DE2657381C2 - Glucosehaltige Infusionslösung - Google Patents
Glucosehaltige InfusionslösungInfo
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Description
Infusionslösungen dienen u. a. zur Auffüllung des Blutvolumens bei Schockzuständen verschiedener Genese.
Auch können mittels dieser in die Arterien oder Venen des Blutkreislaufs applizierte Lösungen dem
Organismus Stoffe zugeführt werden, die dieser zur Aufrechterhaltung des Stoffwechsels oder zur Heilung
krankhafter Erscheinungen benötigt. Insbesondere im Falle der parenteralen Ernährung enthalten diese
Infusionslösungen beträchtliche Mengen an Glucose sowie Aminosäuren, Mineralsalze usw. In allen Streßzuständen,
wie z. B. in der postoperativen Phase, aber auch während bestimmter Infektionen kommt es beim
Patienten zu einer Stoffwechselstörung, die gekennzeichnet ist durch eine Verwertungsstörung der Glucose
und eine gesteigerte Einschmelzung der für den Körper wichtigen Eiweißdepots, die dann zur Verbrennung und
Energielieferung herangezogen werden. Bisher konnte man in solchen Situationen auch den sonst stoffwechselgesunden
Patienten nicht ausschließlich mit Glucose ernähren, da wegen dieser Glucoseverwertungsstörung
die Gefahr eines überhohen Anstiegs der Glucose mit einem hyperglykämischen Coma bestand. Der Zusatz
von Insulin ist hier in der Praxis nicht möglich, da die Gabe von Insulin eine genaue Kontrolle des Blutzuckerspiegels
erforderlich machen würde, zumal jeder Patient auf Insulingaben völlig unterschiedlich reagiert. Deshalb
hat man bisher bei der parenteralen Ernährung in solchen Fällen die Glucose kombiniert mit Fructose
bzw. anderen Zuckeraustauschstoffen oder sie durch diese ersetzt. Es hat sich aber gezeigt, daß diese
Substanzen ihrerseits dosisabhängig Nebenwirkungen aufweisen. So müssen sie in der Leber zum Teil 4fach
häufiger phosphorylliert werden, so daß es über einen verstärkten Verbrauch der energiereichen Phosphate zu
einer Störung der Leberfunktion kommt. Darüber hinaus akkumuliert in diesen Fällen im Gesamtorganismus
Laktat, so daß schon häufiger Laktatazidosen in solchen Zuständen beobachtet wurden (vgl. hierzu
Mehnert und Schöffling, »Diabetologie in Klinik und Praxis«, G. Thieme Verlag, Stuttgart 1974, S. 18-23). In
letzter Zeit wurden bei Verwendung dieser Zuckeraustauschstoffe auch Ablagerungen von Oxalat in den
verschiedensten Organen beobachtet.
Es wurde nun überraschenderweise festgestellt, daß die Glucose der Infusionslösungen bei Zusatz von
Kininen zu den Lösungen wesentlich besser vertragen wird und den Gewebszellen schneller zugeführt wird.
Kinine sind Oligopeptide, die als sogenannte lokale Gewebshormone bezeichnet werden und deren vasodilatorische
und damit blutdrucksenkende Eigenschaften besonders untersucht wurden. Zu den Kininen gehören
das Nonapeptid Bradykinin mit dem Aufbau: (NH2) Arginin— Prolin — Prolin — Glycin — Phenylalanin — Serin—Prolin—Phenylalanin—Arginin
(COOH) und das Dekapeptid Kallidin, das sich vom Bradykinin nur dadurch unterscheidet, daß es am Aminoende der
Peptidkette noch einen Lysinrest aufweist Durch Anlagerung einer weiteren Aminosäure, nämlich des
Methionins, erhält man ein Peptid, das als Meth-Lys-Bradykinin bezeichnet wird und Kinin-Wirkung besitzt
(vgL Werle, Angew. Chem. 1961, S.689-720; Arzneimittel,
Bd. 1, Verlag Chemie 1968, S. 876 - 880).
Die neuen glucosehaltigen Infusionslösurgen, insbesondere für die parenterale Ernährung, enthalten
Glucose in einer Menge bis zu 300 g je Liter sowie 1 μg bis 1,6 mg Kinine je Liter, vorzugsweise 10—100μg
Kinine je Liter Lösung und gegebenenfalls noch Aminosäuren, Zuckeralkohole, Mineralsalze und andere
übliche Zusätze. Der Glucosegehalt kann gegenüber den üblichen Konzentrationen bei Infusionslösungen
wegen des erfindungsgemäß vorhandenen Gehaltes an Kininen erhöht werden, so daß er mehr als 100 g,
nämlich bis zu 300 g je Liter, betragen kann. Trotz dieser relativ hohen Konzentration werden diese Glucosemengen
in Gegenwart der Kinine, z. B. des Bradykinins, gut vertragen und schnell aus dem Blutstrom in die Gewebe
übernommen. Auch die gegebenenfalls neben der Glucose in den Infusionslösungen vorhandenen Aminosäuren
werden durch das Bradykinin schneller den Gewebszellen zur Verfugung gestellt und damit zum
Eiweißaufbau verwertet, da wegen des besseren Glucoseangebotes die Zellen die Aminosäuren nicht
mehr für ihren Energiestoffwechsel verwerten müssen. Bei Untersuchungen am ruhenden Unterarm konnte
bereits bei Zugabe von Bruchteilen eines μg Bradykinins zu einer 10%igen Glucoselösung. die in die Armarterie
J'5 in einer Menge von 10 ml injiziert wurde, eine deutliche
Abnahme des Glucosegehaltes im Blut der Armvene gegenüber einer kininfreien Lösung festgestellt werden,
was die verbesserte Glucoseaufnahme in die Gewebe der Arm- und Handmuskulatur erkennen läßt. Da diese
•to Wirkung der Abnahme des Glucosespiegels im Blut
durch den Kininzusatz so schnell eintritt, wird sie wahrscheinlich nicht durch eine Steigerung des Glucoseabbaus
oder Glucosestoffwechsels in der Zelle hervorgerufen, sondern wahrscheinlich durch ein
schnelleres Eindringen in die Muskelzelle. Hierbei muß es sich um eine spezifische Wirkung der Kinine handeln,
die nicht in eine unmittelbare Verbindung mit der an sich seit langem bekannten unspezifischen Steigerung
der Permeabilität der Blutkapillaren durch Kinine (vgl.
so E. Werle, Pharmazeutische Zeitung, Nr. 42, S. 1574 [1968]) gebracht werden kann, da diese erst bei sehr viel
höheren Konzentrationen auftritt. Diese durch höhere Kininkonzentrationen ausgelöste unspezifische Permeabilitätssteigerung
führt zu verstärkter Diffusion von Gewebswasser, Elektrolyten, wie Na- und K-Ionen und
Proteinen und wird auch verantwortlich gemacht für die Ödemschwellungen bei Entzündungserscheinungen des
Gewebes. Da die erfindungsgemäßen Infusionslösungen nicht zu solchen Erscheinungen führen, sondern ganz im
Gegenteil eine Verbesserung der Versorgung der Zelle mit Glucose bewirken, kann die Steigerung der
Glucoseverwertung in den Geweben nicht auf diesen Effekt zurückgeführt werden, denn sonst müßte die
Abgabe von Lactat, Pyruvat und der freien Fettsäuren vom Blut in die Zellen — ein konzentrationsabhängiger
Vorgang — ebenfalls durch Kinine gesteigert werden. Dies ist aber nicht der Fall.
Die neuartige antidiabetogene Wirkung der Kinine
Die neuartige antidiabetogene Wirkung der Kinine
beim Zusatz zu glucosehaltigen Infusionslösungen ist deshalb so überraschend, weil von den Kininen außer
ihrer Kreislaufwirkung und Kontraktionserregung der glatten Muskulatur noch bekannt war, daß sie bereits in
kleinsten Dosen bei subkutanen Injektionen heftige s lokale Schmerzreaktionen verursachen. Aus der DE-OS
23 57 507 ist bekannt, daß die Kinine, wie Bradykinin und Kallidin, die Beweglichkeit der Spermatozonen
fördert, weshalb sie als Mittel zur Fertilitätssteigerung, z. B. bei künstlicher Befruchtung, empfohlen wurden. Bei
oraler Applikation des Kallikreins, also des kininbildenden Enzyms, war sogar bekannt, daß dadurch kein
Einfluß auf den Blutzucker erreicht werden kann, vgl. Klin. Wochenschrift, II. Jhrg, S. 1993-1995 (1932), wie
dies zunächst angenommen worden war.
Der erfindungsgemäße Zusatz der Kinine zu den Infusionslösungen ermöglicht nunmehr eine verbesserte
Versorgung der durch Streß oder Schock geschädigten Zellen, z. B. auch der infarktgeschädigten Herzmuskelzellen
mit Glucose. Dies gilt insbesondere für Diabetiker, denen bisher wegen der verminderten Glucoseverwertung
meist Zuckerersatzstoffe, z. B. die Zuckeralkohole Xylit und Sorbit, verabreicht werden mußten.
Durch Applikation der erfindungsgemäßen Infusionslösungen kann bei diesen Patienten auch Insulin
eingespart bzw. ersetzt werden, was insbesondere bei Insulinunverträglichkeit von Bedeutung ist. Wegen des
verbesserten Glucosetransportes in die Muskelzellen wird die Reparationsfähigkeit der Gewebe verbessert
und damit auch die Heilung des Gesamtorganismus bzw. seine Abwehrkraft gegen Infektionen intensiviert.
Störungen des Stoffwechsels, die durch Ansteigen der insulin-antagonistischen Hormone, z. B. bei allen Streß-Situationen
wie nach Operationen, eintreten können, werden abgefangen, ohne daß zusätzlich Insulin
verabreicht werden muß. Dem Organismus können im Bedarfsfall relativ hohe Glucosemengen schnell zugeführt
werden, ohne daß ein hyperglykämisches Coma eintritt. Der Kalorienbedarf kann durch die Glucose
ausreichend gedeckt werden, so daß Zuckeraustauschstoffe, wenn überhaupt, nur noch in geringer Dosierung
gegeben werden müssen und die Aminosäuren der Infusionslösungen zum regenerativen Eiweißaufbau voll
zur Verfugung stehen. Als relativ niedrigmolekulare Oligopeptide aus 9 bis 11 Aminosäuren, die leicht auf
synthetischem Wege hergestellt werden können, besitzen die Kinine keine allergenen Wirkungen. Die
Lösungen lassen sich auch ohne Schwierigkeiten sterilisieren und sind praktisch unbegrenzt lagerfähig.
Im folgenden wird die Erfindung anhand einiger Beispiele näher erläutert.
Durch Auflösen von 250 g Glucose und 75 μg
Bradykinin in Wasser (aqua pro injectione) bis zu einem Gesamtvolumen von 1000 ml wurde eine Infusionslösung
für die Kalorienzufuhr erhalten, die mit einer Infusionsgeschwindigkeit von 500 ml in 3 Stunden
appliziert werden konnte, ohne daß eine unerwünschte t>o
Steigerung des Blutzuckerspiegels festzustellen war.
150 g Glucose, 50 g Fructose, 50 g Xylit, 100 μg b5
Kallidin wurden mit Wasser (aqua pro injectione) bis 1000 ml versetzt. Die Lösung wurde bei 1200C
sterilisiert und dient für die Kalorienzufuhr.
Es wurden | 3 | 100.0 g | |
Beispiel | Glucose | 2,2 g | |
1-Isoleucin | 3,4 g | ||
1-Leucin | 2,7 g | ||
1-Lysin | 2,4 g | ||
1-Methionin | 2,3 g | ||
1-Phenylalanin | 1,9 g | ||
0,7 g | |||
2,0 g | |||
4,3 g | |||
2,1g | |||
1,1g | |||
-Threonin | 6,0 g | ||
!-Tryptophan | 3,8 g | ||
1-Valin | 6,5 g | ||
-Arginin | 0,4 g | ||
-Histidin | 6,0 g | ||
1 -Asparaginsäure | 2,0 g | ||
1-Glutaminsäure | 1,5 g | ||
Glycin | 0,2 g | ||
1.2 g | |||
1,71g | |||
1,12g | |||
1,55 g | |||
1,99 g | |||
-Alanin | 75 μg | ||
-Tyrosin | |||
-Prolin | |||
-Serin | |||
-Asparagin | |||
1-Cystin | |||
1-Ornithin | |||
KOH | |||
Mg-acetat · 4 H2O | |||
NaOH | |||
1-Apfelsäure | |||
3radykinin |
in Wasser (aqua pro injectione) ad 1000 ml aufgelöst und
wie üblich sterilisiert Die Lösung dient für die partielle parenterale Ernährung mit Aminosäurezufuhr zum
Proteinaufbau und kann mit einer Infusionsgeschwindigkeit von 500 ml in 3 Stunden appliziert werden.
Beispiel 4 | Es wurden | 100,0 g |
Glucose | 1,0g | |
!-Isoleucin | 1,6 g | |
!-Leucin | 1.2 g | |
1-Lysin | i.ig | |
1-Methionin | Ug | |
1-Phenylalanin | 0,9 g | |
1-Threonin | 0,3 g | |
!-Tryptophan | 1,0 g | |
1-Valin | 2,1g | |
!-Arginin | 1,0 g | |
1-Histidin | 0,5 g | |
1-Asparaginsäure | 3,0 g | |
1-Glutaminsäure | 1,9 g | |
Glycin | 3,2 g | |
1-Alanin | 0,2 g | |
1-Tyrosin | 3,0 g | |
1-Prolin | 0,9 g | |
1-Serin | 0,7 g | |
!-Asparagin | 0,1g | |
1-Cystin | 0,5 g | |
!-Ornithin | 0,85 g | |
KOH | 0,56 g | |
Mg-acetat ■ 4 H2O | 0,77 g | |
NaOH | 0,99 g | |
1-Apfelsäure | 25,0 g | |
Fructose | ||
5 | 25,0 g | 26 | 57 | 381 | |
75 ug | |||||
Xylit | |||||
Bradykinin | |||||
in Wasser (aqua pro injectione) ad 1000 ml gelöst und dann sterilisiert Die Lösung kann für die vollständige 5
parenterale Ernährung verwendet v/erden.
Claims (2)
1. Glucosehaltige Infusionslösung, die gegebenenfalls
Aminosäuren, Zuckeralkohole, Mineralsalze und andere übliche Zusätze enthält, gekennzeichnet durch einen Gehalt an Glucose in
einer Menge bis zu 300 g und an Kininen in einer Menge von 1 μg bis 1,6 mg je Liter.
2. Infusionslösung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie 10— 100μg Kinine je Liter
enthält.
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