-
Polyoxäthyliertes Ricinusöl ist ein Handelsprodukt, das als Emulgator
und Lösungsvermittler verwendet wird. Unter anderem dient es zur Arzneimittelzubereitung
(vgl. die deutsche Auslegeschrift 1182 388). Dabei wirkt sich jedoch ungünstig aus,
daß bei der Zubereitung von wäßrigen Lösungen von in Wasser schwerlöslichen Stoffen
Lösungsvermittlerkonzentrationen erforderlich sind, die eine für Injektionszwecke
unerwünscht hohe Viskosität bedingen.
-
Es ist bekannt, daß grenzenflächenaktive Umsetzungsprodukte von Fettsäuren,
Fettalkoholen, Fettaminen, Fettsäureamiden bzw. Alkylphenolen mit Äthylenoxyd wechselnde
Mengen Polyäthylenglykol enthalten, die bei der Herstellung gebildet oder absichtlich
zugemischt werden.
-
Bei der analytischen Untersuchung hat sich nun ergeben, daß das Handelsprodukt
freies Polyäthylenglykol in der Größenordnung von 10 bis 15 ovo enthält.
-
Aus der analytischen Chemie dieser Stoffklasse sind Arbeitsmethoden
bekanntgeworden, die die Abtrennung und Bestimmung des freien Polyäthylenglykols
gestatten (K. B ü r g e r, Zeitschrift für Analytische Chemie, 196 [1963], S. 22
bis 26; B. We rbull, Vorträge Originalfassung, Intern. Kongreß, Grenzflächenaktive
Stoffe, 3., Köln, 1960, 3, S. 121; Chem.
-
Abstr., 57 [1962], S. 11331i bis 11332a). Diese analytischen Arbeitsweisen
beruhen besonders auf einer Flüssig-Flüssig-Verteilung der zu untersuchenden Umsetzungsprodukte
zwischen Wasser einerseits und einem mit Wasser nur begrenzt mischbaren organischen
Lösungsmittel (Methyläthylketon, Essigsäureäthylester) andererseits, wobei der überwiegende
Teil des Polyäthylenglykols mit der wäßrigen Schicht abgetrennt werden kann. Weiterhin
wurden einige Verbindungen aus der Stoffklasse der sogenannten »Oxäthylate« durch
Erhitzen in mit Kochsalz gesättigtem Wasser analytisch bestimmt, wobei freies Polyäthylenglykol
in der spezifisch schwereren wäßrigen Kochsalzschicht angereichert wird (J. D.
-
Malkemus, J. D. Swan, Journ. Am. Oil Chemists Soc., 34 [1957], S.
342; M. E. Ginn, CL. Church jr, J. C. H a r r i s, Analytical Chemistry, 33 [1961],
S. 143 bis 145). Die genannten analytischen Arbeitsweisen erfordern die Verwendung
sehr großer Lösungsmittelmengen bzw. die Abtrennung der anorganischen Salze. Präparative
Verfahren zur Herstellung von polyäthylenglykolarmen aus polyäthylenglykolhaltigen
Emulgatoren sind nicht bekannt.
-
Es wurde nun gefunden, daß man polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes
Ricinusöl, das weitgehend von Polyäthylenglykol befreit worden ist, vorteilhaft
als Lösungsvermittler für phannazeutische Zwecke verwenden kann.
-
Das als Lösungsvermittler zu verwendende polyglykolarme polyoxäthylierte
Ricinusöl kann dadurch erhalten werden, daß man wäßrige Lösungen von handelsüblichem
polyoxäthyliertem Ricinusöl auf Temperaturen dicht unterhalb des Siedepunktes erwärmt.
Darauf trübt sich die Lösung, und es bilden sich zwei Schichten. Die untere Schicht
enthält wasserhaltiges polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes Ricinusöl, während
die obere Schicht vorwiegend aus polyäthylenglykolhaltigem Wasser besteht.
-
Das soeben beschriebene Trennverfahren kann in bequemer Weise auch
bei höherer Temperatur durchgeführt werden. Hierbei wird beim Arbeiten im geschlossenen
Gefäß die Gefahr von Siedeverzügen
vermieden. Zweckmäßig arbeitet man bei Temperaturen
zwischen 100 und 1200 C. Bei Temperaturen oberhalb 1700 C erhält man nach diesem
Verfahren polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes Ricinusöl mit erhöhter Säurezahl,
da die Spaltung eines Teiles der Estergruppen erfolgt.
-
Die in der Hitze gebildeten Schichten werden bei Temperaturen unterhalb
des Siedepunktes in üblicher Weise getrennt. Da die untere Schicht aus wasserhaltigem
polyäthylenglykolarmem polyoxäthyliertem Ricinusöl beim Erkalten zu einem Gel erstarrt,
empfiehlt sich besonders die Trennung der Schichten nach dem Abkühlen auf Zimmertemperatur,
indem die obere wässerige Schicht, die den Polyäthylenglykolanteil enthält, abdekantiert
bzw. abgetrennt wird. Die abgetrennte untere Schicht enthält wasserhaltiges polyäthylenglykolarmes
polyoxäthyliertes Ricinusöl, das bei Verwendung in wässerigen Lösungen als Lösungsvermittler
durch Zugabe von Wasser auf die gewünschte Konzentration eingestellt werden kann.
Wasserfreies polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes Ricinusöl wird in üblicher
Weise durch Abdestillieren des Wassers, zweckmäßig unter vermindertem Druck, gewonnen.
-
Polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes Ricinusöl kann auch durch
Extraktion in einem Zweiphasensystem wie Butanol/Wasser erhalten werden. Schüttelt
man die Lösung von handelsüblichem polyoxäthyliertem Ricinusöl in Butanol mit Wasser
aus, so wird selektiv der Polyäthylenglykolanteil mit Wasser extrahiert, und der
polyäthylenglykolarme Emulgator wird aus der butanolischen Schicht in üblicher Weise
durch Abdestillieren des Butanols gewonnen. Letzte Reste von Butanol werden nach
Zusatz von Wasser abdestilliert.
-
Die Abtrennung des Polyäthylenglykols vom handelsüblichen polyoxäthylierten
Ricinusöl und die Aufarbeitung des polyäthylenglykolarmen polyoxäthylierten Ricinusöl
soll durch folgende Angaben noch weiter erläutert werden: Eine Lösung von 1 kg handelsüblichem
polyoxäthyliertem Ricinusöl in 4 1 Wasser wird etwa 2 Stunden auf Temperaturen dicht
unterhalb des Siedepunktes erhitzt. Hierbei bilden sich zwei Schichten aus, die
nach dem Abkühlen getrennt werden. Die obere wässerige Schicht enthält fast ausschließlich
Polyäthylenglykol und wird abdekantiert, die untere Schicht ist ein Gel aus wasserhaltigem
polyoxäthyliertem Ricinusöl, das polyäthylenglykolarm ist.
-
Die Abtrennung kann auch bei Temperaturen oberhalb 1000 C erfolgen,
wenn unter Druck gearbeitet wird; z. B.: a) Eine Lösung von 100 g handelsüblichem
polyoxäthyliertem Ricinusöl in 200 ml destilliertem Wasser wird im geschlossenen
Gefäß 2 Stunden auf 105 bis 1100 C erhitzt. Nach dem Abkühlen auf Zimmertemperatur
wird das Druckgefäß geöffnet und die obere wässerige Schicht abdekantiert. Das zurückbleibende
Gel wird mit wenig Wasser gewaschen und in einen Rotationsverdampfer übergeführt.
Bei einer Badtemperatur von 800 C wird das Wasser unter vermindertem Druck abdestilliert.
Die Ausbeute an polyäthylenglykolarmem polyoxäthyliertem Ricinusöl betrug 82 g.
oder:
b) Eine Lösung von 40 g handelsüblichem polyoxäthyliertem
Ricinusöl in 160 ml destilliertem Wasser wird in einem Autoklav 100 Minuten auf
1700 C erhitzt. Der Autoklav wurde nach dem Erkalten geöffnet und die obere wässerige
Schicht abdekantiert. Nach dem Auswaschen des Autoklavs mit wenig Wasser wird das
zurückbleibende Gel in einen Rotationsverdampfer übergeführt und das Wasser unter
vermindertem Druck abdestilliert. Ausbeute: 31,5 g polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes
Ricinusöl. oder: c) Die Lösung von 100 g handelsüblichem polyoxäthyliertem Ricinusöl
in 400 ml destilliertem Wasser wird in einem Autoklav 2 Stunden auf 1300 C erhitzt.
Am nächsten Morgen wurde der auf Zimmertemperatur abgekühlte Autoklav geöffnet und
die obere wässerige Schicht abdekantiert. Nach dem Waschen mit Wasser wird das zurückbleibende
Gel (95 g) im Rotationsverdampfer vom Wasser befreit. Ausbeute: 71 polyäthylenglykolarmes
polyoxäthyliertes Ricinusöl.
-
Die Trennung im wäßrigen Medium kann auch beim Siedepunkt der Suspension
erfolgen, wenn man wie folgt verfährt: Eine Lösung von 50 g handelsüblichem polyoxäthyliertem
Ricinusöl in 175 ml destilliertem Wasser wird aufgekocht und im Scheidetrichter
3 Stunden dicht unterhalb des Siedepunktes erhitzt. Hierbei bilden sich zwei Schichten
aus. Die untere wässerige Schicht wird heiß abgetrennt und im Rotationsverdampfer
unter vermindertem Druck vom Wasser be-
freit. Ausbeute: 39 g polyäthylenglykolarmes
polyoxäthyliertes Ricinusöl.
-
Die Abtrennung des Polyäthylenglykols mit Hilfe von Lösungsmitteln
kann in folgender Weise erfolgen: 50 g handelsübliches polyoxäthyliertes Ricinusöl
werden in 1500 ml n-Butanol gelöst. Nach Zugabe von 1000 ml destilliertem Wasser
wird die Mischung etwa 45 Minuten auf dem Wasserbad erwärmt und in einen Scheidetrichter
gegossen. Es bilden sich zwei Schichten aus, die, zweckmäßig nach Stehen über Nacht,
getrennt werden. Die untere wässerige Schicht enthält etwa 5 g Polyäthylenglykol,
das durch Abdampfen des Wassers gewonnen werden kann. Die obere butanolische Schicht
enthält polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes Ricinusöl, das durch Abdestillieren
des Butanols unter vermindertem Druck gewonnen wird. Das so erhaltene Produkt enthält
noch einen Polyäthylenglykolanteil in der Größenordnung von 3 O/o.
-
Bereits bei einmaliger Anwendung der genannten Trennverfahren wird
der überwiegende Teil des im handelsüblichen polyoxäthylierten Ricinusöl enthaltenen
Polyäthylenglykol entfernt und ein polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes Ricinusöl
mit einem Gehalt an freiem Polyäthylenglykol in der Größenordnung von 30/1 erhalten.
Durch wiederholte Anwendung der Verfahren wird der Gehalt an Polyäthylenglykol weiter
verringert.
-
Die Eigenschaften des auf diese Weise gewonnenen Produktes unterscheiden
sich von denen des handelsüblichen polyoxäthylierten Ricinusöles. Eine Gegenüberstellung
der experimentell bestimmten Kennzahlen beider Punkte gibt die folgende Tabelle
I.
-
Charakteristisch sind besonders die unterschiedlichen Verseifungszahlen.
-
Tabelle I Gegenüberstellung von Kennzahlen handelsüblicher und polyäthylenglykolanner
polyoxäthylierter Ricinusöle
Ansatz 704164 Ansatz 705/64 |
handelsüblich | polyäthylen- handelsüblich polyäthylen- |
glykolarm glykolarm |
Auftaupunkt (O C) .. . 19,5 21 22 19,4 |
Verseifungszahl.. 68,4 76,0 67,6 76,9 |
Säurezahl . ... 0,44 0,7 0,53 0,93 |
OH-Zahl . 66,1 61,7 76,3 67,0 |
Asche (°/o).. - 0,02 0,04 0,025 |
Spezifisches Gewicht.. 1,0532 '1,Q439 1,0486 1,0450 |
Viskosität (cP bei 250 C).. 702 729 711 686 |
Die analytische Bestimmung des Restgehaltes an freiem Polyäthylenglykol (s. Tabelle)
wurde unter Ausnutzung des selektiven Trennvermögens des Zweiphasensystems Butanol/Wasser
wie folgt vorgenommen: 10 g des zu analysierenden wasserfreien Produktes wurden
in 300 ml n-Butanol gelöst und wie-
derholt mit je 200 ml destilliertem Wasser ausgeschüttelt.
Das Wasser der jeweils abgetrennten wässerigen Schichten wurde unter vermindertem
Druck abdestilliert, der Rückstand ausgewogen und IR-spektroskopisch untersucht.
Das Ergebnis einer solchen Analyse ist in Tabelle II aufgeführt.
-
Tabelle II Analyse von polyäthylenglykolarmem polyoxäthyliertem Ricinusöl
Eingesetzte Menge: 10 g polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes Ricinusöl
Gehalt Gehalt des Rückstandes |
Rückstand an freiem |
Ausschüttel- der wässerigen Polyäthylenglykol |
Tolya@ylongly@o@ |
vorgang Nr. Schicht |
(nach IR-spektroskopischer |
in Milligramm |
Untersuchung) |
1 202 etwa 900/o |
2 74 etwa 70% |
3 51 etwa 55% |
Überraschenderweise zeigt das polyäthylenglykolarme polyoxäthylierte Ricinusöl beträchtlich
bessere Lösungsvermittlereigenschaften für in Wasser schwerlösliche organische Verbindungen
als das handelsübliche polyoxäthylierte Ricinusöl. Für die Herstellung injizierbarer
wässeriger Lösungen von in Wasser schwerlöslichen Arzneimitteln ergeben sich durch
Verwendung des polyäthylenglykolarmen an Stelle des handelsüblichen Lösungsvermittlers
damit die zwei wesentlichen Vorteile, daß die Menge des benötigten Emulgators geringer
und die Viskosität der Applikationslösung beträchtlich erniedrigt wird. Da bei der
toxikologischen Prüfung das polyäthylen-
glykolarme polyoxäthylierte Ricinusöl eine
eher etwas geringere Toxizität als das Handelsprodukt zeigt, erniedrigt sich die
Gesamttoxizität der applizierten Lösung entsprechend dem geringeren Emulgatorgehalt
und der etwas geringeren Toxizität. Die geringere Viskosität der zu injizierenden
Lösung bringt in der Praxis den Vorteil, daß die Injektion unter geringerem Kraftaufwand
oder gegebenenfalls rascher erfolgen kann bzw. daß man dünnere Kanülen als bisher
für die Injektion verwenden kann.
-
Beispiel Die vorteilhafte Verwendung des polyäthylenglykolarmen Lösungsvermittlers
soll am Beispiel des narkotisch wirksamen 3-Methoxy-4-(N,N-diäthylcarbamoyl-methoxy)-phenylessigsäure-n-propylesters
gezeigt werden: Für die Herstellung einer wässerigen 5 Obigen Lösung der vorstehend
genannten Verbindung werden nur 150/0 polyäthylenglykolarmes polyoxäthyliertes Ricinusöl
als Lösungsvermittler benötigt, während zur Erzielung der gleichen Lösungsvermittlerwirkung
200/0 des handelsüblichen Lösungsvermittlers erforderlich sind. Bei gleich guter
Verträglichkeit der Lösungen ergibt sich die aus der Tabelle ersichtliche erheblich
geringere Viskosität bei Verwendung des polyäthylenglykolarmen Lösungsvermittlers
und die deutlich verbesserte Spritzbarkeit dieser Lösung.
* Spritzbarkeit (sec/ml) |
Viskosität bei 500 g Belastung |
Zusammensetzung bei 250 C in cP bei 23,50 C |
Kanüle Nr. 1 i Kanüle Nr. 14 |
3- Methoxy - 4- (N,N-diäthylcarbamoylmethoxy)-phenyl- |
essigsäure-n-propylester (Propanidid) ........ .... 5,0 g 6,35
6 10 |
Polyoxäthyliertes Ricinusöl (polyäthylenglykolarm) .... 15,0
g |
Destilliertes Wasser . ad 100,0 ml |
3-Methoxy-4-(N,N-diäthylcarbamoylmethoxy)-phenyl- |
essigsäure-n-propylester (Propanidid) ....... ... 50g # 12,1
12 44 |
Polyoxäthyliertes Ricinusöl (handelsüblich) . ..... 20,0g |
Destilliertes Wasser. ad 100,0 ml |
* Der Stempel einer mit 10 ml der in der Tabelle angeführten Lösungen gefüllten
Injektionsspritze von 10 ml Inhalt wurde mit 500 g belastet und die Zeit bestimmt,
in der 1 ml der Lösung durch je eine Kanüle Nr. 1 und Nr. 14 austritt.