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Die Erfindung bezieht sich auf ein Drehgestell mit mindestens drei
Radsätzen für Schienenfahrzeuge, dessen Räder insbesondere Laufkreisdurchmesser
unter 600 mm haben und das über eine Lenkeranordnung von den mit ihren Enden auf
ihm abgestützten Wagenkästen kurvengerecht gesteuert wird.
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Bei Schienenfahrzeugen sind gelegentlich Raddurchmesser unter 600
mm erwünscht, um geringe Radsatzgewichte und einen geringen Abstand zwischen Fahrzeugaufbau
und Schiene zu ermöglichen. Nach durchgeführten Untersuchungen ist es bei Schienenfahrzeugen,
deren Räder einen Durchmesser unter 600 mm haben, erforderlich, Drehgestelle zu
verwenden, die bei der Fahrt sowohl in der Geraden als auch in der Kurve durch den
Wagenkasten gesteuert werden. Das hat deswegen zu geschehen, weil die Drehgestelle
in der führungslosen Lücke einer Doppelkreuzungsweiche, wo die Spurkränze infolge
des geringen Raddurchmessers die Gleislücke nicht mehr überdecken, über den Wagenkasten
vom benachbarten Drehgestell geführt und gehalten werden müssen. Unterstützen die
Drehgestelle als Zwischendrehgestelle jeweils zwei Wagenkästen an deren einander
zugekehrten Enden, dann erfolgt die Steuerung der Drehgestelle über ein Hebelsystem,
welches einerseits mit den beiden benachbarten Wagen, andererseits mit dem Drehgestellrahmen
verbunden ist. Durch dieses Hebelsystem wird die Quermitte des Drehgestells bei
der Kurvenfahrt mit der Winkelhalbierenden des von den beiden Längsachsen der benachbarten
Wagen gebildeten Winkels zur Deckung gebracht. Die Quermitte des Drehgestells zeigt
dabei auf den Kurvenmittelpunkt, und die Längsmitte liegt parallel zur Bogentangente,
wodurch kleine Anlaufwinkel der Radsätze gegen die Schiene und damit kleine Spurkranzabnutzungen
erzielt werden können. In der Geraden liegt durch die Steuerung die Drehgestellängsmitte
immer parallel zur Wagenlängsmitte bzw. deckt sich mit dieser. Durch die Steuerung
erhält das Drehgestell neben einer höheren Entgleisungssicherheit also auch bessere
Laufeigenschaften. Für die Laufeigenschaften ist es außerdem wichtig, daß die gewählte
Steuerung den erforderlichen Wiegenausschlag der Wagenkästen zuläßt bzw. nicht beeinflußt.
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Bekannte gesteuerte Zwischengestelle mit Laufkreisdurchmessern der
Räder unter 600 mm wurden bisher einachsig ausgeführt. Mehrachsige Zwischengestelle
zu steuern, war bisher deshalb nicht möglich, weil sich die Radsätze infolge der
Steuerung in . S-Kurven in der Schiene verklemmt hätten und dadurch die Gefahr eines
sehr hohen Spurkranzverschleißes und sogar einer Entgleisung gegeben wäre. Bei einem
dreiachsigen Drehgestell ist es auch schon bekannt, die einzelnen Radsätze in eigenen
Gestellen zu lagern und diese Gestelle gegeneinander beweglich miteinander zu verbinden.
Durch die gelenkige Verbindung dieser Gestelle sollen die Radsätze entgleisungssicherer
im Gleisbogen geführt werden können. Trotz der gelenkigen Verbindung der einzelnen
Gestelle miteinander wird es jedoch als nachteilig empfunden, daß das Drehgestell
sich nicht als Ganzes bei Durchfahren von Gleisbögen steuern läßt.
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Demgegenüber liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein mehrachsiges
Zwischenlaufwerk derart zu gestalten, daß es gesteuert werden kann, so daß Laufkreisdurchmesser
unter 600 mm möglich sind, ohne daß aber die Gefahr einer Entgleisung oder eines
unzuträglich hohen Spurkranzverschleißes in S-Kurven bestünde. . .
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Gemäß der Erfindung wird diese Aufgabe bei einem Drehgestell der eingangs
genannten Art dadurch gelöst, daß zwischen den Radsätzen in bekannter Weise eine
Federvorrichtung angeordnet ist, deren Vorspannung eine parallele Stellung der Radsätze
bis zu einem bestimmten Spurkranzdruck gewährleistet, bei einem Überschreiten dieses
Spurkranzdruckes dagegen in gleichfalls bekannter Weise ein horizontales Verschwenken
der Radsätze gegeneinander zuläßt.
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Durch diese Maßnahmen läßt sich das Drehgestell gemäß der Erfindung
einfach und als Ganzes beim Durchfahren von Gleisbögen steuern, ohne daß dabei die
Gefahr einer Entgleisung der Radsätze bestünde.
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Weitere Merkmale der Erfindung sowie deren Vorteile gehen im einzelnen
aus der Beschreibung des in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispieles
hervor. In den Zeichnungen zeigt F i g. 1 ein Drehgestell gemäß der Erfindung in
der Seitenansicht unter zwei schematisch angedeuteten Wagenkästen, wobei zum besseren
Verständnis einzelne Teile weggebrochen sind, F i g. 2 das Drehgestell gemäß F i
g. 1 von oben gesehen, wobei ebenfalls wieder zum besseren Verständnis einzelne
Teile weggebrochen sind, F i g. 3 einen Querschnitt durch das Drehgestell gemäß
F i g. 1 und F i g. 4 eine Einzelheit des Drehgestells gemäß F i g. 1 bis 3 in größerer,
stark - vereinfachter Darstellung.
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Das Drehgestell weist die drei Radsätze 1, 2 und 3 auf. Die Gehäuse
4 und 5 der Lager des mittleren, mit seiner Drehachse in der lotrechten Drehgestellquermittelebene
liegenden Radsatzes 1 sind starr in dem geschlossenen ecksteifen Rahmen 6 gehalten.
Die äußeren Radsätze 2 und 3 haben vom mittleren Radsatz 1 gleiche Abstände. Die
Gehäuse 7 und 8 der Lager jedes äußeren Radsatzes 2 bzw. 3 sind an den Enden je
eines gabelförmigen ecksteifen Rahmens 9 starr gelagert. Die Querträger der Rahmen
9' liegen außerhalb der Radsätze 2 bzw. 3. An dem Querträger jedes Rahmens 9 ist
eine in der Draufsicht dreieckförmige Deichsel 10 befestigt, deren Spitze
in der lotrechten Drehgestellängsmittelebene an einem der Querträger des geschlossenen
Rahmens 6 mit einem Gelenk 11 mit lotrechter Schwenkachse gelagert ist.
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Das Drehgestell unterstützt als, Zwischendrehgestell die einander
zugekehrten- Enden zweier aufeinanderfolgender Wagenkästen 12 und 13. Die beiden
Wagenkästen 12 und 13 sind in üblicher Weise in der lotrechten Fahrzeuglängsmittelebene..
(Geradeausfahrt) bzw. in der Schnittlinie ihrer Längsmittelebenen (Kurvenfahrt)
.gelenkig zug- und druckfest miteinander gekuppelt. An jeder Längsseite stützen
sich die beiden Wagenkästen 12 und 13 über Gleitstücke 14 auf einem oberen
Federträger 15 ab. Die Gleitstücke 14 lassen horizontale- Bewegungen zwischen den
Wagenkästdn 12 bzw. :13 -rind den Federträgern 15 zu. An jedem oberen Federträger
15 ist in der Schnittlinie der Quer- und Längsmittelebene des Federträgers um eine
lotrechte Achse schwenkbar ein doppelarmiger, in Fahrzeugquerrichtung weisender
Hebel 16 gelagert. Die Enden des gleicharmigen Hebels 16 werden von in Fahrzeuglängsrichtung
zu den beiden Wagenkästen 12 bzw. 13 führenden gleich langen Lenkern 17 und 18 erfaßt.
Die Lenker 17 und
18 sind sowohl mit dem Hebel 16 als auch mit dem
jeweiligen Wagenkasten gelenkig verbunden. Die beiden Hebelanordnungen 16 bis 18
steuern die oberen Federträger 15 so, daß die Quermittelebene jedes Federträgers
1.5 immer von den beiden Wagenkastenenden gleich weit entfernt bleibt und ihre Verlängerung
demgemäß zum Krümmungsmittelpunkt eines zu durchfahrenden Gleisbogens zeigt.
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Im Ausführungsbeispiel ist jeder obere Federträger 15 auf den Bunden
von zwei in Fahrzeuglängsrichtung hintereinanderliegenden Blattfedern 19 und 20
abgestützt. Die Enden der Blattfedern 19 und 20 werden von unteren Federträgern
21 unterstützt. Auf jeder Längsseite des Drehgestells ist ein Federtrog 21 angeordnet.
Zwischen den Federtrögen 21 und den Federenden sind in Längsrichtung bewegliche
und in Querrichtung geführte Gelenke vorgesehen, um ein Durchfedern der Blattfedern
19 und 20 ohne zusätzliche Beanspruchung zu ermöglichen.
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Die beiden unteren Federtröge 21 sind durch zwei Querträger 22 und
23 miteinander verbunden, die parallel und symmetrisch zur Drehachse des mittleren
Radsatzes 1 angeordnet sind. Sie sind knicksteif. und starr an den unteren Federtrögen
21. befestigt. Die Querträger 22 und 23 hängen mit je zwei Doppelpendeln 24 an ihren
Enden in Fahrzeugquerrichtung schwingbar an druck- und biegesteifen Achsbalken 25.
Jedem Querträger 22 bzw. 23 sind zwei Achsbalken 25 zugeordnet. Die Achsbalken 25
stützen sich mit ihrem einen Ende in einem lotrechte Druckkräfte übertragenden Drucklager
auf einem Achslagergehäuse 7 bzw. 8 eines der äußeren Radsätze 2 oder 3 ab. Jedes
Drucklager besteht aus einem am Achsbalken 25 befestigten Pfannenstück 26 (F i g.
4), das sich auf einem kugeligen Zapfenstück 27 abstützt. Das Zapfenstück 27 ist
Teil einer Gleitplatte 28, die von einer Gleitfläche 29 des jeweiligen Lagergehäuses
7 bzw. 8 unterstützt wird. Die Bewegungen der dem mittleren Radsatz 1 zugeordneten
Gleitplatten 28 sind in Richtung auf diesen Radsatz begrenzt, oder die Zapfenstücke
27 sind überhaupt unbeweglich an den Achslagergehäusen 4 bzw. 5 des mittleren Radsatzes
befestigt.
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Jedes Ende jedes Achsbalkens 25 ist ferner über ein in Fahrzeuglängsrichtung
wirkendes Drucklager an dem jeweiligen Achslagergehäuse 4, 5 bzw. 7, 8 abgestützt.
Das Drucklager weist eine Kugel 30 auf, die im Achsbalken 25 und am jeweiligen
Achslagergehäuse drehbar gelagert ist. An den Achslagergehäusen 4 und 5 des inneren
Radsatzes 1 erfolgt die Abstützung starr. An den Achslagergehäusen 7 und 8 der äußeren
Radsätze 2 und 3 erfolgt die Abstützung in Fahrzeuglängsrichtung gefedert. Hierzu
ist die Kugel 30 in einem Federlager 31 gehalten. Zwischen diesem Federlager 31
und einem auf dem Achslagergehäuse 7 bzw. 8 in Fahrzeuglängsrichtung verstellbar
gehaltenen Federwiderlager 32 befindet sich eine Druckfeder 33 mit einstellbarer
Vorspannung. Zu diesem Zweck ist das Federwiderlager 32 mit einem Innenvierkant
34 versehen und in einer Hülse des Achslagergehäuses 7 bzw. 8 verstellbar. Zwei
symmetrisch zur lotrechten Fahrzeuglängsmittelebene angeordnete, in Fahrzeuglängsrichtung
gerichtete Lenker 35 sind mit ihren einen Enden an den Achslagergehäusen 4 bzw.
5 des mittleren Radsatzes 1 und mit ihren anderen Enden an den oberen Federträgern
15 angelenkt.
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Die Doppelpendel 24 sind so am jeweiligen Achsbalken 25 gelagert,
daß der Abstand 36 zwischen dem Pendel 24 und der Drehachse des mittleren Radsatzes
1 doppelt so groß ist wie der Abstand 37 zwischen dem Pendel 24 und der Drehachse
des jeweilig äußeren Radsatzes 2 bzw. 3.
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Beim Zusammenbau des Drehgestells werden die Federwiderlager 32 so
verstellt, daß die Radsätze 1, 2 und 3 mit ihren Drehachsen im geraden Gleis genau
parallel zueinander stehen und außerdem die Federn 33 eine bestimmte Vorspannung
haben. Bei der Geradeausfahrt laufen die Räder des Drehgestells nur so gering an
den Schienen seitlich an, daß die auftretenden Kräfte nicht ausreichen, die äußeren
Radsätze 2 und 3 auszuschwenken. Im geraden Gleis liegen die Drehachsen der Radsätze
1 bis 3 parallel zueinander, und das Drehgestell hat eine große geführte Länge.
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Durchfährt das Drehgestell eine Kurve, dann stellen die ausschwenkenden
Wagenkästen 12 und 13 über die Lenkeranordnungen 16 bis 18 in Verbindung mit den
Längslenkern 35 das Drehgestell bogenrichtig ein. Die Drehachse des mittleren Radsatzes
1 zeigt genau auf den Mittelpunkt der Gleiskrümmung. Normalerweise werden die Anlaufstöße
der äußeren Radsätze 2 und 3 an der Schiene dabei so gering sein, daß auch in der
Kurve die Drehachsen aller Radsätze 1 bis 3 parallel zueinander liegen. Werden aber
auf die Räder der äußeren Radsätze 2 und 3 wirkende Seitenstöße, insbesondere beim
Durchfahren einer S-Kurve größer, dann behält der mittlere Radsatz 1 seine Lage
mit auf den Mittelpunkt der Gleiskrümmung weisender Drehachse bei, während die äußeren
Radsätze 2 und 3 eine den Anlaufstoß vermindernde Einstellung erfahren. Die Federn
33 werden dabei zusätzlich gespannt bzw. entspannen sich, und die Rahmen 9 schwenken
um die Drehachsen der Gelenke 11 gegenüber dem Rahmen 6. Gleichgewicht der Momente
um die Fahrzeugquerachse wird dadurch erzeugt, daß die Gelenke 11 und die Achsbalken
25 in verschiedenen Höhen über der Schiene angeordnet sind. Infolge seitlicher Lastabstützung
auf den Achslagergehäusen 4, 5, 7 und 8 in Verbindung mit den Achsbalken 25 können
auch keine Instabilitäten oder parallelogrammartige Verschiebungen zwischen den
einzelnen Rahmen 6 und 9, d. h. kein Kippen des Rahmens 6 auftreten.
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Das Drehgestell kann konstruktiv abgewandelt werden, ohne daß dadurch
der Rahmen der Erfindung verlassen werden müßte. So ist es zunächst möglich, die
Blattfedern 19 und 20 durch Schraubenfedern, Gummifedern oder Gasfedern zu ersetzen.
Auch können die oberen Federträger 15 als Ausgleichshebel dienen, um auch bei unterschiedlichen
Wagenlasten gleiche Federbelastungen und demgemäß gleiche Radbelastungen zu gewährleisten.
Hierbei werden beide Wagenkästen 12 und 13 gemeinsam in der Ouermittelebene zwischen
den Wagenkästen auf den oberen Federträgern 15 abgestützt, und die Federträger 15
verteilen dann die Last auf die Federn 19 und 20, wobei zur gleichmäßigen Belastung
gleicher Federn diese lediglich beiderseits der lotrechten Quermittelebene zwischen
den Wagenkästen 12 und 1.3 gleiche Abstände von dieser Ebene haben müssen.