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Mittel zur Beeinflussung der Pflanzenentwicklung
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Es ist bekannt, daß bestimmte Norbornan-Abkömmlinge, wie sie z.B.
in der DE-OS 26 15 878 beschrieben werden, in den pflanzlichen Hormonhaushalt eingreifen.
Ferner ist bekannt, daß ihre Wirkung primär auf einer Hemmung der Biosynthese von
Gibberellinen beruht (vgl. W. Rademacher et al (1983), Zum Wirkungsmechanismus einiger
neuentwickelter Wachstumsretardantien, Hohenheimer Arbeiten 129; F. Bangerth (ed.),
Ulmer-Verlag, Stuttgart, S. 132-144), die eine wichtige Rolle in der Pflanzenentwicklung
als endogene Wuchsstoffe spielen (vgl. z.B. J.E. Graebe und H.-J. Ropers (1978):
Gibberellins., In: Phytohormones and Related Compounds: A Comprehensive Treatise;
Vol. I, D.S. Letham, P.B. Goodwin und T.J.V. Higgins (eds.), Elsevier/Noth Holland
Biomedical Press, Amsterdam, pp. 107-203).
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Die äußerliche Anwendung der Gibberelline bewirkt z.B. eine Verlängerung
der Internodien, während umgekehrt die erwähnten Norbornane eine Internodienstauchung
hervorrufen, das Wurzelwachstum anregen und zu kräftigeren Pflanzen führen, die
StreB-Situationen (Trockenheit, Kälte, Unwetter, Verpflanzung, Schädlingsbefall)
leichter und besser überstehen.
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Allerdings wirft die Anwendung von Bioregulatoren vom Typ der Norbornan--Abkömmlinge
dann Probleme auf, wenn die Wirkung in einem frühen Keimlingsstadium erzielt werden
soll. Es kann dann vorkommen, daß die Keimlinge je nach Klimabedingungen, Bodenbeschaffenheit
und Saattiefe die Erdoberfläche nicht oder nur geschwächt erreichen. Dadurch wird
die an sich gegebene Möglichkeit, Norbornane zur Saatgutbehandlung oder zur Behandlung
des Substrates zu verwenden (was sehr wirtschartlich und einfach in der Anwendung
wäre) eingeschränkt.
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Die Erfindung hat sich die Aufgabe gestellt, Bioregulatoren auf der
Grundlage von pflanzenphysiologisch wirksamen Norbornan-Abkömmlingen besonders für
die Anwendung als Saatgutbehandlungsmittel zu schaffen.
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Es wurde gefunden, daß diese Aufgabe gelöst werden kann, wenn man
dafür sorgt, daß auf das Saatgut oder insbesondere das junge Pflanzengut gleichzeitig
ein Norbornan und ein Gibberellin bzw. eine Substanz mit gibberellinartiger Wirkung
einwirken. Die natürliche Anwesenheit von endogenen Gibberellinen ist mit der Erfindung
nicht gemeint.
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Unmittelbarer Erfindungsgegenstand ist die Verwendung von Mischungen
eines pflanzenphysiologisch wirksamen Norbornans mit einem Gibberellin in jeweils
wirksamer Menge zur Beeinflussung der pflanzlichen Entwicklung, bzw. ein Verfahren
dieser Art unter Verwendung der Mischung oder dadurch,
daß auf das
Anwendungsziel gleichzeitig mindestens ein Norbornan-Abkömmling und ein Gibberellin
zur Einwirkung gebracht wird.
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Erfindungsgegenstand sind weiterhin die Mischungen als solche und
die Mischung enthaltende Saatgutbeizen oder Pflanzenbehandlungsmittel unter Mitverwendung
üblicher Hilfsstoffe. Anwendungsformen: Stäube, Granulate, Flüssigformulierungen.
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Erfindungsgegenstand sind schließlich Mischungen der vorbezeichneten
Art und deren Anwendung, die zusammen mit oder anstelle eines Gibberellins einen
in der physiologischen Wirkung äquivalenten Wirkstoff, insbesondere ein Aminosäureamid
oder eine Vorstufe der natürlichen Gibberellinbiosynthese (z.B. Kaurensäure) enthalten.
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Das Mengenverhältnis bzw. die Anwendungskonzentration der antagonistisch
wirksamen Bestandteile des BehandlungsRittels kann je nach Anwendungsziel (d.h.
z.B. Pflanzenart oder Substrat) in weiten Grenzen schwanken.
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Beispielsweise wendet man die Norbornan-Abkömmlinge in einer solchen
Menge an, daß sich - bei Saatgutbehandlung - eine Aufwandmenge von etwa 0,1 bis
100 g je Hektar ergibt. Bei Ausbringung auf eingesäte oder aufgelaufene Kulturen
im Freiland oder in Intensivkulturen wie Gewächshäusern kann u.U. eine höhere Aufwandmenge,
z.B. von bis zu 10 kg/ha sinnvoll sein.
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Die Menge des antagonistisch wirkenden Mittels, d.h. des Gibberellins,
der Gibberellinvorstufe oder des Aminosäureamids liegt bei Saatgutbehandlung häufig
im Bereich von 5 bis 150 Gew.% des verwendeten Norbornans.
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Sie hängt in starkem Maße von der behandelten Pflanzenart, Pflanzensorte
und dem jeweils angewandten chemischen Individuum ab, so daß sich für den jeweiligen
Anwendungszweck die Anstellung von Vorversuchen empfiehlt.
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Dies ist zwar möglicherweise im Einzelfall etwas aufwendiger als bei
bekannten wachstumsregulierenden Mitteln, wird jedoch durch den Vorteil der Anwendung
über das Saatgut und die resultierende besonders geringe Aufwandmenge schließlich
bei weitem aufgewogen.
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Als Norbornan-Abkömmlinge i.S. der Erfindung geeignet und empfehlenswert
sind die in DE-OS 26 15 878 beschriebenen Verbindungen der Formel I
in der R1 einen zweiwertigen Rest -NR3- oder -N-N-NR3- und R2 einen
zweiwertigen Rest -NXN- oder -NH-NH- und R3 einen gegebenenfalls durch Halogen,
Halogenalkyl, NO2 oder kurzkettiges Alkyl substituierten Phenylrest bedeutet und
insbesondere die folgenden Verbindungen
Nr. R1 R2 |
1 /NN-N-C /N'N |
3r |
2 /NN-N-0/ oN =N s |
1 |
3 "g-N-N v /NE-NH\ |
4 N1Cl |
l |
Gibberelline sind Abkömmlinge des ent-Gibberellans der Formel (IIa)
Viele Gibberelline haben die allgemeine Formel (II)
wobei im Falle einer C1,2-Einfachbindung gilt: R1 = R2 = OH: Gibberellin A1 (GA1)
R1 = OH, R2 ' H: GA4 R1 = R2 = H: R1 - H, R2 3 OH: GA20
Im Falle
einer C1>2-Doppelbindung gilt: R1 = R2 = OH OH, R2 R2 = H: GA7 Die genaue Bezeichnung
von Gibberellin A3 ist demnach: ent-3,10,13-Trihydroxy-20-norgibberella-1,16-dien-7,19-dicarbonsäure--19,10-lacton
Als Gibberelline verwendet man insbesondere die durch industrielle Biosynthese ausreichend
verfügbaren Gibberelline GA3 und Mischungen aus GA4 und GA7. Wegen ihrer Gewinnung,
soweit sie nicht handelsüblich sind, wird auf R. Wegler, Chemie der Pflanzenschutz-
und Schädlingsbekämpfungsmittel, Band 4, S. 18-23 (1977), Springer, Berlin, verwiesen.
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Aminosäureamide im Sinne der Erfindung sind Verbindungen der Formel
III
in der R1 und R2 unabhängig Wasserstoff, Cl-C4-Alkyl, CF3, Benzyloxy, C1-C4-Alkoxy,
Halogen, R3 und R4 unabhängig Wasserstoff oder Alkyl bedeuten, wobei R3 und R gemeinsam
einen C4-C11-Alkylring bilden können. Der annellierte Benzolring kann auch teilweise
hydriert sein, so daß sich neben Phthalimidstrukturen auch Tetrahydrophthalimidstrukturen
ergeben.
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Diese Aminosäureamide sind in DE-OS 23 42 229 beschrieben. Ein besonders
gut geeignetes Beispiel ist Verbindung Nr. 6 mit der Formel IIIa
Die folgenden Beispiele belegen die Wirkung der erfindungsgemäßen Wirkstoffmischungen.
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Beispiel 1 Auflaufförderung bei Weizen Saatgut von Sommerweizen (Sorte
Kolibri) wurde mit dem Norbornan-Abkömmling 1 sowie mit Gibberellin A3 in verschiedenen
Kombinationen behandelt.
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Nach 80 Tagen Freilandkultur unter üblichen Bedingungen auf lehmigem
Sandboden wurde der Auflauf und die durchschnittliche Wuchshöhe der Pflanzen bestimmt.
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Norbornan- Gibberellin A3 Auflauf Wuchshöhe Abkömmling 1 g AS g AS
(in % der (cm) 100 kg Saatgut 100 kg Saatgut Kontrolle) O 0 100 93 5 0 84 72 10
0 77 61 O 1 101 95 0 2 103 95 5 1 97 73 5 2 102 77 10 1 96 60 10 2 99 63 Beispiel
2 Auflaufbeschleunigung bei Mais Maissaatgut (Sorte Jurakorn) wurde mit der Verbindung
Mr. 1 sowie mit der Verbindung Nr. 6 bzw. mit Gibberellin A3 in verschiedenen Kombinationen
behandelt. Die Kultivation erfolgte in lehmigem Sandboden unter Klimakammerbedingungen
bei verschiedenen Temperaturen und einem Tag-Nacht--Rhythmus von 14:10 Stunden.
Es wurde der Zeitraum bestimmt, der für einen 75 Zigen Auflauf der Pflanzen erförderlich
war.
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Verbindung Gibberellin A3 Verbindung Temperatur (Tag/Nacht) Nr. 1
Nr. 2 g/100 kg g/100 kg g/100 kg Saatgut Saatgut Saatgut 150C/100C 190C/14'C 23eC/18oC
Q 0 0 16 Tage 9 Tage 6 Tage 10 0 0 28 Tage 13 Tage 13 Tage 30 0 0 30 Tage 16 Tage
15 Tage O 1 0 15 Tage 8 Tage 6 Tage 10 1 0 15 Tage 9 Tage 6 Tage 0 3 0 14 Tage 8
Tage 6 Tage 30 3 0 18 Tage 10 Tage 6 Tage O 0 20 16 Tage 8 Tage 6 Tage 10 0 20 19
Tage 11 Tage 6 Tage 30 0 20 20 Tage 10 Tage 7 Tage Beispiel 3 Auflaufförderung bei
Mais Saatgut von Mais (Sorten Pioneer 3186 und Pioneer 3747 F14) wurde mit dem Norbornan-AbkAmmling
1 sowie mit Gibberellin A3 in verschiedenen Kombinationen behandelt. Die Kultur
der Pflanzen erfolgte unter Feldbedingungen.
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Bei der Sorte Pioneer 3186 (Anzucht auf Tonboden) wurde der Auflauf
nach 11 Tagen und bei der Sorte Pioneer 3747 F14 (Anzucht auf Lehmboden) nach 28
Tagen bestimmt.
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Norbornan- Gibberellin A3 Auflauf (in Z der Kontrolle) Abkömmling
1 g AS g AS Pioneer 3186 Pioneer 3747 F14 100 kg Saatgut 100 kg Saatgut 0 0 100
100 7,5 0 74 0 0,35 117 0 1,05 129 7,5 0,35 119 7,5 1,05 117 10,0 0 - 89 0 6,0 -
106 10,0 6,0 - 104
Beispiel 4 Stimulation der Entwicklung bei Reiskeimlingen
Nach vier Tagen Keimung bei 250C wurden Reiskeimlinge der Sorte Girona in Nährlösungen,(=
Substrate) überführt, die den Norbornan-Abkömmling Nr. 4, Verbindung Nr. 6, Gibberellin
A4 oder ent-Kau'rensäure in verschiedenen Kombinationen enthielten. Nach sechs Tagen
Inkubation bei 250C im Dauerlicht wurden die Längen der zweiten Blattscheiden bestimmt,
um so ein Maß für das Auflaufverhalten der Pflanzen zu gewinnen.
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Norbornan- Verbindung Gibberellin A4 ent-Kaurensäure Länge der Abkömmling
Nr. 6 2. Blatt-Nr. 4 scheide (molar) (molar) (molar) (molar) (cm) O O O 0 6,8 3
x 10-6 0 0 0 1,1 0 3 x 10-6 0 0 7,2 3 x 10-6 3 x 10-6 0 0 7,6 Q 0 3 x 10-7 7,7 3
x 1O6 0 3 x 10-7 0 8,0 0 0 0 10-4 5,3 3x10-6 0 0 4,7