-
Verfahren zum Herstellen gefärbter Fasern oder Folien aus Viskose
Es ist bekannt, daß zur Herstellung gefärbter Fasern oder Folien aus Viskose der
Spinnlösung feinverteilte Farbpigmente zugesetzt werden können.
-
Eine besondere Schwierigkeit bei der Verwendung von Pigmenten besteht
jedoch darin, daß letztere in der Viskose äußerst fein zerteilt sein müssen, um
ein störungsloses Spinnen und eine gleichmäßige Anfärbung des Gespinstes zu erzielen.
Falls der Verteilungsgrad in der Viskose nicht fein genug ist, können während des
Spinnvorganges Änderungen im Farbton auftreten, da beim Filtrieren der Viskose ein
Teil des Farbpigmentes unmittelbar vor der Spinndüse zurückgehalten wird. Ferner
kann es notwendig sein, die Filter relativ häufig zu wechseln, und außerdem ist
es nach dem Pigmentfärbeverfahren oft schwierig, transparente Färbungen zu erhalten,
insbesondere bei Verwendung hoher Farbstoffkonzentrationen. Dieses Verfahren kann
daher nicht zum Färben von Folien angewendet werden, wo Transparenz verlangt wird.
Es wurde versucht, den erwähnten Schwierigkeiten dadurch zu begegnen, daß man die
Spinnlösung mit wasserlöslichen Farbstoffen anfärbte; beim nachfolgenden Fällungs-
und Waschprozeß wurde jedoch der größte Teil des Farbstoffes wieder ausgewaschen.
-
Erfindungsgegenstand ist ein Verfahren zum Herstellen gefärbter Fasem
oder Folien durch Verspinnen von Viskose, der solche organischen Farbstoffe oder
Farbstoffbildner zugesetzt worden sind die im alkalischen Milieu gegebenenfalls
unter Zusatz von Reduktionsmitteln löslich sind, wobei man die Fasern oder Folien
erforderlichenfalls mit Verbindungen behandelt, die mit den Farbstoffbildnern Farbstoffe
ergeben. Das erfindungsgemäße Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß man Farbstoffe
bzw. Farbstoffbildner verwendet, die mindestens eine reaktionsfähige Gruppe enthalten,
die mit den Hydroxylgruppen der Cellulosemoleküle eine chemische Bindung eingehen.
-
Als organische Farbstoffe, die gemäß vorliegendem Verfahren zu verwenden
sind, kommen Farbstoffe der verschiedensten Klassen in Betracht, z. B. Stilbenfarbstoffe,
Azinfarbstoffe, Dioxazinfarbstoffe, Phthalocyaninfarbstoffe, Perinonfarbstoffe,
Peridicarbonsäureimidfarbstoffe, Nitrofarbstoffe, Triphenylmethanfarbstoffe, vor
allem aber die sauren Anthrachinon- und Azofarbstoffe, und zwar sowohl metallfreie
wie metallisierbare und metallhaltige Mono-oder Polyazofarbstoffe, welche eine Gruppierung
oder einen Substituenten aufweisen, der mit polyhydroxylierten Materialien reagieren
kann. Darunter sind z. B. die Äthylenimidgruppe, Epoxygruppen, die
Vinylgruppierung
in einer Vinylsulfongruppe oder im Acrylsäurerest und vor allem solche labilen Substituenten
zu erwähnen, die unter Mitnahme des Bindungselektronenpaares leicht abzuspalten
sind.
-
Als labile Substituenten, die unter Mitnahme des Bindungselektronenpaares
abspaltbar sind, kann man z. B. aliphatisch gebundene Phosphor- oder Schwefelsäureestergruppen,
Sulfonsäurefluoridgruppen und vor allem aliphatisch gebundene Sulfonyloxygruppen
und Halogenatome; insbesondere ein aliphatisch gebundenes Chloratom erwähnen. Zweckmäßig
stehen diese labilen Substituenten in y- oder ß-Stellung eines aliphatischen Restes,
der direkt oder über eine Amino-, Sulfon- oder Sulfonsäureamidgruppe an das Farbstoffmolekül
gebunden ist; bei den in Betracht kommenden Farbstoffen, die als labile Substituenten
Halogenatome enthalten, können diese austauschbaren Halogenatome auch in einem aliphatischen
Acylrest (z. B. in ß-Stellung eines Propionylrestes) oder in einem heterocyclischen
Ring stehen, wobei in diesem zuletztgenannten Falle sowohl solche Farbstoffe in
Betracht kommen, die einen monohalogenierten heterocyclischen Ring aufweisen,
z.
B. einen monochlorierten 1,3,5-Triazinrest wie den 1,3,5-Triazinrest der Formel
worin X eine gegebenenfalls substituierte Aminogruppe oder eine substituierte Oxygruppe
bedeutet, wie auch Farbstoffe mit einem Dichlortriazinrest.
-
Besonders gute Resultate werden mit löslichen Farbstoffen dieser Art
erhalten, die für Baumwolle keine oder mindestens keine ausgesprochene Affinität
haben.
-
Die Farbstoffe der angegebenen Art sind bekannt oder können nach
üblichen Methoden hergestellt werden, z. B. aus Farbstoffkomponenten, die die genannten
labilen Substituenten bereits enthalten, oder indem man diese labilen Substituenten
bzw. solche labile Substituenten aufweisenden Reste nach der Farbstoffherstellung
in das Farbstoffmolekül nach an sich bekannten Methoden einbaut.
-
Als organische Farbstoffbildner, die gemäß vorliegendem Verfahren
zu verwenden sind, seien in erster Linie Azokomponenten, welche die oben definierten
reaktionsfähigen Gruppen enthalten, insbesondere Derivate des a- oder ß-Naphthols,
beispielsweise Derivate der 2-Amino-5-oxynaphthalin-7-sulfonsäure, der 2-Amino-8-oxynaphthalin-6-sulfon
säure oder die Arylide der 2,3-Oxynaphthoesäure genannt.
-
Die erwähnten Farbstoffe werden zweckmäßig in wäßriger Lösung der
Cellulosexanthogenatlösung zugesetzt oder direkt eingerührt. Damit die Umsetzung
der reaktionsfähigen Gruppen mit den Cellulosemolekülen möglichst vollständig verläuft,
ist es zweckmäßig, die Lösung längere Zeit, beispielsweise etwa 20 bis 60 Stunden,
bei Zimmertemperatur stehenzulassen oder die Lösung zu erwärmen. In vielen Fällen
erweist es sich als vorteil-
haft, mit den Farbstoffen eine konzentrierte Cellulosexanthogenatstammlösung,
- die bis zu 100/o Farbstoff, berechnet auf den Cellulosegehalt, enthalten kann,
herzustellen und diese Stammlösung der zu färbenden Viskose zuzuführen.
-
Die Verformung erfolgt durch Pressen der gefärbten Cellulosexanthogenatlösung
in ein saures Fällbad nach üblichem Verfahren.
-
Auch die Nachbehandlung der erhaltenen Gebilde erfolgt nach herkömmlichen
Methoden.
-
Sofern die Cellulosexanthogenatlösung ein Farbstoffbildner zugegeben
wurde, müssen auf den erhaltenen Gebilden die Farbstoffe noch wie üblich entwickelt
werden. Wenn als Farbstoffbildner eine Azokomponente verwendet wurde, so geschieht
dies durch Nachbehandlung der geformten Gebilde mit der Lösung eines diazotierten
Amins. Enthalten die Gebilde diazotierbare Amine, so werden sie zwecks Diazotierung
der Aminogruppen in eine wäßrige Salpetrigsäurelösung gebracht und hernach in einem
anderen Bad mit einer Azokomponente gekuppelt.
-
Die erhaltenen Färbungen zeichnen sich in der Regel durch große Brillanz,
Transparenz und vorzügliche Wasch- und Reibechtheit aus.
-
Gegenüber der bereits bekannten Herstellung künstlicher Gebilde aus
gefärbten Spinn- bzw. Gießmassen (siehe z. B. USA.-Patentschrift 2 145 580 und britische
Patentschrift 403 049) unterscheidet sich das vorliegende Verfahren dadurch, daß
es neue, reaktionsfähige Gruppen enthaltende Farbstoffe verwendet, die direkt der
Viskose beigemischt werden können und trotz ihrer Wasserlöslichkeit nach der Koagulation
Färbungen ergeben, die sich durch Transparenz und hervorragende Naß echtheit auszeichnen.
Ebenfalls werden in der deutschen Auslegeschrift 1055173 und in der deutschen Patentschrift
911 368 Stilbenverbindungen beschrieben, die keine reaktionsfähigen Gruppen enthalten.
Zudem handelt es sich dort nicht um Farbstoffe, sondern um Aufheller, und schließlich
wird in der letztgenannten Patentschrift die Viskose nicht genannt.
-
In den nachfolgenden Beispielen bedeuten die Teile, sofern nichts
anderes angegeben wird, Gewichtsteile, die Prozente Gewichtsprozente, und die Temperaturen
sind in Celsiusgraden angegeben.
-
Beispiel 1 1 Teil der Verbindung der Formel
wird in 50 Teilen Wasser gelöst und in 1175 Teilen einer 8,50/oigen Viskosexanthogenatlösung
entsprechend einem Gehalt von 100 Teilen a-Cellulose eingerührt. Die Masse wird
1/2 Stunde gerührt und dann 60 Stunden bei Zimmertemperatur stehengelassen.
-
Hierauf wird die Viskose, wie für die Herstellung von Viskosefäden
üblich, durch Spinndüsen gepreßt
und in einem Fällbad, welches 120 gel 960/oige Schwefelsäure,
270 g/l Natriumsulfat und 10g/l Zinksulfat enthält, bei einer Temperatur von 45°
koaguliert.
-
Die entstandenen Fäden werden um 250/0 verstreckt und in einem mit
6000U/min rotierenden Spinntopf gesammelt.
-
Der erhaltene Spinnkuchen wird anschließend in einem geschlossenen
Apparat mit zirkulierender Flotte nachbehandelt, und zwar zuerst während 10 Minuten
mit Wasser von 60 bis 70" gespült, dann mit einer Lösung von 5 g/l Natriumsulfit
während 20 Minuten bei 70" entschwefelt, anschließend nochmals gespült und schließlich
mit 50 g/l Natriumoleat bei 50° während 10 Minuten aviviert.
-
Der Spinnkuchen wird hierauf entwässert und getrocknet.
-
Die Entschwefelung kann auch, statt wie oben angegeben, mittels einer
wäßrigen Lösung von 5 g/l Natriumhydroxyd und 1 g/l Schwefelnatrium und Behandeln
während 20 Minuten bei 55" durchgeführt werden, wobei ein ähnlich gutes Resultat
erhalten wird.
-
Der Spinnkuchen wird nun in einer 1 Obigen kalten Lösung einer mit
Zinkchlorid stabilisierten Diazoverbindung von 2,5-Dichloranilin während 10 Minuten
behandelt, gespült, 10 Minuten bei 50° in
einer 50logen Natriumoleatlösung aviviert,
entwässert und getrocknet.
-
Es resultiert eine einwandfrei waschechte und reibechte orange Färbung
von hervorragender Transparenz.
-
Wird der Spinnkuchen nicht zwischengetrocknet, sondern direkt nach
dem Entschwefeln und Spülen in obiger Lösung nachbehandelt, so wird ein gleiches
Resultat erhalten.
-
Verwendet man zur Nachbehandlung eine schwach alkalisch eingestellte
1 0/obige Lösung der mit Zinkchlorid stabilisierten Diazoverbindung von 4-Benzoylamino-2-methoxy-3-methylanilin,
so resultiert ein ebenfalls echtes und brillantes Rot.
-
Verwendet man eine mit Ammoniak und Natriumbicarbonat auf pH 8 gestellte
kalte 1 Obige Lösung der stabilisierten Diazoverbindung von 5-Amino-2-benzoylamino-1
,4-diäthoxybenzol, so resultiert ein brillantes Violett. Verwendet man statt obengenannter
Verbindung 1 Teil der Verbindung der Formel
die in 50 Teilen 20/oiger Natriumhydroxydlösung gelöst wurde, und verfährt wie oben
beschrieben, so resultiert durch Nachbehandlung in der erstgenannten Diazolösung
ein Rotviolett mit ebenfalls vorzüglichen Echtheitseigenschaften.
-
Beispiel 2 1 Teil der Verbindung der Formel
wird in 50 Teilen Wasser gelöst und, wie im Beispiel 1 beschrieben, appliziert.
-
Der erhaltene, entschwefelte und gespülte Viskosespinnkuchen wird
während 15 Minuten in einer kalten Lösung von 1 g/l Natriumnitrit und 3 ccm/l konzentrierter
Salzsäure behandelt, gespült und in einer 1 0/obigen Lösung von 1-Benzoylamino-8-oxy-
naphthalin-3,6-disulfonsäure,
welche 1 °/o Natriumacetat enthält, während 10 Minuten entwickelt. Dann wird gespült,
10 Minuten bei 50° in einer 50/oigen Natriumoleatlösung aviviert, entwässert und
getrocknet.
-
Es resultiert ein wasch- und reibechtes Brillantrosa von hervorragender
Transparenz.
-
Beispiel 3 2 Teile des Farbstoffes der Formel
werden in 50 Teilen Wasser gelöst und in 1175 Teile einer 8,5 0/oigen Viskosexanthogenatlösung
eingerührt.
-
Die Masse wird 1/2 Stunde gerührt, 60 Stunden bei Zimmertemperatur
stehengelassen, dann auf 60°
erwärmt, erkalten gelassen und, wie im Beispiel 1 beschrieben,
zu Fäden versponnen.
-
Es resultieren kräftig rot gefärbte, wachechte, reibechte und transparente
Viskosefäden.
-
Verwendet man statt des obengenannten Farbstoffes 2 Teile des Farbstoffes
der Formel
und verfährt im übrigen wie oben angeführt, so erhält man eine kräftige gelbe Färbung,
welche ebenfalls hervorragende Transparenz und gute Echtheitseigenschaften aufweist.
-
Wird die Masse statt durch eine Spinndüse durch eine Schlitzdüse
gepreßt und im übrigen wie oben beschrieben fertiggestellt, so erhält man einen
echten rot- bzw. gelbgefärbten völlig transparenten Zellophanfilm.