingestellt. Es werden 0,1-1,5% H₂O₂ auf atro-
Stoff bezogen, ca. 2×10-5%-2×10-3% Veratrylalkohol (VA) und
0,1% EDTA oder DTPA, 0,001-0,01% Kupfer(II)sulfat bezogen auf atro-
Stoff zugesetzt. Nach Zugabe von 500-5000 IU lignolytischer Enzyme
(1 IU=Umsatz von 1 mmol VA/min in Veratrylaldehyd) wird der
Bleichprozeß durch gleichzeitige Dosierung von H₂O₂ und Natrium-
Bisulfat-Lösung in Gang gesetzt. Hierbei wird das Redoxpotential von
ca. 400 mV aufrechterhalten. Nachdem der Prozeß eingeleitet ist, wird
dieser für 2 Stunden fortgesetzt. Die Steuerung und Regelung des
Prozesses wird mittels einer Redoxelektrode und einer Pumpensteuerung
durchgeführt.
Claims (27)
1. Verfahren zum enzymatischen Bleichen von Zellstoffen,
dadurch gekennzeichnet, daß
- a) unter gleichzeitiger Zudosierung von Oxidations- und Reduktionsmitteln und Zusatz von Salzen und Komplexbildnern zu einer wäßrigen zellstoffhaltigen Lösung ein Redoxpotential im Bereich zwischen 200 und 500 mV eingestellt,
- b) durch Zugabe von lignolytischen Enzymen eine Bleichreaktion gestartet und
- c) die Reaktion unter ständigem Rühren über 15 Minuten bis 12 Stunden aufrechterhalten wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß das
Redoxpotential zwischen 250 und 450 mV liegt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß als
Oxidationsmittel H₂O₂, O₂ oder Ozon eingesetzt werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, daß als
Reduktionsmittel Ascorbinsäure, Dithionit oder Natrium-Bisulfit
eingesetzt werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß als lignolytische
Enzyme Ligninperoxidasen und Laccasen eingesetzt werden.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, daß als Salz
Kupfer(II)sulfat eingesetzt wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich
zu Kupfer(II)sulfat als Salz Mn(II)sulfat, Mn(II)acetat,
Fe(II)sulfat, Ti(III)chlorid, Ce(III)nitrat und/oder Ce(IV)amoniumnitrat
eingesetzt werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet, daß zur Einstellung
des Redoxpotentials zusätzlich phenolische Verbindungen der
zellstoffhaltigen wäßrigen Lösung zugesetzt werden.
9. Verfahren nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet, daß als phenolische
Verbindung Veratrylalkohol eingesetzt wird.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich zu
den lignolytischen Enzymen Pektinasen und/oder Hemicellulasen
eingesetzt werden.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10,
dadurch gekennzeichnet, daß der pH-Wert
zwischen 2 und 5 liegt.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11,
dadurch gekennzeichnet, daß der pH-Wert
3 beträgt.
13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12,
dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur
zwischen 20 und 60°C liegt.
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 13,
dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur
bei 40°C liegt.
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 14,
dadurch gekennzeichnet, daß Natriumhypochlorit
der Reaktionslösung zugesetzt wird.
16. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 15,
dadurch gekennzeichnet, daß als Komplexbildner
Ethylendiamin-tetraessigsäure (EDTA) oder Diethylentriamin-
pentaessigsäure (DTPA) eingesetzt werden.
17. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 16,
dadurch gekennzeichnet, daß zur
wäßrigen, zellstoffhaltigen Lösung Polysaccharide zugesetzt
werden.
18. Verfahren nach Anspruch 17,
dadurch gekennzeichnet, daß die Polysaccharide
Glukane und/oder Xanthan sind.
19. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 18,
dadurch gekennzeichnet, daß der
wäßrigen, zellstoffhaltigen Lösung Detergenzien zugesetzt
werden.
20. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 19,
dadurch gekennzeichnet, daß der wäßrigen,
zellstoffhaltigen Lösung Tenside zugesetzt werden.
21. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 20,
dadurch gekennzeichnet, daß der wäßrigen,
zellstoffhaltigen Lösung Fettsäuren zugesetzt werden.
22. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 21,
dadurch gekennzeichnet, daß der wäßrigen
zellstoffhaltigen Lösung Hämverbindungen zugesetzt werden.
23. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 22,
dadurch gekennzeichnet, daß der wäßrigen,
zellstoffhaltigen Lösung zusätzlich Bleichreagenzien beigegeben
werden.
24. Verfahren nach Anspruch 23,
dadurch gekennzeichnet, daß als Bleichreagenz
Natriumperborat eingesetzt wird.
25. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 24,
dadurch gekennzeichnet, daß nach Abschluß der
Reaktion mit NaOH und/oder H₂SO₄ extrahiert wird.
26. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 25,
dadurch gekennzeichnet, daß eine
Nachbleichung mittels gängiger Bleichmittel vorgenommen wird.
27. Verfahren nach Anspruch 26,
dadurch gekennzeichnet, daß zum
Nachbleichen Natriumhypochlorit, Chlor, Chlordioxid, O₂, Ozon, H₂O₂
und Natriumdithionit verwendet werden.
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