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Verfahren zur Gewinnung von Stärke aus Kartoffeln. Die meisten der
bisherigen Methoden zur Herstellung von Stärke aus Kartoffeln beruhen darauf, daß
man die feinst zerkleinerten Kartoffeln, den Kartoffelbrei, auf Sieben unter Anwendung
großer Wassermengen auswäscht und in dieser Weise in Rohstärkemilch einerseits und
in Pülpe anderseits zerlegt.
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Die Pülpe, deren Proteingehalt nur einen ganz geringen Bruchteil des
Kartoffelgewichtes ausmacht, wird gewöhnlich getrocknet oder ungetrocknet als Viehfutter
verwendet, während der ganze Kartoffelsaft (das Fruchtwasser), der erhebliche Mengen
an Eiweißstoffen, Mineralsalzen, Zucker und Dextrin enthält, durch große Wassermengen
verdünnt, nach der Abscheidung der Stärke das Abwasser bildet, welches infolge seines
Gehaltes an Eiweiß und anderen organischen Stoffen leicht in Gärung und Fäulnis
übergeht und für die Fabriken eine große -Last bildet. Abgesehen davon gehen also
mit dem Abwasser bedeutende Mengen an wertvollen Nährstoffen verloren.
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Die Abwässer verursachen auch aus einem anderen Gesichtspunkte viel
Unannehmlichkeiten im Betriebe. Zufolge seines Eiweißgehaltes schäumt der Kartoffelsaft
nämlich stark und erschwert hierdurch die Fabrikation.
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Die Reinigung der Abwässer geschah bisher in den Kartoffelstärkefabriken
nach einer der folgenden Methoden i. Die Verwendung der Abwässer zur Berieselung
von Ackerland, die aber an viele Voraussetzungen geknüpft ist, welche nur in den
seltensten Fällen erfüllt werden können.
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2. Die- Ansammlung der Abwässer @ in Sammelgruben ohne Ablaß und ihre
Ableitung erst nach erfolgter Gärung. Diese Methode weist dieselben Übelstände auf,
wie das Verfahren nach Punkt i.
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3. Die Ausfällung und Rückgewinnung der Eiweißstoffe aus den Abwässern
durch Erhitzung, welche Form der Ausnutzung aber infolge der großen zu bearbeitenden
Flüssigkeitsmengen (mindestens i cbm Flüssigkeit auf roo kg Kartoffeln) auf unüberwindliche
Schwierigkeiten stößt und mit viel zu hohen Kosten verbunden ist.
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q.. Neuestens will man diese Abwässer zur Erzeugung von Futterhefe
verwenden, was aber selbst bei verhältnismäßig kleinen Fabriken mit unverhältnismäßig
hohen Kosten verbunden wäre.
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Die vorliegende Erfindung ermöglicht nun die vollständige Gewinnung
aller wertvollen Nebenbestandteile der Kartoffeln unter gleichzeitiger Vermeidung
der mit der Behandlung der Abwässer bei der üblichen Stärkeerzeugung aus Kartoffeln
entstehenden Schwierigkeiten dadurch, daß man das Kartoffelreibsel zunächst in an
sich bekannter Weise durch mechanische
Entfernung des Fruchtwassers
möglichst entwässert, sodann die entwässerte Masse mit möglichst geringen Wassermengen
behandelt, um die noch verbliebenen Extraktivstoffe auszuziehen, und schließlich
aus dem so erhaltenen Produkt mittels der notwendigen großen Menge von Wasser in
üblicher Weise die Stärke auswäscht.
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Das Verfahren wird beispielsweise wie folgt ausgeführt: Die durch
Wäschen gereinigten Kartoffeln werden wie bisher auf Reibmaschinen sehr fein gerieben.
Hierauf wird der Brei aber nicht zur Gewinnung der Rohstärkemilch ausgewaschen,
sondern vorerst auf beliebigen Pressen, beispielsweise Filterpressen, gut abgepreßt,
und zwar vorteilhaft bei einem so geringen Druck, daß der ablaufende Fruchtsaft,
welcher gesondert aufgefangen wird, praktisch genommen stärkefrei abfließt. Auf
diese Weise gehen zunächst ohne jede Schwierigkeit etwa 50 Prozent vom Kartoffelgewicht
als Saft ab.
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Der einmal abgepreßte Brei wird sodann mit frischem Wasser, dessen
Menge jedoch zweckmäßig kleiner ist als die bereits abgepreßte Saftmenge, vermischt,
wodurch die löslichen Stoffe aus dem Reibsel fast ganz extrahiert werden, worauf
man auf dieselbe Weise, wie zuerst, noch einmal abpreßt. Der abfließende wässerige
Auszug kann zur Extraktion der löslichen Stoffe in einem späteren Arbeitsgange wieder
verwendet und auf diese Weise angereichert werden. Eine mehr als zweimalige Verwendung
des Wassers zur Extraktion ist jedoch nicht empfehlenswert.
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Bei Verwendung einer Filterpresse ka_un statt des Aufmaischens mit
Wasser die Auslaugung in der Filterpresse selbst durchgeführt werden.
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Eine weitere Auslaugung mit Wasser ist nicht mehr lohnend, da analytisch
festgestellt wurde, daß die im Reibsel verbleibende Eiweißmenge auch bei öfterer
Wiederholung der Extraktion nicht mehr nennenswert vermindert wird. Mit anderen
Worten, diese Eiweißstoffe sind nicht mehr extrahierbar, sondern verbleiben im Kartoffelmark
und kommen in der Pülpe zur Verwertung.
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Der abgepreßte Fruchtsaft und der durch Aussüßen des Rückstandes gewonnene
Auszug werden - zweckmäßig miteinander vereinigt -weiter verarbeitet. Das zum zweitenmal
gepreßte Reibsel wird nach der bisher üblichen Art und Weise auf Stärke verarbeitet.
Die jetzt entstehende Rohmilch besteht aber nur aus Stärke und reinem Wasser, welch
letzteres ohne weiteres -abgelassen werden kann. Es entfällt ferner die ganze Menge
der schaumbildenden Stoffe, wodurch die Fabrikation wesentlich erleichtert ist.
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Die bei der ersten und zweiten Pressung erhaltenen und miteinander
vereinigten Flüssigkeifen enthalten fast alle löslichen Nährstoffe und Salze der
Kartoffeln, welche beliebig verwertet werden können. Da diese Substanzen nunmehr,
statt wie in den bisherigen Abwässern in mindestens iooo 1 Flüssigkeit, bloß in
etwa 8o 1 Flüssigkeit auf ioo -kg Kartoffeln enthalten sind, ist das Eindampfen
des erhaltenen Saftes in Mehrkörperverdampfapparaten mit Hilfe von Abdampf mit verhältnismäßig
geringen Kosten durchführbar. Das Eindampfen kann entweder bis zur Sirupkonsistenz
erfolgen und die Masse sodann mit der Pülpe zusammen auf den üblichen Trockenapparaten
zu einem ausgezeichneten Kraftfutter verarbeitet werden, oder es wird der Saft bis
zur Trockene eingedampft, wobei die erhaltene Trockensubstanz etwa 32 Prozent Eiweißstoffe,
2o Prozent Kohlehydrate, a.4 Prozent Salze usw. enthält: diese Trockensubstanz kann
dann allein, oder mit anderen Substanzen gemengt, als Futter verwendet werden.
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Aus ioo kg Kartoffeln erhält man bisher bestenfalls .f,2 Prozent Trockenpülpe,
deren Futterwert nicht sehr groß ist, während nach dem beschriebenen Verfahren etwa
8 Prozent eines ausgezeichneten Kraftfutters gewonnen werden und gleichzeitig auch
die Abwasserfrage gelöst ist, was einen der wichtigsten Zwecke des Verfahrens bildet.
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Die Maßnahme des Abpressens von zerkleinerten Kartoffeln ist bei der
Herstellung von Trockenkartoffeln zwecks Erleichterung des Trocknens an sich seit
langem üblich. Derartige Verfahren zur Herstellung von Trockenkonserven aus Kartoffeln
wurden auch schon mit der Absonderung eines Teiles der Stärke als solcher verbunden,
indem man aus Kartoffelschnitzeln oder -scheiben die an den Schnittflächen freigelegte
Stärke mit Kartoffelsaft, Wasser oder Stärkewaschwasser auslaugte. Nach diesem Verfahren
sollen mit einer Saftmenge, die etwa das Fünffache des Kartoffelgewichtes beträgt,
bzw. mit 1/. oder 1/4 der Wassermenge, die bei dem üblichen Verfahren der Stärkeauswaschung
angewendet wird, die an den Schnittflächen der Kartoffelschnitzel freigelegten Stärkekörner
ausgewaschen werden. Der von Stärke befreite Kartoffelsaft dient danach von neuem
als Waschsaft und der Überschuß an entstärktem Kartoffelsaft wird eingedickt. Die
nach diesem Verfahren aus der Kartoffel abscheidbare Stärkemenge soll q-0 PrÖ-zent
des Stärkegehaltes der Kartoffel nicht übersteigen. Der Rest der Stärke verbleibt
in den Kartoffelschnitzeln oder -scheiben, die getrocknet werden. Es wird also in
dieser Weise wohl ein Teil der Stärke ohne die Übelstände der Abwassererzeugung
gewonnen, aber mehr als die Hälfte der Stärke mit den sonstigen Bestandteilen der
Kartoffel als Futtermittel verwertet. Dieses Verfahren bezweckt denn auch
die
Herstellung -eines nährstoffreichen Futters aus Kartoffeln unter Gewinnung eines
Teiles der Stärke.
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Das gleiche gilt von einem anderen Vorschlag, nach dem aus Kartoffelreibsel
in Filterpressen bei etwa zo Atm. Überdruck stärkehaltiges Fruchtwasser abgeschieden
werden soll. Aus letzterem wird alsdann die Stärke gewonnen, während die Preßkuchen
durch Trocknen, Mahlen und Sichten in ein feineres Mehl, das als Rohstoff für technische
Gewerbe dienen soll, und ein gröberes Mehl, das als Futtermittel verwendet wird,
geschieden werden. Die lästige Abwasserfrage bei der Verarbeitung von Kartoffeln
auf Stärke als Hauptprodukt wurde durch diese Vorschläge ihrer Lösung um nichts
nähergebracht. Diese Aufgabe löst aber die vorliegende Erfindung dadurch, daß vorweg
alle extrahierbaren Proteine nebst den Salzen aus dem Reibsel fortgeschafft werden
und die gesamte Stärke erst hernach aus dem Kartoffelbrei als praktisch eiweißfreie
Stärkemilch herausgespült wird.
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Es ist ferner vorgeschlagen worden, die zerkleinerten Kartoffeln vorerst
abzupressen und erst aus dem trockenen Preßrückstand in gewöhnlicher Weise die Stärkekörner
auszuwaschen, während aus dem ausgepreßten Saft durch Koagulation ein Eiweißbrei
gewonnen wird. Da der Kartoffelbrei aber durch Pressen nur von einem Teil des Fruchtsaftes
befreit werden kann, während ein sehr großer Anteil in dem Gemisch von Stärkekörnern
und Pülpe zurückgehalten wird, kann in dieser Weise von den wertvollen Nebenbestandteilen
der Kartoffeln nur ein Bruchteil der Eiweißstoffe gerettet und nichts oder wenig
zur Beseitigung der unangenehmen Eigenschaften des Abwassers getan werden.
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Schließlich hat man auch schon versucht, durch Zentrifugalkraft die
Gewinnung der gesamt,=n Stärke aus Kartoffeln sozusagen auf trockenem Wege, d. h.
ohne Erzeugung einer Stärkemilch, zu ermöglichen.. Zu diesem Zwecke soll von dem
Kartoffelreibsel der ganze Fruchtsaft bis auf die letzten Reste, welche m,-,n durch
Nachdrücken von Wasser entfernt, abzentrifugiert werden, wobei die Stärkekörner
gleichzeitig aus ihren Zellen ausgeschleudert werden. Die Stärke wird schließlich
durch einfaches Sichten des getrockneten und gemahlenen Gutes von den Faserstoffen,
bzw. bei ungeschälten Kartoffeln von den Faserstoffen und Schalen getrennt. Abgesehen
von den apparativen Schwierigkeiten, die einer so radikalen Abänderung der Stärkegewinnung
aus Kartoffeln entgegenstehen, und von dem Kraftaufwand, der erforderlich ist, üm
ohne Stärkeverlust den Fruchtsaft bis auf die letzten Reste abzuschleudern, bedarf
es zu dieser Gewinnung der Stärke auf trockenem Wege überdies einer chemischen Vorbehandlung
des Kartoffelreibsels. Im Gegensatz zu diesen bekannten Verfahren der Stärkegewinnung
aus Kartoffeln ohne Abwasser steckt sich die vorliegende Erfindung das bescheidenere
Ziel, bei der Gewinnung praktisch-eiweißfreies Abwasser entstehen zu lassen, und
erreicht diese Absicht mit den einfachsten Mitteln und unter engster Anpassung an
die übliche Apparatur der Stärkeindustrie.