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Verfahren zur Herstellung eines wasserlöslichen organischen Düngemittels
aus Braunkohle Obgleich Braunkohle einen hohen Gehalt an Huminsäuren, die das Pflanzenwachstum
fördern, besitzt, ist ihre Düngewirkung gering.
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Der Grund liegt darin, dass diese Huminsäuren unlöslich sind und im
Erdreich - auch über einen längeren Zeitraum - nicht aufgeschlossen werden.
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Man hat bereits versucht, die Düngewirkung von Braunkohle dadurch
zu steigern, dass man sie in feuchtem Zustand-mit gasförmigem Ammoniak unter Normaldruck
oder unter Druck absättigte. Hierdurch können bis zu etwa 455 Stickstoff in die
Braunkohle eingebracht werden. Ein Teil des Ammoniaks wird dabei lediglich adsorptiv
an die Kohle gebunden und infolgedessen schnell wieder abgegeben; ein weiterer Teil
setzt sich mit den Huminsäuren zu Salzen um, deren Löslichkeit aber wegen der anwesenden
geringen Wassermenge nicht ausgenutzt wurde und zudem durch unsachgemässes Trocknen
wieder
weitgehend verloren ging. Infolge der minimalen Verbesserung der Löslichkeit blieb
die Dfingewirkung dieser Produkte gering.
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Man ging schliesslich dazu über, feuchte Rohbraunkohle, gegebenenfalls
unter Zusatz von Wasser, gleichzeitig mit Luft oder sauerstoffhaltigen Gasen und
Ammoniak unter Druck bei erhöhter Temperatur umzusetzen. dabei lag die Vorstellung
zugrunde, den Carboxylgruppengehalt der Braunkohle durch Oxydation mit Luft zu steigern
und die Carboxylgruppen unmittelbar nach ihrer Bildung mit Ammoniak zu neutralisieren.
Man erreichte Produkte (sog. ttAmmonhumate) mit einem Stickstoffgehalt bis max.
204-. Wie sich jedoch herausstellte, lag nur ein Teil des Stickstoffs in Ammonium-
oder Amidbindung, also in solchen Formen vor, die wieder zu Ammoniak spaltbar waren.
Der grössere Anteil des Sti.stoffs wird so fest -vermutlich in cyclischer Bindung
- eingelagert, dass er nicht mehr hydrolytisch gespalten werden kann. Die Erwartungen,
die man anS diese "Ammonhumate" als Langzeitdünger knüpfte, erfüllten sich deshalb
nicht. In langjährigen Topf- und Feldversuchen wurde festgestellt, dass die Düngewirkung
auf den zu Ammoniak hydrolysierbaren Anteil beschränkt blieb. Der wasserlösliche
Anteil der Produkte war - zum Teil bedingt durch unvorsichtiges Trocknen -gering
und lag bei ca. 15 Gew.. Wie sich zeigte, hatten aber gerade diese löslichen Anteile
einen besonders hohen Düngeeffekt.
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Aus der französischen Patentschrift 877 865 vom 4. 8. 1941 ist
bekannt,
ein Dünremittel aus Braunkohle dadurch herzustellen, dass man das feuchte Rohprodukt
mit Ammoniak bei einer Temperatur von max. 1200 C und einem Druck von max. 50 atü
unter Rühren erhitzt, den Extrakt vom rückstand abtrennt und zur Gewinnung eines
Konzentrats oder einer festen Substanz unter vermindertem Druck einengt.
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In der österreichischen Patentschrift 168 252 vom 23. k. 1949 wird
weiterhin die Herstellung eines bodenverbessernden Dünne mittels aus humifiziertem
Material, wie Torf oder Braunkohle, beschrieben. Hiernach wird das Ausgangsmaterial,
gegebenenfalls nach einer vorE)ehandlunZ mit Mineralsäuren, mit Ammoniak aufgeschlossen,
der Extrakt vom nicht aufgeschlossenen Faseranteil abgetrennt und anschliessend,
gegebenenfalls nach Neutralisation, in fester oder konzentrierter Form gewonnen.
Die Extraktion wird mit wasserfreiem Ammoniak oder konzentriertem wässerigen Ammoniak
bei Temperaturen zwischen 50 - 100° C im Autoklaven durchgeführt.
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Bei den beiden vorgenannten Verfahren wird - gemäss den Ausführungsbeispieen
- Torf oder lignitische, d. h. junge Braunkohle eingesetzt. Diese Ausgangsstoffe
besitzen aber von Natur aus einen höheren Carboxylgruppengehalt; ausserdem sind
die in ihnen enthaltenen Huminsäuren leichter extrahierbar. Bei den älteren Braunkohlen,
in welchen die Huminsäuren einen höheren Vernetzungsgrad aufweisen, wird unter den
heanspruchten Bedingungen nur eine geringe Extraktausbeute erzielt, wodurch die
Verfahren unwirtschaftlich
werden.
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Fs wurde nun gefunden, dass sich die Extraktausbeute wesentlich steigern
Gässt, wenn Rohtraunkohle mit verdünntem wässerigen Ammoniak bei 120 - lSO0 r,,
vorzugsweise 140 - 1600 C, unter Druck behandelt wird. Beträgt z. P. der in Ammoniakwasser
lösliche Anteil der itohbraunkohle Fei Raumtemperatur im allgemeinen 8 - 15 Gew.%,
so steigt er bei 120° C auf ca. 30 Gew.% an; bei 130° C können bereits 35 - 40 %,
bei 140 - 1600 C nahezu 50 % der Kohlesubstanz in Lösung gebracht werden. Eine derartig
hohe Ausbeute ist überraschend. Bisher war man der Ansicht, dass es lediglich mit
starker Alkalilauge gelingt, die Hauptmenge der Huminsäuren in Lösung zu bringen.
Infolgedessen wird bei den heute üblichen Methoden zur Gewinnung der Huminsäuren
die Braunkohle einer Behandlung mit Natron- oder Kalilauge unterschiedlicher Konzentration
bei Normaldruck in der Hitze unterzogen, ungeachtet dessen, dass dabei Zersetzungen
erfolgen und auch die Struktur der Huminsäuren stärker verändert wird. Zudem reagieren
die Alkalihydroxide nicht nur mit den Carboxylgruppen, sondern auch mit den phenolischen
Gruppen in der Kohle unter Salzbildung; Ammoniak hingegen setzt sich nur mit den
rarEoxylgruppen zu Salzen um. Es wird angenommen, dass die beträchtliche Löslichkeitserhöhung
der Braunkohle in Ammoniakwasser durch die mit steigender Temperatur zunehmende
Verseifung esterartiger Bindungen in den Huminsäuren zustande kommt.
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Ein weiterer Vorteil der Extraktion mit Ammoniakwasser bei den höheren
Temperaturen ist die Verkürzung der Reaktionszeit. Werden zur Erzielung der optimalen
Austeute bei Raumtemperatur 3 - 4 Stunden benötigt, so verkürzt sich diese Zeit
bei 1200 C bereits auf 1 1/2 - 2 Stunden, bei 140 - 1600 C sogar auf etwa 1 Stunde.
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Die Umsetzung bei den höheren Temperaturen führt ausserdem zu einer
besseren Trennbarkeit von Extrakt und Rückstand. Die Bildung stabiler Emulsionen,
wie sie beim Arbeiten unter 1000 C beobachtet wird und welche die Abtrennung ausserordentlich
erschwert, geht im höheren Temperaturbereich mehr und mehr zurück.
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Desweiteren wurde gefunden, dass die Extraktausbeute wesentlich von
der verwendeten Wassermenge abhängt. Infolgedessen werden zur Extraktion sehr verdünnte
wässerige Ammoniaklösungen mit einer NH3-Konzentration von ca. 1 - 5 Gew.zd eingesetzt.
Der Uberschuss an Ammoniak sollte das 1 1/2- bis 3-fache der zur Neutralisation
der Carboxylgruppen erforderlichen Menge betragen.
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Bei der Umsetzung muss eine innige Vermischung von Kohle und Ammoniaklösung
gewährleistet sein. Ein intensives Rühren ist jedoch nicht erforderlich, vielmehr
ist es ausreichend, die Berührung der beiden Phasen durch Schütteln oder Drehen
des Reaktionsgefässes zu tewerkstelligen.
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Die Korngrösse der eingesetzten Kohle hat nur einen geringen Einfluss
auf die Extraktausbeute. So wurde festgestelit, dass das
Grobkorn
nahezu die gleiche Ausbeute ergibt wie das Feinkorn.
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Der Druck ist praktisch ohne Bedeutung. Es wird deshalb bei dem sich
bei der vetreffenden Temperatur einstellenden Druck - ohne zusätzliches Aufpressen
von Inertgas - gearbeitet.
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Oberhalb 1R00 nimmt die Löslichkeit der Kohle in Ammoniakwasser wieder
ab; gleichzeitig geht auch das Gesamtgewicht von Extrakt und Rückstandskohle deutlich
zurück, was auf die Bildung wasserdampfflüchtiger und gasförmiger Produkte zurückzuführen
ist.
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Zur praktischen Durchführung wird die grob aufgemahlene Rohbraunkohle
in einem Schüttelautoklaven oder Drehrohrofen mit der erforderlichen Menge Ammoniakwasser
unter Druck erhitzt, das Reaktionsprodukt nach einer Behandlungszeit von etwa 1
- 1 1/2 Stunden ausgeschleust und der Extrakt vom Ungelösten mittels einer Zentrifuge,
durch Druckfiltration oder einfaches Dekantieren abgetrennt. Die Lösung wird anschliessend
schonend, zuletzt möglichst unter vermindertem Druck, eingedampft. Es ist zweckmässig,
das Einengen nur so weit zu betreiben, dass der Wassergehalt des Rückstandes bei
etwa 40 - 80 Gew.( liegt. Das Konzentrat stellt dann eine pastöse bis krümelige
schwarze Masse dar, die unter Zusatz von Wasser wieder vollständig in Lösung geht.
Wird die Trocknung intensiver durchgeführt, so geht die gute Wasserlöslichkeit in
zunehmendem Masse verloren; damit verbunden ist ein Rückgang des Anteils an eingebrachtem
Stickstoff, der zu Ammoniak hydrolysierbar
ist. Der Gesamt-Stickstoffgehalt
liegt im allgemeinen zwischen etwa 4 und 6 d (bezogen auf die Trockensubstanz);
nahezu die gesamte enpe des eingebrachten Stickstoffs lässt sich, z. B.
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durch alkalische Hydrolyse, als NH3 abspalten.
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Das wässerige, ammoniakhaltige Destillat kann nach Aufkonzentrierung,
z. B. mit Ammoniakgas, wieder zurückgeführt werden.
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Der Extrakt stellt ein wertvolles organisches Düngemittel dar; insbesondere
verbessert er die Resistenz der Pflanzen gegen Krankheiten. Zur Erhöhung der Wirkungsbreite
kann er mit weiteren stickstoffhaltigen Nährstoffen, neutralen Kalium- und Phosphorsäuresalzen
sowie Spurenelementen angereichert werden.
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Der unldsliche Rückstand, der einen geringeren Stickstoffgehalt aufweist,
hat praktisch keine Düngeeigenschaften. Er kann einer anderen Verwendung, z. B.
der Verbrennung, zugeführt werden, wobei sich gezeigt hat, dass sein Heizwert durch
die Aufnahme von Stickstoff nicht beeinträchtigt wird.
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Beispiel 1: tie eingesetzte rheinische Rohbraunkohle hatte die folgenden
Werte (in Gew.): Wassergehalt: 59,1, N: 0,8s, Gesamt-0: 25,8%; Asche: 3,1%; Carboxylgruppengehalt:
13,7%. 1000g (Trokkengewicht 409 g) dieser Kohle, die auf eine Korngrösse von 0
- 6 mm aufgemahlen war, wurden in einem 6 ltr.-SchUttelautoklav mit 2000 ml 3%-igem
Ammoniakwasser zwei Stunden bei 1200 C umgesetzt.
Es stellte sich
ein Druck von 3,2 atü ein. Die abgekühlte Suspension wurde anschliessend in einer
Becherzentrifuge getrennt.
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Die in den Bechern verbliebenen Rückstände wurden bei 1050 C bis zur
Gewichtskonstanz getrocknet, die vereinigten Lösungen wurden im schwachen Vakuum
auf dem Wasserbad unter Belassung einer Restfeuchte eingeengt. Es wurden erhalten:
293,2 g unlöslicher Rückstand mit einem Gesamt-Stickstoffgehalt von 3,1 % sowie
570,0 g Extrakt mit einem Wassergehalt von 79 %, entsprechend einem Trockengewicht
von 119,7 g (Gesamt-N 4,3 %). Der lösliche Anteil betrug hiernach 29 ?;, bezogen
auf das Trockengewicht der eingesetzten Rohbraunkohle.
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Bestimmung des Carboxylgehaltes der Braunkohle erfolgte nach der Calciumacetat-Methode
(modifiziertes Verfahren nach W. Fuchs, Brennstoffchemie Nr. 21, Bd. 8, 1927, S
337 - 340): Ca. 1 g auf (0,06 mm aufgemahlene, lufttrockene Kohle mit bestimmtem
Wassergeha]t wird mit 50 ml 1 n Ca-acetatlösung und 50 ml Aceton vier Stunden bei
50 - 600 C unter intensivem Rühren umgesetzt.
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Dabei wird durch Reaktion der Ca -Ionen mit den freien Carboxylgruppen
Essigsäure in Freiheit gesetzt. Anschliessend wird die Kohle abfiltriert und mit
Wasser gewaschen. Das Filtrat (einschliesslich Waschwasser) wird in einem Meßkolben
aufgefüllt und eine aliquote Menge mit verdünnter, eingestellter Natron- oder Kalilauge
gegen Phenolphtalein titriert. Von dem Verbrauch wird die zur Neutralisation der
Ca-acetat-/Acetonlösung erforderliche Menge (Blindwert) abgezogen. Diese Operation
wird mit der Kohleprobe so oft wiederholt bis der Verbrauch gegen Null strebt, was
im
allgemeinen nach zwölf Umsetzungen der Fall ist. Der Gesamtverbrauch an Alkalilauge
kann direkt auf Gew.% COOH umgerechnet werden.
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Beispiel 2: Es wurden die in Beispiel 1 genannten Mengen eingesetzt,
jedoch erfolgte die Umsetzung bei 1500 C, Reaktionszeit 70 Minuten; Enddruck 6,8
atü. Ausbeute: 205,4 g Rückstand (Gesamt-N 3,8 %) sowie 595,6 g Extrakt mit einem
Wassergehalt von 66 %, entsprechend einem Trockengewicht von 202,5 g (Gesamt-N 5,4
5).
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Der lösliche Anteil betrug,hiernach 49,5 %, bezogen auf das Trockengewicht
der eingesetzten Kohle.