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Mit einer oberen beweglichen Elektrode und einer unteren festen Grundplatte
mit einer Durchbrechung in Richtung der Achse zur. Zuführung stickstoffhaltigen
Gases versehener elektrischer Ofen zur Herstellung von Aluminiumnitrid oder anderen
Nitriden. In der britischen Patentschrift 2r755/95 ist bereits die Herstellung von
Aluminiumnitrid durch Erhitzung beschrieben worden. Bei diesem Verfahren wird in
einem elektri--schen Ofen ein Gemisch von Kohle und Tonerde oder eine sauerstoffhaltige
Verbindung des Aluminium in Gegenwart von Stickstoff erhitzt. Als vorteilhaftesten,
Tonerde enthaltenden Stoff verwendet man dabei offenbar die natürliche Tonerde,
d. h. Bauxit. Die wirtschaftlichste Stickstoffquelle ist das sog. Generatorgas,
das hauptsächlich aus Stickstoff und Kohlenoxyd besteht und durch Überleiten von
Luft über glühende Kohlen gewonnen wird.
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Man erhält nach diesem bekannten Verfahren auch tatsächlich eine mehr
oder weniger reichliche Menge von Aluminiumnitrid, wenn man in einem kleinen elektrischen
Ofen ein Gemisch von Bauxit und Kohle, z. B. Koks oder Anthrazit erhitzt und durch
die glühenden Massen Generatorgas hindurchbläst.
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Will man nun aber dieses Herstellungsverfahren für industrielle Zwecke
nutzbar machen, indem man die eine oder andere der vier Anordnungen in der genannten
Fä.tentschrift in vergrößertem Maßstabe verwendet, so erhält man keinen befriedigenden
Erfolg, selbst wenn man in verschiedener Weise die Abmessungsverhältnisse zwischen
den einzelnen Bestandteilen abändert.
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Es sind nun eine ganze Anzahl von teilweise sehr sinnreichen Anordnungen
erdacht, geschützt und auch in den letzten Jahren erprobt worden, die erheblich
von der bekannten Einrichtung abweichen. Trotzdem sind aber die zu überwindenden
Schwierigkeiten derart, daß die Herstellung von Aluminiumnitrid bis heute noch nicht
industriell verwertet werden konnte.
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Seitdem schien es zweckmäßig, wieder auf das Verfahren nach der englischen
Patentschrift zurückzugreifen, und ohne lange nach einem Ofen für Dauerbetrieb zu
suchen, ein. facb den in der amerikanischen Patentschrift 741396 angegebenen Ofen
für unterbrochenen Betrieb zu verbessern. Nach zahlreichen Versuchen sind schließlich
mit dem nachstehend beschriebenen und abgebildeten Ofen wirklich industriell verwertbare
Erfolge erzielt worden.
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Der vorliegenden Anordnung hat diejenige nach Fig. i der englischen
Patentschrift als Vorbild.gedient, die im wesentlichen aus einer zylindrischen,
vollen, senkrecht verschiebbaren oberen Elektrode besteht, und einer unteren aus
Kohle, die in Form eines Tiegels zusamlnengepreßt
ist; für die
Einführung des Generatorgases ist dann in der unteren Elektrode eine achsial verlaufende
Durchbrechung vorgesehen.
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Diese ursprüngliche Anordnung ist beibehalten worden, aber mit drei
äußerst wich-. tigere und sehr wesentlichen neuen Abänderungen oder besonderen Einzelheiten
technischer Art versehen.
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Zunächst ist die untere Elektrode als ein weites, sehr dickes, senkrecht
stehendes, aus Kohle gepreßtes Rohr A von kreisförmigem oder vieleckigem Querschnitt
ausgebildet. Die innere Höhlung des Rohres ist mit Koks B angefüllt, während es
außen mit einer Schicht C von feuerfestem, die Elektrizität schlecht leitendem Stoff,
z. B. von gewöhnlichem, zu Staub zermahlenem Bauxit umgeben ist. Das Rohr A muß
hoch genug sein, um die Herdplatte aus Stahl, auf der es ruht und durch die der
Strom zugeführt wird, nicht zu heiß werden zu lassen. Die innere Höhlung des Rohres
A muß ferner so groß sein, daß das unter Druck mittels des Rohres D zutretende Generatorgas,
das sich erst in dem ringförmigen Hohlraum E verteilt, in ausreichender Menge und
mit nicht zu großer Geschwindigkeit durch die Koksmasse aufsteigen kann.
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Ferner ist der Ofen rings von einer Metallhülle umgeben, die mittels
dichter Verbindungen aus einzelnen Teilen von Eisen- oder Stahlguß oder -blech zusammengefügt
wird, so daß einesteils das stickstoffhaltige Gas unter Druck zugeführt werden kann,
und dieses daher den Widerstand überwinden kann, den ihm die im Ofen behandelten
Massen entgegensetzen, anderseits können die zurückbleibenden Gase, die hauptsächlich
aus Kohlenoxyd und etwas nicht gebundenem Stickstoff bestehen, gefaßt und durch
Rohre zu beliebig weit vom Ofen entfernten Verwendungsstellen geführt werden; diese
Gase treten durch die Öffnung G aus, die übrigens an jeder anderen als der abgebildeten
Stelle angeordnet sein kann, aber stets im oberen Teile des Ofens sich befinden
muß. Die bewegliche Elektrode H hängt' an einer Stahlstange J, die sich in eine:
Stopfbüchse verschieben läßt. In dem Metalldeckel des Ofens sind rings um die Elektrode
herum in angemessener Zahl Öffnungen K angebracht, die zur Einführung des Gemisches
aus Bauxit und Kohle dienen. Die Öffnungen müssen natürlich mit Klappdeckeln o.
dgl. versehen sein, um das Entweichen der Gase zu verhindern. Zwischen den verschiedenen
Teilen, die aüfeinandergesetzt die gasdichte Hülle des Ofens bilden, sind Verbindungsglieder
eingefügt, die die Elektrizität nicht leiten; als eine gute Anordnung hat sich beispielsweise
diejenige mit zwei isolierenden Gliedern erwiesen, eins am Fuße des Ofens zwischen
dem ersten und zweiten Teil bei M, M und das zweite oben an der Verbindungsstelle
N, N zwischen dem letzten Teil und dem Deckel.
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Die Ausfütterung. der Seiten des Ofens mit feuerfesten Stoffen oberhalb
des Rohres A ist nicht erforderlich und wird daher weggelassen. Diese Abänderung
der bekannten Einrichtung erscheint zunächst unzweckmäßig; bei der praktischen Erprobung
. des Ofens hat sich aber diese Maßnahme als vollkommen zweckmäßig erwiesen, so
daß hierdurch eine der größten Schwierigkeiten bei der Herstellung elektrischer
Ofen für Aluminiumnitrid beseitigt wird. Bei aufmerksamer Prüfung der Arbeitsbedingungen
für den neuen Ofen findet man, daß infolge der Eingrenzung der Tätigkeit des elektrischen
Stromes auf die Mittellinie des Ofens das Gemisch von Bauxit und Kohle, das an der
Blechhülle anliegt, vom Strome nicht durchsetzt wird und auch an der Reaktion nicht
teilnimmt; es bleibt daher in pulverförmigem Zustande oder in lose gehäufter Mischung,
die sehr wenig wärmeleitend und also vorzüglich geeignet ist; als Wärmeschutzschicht
zu dienen.
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Schließlich sollen die oberen Teile des Ofens so ausgebildet sein,
daß sie sich leicht und schnell abnehmen und beiseitebringen lassen, damit die gewonnenen
Klumpen von Alurniniumnitrid nach jedem Arbeitsgang schnell herausgenommen und nach
einer anderen Werkstatt geschafft werden können. Bei den Ofen größerer Leistung
für industrielle Zwecke können die einzelnen Teile natürlich wieder aus mehreren
Stücken zusammengesetzt werden. Anstatt die metallische Ofenhülle aus aufeinandergesetzten
zylindrischen Teilen herzustellen, kann man auch jede beliebige andere geeignete
Form verwenden, z. B. im ganzen oder nur an einigen Stellen leicht auseinandernehmbare,
gewölbte Platten.
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Die Wirkungsweise des beschriebenen Ofens ist folgende Die bewegliche
Elektrode wird nach unten geschoben, bis sie etwas in die Höhlung des Rohres A hineinreicht,
der Strom geht dann durch Vermittlung des Koks von der einen Elektrode zur anderen
über. Dieser Zustand wird - einige Zeitlang beibehalten, um den ringförmigen Herd
und den Koks gut zu er -hitzen. Darauf beginnt man den Ofen in regelmäßigen Zwischenräumen
durch die oberen Öffnungen K zu . beschicken und zu gleicher Zeit durch das Rohr
D Generatorgas einzuleiten. Ein Arbeitsgang dauert mehrere Tage und wird beendet,
wenn der ganze Hohlraum des Ofens gefüllt ist. Das Gewicht jeder Beschickung und
die Zwischenräume, in denen sie vorgenommen werden müssen, ergibt sich
jedesmal
aus der Erfahrung mit Rücksicht auf das günstigste Fassungsvermögen und die Leistung
des Ofens. Man muß nur besonders im Anfang des Arbeitsganges vermeiden, das Gemisch
von Bauxit und Kohle zu schnell und in zu großer Menge in den Ofen einzuführen,
denn sonst entsteht auf der Rohrfläche eine dicke metallische Schicht, eine Legierung
von Eisen, Silizium und Aluminium; durch die der Stickstoff nur äußerst schwer hindurchdringen
kann und die sich infolgedessen nur zum Teil, am Rande, in Aluminiumnitrid umwandelt.
Wenn man dagegen die einzelnen Beschickungen in genügend größeren Zwischenräumen
und in kleineren Mengen vornimmt, so ist jede schon zum Teil auf die Reaktionstemperatur
gebracht und sogar schon teilweise in Aluminiumnitrid verwandelt, wenn die nächste
Beschickung eingeführt wird; die Teilchen von Metallegierungen, die nun eingeschlossen
werden, sind nur. klein und in einer gasdurchlässigen Masse zerstreut, und lassen
schließlich ganz allmählich das in ihnen enthaltene Aluminium sich mit - dem Stickstoff
verbinden.
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Man könnte den Ofen auch dauernd beschicken, das wäre aber viel weniger
einfach. Wie sich bei den Hochöfen zeigt, hat sich aber die Großindustrie mit der
Beschickung in Zwischenräumen sehr gut abgefunden.
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Nach Beendigung des Arbeitsganges unterbricht man den elektrischen
Strom und die Generatorgaszufuhr, und wenn man nach dem Erkalten des Ofens diesen
öffnet, so findet man einen dicken Klumpen von Aluminiumnitrid eingehüllt in ein
Gemisch von Bauxit und Kohle, das sich leicht von dem Aluminiumnitrid absondern
läßt und das man beiseiteschafft, um es beim nächsten Arbeitsgang mit frischem Material
vermischt wieder zu verwenden.
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Das rohe Aluminiumnitrid enthält auch noch Körnchen oder kleine Mengen
von Metalllegierungen, nämlichFerrosiliziummitmehroder weniger viel Aluminium. Nach
dem Zerstoßen oder Brechen können diese Metallteile sogleich durch die bekannten
Mittel ausgeschieden werden, z. B.. durch einen elektromagnetischen Erzabscheider.
Für manche Verwendungszwecke, so für die Ammoniakerzeugung im Nitrierofen mit Tonerderückgewinnung,
ist diese Abscheidung überflüssig.
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Diese Legierungsteilchen und vor allem die größeren Stücke, die sich
ebenfalls in dem Klumpen, besonders im unteren Teile, finden, zerfallen übrigens
nach kurzer Zeit in Staub, vorzugsweise unter der Einwirkung feuchter Luft, und
zwar wahrscheinlich wegen der kleinen Aluminiumkarbidteilchen, die in ihnen verteilt
vorhanden sind. Diese Eigenschaft kann man sich zunutze machen und durch zufügen
von Wasser oder eine Behandlung mit Wasserdampf bei atmosphärischem Druck, wobei
das Aluminiumnitrid nicht zersetzt wird, das Zerfallen zu Staub beschleunigen; der
das Abscheiden der verschiedenen gewonnenen Stoffe von dem Aluminiumnitrid erleichtert,
mit dem sie in dem rohen, dem Ofen entnommenen Klumpen vermischt sind.
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In den am nächsten an den Elektroden liegenden Teilen des Klumpens
finden sich mit Nitrid und Karborundum belegte Kristalldrusen. Hiernach kann man
die im Ofen erzeugte Temperatur schätzen, denn aus den Versuchen von Turker und
Lampen (s. Journal of the american Chemical Society, x go6) ist bekannt geworden,
daß das Karborundum nicht eher als ungefähr bei 195o° C in Kristallform übergeht.
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Bei der Verwendung des gewöhnlichen roten Bauxits ist in der Mischung
ein Überschuß von Kohle gegenüber der nach den chemischen Formeln zur vollständigen
Entziehung des Sauerstoffs aus dem Bauxit als;'erforderlich berechneten Menge nicht
nötig, weder zur Erhöhung der Gasdurchlässigkeit noch der elektrischen Leitfähigkeit
des Gemisches. Benutzt man aber eine andere Art von Bauxit oder andere tonerdehaltige
Stoffe, so kann ein Kohleüberschuß sehr vorteilhaft sein, wie dies bereits von G.
von Chalmot 1896 vorgeschlagen wurde.
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Das Generatorgas mit ungefähr 35 Prozent Koblenoxydgehalt gibt bereits
sehr zufriedenstellende Erfolge, selbstverständlich würde die Ausbeute bei Verwendung
von reinem Stickstoff noch besser ausfallen. Je nach den Herstellungs- und Beschaffungskosten
des Generatorgases oder Stickstoffes wird man das eine oder das andere Gas verwenden.
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Wenn übrigens das Aluminiumnitrid vom Beginn seiner Bildung bis zum
Schluß jeden Arbeitsganges dauernd einem hohen Wärmegrade unterworfen bleibt, wird
auch in dem neuen Ofen die Rückbildung verhindert, die von F r a e n k e 1 kürzlich
entdeckt und untersucht wurde (s. Zeitschrift für Elektrochemie, 15. April 1913,
S. 362 bis 373) und die vor allem bei niedrigeren Temperaturen (15000 bis 16oo°)
von Einfluß ist; das ist ein sehr großer Vorteil des neuen Verfahrens.
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Der Ofen und das Verfahren gemäß der Erfindung können natürlich auch
zur Herstellung von anderen Nitriden verwendet werden als für Aluminiumnitrid.