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Verfahren zur Darstellung von schwefelhaltigen Celluloseverbindungen.
Es ist bekannt, daß man durch Einwirkung von Schwefelkohlenstoff auf mit Alkalien
vorbehandelte Cellulose alkali- bzw. wasserlösliche Verbindungen (Cellulosexanthogenate)
erhält, die unter dem Namen »Viscose« in der Technik mannigfache Verwertung, z.
B. zur Herstellung von künstlichen Fäden, plastischen Massen, Films u. dgl., finden.
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Es wurde nun gefunden, daB man zur Erzeugung ähnlicher Produkte geeignete
Verbindungen herstellen kann, wenn statt Schwefelkohlenstoff Kohlenstöffoxysulfld
(C O S) verwendet wird.
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Diese Entdeckung ist überraschend, da es bisher nicht gelungen ist,
mittels Kohlenstoffoxysulfids (C d S) derartige Celluloseverbindungen herzustellen
(vgl. S c h w a 1 b e »Die Chemie der Cellulose« S.336 und Ber. d. Deutschen Chem.
Ges. 26 [18931 S. 1o97).
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In diesen Literaturstellen ist über die Art, wie gearbeitet wurde,
nichts Näheres angegeben; es geht aus ihnen nur hervor, daB V iscose mit C O S nicht
hergestellt werden kann. Nach den Erfahrungen, die zu dem vorliegenden Verfahren
geführt haben, ist es klar, daB hier ein Fehler in der Versuchsanordnung oder in
der Beobachtung unterlaufen ist. Es ist zu vermuten, daB diese früheren Beobachter
übersehen haben, daB zwar keine Rotfärbung wie bei C SZ Viscose eintritt, wohl aber
unter geringer Verfärbung eine Wasser- oder alkalilösliche C O S-V iscose sich bildet,
die aber anscheinend besonders unter andauernder Einwirkung der Zersetzungsprodukte
des C O S sehr rasch wieder unlöslich wird. Die Celluloseverbindungen, die durch
das vorliegende Verfahren hergestellt werden, sind somit neu und sind eben jene
Produkte, deren Vorhandensein in den obenerwähnten Literaturstellen in Abrede gestellt
wird.
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Zur Ausführung des Verfahrens werden gebleichte oder ungebleichte
Cellulose in jeder Form, in der sie sich im Pflanzenreich darbieten, z. B. Baumwolle,
Holzzellstoff jeder Art, Flachs, Ramiefaser, Jute o. dgl., oder cellulosehaltige
Stoffe, z. B. Reisschalen, Esparto, Stroh, Holzschliff o..dgl., in bekannter Weise
mit Alkalien in Lösung behandelt und das erzielte Produkt, die sogenannte Alkalicellulose,
der Einwirkung von Kohlenstoffoxysulfid (C O S) unterworfen.
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Je nach dem Alkaligehalte der Imprägnierungsflüssigkeit und nach dem>Abpressungsgrad
der imprägnierten Alkalicellulose wird man entweder von der Alkalicellulose der
Formel: C, H", 05- # 2 R O H (wobei R ein Alkalimetall bedeutet) oder von
einer Alkalicellulose ausgehen, welche einen überschuB an Alkali aufweist.
Selbstverständlich
muß nicht unbedingt unangegriffene Cellulose als Ausgangsstoff verwendet werden.
Das Verfahren ist auch mit Cellulose ausführbar, die mit hydrolysierenden Mitteln
(z. B. verdünnten Säuren u. dgl.) oder oxydierenden Mitteln (z. B. Bleichmitteln
u. dgl.) vorbehandelt wurde.
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Beispiel: Nach der Vorschrift von K 1 a s o n : >J. f. p. Ch.« 36/2,
S. 64 bis 72, werden 50 ccm einer kaltgesättigten Rhodankaliumlösung in einem
Kolben mit einer Mischung von qoo g Wasser und 500 g Schwefelsäure bei -
etwa 30° C in Reaktion gebracht; das entweichende Gas wird mit Natronlauge und Schwefelsäure
gewaschen und in 75 ccm mit Kältemischung gekühlten Äthers geleitet.
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Diese Lösung läß't man vorteilhaft unter häufigem Schütteln bei Zimmertemperatur
auf eine Cellulose einwirken, die wie folgt mit Alkali vorbehandelt ist: io g Cellulose
werden mit ioo g 16- - bis 25prozentiger Natronlauge getränkt, über Nacht bei Zimmertemperatur
stehengelassen und dann auf 25 bis q.o Teile abgepreßt, zerkleinert und in bekannter
Weise einem i bis 3 Tage umfassenden Reifprozeß bei 12 bis 2o° C unterworfen. Dann
wird die Alkalicellulose mit der oben beschriebenen Ätherlösung des Kohlenstoffoxysulfids
(C O S) vorteilhaft unter Schütteln behandelt. Hierauf wird der Überschuß von C
O S entfernt und das Produkt in Wasser, oder wenn nötig, in Alkalilauge gelöst.
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Es ist von Wesenheit, daß die Entfernung des Überschusses von C O
S stattfinde, bevor die aus dem C O S in Gegenwart von Alkali und Wasser entstehenden
Zersetzungsprodukte die gewonnene Celluloseverbindung unlöslich machen. Im allgemeinen
tritt in äußerst kurzer Zeit nach erfolgter Reaktion Zersetzung und damit Unlöslichwerden
des erhaltenen Produktes ein, es muß infolgedessen sehr rasch gearbeitet werden.
Die Zeit, die hierfür zur Verfügung steht, läßt sich durch Abänderung der Alkalikonzentration
und der Temperatur innerhalb gewisser Grenzen regeln.
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Man erzielt eine viscose, schleimige Lösung, welche in bekannter Weise,
ähnlich wie .die Viscose, auf künstliche Fäden, plastische Massen, Films, Appreturen
von Geweben, Schlichten von Gespinsten, Fixiermittel für Zeugdruck, Leimmasse für
-Papier u. dgl. verarbeitet werden kann.
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Statt der im Beispiel genannten Konzentration der Ätherlösung können
auch andere Lösungen und statt des Äthers andere Lösungsmittel verwendet werden.
Ebenso kann man die Reaktion auch durch Hindurchleitung von gasförmigem Kohlenstoffoxysulfid
durch Alkalicellulose vollziehen.
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Die neue Celluloseverbindung kann auch einer Reinigung unterworfen
werden, indem man sie aus ihren Lösungen aussalzt oder durch Alkohol ausfällt und
wieder auflöst.