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Verfahren zur Darstellung hydrierter Anthrachinone. Hydrierte Anthrachinone
können durch unmittelbare Reduktion der Anthrachinone nicht dargestellt werden,
weil bei der Reduktion auch die Chinongruppe angegriffen wird. Auch aus den hydrierten
Anthracenen durch Oxydation mit Chromsäure u. dgl. sind diese Verbindungen nicht
zu erhalten, weil hierbei eine zum- größten Teil völlige Zerstörung des Anthracenmoleküls
erfolgt.
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Es wurde nun gefunden; daß sich diese Produkte leicht aus dem Tetrahydronaphthalin
und seinen Derivaten durch Synthese herstellen lassen. Bekannt ist, daß sich die
Anhydride der Phtalsäurereihe mit Benzol und anderen aromatischen Kohlenwasserstoffen
unter dem Einflüß von Aluminiumchlorid zu y-Ketoncarbonsäuren vereinigen, die sich
weiterhin durch Erhitzen mit wasserentziehenden Mitteln - wie Phosphorpentoxyd,
Chlorzink, konz. Schwefelsäure u. dgl. - teilweise zu Anthrachinonen kondensieren
lassen.
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Es war nun aber nicht ohne weiteres vorauszusehen, daß sich diese
Methoden auf das Tetrahydronaphthalin und seine Derivate übertragen ließen; denn
beispielsweise wirkt das Aluminiumchlorid, wie schon S c h a r -w i n (Berl. Ber.
35, 2511, r902) festgestellt hat, an sich so energisch auf das Tetrahydronaphthalin-
ein; daß man eine leidliche Ausbeute an Ketonen bei der Einwirkung von Carbonsäurechloriden
auf ein solches Gemisch nur bei sehr starker Verdünnung mit Schwefelkohlenstoff
(r : 3o bis r : 55 1. c.), Einhaltung niedriger Temperatur und anderer Vorsichtsmaßregeln
erzielen kann. In analoger Weise wurde auch hier bei zahlreichen Versuchen, die
die Anwendung der Friedel-Craftschen Reaktion zwecks Verknüpfung von Allzyl- und
Acylresten mit Tetrahydronaphthalin zum Gegenstand hatten, meist ein unbefriedigender
Verlauf festgestellt, indem das Aluminiumchlorid schon bei niedriger Temperatur
auf Tetrahydronaphthalin an sich in weitgehendster Weise spaltend und aufbauend
einwirkt und die gewünschte Synthese infolgedessen entweder gar nicht oder nur in
geringem Umfange vor sich ging.
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Um so überraschender war es, das Phtalsäureanhydrid und ähnlich gebaute
Säureanhydride vermittels Aluminiumchlorid glatt mit Tetra!hydronaphthalin vereinigt
werden können, wenn man einen Tetrahydronaphthalinüberschuß vermeidet und an seiner
Stelle das Reaktionsgemisch mit der zwei- bis dreifachen Menge Benzol oder ähnlichen
aromatischen Kohlenwasserstoffen verdünnt. Die letzteren bleiben alsdann unverändert
und man erhält lediglich die Vereinigungsprodukte des angewandten Tetrahydronaphthalins
mit den obengenannten Anhydriden, wie Tetrahydronaphthoyl-o-benzoesäuren usw., als
einheitlich zusammengesetzte Verbindungen, da ausschließlich die ß-Stellung im Tetrahydronaphthalin
durch den Ketonsäurerest ersetzt wird.
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Behandelt man nun diese Säuren, z. B. die ß - Tetrahydronaphthoyl
- o - benzoesäure, mit wasserentziehenden Mitteln, wie Chlorzink, Phosphorpentoxyd,
Essigsäureanhydrid, Säurechloriden,
konz. Schwefelsäure u. dgl.,
in der Hitze, so erhält man meist Derivate einer Nebenform der y-Ketonsäuren, nämlich
der Oxylactone, wie
oder andere verwickelt zusammengesetzte Gemische, die sich wieder zur y-Ketonsäure
aufspalten lassen. Läßt man aber absolute oder rauchende Schwefelsäure-nur kurze
Zeit bei gelinder Wärme auf z. B. die Tetrahydronaphthoyl-o-benzoesäure einwirken,
so entsteht in quantitativer Ausbeute ein Gemisch der beiden möglichen isomeren
Tetrahydronaphthanthrachinone. Die so erhaltenen Hydronaphthanthrachinone sollen-
vorwiegend Anwendung zur Herstellung von Farbstoffen und Arzneimitteln finden.
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Beispiel. 25 Teile Phtalsäureanhydrid werden in j.o Teilen Tetrahydronaphthalin
gelöst, mit 12o Teilen Benzol verdünnt und mit 25 bis 3o Teilen Aluminiumchlorid
nach und nach unter Rühren versetzt. Das Gemisch wird mehrere Stunden unter fortgesetztem
Rühren auf 6o bis 7o" erwärmt. Alsdann wird die Reaktionsmasse mit kaltem, angesäuertem
Wasser zersetzt, wobei sich bereits der größte Teil der entstandenen ß-Tetrahydronaphthoylo-benzoesäure
in weißen Kristallen absetzt ein kleinerer Teil der Säure ist in dem Benzol gelöst
und wird diesem durch Laugenlösung entzogen. Die Säure kann aus Benzol oder Tetrachlorkohlenstoff.,
in welchem sie in . der Kälte schwer löslich ist, umkristallisiert werden und schmilzt
dann bei 153 bis 155°. Sie ist charakterisiert durch ein in Wasser schwer
lösliches Ammoniumsalz. Mit Essi-gsäureanhydrid gibt sie das wohlkristallisierende
Acetyllacton der Formel .
vom Schmelzpunkt 135 1. Leicht bildet sich auch der Methylester, welcher
vielleicht auch als Methoxvlacton der Formel
aufzufassen ist und bei 73 bis 7q.° schmilzt. Durch Reduktion mit Zink und Salzsäure,
Alkaliamalgam und Wasser usw. gibt die Säure das ß-Tetrahydronaphthylphtalid der
Formel
neben einer ß-Tetrahydronaphthylphenylmethan-o-carbonsäure der Formel Clo Hl, C
H2 ' C, H4- C O OH DieKondensation der Tetrahydronaphthoylbenzoesäure zu den .Anthrachinonen
gelingt glatt in folgender Weise: q. Teile Tetrahydronaphthoyl-o-benzoesäure werden
unterKühlung in etwa 5 Teilen Schwefelsäure, welche etwa 25 Prozent SO, enthält,
aufgelöst. Die dunkelviolette Lösung wird 1o Minuten auf dem Wasserbad erwärmt.
Eine herausgenommene, in verdünnte Sodalösung eingetragene Probe gibt dann an letztere
keine unveränderte Säure mehr ab. Die Schmelze wird nun verdünnt, das ausgeschiedene
Anthrachinongemisch abgetrennt, gewaschen und getrocknet. Das Gemisch kann zur Darstellung
von Farbstoffen umnittelbar dienen. Will man es aber trennen, so gelingt dies leicht
durch fraktionierte Kristallisation aus zunächst Benzol und dann Eisessig, in denen
das niedriger schmelzende a-Tetrahydronaphthanthrachinon der Formel
leichter löslich ist als das ß-Tetrahydronaphthanthrachinon der Formel
Letzteres schmilzt bei 2i1°, ersteres bei z35°, beide bilden gelbe Nadeln, mit Zinkstaub
und Alkalilauge geben sie beide die bekannte Anthra'ehinonreaktion. Es bilden sich
dann die entsprechenden Anthrahydrochinone, die sich mit blutroter Farbe in der
Lauge lösen, durch Schütteln mit Luft werden aus den roten Lösungen die gelben Anthrachinone
wieder
ausgefällt. Beide Anthraehinone sind durch Halogen, Schwefelsäure und Salpetersäure
leicht substituierbar.
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Ähnliche Produkte werden erhalten, wenn man an Stelle des in diesem
Beispiel verwandten Tetrah_ydronaphthalins Homologe oder Derivate desselben. in
Anwendung bringt.
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Wird beispielsweise ß-Methylnaphthalin bei Gegenwart eines geeigneten
Katalysators in an sich bekannter Weise hydrierd, so werden leicht und schnell 2
Mol: Wasserstoff absorbiert und hauptsächlich ar.2-Methyltetrahydronaphthalin als
farbloses, bei 2i9 bis 222° siedendes öl erhalten.
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Das so gewonnene Methyltetrahydronaphthaln wird mit demselben Gewicht
Phtalsäureanhydrid und dem dreifachen Gewicht Benzol vermischt und mit etwa dem
gleichen Gewicht Aluminiumchlorid in Portionen und unter Rühren und Erwärmen auf
6o bis 7o° versetzt. Nachdem die HCl-Entwicklung aufgehört hat, wird das Gemisch
mit kalter verdünnter Salzsäure zersetzt, wobei sich die entstandene y- Ketonsäure
als halbfeste Masse abscheidet und nur zum kleineren Teil in Benzol gelöst bleibt,
dem sie aber durch Lauge entzogen werden kann. Die Säure wird in der eben ausreichenden
Menge 2 n - Ammoniak aufgelöst und die Lösung mit Ammoniumchlorid versetzt, worauf
sich das Ammoniumsalz der Ketonsäure als weißes Kristallpulver abscheidet. Die hieraus
abgeschiedene Säure bildet nach Umkristallisieren aus Benzol oder Tetrachlorkohlenstoff
feine Nadeln vom Schmelzpunkt i6o° und ist sehr wahrscheinlich als ar.3-Methyl-2-tetrahydronaphthylbenzoesäure
anzusprechen. Bei kurzem (i i bis 1 3 Minuten) Erwärmen mit 2 Teilen 25prozentiger
rauchender Schwefelsäure auf 6o bis 70° gibt sie als Hauptprodukt ein einheitliches,
aus Alkohol in gelben Nadeln vom Schmelzpunkt i i9° kristallisierendes, sehr wahrscheinlich
als 3-Methyltetrahydro-2, i-naphthanthrachinon anzusprechendes Anthrachinon