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Verfahren zur Erzielung eines langanhaltenden Veredelungseffektes
in Aluminium-Silicium-Legierungen Es ist bekannt, in Al-Si-Legierungen mit 5 bis
i3% Si eine feine eutektische Gefügeausbildung durch Zusätze herbeizuführen und
dadurch die mechanischen Eigenschaften dieser Legierungen zu verbessern. Nach bekannten
Vorschlägen sollen solche Al-Si-Legierungen mit zahlreichen Alkalimetallen und Erdalkalimetallen
oder Gemischen dieser Metalle oder ihrer Verbindungen veredelt werden können. In
gleicher Weise wird hierbei auch das Beryllium genannt. Es ist ferner bekannt, in
Al-Si-Legierungen mit 5 bis 13 % Si durch Zusatz von Calcium einen Veredelungseffekt
zu erzielen, dessen zeitliche Wirkung über den von einer Natriumveredelung her bekannten
hinausgeht. Schließlich sind Al-Si-Legierungen mit geringen Strontiumgehalten und
guten technologischen Eigenschaften für die Verwendung als Werkstoff für hochbeanspruchte
Kolben und Zylinderköpfe bekanntgeworden. Der überwiegende Teil der bekannten Verfahren
zur Veredelung von Al-Si-Legierungen, insbesondere die seit über 40 Jahren bekannten
Vorschläge, welche die Verwendung der Erdalkalimetalle zum Gegenstand haben, hat
sich in der Praxis nicht durchsetzen lassen, und die Fachwelt hat diesen Vorschlägen
als papierenen Stand der Technik keinerlei praktische Bedeutung zugemessen.
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Lediglich die Veredelung mit Natrium bzw. natriumabgebenden Substanzen
konnte Eingang in die Gießereitechnik finden, jedoch ließ sich bisher der Veredelungseffekt
durch einmalige Natriumzugabe nur für eine ungenügende Dauer aufrechterhalten. Aus
diesem Grunde müssen beispielsweise beim Kokillengießverfahren Al-Si-Legierungsschmelzen
periodisch nachveredelt werden, was den kontinuierlichen Arbeitsablauf stört. Die
Einstellung des richtigen Veredelungsgrades gelingt in Al-Si-Schmelzen erfahrungsgemäß
nicht immer mit genügender Treffsicherheit, da Dosierungs- und Verfahrensfehler
bei der Einbringung von metallischem Natrium oder natriumabgebenden Substanzen zu
den entsprechenden Schmelzen nicht vermieden werden können, die zu schwerwiegenden
Mängeln oder zu Ausschuß der aus diesen Schmelzen hergestellten Gußstücke führen.
Auch sind der Anwendung von entgasend wirkenden oder anderweitigen Schmelzereinigungsmitteln
bei natriumveredelten Al-Si-Legierungsschmelzen auf Grund der leichteren Flüchtigkeit
und der starken Reaktivität des Natriums enge Grenzen gesetzt. Mit Calcium veredelte
Al-Si-Legierungsschmelzen zeigen zwar einen Veredelungseffekt, der allerdings schwächer
als der des Natriums ist, dessen zeitliche Wirkung jedoch über die mit Natrium erzielbare
Wirkung anhält. Calciumveredelte AI-Si-Legierungen weisen jedoch schwerwiegende
Nachteile auf. So wird durch den Calciumzusatz die Oxydationsneigung eutektischer
AI-Si-Legierungen in starkem Maße gefördert, und derartig behandelte Legierungen
sind mit ihrer schmutziggrauen Farbe bereits äußerlich unansehnlich (üblich behandelte
AI-Si-Legierungen sind metallisch glänzend) und weisen ferner an den Anschnittstellen
von Gußstücken die in der Gießereipraxis als »Elefantenhaut« bezeichnete Erscheinung
der Oxydhautbildung auf, die in höchstem Maße unerwünscht ist. Der entscheidende
Nachteil von calciumveredelten AI-Si-Legierungen ist jedoch darin zu sehen, daß
lediglich nur sehr rasch erstarrte Gußstückpartien, beispielsweise in Kokillengußteilen
mit Wandstärken von 3 mm, ein pseudoveredeltes Gefüge aufweisen, wobei an Stellen
örtlicher überhitzung lamellares Gefüge auftritt. Je langsamer die Erstarrung vor
sich geht, desto mehr Zonen lamellaren Gefüges treten auf, was die vermehrte Bildung
der für lamellares Gefüge typischen Lunkererscheinungen zur Folge hat. Diese Lunkererscheinungen
sind äußerst nachteilig, da sie durch die üblichen Speisungsmaßnahmen nicht zu beseitigen
sind.
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Bei calciumveredelten Al-Si-Legierungsschmelzen bleibt zwar der Veredelungseffekt
bei einem Umschmelzprozeß erhalten, jedoch verstärken sich auch hierbei wiederum
die oxydischen Einflüsse.
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Insgesamt gesehen hat daher die Veredelung von AI-Si-Legierungen mit
Calcium mehr nachteilige Wirkungen im Gefolge, denen gegenüber der beobachtete länger
anhaltende Veredelungseffekt zwangläufig in den Hintergrund tritt. Daher hat sich
auch dieses Verfahren trotz scheinbarer Vorteile in der
Praxis nicht
einführen und durchsetzen lassen. Man hat sich im Gegenteil in den Aluminiumhütten
darum bemüht, das Calcium aus Al-Si-Legierungen zu entfernen.
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Es ist daher wünschenswert, ein Verfahren in der Praxis zur Verfügung
zu haben, das die Vorteile der bekannten Verfahren aufweist und deren Nachteile
dabei gleichzeitig vermeidet und das ferner einen Werkstoff für die Herstellung
hochbeanspruchter Konstruktionsteile bereitstellt.
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Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zur Erzielung eines
langanhaltenden Veredelungseffektes von Aluminium-Silicium-Legierungen durch Einbringung
eines Erdalkalimetalls in geringer Menge in Al-Si-Legierungsschmelzen. Gemäß der
Erfindung wird dies dadurch erreicht, daß einer AI-Si-Legierungsschmelze mit 5 bis
14% Silicium, die gegebenenfalls noch Gehalte an Magnesium und/oder Zink, sowie
weitere übliche Zusätze neben den Verunreinigungen aufweisen kann, Strontium und
Barium einzeln oder gemeinsam in einer Menge von 0,001 bis 2,0%, vorzugsweise 0,05
bis 0,2% zugesetzt wird.
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Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich nicht nur für binäre Aluminium-Silicium-Legierungen,
sondern im gleichen Maße für AI-Si-Legierungen mit weiteren Zusätzen an Legierungskomponenten.
Für das erfindungsgemäße Verfahren geeignete AI-Si-Legierungen sind beispielsweise
warmaushärtbare magnesiumhaltige Al-Si-Legierungen des Typs G AI Si l O Mg, G A1
Si 7 Mg und G AI Si 5 Mg oder kaltaushärtbare Zn- und Mg-haltige Legierungen des
Typs GAISi8Zn10Mg. Die verwendeten Al-Si-Legierungen können die an sich üblichen
Zusätze aufweisen; so wirken Gehalte an Cu, Mn, Fe, Ni, Ti, Pb oder Sn in einer
Gesamtmenge von 8% keineswegs nachteilig oder störend.
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Die gemäß dem Verfahren der Erfindung erforderlichen Zusätze von Strontium
und Barium oder von beiden gemeinsam können als reine Metalle erfolgen. In manchen
Fällen ist es jedoch zweckmäßig, Vorlegierungen dieser Metalle zu verwenden. Geeignete
Legierungen sind beispielsweise AI-Sr-Legierungen mit 7% Sr oder Al-Ba-Legierungen
mit 5% Ba. Die Einbringung erfolgt hierbei in an sich bekannter Weise, d. h., die
Al-Si-Legierung wird beispielsweise im Hüttenbetrieb nach üblicher Schmelzung und
Schmelzereinigung mit einer AI-Sr- oder AI-Ba-Legierung durch Eintauchen, Übergießen
oder Einrühren behandelt und legiert und in an sich bekannter Weise zu Masseln vergossen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann aber auch vorteilhaft in der Weise
ausgeführt werden, daß Strontium und/oder Barium in Form von Metallsalzen bzw. -verbindungen
der Al-Si-Legierungsschmelze zugesetzt werden. Zweckmäßig werden hierbei die Oxyde,
Sulsate und/oder Karbonate verwendet. In an sich bekannter Weise kann hierbei durch
Zusatz von Halogensalzen der Alkalien oder anderer Erdalkalien der Schmelzpunkt
solcher Gemische und damit deren Reaktivität verbessert werden, d. h., Strontium
und/oder Barium werden leichter von der Al-Si-Legierungsschmelze aufgenommen. Die
Salzgemische lassen sich auch in gepreßter Form anwenden und können auch noch reduzierende
feinteilige Metalle, wie Aluminium oder Magnesium, enthalten, wodurch die Freisetzung
des Strontiums oder Bariums und die Aufnahme in die AI-Si-Legierungsschmelze erleichtert
wird.
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Es hat sich ferner gezeigt, daß gemäß dem Verfahren der Erfindung
durch einen Zusatz von Beryllium in einer Menge von 0,001 bis 2,01/o, vorzugsweise
0,05 bis 0,2%, der Gesamteffekt des Strontium- und/oder Bariumzusatzes in der AI-Si-Legierung
unterstützt werden kann.
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Hierbei kann der Berylliumzusatz gleichzeitig mit bzw. vor oder nach
dem Zusatz des Strontiums und/ oder Bariums erfolgen. Während Beryllium für sich
allein weder einen Veredelungseffekt in AI-Si-Legierungen hervorruft, noch auf die
Oxydation strontium-oder bariumfreier AI-Si-Legierungen einen merklichen oder nennenswerten
Einfluß ausübt, wird ,durch die gemeinsame Anwesenheit dieser Elemente ein synergistischer
Effekt erzielt. Das erfindungsgemäße Verfahren weist eine Reihe von Vorteilen auf:
Die Oxydation des Strontiums wird durch Beryllium verhindert, so daß in der Schmelze
kein Strontium verlorengeht und der Veredelungseffekt noch länger aufrechterhalten
wird.
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Dieser Effekt hält mindestens 2 und bis zu 10 Stunden an, wobei fallweise
in Abhängigkeit von Zugabemengen und Temperatur der Al-Si-Legierung die Standzeiten
auch über diesen Wert hinausgehen können. Hierdurch wird es in der betrieblichen
Praxis ermöglicht, große Chargen kontinuierlich oder auch diskontinuierlich zu verarbeiten,
ohne eine Nachveredelung der Schmelzenchargen während des Prozesses einschalten
zu müssen. Darüber hinaus geht der Veredelungseffekt durch wiederholtes Aufschmelzen
nicht nur nicht verloren, sondern vielmehr wird durch den Umschmelzprozeß der Legierung
eine Verbesserung der mechanischen Eigenschaften der erfindungsgemäß behandelten
AI-Si-Legierungen erzielt, wobei sich die siliciumreiche Phase des Eutektikums noch
feiner und noch stärker abgerundet ausscheidet als in den Gußstücken der Legierung
der ersten Schmelzung. Die mit Strontium und/oder Barium veredelten AI-Si-Legierungsschmelzen
weisen ferner ein ausgezeichnetes Fließverhalten auf, welches besser als dasjenige
der mit Natrium veredelten Al-Si-Legierungen ist und etwa demjenigen der unbehandelten
AI-Si-Legierungen entspricht.
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Die erfindungsgemäß behandelten AI-Si-Legierungen können mit besonderem
Vorteil einer Behandlung mit entgasend wirkenden oder anderen Schmelzereinigungsmitteln
für die Herstellung eines porenfreien Gusses unterworfen werden, da sich solche
AI-Si-Schmelzen mit inerten oder auch reaktiven Gasen zwecks Beseitigung eines schädlichen
Gasgehaltes behandeln lassen, ohne daß die Feinkörnigkeit der Legierung dabei verloren
geht.
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Die gemäß dem Verfahren der Erfindung behau- , delten Legierungen
lassen sich mit Vorteil als Werkstoffe für die Herstellung hochbeanspruchter Leichtkonstruktionsteile
verwenden, bei denen es auf eine Dehnung ankommt, wobei :diese Teile eine Bruchdehnung
über 10 %, eine Zugfestigkeit über 19 kp/mm2 und eine Streckgrenze über 9 kp/mm2
aufweisen müssen. Ferner lassen sich die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren behandelten
Al-Si-Legierungen auch als Werkstoffe für solche Konstruktionsteile verwenden, bei
denen es auf eine hohe Zugfestigkeit und Streckgrenze ankommt und die eine Zugfestigkeit
über
36 kp/mm2, eine Streckgrenze von 32 kp/mm2, bei einer Bruchdehnung von 3 % aufweisen
müssen.
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So lassen sich die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren behandelten
AI-Si-Legierungen, beispielsweise eine Legierung mit 7% Si, 0,65% Mg und 0,1% Sr,
mit besonderem Vorteil für die Herstellung hochbeanspruchter und kompliziert gestalteter
Maschinen- und Konstruktionsteile verwenden, beispielsweise für Kurbelgehäuse von
Motoren, Fahrwerk-und Lenkungsteile von Automobilen und Flugzeugen, Kettbäume von
Textilmaschinen usw.
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Ferner sind die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren behandelten AI-Si-Legierungen,
insbesondere wenn sie einer Aushärtung unterzogen worden sind, sehr gut verarbeitbar.
Diese Legierungen eignen sich deshalb vor allem für Teile, die einer spanabhebenden
Feinstbearbeitung unterzogen werden müssen, z. B. Ventilgehäuse und Armaturenteile,
deren Ventilsitze eine glatte Oberfläche aufweisen müssen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird an Hand der nachstehenden Beispiele
näher erläutert. Beispiel 1 Einer Legierung der Zusammensetzung 7% Si, 0,65% Mg,
Rest Al, wurden bei 740'° C 0,1% Sr über eine AI-Vorlegierung mit 5% Sr zulegiert.
Die Al-Si-Legierung stand im schmelzflüssigen Zustand 2 Stunden ab und wurde danach
zu Sand- und Kokillengußstäben vergossen. Der Rest der Schmelze wurde zu Blöcken
vergossen. Die Stäbe wurden 8 Stunden bei 535° C geglüht, in Wasser abgeschreckt,
4 Stunden bei Raumtemperatur ausgelagert und danach 12 Stunden bei 160° C warmausgehärtet,
wobei sich folgende mechanische Eigenschaften ergaben:
Zug- Streck- Bruch- Brinell- |
festigkeit grenze dehnung härte |
kp/mm- kp,/mm2 % kp/mm2 |
Sand ........... 27,8 24,3 1,3 96,3 |
Kokille . . . . . . . . . |
31,5 |
24,3 |
6,5 |
97,2 |
Das obenerwähnte Blockmaterial wurde wieder aufgeschmolzen, zu Probestäben in Sand
und Kokille vergossen und der gleichen Wärmebehandlung -wie oben beschrieben- unterworfen,
wobei sich folgende Eigenschaften ergaben-
Zug- Streck- Bruch- Brinell- |
festigkeit grenze dehnung härte |
kp/mm= kp,/mm2 °/o kp!mm2 |
Sand . . . . . . . . . . . 32,6 28,3 1,2 111,5 |
Kokille . . . . . . . . . |
37,0 |
33,2I 3,0 |
121,7 |
Beispiel 2 In 8,5 kg einer Al-Si-Legierungsschmelze mit 12 0/0 Silicium wurden bei
700°C Tabletten eingebracht, die aus einer Mischung von 67% SrC03 und 330/ö Mg-Pulver
bestanden. Der Strontiumgehalt der eingebrachten Mischung betrug 66,7g. Die behandelte
AI-Si-Legierung wies einen Sr-Gehalt von 0,3% auf. Die aus dieser Schmelze nach
4stündiger Standzeit bei 700°C bei derselben Temperatur gegossenen Proben zeigten
ein sehr gut veredeltes Gefüge.
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Beispiel 3 Zur Ermittlung der Fließfähigkeit wurde eine AI-Si-Legierung
mit 9,7% Si neben üblichen Verunreinigungen hergestellt, die Charge in drei Proben
gleicher Menge bei 720°C in eine Spiralform nach Ph. S c h n e i d e r vergossen
und die Spiralenlänge der vergossenen AI-Si-Legierung ermittelt.
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Die Spiralenlänge der nicht veredelten Legierungsprobe betrug 103
cm. Die zweite Probe wurde mit einer Al-Vorlegierung, enthaltend 5% Sr, bei 720°C
behandelt und hierdurch ein Gehalt von 0,1% Sr in der AI-Si-Legierungsschmelze eingestellt.
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Diese zweite Probe ergab eine Spiralenlänge von 104 cm. Die mit 1,5
% eines handelsüblichen Natriumveredelungssalzes behandelte und gleichfalls bei
720° C abgegossene dritte Probe hatte eine Spiralenlänge von 81 cm.