-
Verfahren zur Herstellung von Formgebilden, wie Folien oder Fäden,
durch Koagulieren von Celluloselösungen Es sind bereits zahlreiche Verfahren bekannt,
nach denen Formgebilde, wie Folien, Filme oder Fäden, aus Lösungen von Cellulose
bzw. Cellulosematerialien in Schwefelsäure durch Koagulieren hergestellt werden
sollen.
-
Ein Teil dieser Verfahren bemüht sich, die zum Koagulieren geeigneten
Lösungen in einer Stufe herzustellen, indem die Cellulose in relativ konzeii trierter
Schwefelsäure gelöst wird. Um den a'bbauenden Einfluß der konzentrierten Schwefelsäure
auf die Cellulose zurückzudämmen, müssen diese Verfahren bei sehr tiefen Temperaturen
arbeiten.
-
Nach .dem Verfahren der deutschen: Patentschrift 259 248 werden
Kunstseide, Tüll und Filme aus Pseuddalösungen von Cellulose in Schwefelsäure hergestellt,
die dadurch gewonnen werden, daß Cellulose mit 6o bis 7oo/oiger Schwefelsäure bei
Temperaturen unter -io° behandelt wird. Nach dem sehr ähnlichen Verfahren der französischen
Patentschrift 82q.320 werden künstliche Gebilde durch Lösen von Cellulose in
62,5 l),i;s 6qo/oiger Schwefelsäu.re bei o° ohne anschließende Verdünnung
hergestellt. Nach einer bevorzugten Aus@führungs@form dieses Verfahrens muß aber
die bei o'° hergestellte Lösung vor dem Verspinnen auf -g bis -7° abgekühlt werden.
Die Verwendung von Temperaturen von -1o° bzw. von -g .bis -7° stellt bereits einen
offensichtlichen Nachteil der beiden Verfahren dar, da solche Temperaturen sich
technisch nur sehr schwer und unter großem Kostenaufwand aufrechterhalten
lassen.
Führt man aber das zweite dieser Verfahren bei Temperaturen nur wenig unter o°'
durch, so erhält man, wie Versuche gezeigt haben, überhaupt keine gießbaren Lösungen,
sondern nahezu feste, noch bröcklige Massen von gummiartiger, elastischer Konsistenz,
die sich noch bequem in Stück;. aufteilen lassen und nicht einmal durch Aufstreichen
auf Filme verarbeitet werden können.
-
Eine andere Gruppe von Verfahren versucht, in mehreren Stufen die
Cellulose in Schwefelsäure verschiedener Konzentration zu lösen und vermeidet hierbei
zu tiefe Temperaturen.
-
Das deutsche Patent 72 572 hat ein Verfahren zur Umwandlung von Cellulose
in eine formbare Masse von vollkommener Homogenität zum Gegenstand, das dadurch
gekennzeichnet ist, daß der durch starke Schwefelsäure von 7o bis 8o% in Sulfocellulose
übergeführten Cellulose nachträglich eine schwächere Schwefelsäure von 45 bis 630%
beigemengt wird, um -die Sulfocellulose während der Formung beständig zu halten.
Vor der Behandlung mit der starken Schwefelsäure kann die Cellulose noch mit Schwefelsäure
von 4o bis 5o% getränkt werden-. .Nach diesem Verfahren erhält man Celluloselösungen,
die sich sehr rasch abbauen. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, daß bei der
Überführung der Cellulcs-: in Sulfooellulos,e mit 7o- bos 8c0/9:"-er Schwefelsäure
eine zu hohe Endkonzentration an Schwefelsäure erreicht wird, die jedenfalls wesentlich
über 62 %, da sich die Sulfocelluloselösung mit 63%iger Schwefelsäure verdünnen
lassen soll, wahrscheinlich aber nahe an 8o % liegt.
-
Die österreichische Patentschrift 136 972 und die mit ihr übereinstimmenden
britischen Patentschriften 395 947 und 427 613 beziehen sich auf die Her-!;tellung
von Lösungen von Cellulose in Schwefelsäure und die Darstellung von Formgebilden
daraus, wobei zum Lösen der Cellulose eine Schwefelsäure von über 6o, vorzu,-s,v..ise
65 % verwendet und die Lösung durch Wasser oder verdünnte Schwefelsäure von weniger
als 6o%, z. B. 5o bis 6o %, verdünnt wird, wodurch sie metastabil wird. Dieses Verfahren
liefert, wie Versuche gezeigt haben, unbrauchbare, trübe und faserhaltige Folien.
Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, daß die Cellulose sogleich mit einer zu
konzentrierten Schwefelsäure in Berührung gebracht und daß die Celluloselösung zum
Schluß zu stark verdünnt wird.
-
Nach der britischen Patentschrift 427 611 und der französischen Patentschrift
783 449 wird die Cellulose zunächst mit Schwefelsäure von 57 bis 63% behandelt,
wobei die Fasern aus ihrer gegenseitigen Verbindung gelöst werden sollen, ohne in
Lösung übergeführt zu werden, worauf die erhaltene Fasersuspension mit konzentrierter
Schwefelsäure versetzt wird, derart, daß die Schlußkonzentration der Lösung in bezug
auf Gesamtschwefelsäure 63 % beträgt. Die so erhaltenen Lösungen werden rasch abgebaut
und ergeben .ebenfalls unbrauchbare Formgebilde. Die Ursache hierfür dürfte darin
zu suchen sein, daß die Endkonzentration der Schwefelsäure noch zu hoch ist. Schließlich
wird nach dem Verfahren der franzö,s.ische@n Patentschrift 82d. oi6 statt mit lufttrockener
Cellulose, wie bei allen anderen Verfahren mit feuchter Cellulose gearbeitet, und
die z. B. 5o % Wasser enthaltende Cellulose zunächst mit einer Schwefelsäure -einer
solchen Konzentration behandelt, daß eine Masse entsteht, deren Konzentration an
Schwefelsäure 52 bis 57% beträgt, und diese Masse auf eine Konzentration an Schwefelsäure
von 62 bis 63% aufkonzentriert. Die erhaltene Lösung kann schließlich durch Zusatz
von verdünnter Schwefelsäure verdünnt werden. Dieses Verfahren ist zwar den verschiedenen
anderen überlegen, liefert aber immer noch Folien, die noch Trübungen bzw. Fasern
aufweisen. Darüber hinaus wird nach diesem Verfahren mit einem sehr ungünstigen
Flottenverhältnis von: i Teil Cellulose auf 20 bis 25 Teile SchweIelsäurelösung
gearbeitet. Schließlich müssen bei diesem Verfahren tiefe Temperaturen eingehalten
werden.
-
Diese zahlreichen Verfahren, die sich untereinander durch geringe
Konzentrations- oder andere Maßnahmen unterscheiden, zeigen, wie schwer es ist,
eine brauchbare Lösung für die Aufgabe der Herstellung von Formgebilden aus Celluloselösungen
in Schwefelsäure zu finden. Diese Schwierigkeiten werden noch deutlicher, wenn man
bedenkt, daß keines dieser Verfahren Eingang in die Praxis gefunden hat. Der Grund
dafür dürfte darin liegen, daß es zwar möglich ist, nach dem einen oder anderen
der bekannten Verfahren Formgebilde, wie Folien oder Fäden, herzustellen, daß jedoch
die Oualität dieser Formgebilde den technischen Ansprüchen nicht :genügt.
-
Die Anforderungen, die man an ein technisch brauchbares Verfahren
zur Herstellung von z. B. transparenten Folien stellen muß und die bei den Verfahren
zur Herstellung solcher Folien aus Viskose erfüllt werden, sind im wesentlichen
folgende: i. Die Schwefelsäurelösungen müssen faserfrei sein und. dementsprechend
faserfreie und ungetrübte Formgebilde ergeben; 2. die Lösungen müssen so beschaffen
sein, daß man sie mehrere Stunden aufbewahren kann, ohne einen zu weitgehenden Abbau
der Cellulose in Kauf nehmen zu müssen; 3. die Lösungen müssen reißfeste, dehnbare
Folien mit guter Falzzahl ergeben; 4. man muß mit einem wirtschaftlichen Flottenverhältnis
Cellulose zu Schwefelsäure arbeiten können; 5. das Verfahren soll zweckmäßi-gerweise
bei. Temperaturen über o° durchgeführt «-erden können.
-
Geringe Abweichungen von diesen Forderungen können bereits ausschlaggebend
für den technischen Wert eines -Verfahrens sein.
-
Mit vorliegender Erfindung ist es gelungen, ein Verfahren zur Herstellung
von Formgebilden aus Lösungen von Cellulose bzw. Cellulosemateriäl in Schwefelsäure
auszuarbeiten, das allen diesen Anford-erun.gen genügt.
-
Erfindungsgemäß wird so gearbeitet, d.aß man Collulose bzw. Cellulosematerialien
zunächst mit Schwefelsäure von weniger als 52%, vorzugsweise 4o bis 5i'/o, Hz S
O¢ behandelt, hierauf durch
konzentriertere Schwefelsäurq die Konzentration
der Masse auf 61,5% H, S 04 (C@ellulose nicht gerechnet) erhöht, dann durch weitere
Zugabe von höher konzentrierter Schwefelsäure die Schwefelsäurekonzentration in
der Lösung auf 63,5 bis 66% (Cellulose nicht gerechnet) bringt und schl,:.eßlicli
durch Verdünnen mit Wasser eine zum Gießen oder Spinnen bereite Reaktionsmasse herstellt,
die eine Schwefelsäurekonzentration von 61,5% (Cellulose nicht gerechnet) aufweist.
-
Sowohl die einzelnen Stufen als auch die Schwefelsäurekonzentrationen
besonders in den drei letzten Stufen müssen ziemlich genau .eingehalten werden,
will man die gewünschten Ergebnisse erzielen.
-
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren geht man zweckmäßig von lufttrockener
bzw. getrockneter Gellulo@s@° mit etwa 6 bis 12'/G Wasser aus. Bei der Behandlung
mit Schwefelsäure von weniger als 52% in der ersten Stufe wird eine Lösung der Cellulose
noch nicht erzielt. Vielmehr dient diese Behandlung nur einer Auflockerung und Aufquellung
der Cellulose, die ihre Lösung in den nachfolgenden Stufen erleichtert. Die Vermischung
der Cellulose mit der Schwefelsäure erfolgt beispielsweise in einem Knetwerk.
-
Nachdem die Cellulose und die Schwefelsäure zu einer g=leichmäßigen
Masse verknetet wurden, wird die Masse in zwei weiteren Stufen gelöst. Zunächst
wird die Masse durch Zusatz von Schwefelsäure von etwa 8o bis 96% auf eine Gesamtschwefelsäurekonzentration
von 61,50/0 (Cellulosenicht gerechnet) gebracht. Hierbei wird einegelatinöse,teigigeMasse
erhalten, in der eine vollständige Lösung der Cellulose offensichtlich noch nicht
eingetreten ist. (Erst bei der weiteren Erhöhung der Konzentration der Gesamtschwefelsäure
in der Masse (durch Zugabe weiterer Mengen etwa 8o bis 96%iger Schwefelsäure) auf
63,5 bis 66% geht die Cellulose vollständig in Lösung. Diese stufenweise Aufkonzentrierung
hat den Vorteil, daß sich die Reaktionsmasse nicht wesentlich erhitzt und dadurch
nicht wesentlich abbaut. Versucht man, diese z. B. 65%ige Lösung sogleich zum Gießen
von Folien zu verwend"-n, so erhält man eins vollständig trübe Folie.
-
Um brauchbare Folien zu erhalten, muß man die Celluloselösung in einer
vierten Stufe durch Zusatz von Wasser auf einen Gesamtgehalt .an Schwefelsäure von
etwa 61,5% (Cellulose nicht gerechnet) verdünnen. Diese Konzentration muß ziemlich
genau eingehalten werden. Wird die Lösung auf 6o% gebracht, so erhält man bereits
mit Trübungen versehene Folien. Beim Einbalten der Konzentration wird aber die Folie
vollkommen durchsichtig.
-
Die Herstellung der Formgebilde erfolgt in bekannter Weise durch Spinnen
der Lösung aus Schlitz- oder Lochdüsen und Koagulieren.
-
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren kann man in allen Konzentrationsstufen
bei Temperaturen über o° arbeiten. Nur in manchen Fällen, insbesondere bei Verwendung
sehr großer Reaktionsapparate, kann es wünschenswert sein, bei der ersten Zugabe
von konzentrierter Schwefelsäure von 8o bis 96 % die Temperatur auf weniger als
o' zu senken. Dann muß aber erst recht ün allen anderen Arbeitsgängen bei Temperaturen
über ö°' gearbeitet werden. Beispiel i 438 g Zellstoff mit einem Feuchtigkeitsgehalt
von 8,68 % H2 O wird mit 3 162 g Schwefelsäure von 51,6 % H2 S 04@Gehalt bei gewöhnlicher
Temperatur versetzt, so daß sich die Gesamtkonzentration an Schwefelsäure auf 51%
einstellt. Es wird nun etwa i Stund,- lang geknetet, wobei man dieMasse zweckmäßigerweise
allmählich auf eine Temperatur von etwa -I- 3'° bringt. Dann werden 1181 g go%ige
Schwefelsäure zugegeben und damit die Gesamtschwefelsäurekonzentration auf 61,5%
erhöht, wobei zu beachten ist, daß die Temperatur zweckinäßiigerw-ei.se nicht über
-I- 14° steigt. Man knetet nun etwa i Stunde, wobei man die Temperatur allmählich
wieder auf -I- 3° bringt. Der so erhaltenen Masse gibt man nun allmählich 4946 g
96%ige Schwefelsäure zu (Gesamtschwefelsäurekonzentration 65%), wobei die Mässe
glasklar wird. Es wird nun etwa 2 Stunden bei etwa -I-4° geknetet. Schließlich wird
noch allmählich 278,3gWasserzugegeben, wobei die Gesamtkonzentration der Schwefelsäure
61,51/o H2 S 04 erreicht. Es wird nun etwa 1/z Stunde bis i Stunde bei etwa 3 bis
5° geknetet, wobei man zweckmäßigerweise evakuiert, um die blasse zu entlüften.
Nach dem Filtrieren wird die Masse in bekannter Weise durch eine Schlitzdüse verformt
und in einem geeigneten Fällbad, z. B. Wasser oder Schwefelsäurelösung, koaguliert.
Die Gießmasse kann man nach etwa gstündigem Aufbewahren bei etwa ö° noch verarbeiten,
ohne daß sich die Eigenschaften der .daraus hergestellten Formgebilde wesentlich
verändern.
-
B:eispiel2 Man tränkt in einem Knetwerk 438 g Zellstoff mit einem
Feuchtigkeitsgehalt von 8,68% H20 mit 3162 g 5o,6%iger Schwefelsäure und erhält
dadurch @i-rven Gesamtschwefelsäuregehalt von 5o %. Nach etwa istündi,gem Kneten,
wobei man die Masse zweckmäßigerwe.ise allmählich auf eine Temperatur von etwa -I-
3° bringt, werden 129,1 g go%ige Schwefelsäure zugegeben, so daß sich die Gesamtschwefelsäurekonzentration
auf 61,5% H2 S 04 erhöht, wobei zu beachten ist, daß die Temperatur der Reaktionsmasse
zweckmäßigerweise nicht über -!- 14° steigt. Man knetet nun eine weitere Stunde,
wobei man die Temperatur allmählich wieder auf T 3° bringt. Hierauf gibt man der
so erhaltenen ?Masse allmählich 628 g go%ige Schwefelsäure zu und erreicht dadurch
eine Gesamtschwefelsäurekonzentration von 65 0/a. Die Masse wird dabei glasklar.
Nach einem weiteren, etwa 2stündigem Kneten bei etwa -I- 3 bis 5° werden allmählich
293g Wasser zugegeben, wobei die Gesamtkonzentration der Schwefelsäure wieder 61,5'/o
erreicht. Es wird nun noch etwa i Stunde bei 3 bis 5° weiter geknetet, wobei man
zweckmäßigerweise evakuiert, um die Masse zu entlüften. Nach dem Filtrieren wird
die Masse durch Lochdüsen gepreßt und die so entst.andenen Fäden werden in einem
geeigneten Fällbad,
z. B. Wasser oder Schwefelsäurelösung, gefällt.
Je nach dem Lochdurchmesser der Spinndüse erhält man Produkte, «-elche entweder
als Kunstseide od. dgl. oder auch z. B. als künstliche Borsten oder Roßhaarersatz
Verwendung finden können.