DE19616581C2 - Verwendung von Oxaceprol zur Behandlung von Reperfusionsschäden - Google Patents

Verwendung von Oxaceprol zur Behandlung von Reperfusionsschäden

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Description

Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung von Oxaceprol zur Prophylaxe und Behandlung postischämischer Reperfusionsschäden. Diese neuartige Verwendung dient dazu, postischämische Reperfusionsschäden, die durch die Einwanderung von Granulozyten bedingt sind, zu verhindern oder zu vermindern und dadurch Krankheiten zu verhindern oder zu heilen.
Die Auswanderung von Blutleukozyten aus dem Blutstrom in ein Gewebe ist ein zentraler Vorgang beim Ablauf jeder Entzündungsreaktion (T. Springer (1994), Cell 76, 301-314, Traffic signals, und T. Tedder (1995), FASEB J. 9, 866-873, The Selectins). Auswandernde Granulozyten sind insbesondere an der Ausbildung akuter Entzündungsreaktionen (M. K. Robinson, PE Stephens (1992), Curr. Opin. Biotechnicol. 3, 662-667; J. Panes, DN Granger (1994), Dig. Dis. 12, 232-241; und E. Christophers, HJ Rowert (1994), Hautarzt 45, 658-669), aber auch z. B. Reperfusionsschäden (P. R. Hansen (1995). Circulation 91, 1872-1885) beteiligt. Die Blutgefäßwand und vornehmlich das Endothel als luminale Grenzschicht des Gefäßes regulieren neben Oberflächen­ strukturen der Leukozyten maßgeblich die Extravasation der Leukozyten, die als Kaskade von Ereignissen abläuft (T. Springer (1994), Cell 76, 301-314, Traffic signals, und T. Tedder (1995), FASEB J. 9, 866-873, The Selectins):
  • 1. Die Leukozyten lagern sich an das Endothel an,
  • 2. wandern durch die Endothelschicht hindurch,
  • 3. passieren die Basalmembran des Endothels, und können erst dann
  • 4. das Gewebe lokal infiltrieren.
Die Kenntnis der Adhäsionsmoleküle, die auf der Seite der Endothelzelle sowie auch auf den Leukozyten an dieser Kaskade der Adhäsion und Migration beteiligt sind, ist in den letzten Jahren aufgrund der vermehrten Forschung gewachsen. Die Analyse der Adhäsionsmechanismen ist durch die in-vitro-Kul­ tur von Endothelzellen stark begünstigt worden. Diese Kulturen erlauben die funktionelle Analyse der Interaktion zwischen dem Endothel und Leukozyten des Blutstroms unter Ausschluß von dritten Zelltypen und haben zur Charakte­ risierung aller bisher bekannten Adhäsionsmoleküle geführt. Drei Gruppen von Adhäsionsmolekülen sind an dem Vorgang maßgeblich beteiligt: Selectine, Integrine und Mitglieder der Immunglobulin-Superfamilie (T. Springer (1994), Cell 76, 301-314, Traffic signals, und T. Tedder (1995), FASEB J. 9, 866- 873, The Selectins).
Leukozyten des Blutstroms binden im gesunden Organismus nicht an das Endothel der Gefäßwand. Erst im Rahmen einer Entzündungsreaktion adhärieren Leukozyten an dieses Endothel.
Eine Vielzahl von Krankheiten ist charakterisiert durch die akute Einwanderung von granulozytären Leukozyten (M. K. Robinson, PE Stephens (1992), Curr. Opin. Biotechnicol. 3, 662-667; P. R. Hansen (1995), Circulation 91, 1872 -1885; J. Panes, DN Granger (1994), Dig. Dis. 12, 232-241 und E. Christophers, HJ Rowert (1994), Hautarzt 45, 658-669). Es handelt sich dabei zum einen um akut verlaufende, entweder zum Tod oder zur alsbaldigen Heilung führende Erkrankungen, zum anderen aber auch um akut einsetzende, aber chronische Verläufe aufweisende Krankheitszustände. Die pathophysiolo­ gisch bedeutende Rolle der granulozytären Einwanderung ist insbesondere definiert worden für die folgenden akuten oder akut beginnenden, aber chronisch verlaufenden Krankheitszustände:
Akut verlaufende Krankheitszustände:
  • a) Abstoßung von Gewebetransplantaten;
  • b) postischämische Reperfusionsschäden wie z. B. beim Herzinfarkt;
  • c) akute Entzündungszustände aller Gewebe,
Akut einsetzende und chronisch verlaufende granulozytär geprägte Krankheits­ zustände:
  • a) Neurodermitis und Psoriasis,
  • b) entzündliche Darmerkrankungen (Ileitis regionalis, Colitis ulcerosa),
  • c) posttraumatische und postoperative Entzündungen,
  • d) akute Schübe der rheumatoiden Arthritis.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, ein Arzneimittel bereitzustel­ len, welches die Invasion von Leukozyten in Gewebe zumindest stark verringert und damit zumindest einige der genannten oder auf derselben Ursache beruhende Krankheiten bzw. Krankheiten, bei denen die Invasion von Leukozyten in Gewebe eine negative Begleiterscheinung ist, zu verhindern oder zu heilen oder zumindest günstig zu beeinflussen.
Gelöst wird diese Aufgabe durch die Verwendung von Oxaceprol zur Prophylaxe und Behandlung postischämischer Reperfusionsschäden.
Das erfindungsgemäß verwendete Oxaceprol (N-Acetylhydroxyprolin) bewirkt, daß insbesondere die Funktion der "Adhäsionsmoleküle" der Granulozyten gehemmt wird. Auch andere Leukozyten, wie Lymphozyten, und Monozyten zeigten eine verringerte Adhäsion an Endothelien. Auch bei Entzündungen bewirkte die Applikation des erfindungsgemäßen Mittels eine deutlich reduzierte Invasivität der Granulozyten. Ähnlich konnte bei allergischen Entzündungen in der späten Phase eine Verringerung der Invasivität der Granulozyten beobachtet werden.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Oxaceprol deutliche Hemmwirkun­ gen auf die Adhäsion und Emigration von neutrophilen Granulozyten hat. Dieser Effekt betrifft andere Leukozyten in geringerem Umfang. Der Effekt beruht auf der Hemmung der Funktion der granulozytären Adhäsionsmoleküle, er tritt nur akut auf, ist spezifisch für Leukozyten, insbesondere Granulozyten, und läuft auch beim vollkommenen Fehlen von interzellulärer Matrix, d. h. von Bindegewebsgrundstrukturen, ab.
Diese Wirkung ist daher verschieden von der schon früher festgestellten Wirkung von Hydroxyprolinderivaten auf entzündetes Bindegewebe (DE 17 95 327 B2, DE 21 39 476 A1, GB 1 246 141 C, US 3 932 638), welche über eine Beschleunigung der Proteinsynthese im Bindegewebe, d. h. eine verstärkte Kollagenbildung, verläuft (Kalbhen et al., Z. Rheumatologie 46, 136-142 (1987)). Ein Vertreter dieser Gruppe, das N-Acetyl-L-hydroxyprolin (INN Oxaceprol), wird daher bei degenerativen Gelenkserkrankungen, Arthrosen, Arthritis und entzündlichen Bindegewebserkrankungen eingesetzt. Es ist dieser Literatur nicht zu entnehmen, daß auch bei anderen entzündlichen Erkrankun­ gen, bei denen die Kollagenbildung keine Rolle spielt, eine positive Wirkung der Hydroxyprolinderivate erwartet werden kann.
Die Möglichkeit, durch die Applikation von Oxaceprol prophylaktisch das Auftreten postischämischer Reperfusionsschäden, insbesondere Gewebeschä­ den infolge von Herzinfarkt, Thrombosen oder Embolien, zu verhindern, oder aber bei chronischen Verläufen durch therapeutische Applikation den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen, stellt ein neuartiges Therapieprinzip dar.
Die Verwendung von N-Acetylhydroxyprolin erfolgt vorzugsweise in Dosierun­ gen von 200 bis 1200 mg. Diese Dosierung kann durch einmalige oder mehr­ malige Verabreichung erfolgen. Besonders bevorzugt sind Dosierungen von 400 bis 800 mg/Tag, entsprechend ca. 5 bis 12 mg/kg Körpergewicht pro Tag. Die Verabreichung kann in jeder geeigneten Form, wie enteral und parenteral, systemisch und topisch in allen Darreichungsformen erfolgen.
Die folgenden Beispiele sollen in Verbindung mit den Abbildungen die Erfindung weiter erläutern:
Abb. 1 zeigt hierbei den Einfluß der molaren Konzentration von N-Acetylhydro­ xyprolin auf die Adhäsion von Leukozyten an Endothelien nach Aktivierung durch LPS.
Abb. 2 zeigt den Zeitverlauf der Wirkung von N-Acetylhydroxyprolin auf die Granulozytenadhäsion an Endothelzellen.
Beispiel 1
Gemäß M. Hahne et al. (1993), J. Cell. Biol. 121, 655-664 wurde die IC50- Konzentration von Hydroxyprolinderivaten, die zu einer 50%igen Reduktion der Adhäsion von Granulozyten an einer Endothelschicht führte, bestimmt. Als besonders wirksam zeigte sich die an R2 acetylierte Verbindung.
Tabelle 1: Struktur und Wirkung von Hydroxyprolinderivaten
Eine weitere Analyse des Befundes zeigte, daß es insbesondere die Funktion der "Adhäsionsmoleküle" der Granulozyten war, die durch die genannten Substanzen gehemmt wurden. Auch andere Leukozyten (Lymphozyten, Monozyten) zeigten eine verminderte Adhäsion an Endothelien nach Aktivie­ rung durch LPS. Diese Wirkung war allerdings nicht konstant nachweisbar. Der granulozytäre Effekt war deutlich anhaltender und konsistenter (Abb. 1).
Beispiel 2:
Dieser überraschende Befund ließ sich durch eine Reihe von ex-vivo- Versuchen am Menschen bestätigen: Nach der ein- oder mehrmaligen Einnahme von 400-800 mg N-Acetylhydroxyprolin zeigten die Granulozyten von Probanden eine reduzierte Adhäsion an Endothelien. Dieser Effekt hielt über 24-48 Stunden an, geringgradige Effekte auf Lymphozyten und Monozytenadhäsion verschwanden hingegen nach wenigen Stunden. Die Funktion der Blutplättchen war nicht tangiert.
Abb. 2 zeigt das Ergebnis der folgenden Untersuchung:
Gesunde Probanden erhielten eine einmalige Dosis von N-Acetylhydroxyprolin zum Zeitpunkt 0. Unmittelbar vorher und zu den genannten Zeitpunkten wurde Blut abgenommen und die Leukozyten mit Hilfe der Lymphoprep-Separation (Histoprep, Biologische Arbeitsgemeinschaft GmbH, Lich, Germany) präpariert. Die Adhäsion wurde wie in M. Hahne et al. (1993), J. Cell Biol. 121, 655- 664 beschrieben bestimmt. Die durch LPS-Stimulation erhöhte Adhäsion ist evident (∅ im Vergleich zu LPS, Zeitpunkt ∅). Nach 24 Stunden war die erhöhte Adhäsion weitgehend durch N-Acetylhydroxyprolin gehemmt.
Beispiel 3:
Die kurzfristige und langfristige Applikation von N-Acetylhydroxyprolin in Standardmodellen der Entzündungsforschung, wie dem Carrageenin-Pfoten­ ödem, der Adjuvansarthritis und dem Baumwollgranulom, zeigten bei histologischer Aufarbeitung insbesondere eine deutliche reduzierte Invasion der Granulozyten (vgl. Tab. 2). Hingegen war die Invasion von monozytären Leukozyten kaum verändert.

Claims (2)

1. Verwendung von Oxaceprol zur Prophylaxe und Behandlung postischämischer Reperfusionsschäden.
2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Dosierungen von 200 bis 1200 mg insbesondere 400 bis 800 mg bereitgestellt werden.
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