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Verfahren zum Weichlöten mittels Röhrenlötzinn Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zum Weichlöten mittels Röhrenlötzinn unter gleichzeitiger Verwendung
von aktiviertem Kolophonium.
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In der raschen Entwicklung der Elektroindustrie der letzten Jahrzehnte,
vor allem auf dem Gebiet, das man heute als »Elektronik« bezeichnet, ist das Weichlöten
von Kontaktverbindungen von ganz besonderer Bedeutung geworden. Während man in früheren
Jahren das Weichlöten gleichzeitig zur Befestigung gewisser Bestandteile in Stromkreisen
benutzte, wird heute das Weichlöten vorzugsweise nur eingesetzt, um Kontaktverbindungen
so durch Lötung zu verbinden, daß kleinste und konstant bleibende Übergangswiderstände
entstehen. Im Sinne einer stets weiter rationalisierten Fertigung wurde das Lot
in Gestalt von Drähten verwendet und später allgemein als Röhrenlötzinn eingesetzt.
Solche Röhrenlötzinne wurden in Stärken von unter 1 mm bis zu allen stärkeren Dimensionen
verwendet. Als Füllung wurde in der Elektroindustrie ein Lötmittel, im wesentlichen
Kolophonium, verwendet, dem später auch zur Verkürzung der Lötzeit lötchemisch wirkende
Chemikalien, Aktivatoren genannt, zugefügt wurden. Dadurch entstanden jedoch wieder
Korrosionsgefahren für die fertige Lötstelle, die an vielen Stellen untragbar waren,
da sie später zu Defekten der fertigen Geräte führen können.
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Eine sehr unangenehme Folge des Lötens mit Kolophoniumröhrenlötzinn
besteht darin, daß die neben jeder Lötstelle sich abscheidende Kolophoniumzone nach
gewissen Zeitabständen abblättert und die Kolophoniumflitterchen z. B. im Fernsprechwesen
beim Herunterfallen in den Relais zwischen den Schaltkontakten Stromunterbrechungen
erzeugen und die Anlagen ganz oder zum Teil außer Betrieb setzen. Hierbei ist weiter
zu berücksichtigen, daß zwischen dem gelöteten Metall und dem Kolophonium, vor allem,
wenn letzteres aktiviert war, und in der Umgebung der Lötstelle Korrosionen nach
dem Abblättern der Kolophoniumhaut durch Zutritt der Luftfeuchtigkeit in einem untragbaren
Ausmaß entstehen können. Diese möglichen Folgen schließen daher an vielen Stellen
ein Weichlöten mit stark aktiviertem Kolophonium aus. Die in der Elektronik sich
mit großen Schritten einführende Miniaturtechnik steht in dieser Hinsicht vor immer
stärkeren Problemen.
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Die Erfindung will diese Nachteile beseitigen.
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Es wurde bereits vorgeschlagen, gewisse leichtflüchtige Öle, z. B.
Terpentinöl, dem Kolophonium zuzufügen, um die Kolophoniumfüllung beim Ziehen der
Drähte (Röhrenlötzinn) geschmeidiger zu halten. Beim Löten eines solchen ölhaltigen
Röhrenlötzinns verdampft dieser Zusatz sehr schnell. Zurück bleibt um und an der
Lötstelle die bekannte harte Kolophoniumkruste, die in absehbarer Zeit abblättert.
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Es ist weiter bekannt, Weichmacher (Phthalsäuredialkylester) zu Harzen
und Naturgummi zur Beseitigung von öl- und fettartigen Verunreinigungen auf der
Lötstelle zuzusetzen. Mit Rücksicht auf diese Zielsetzung und die Vorschrift, daß
die Weichmachermenge zur Lösung des benutzten Lötharzes ausreichend sein sollte,
ergaben sich große Prozentsätze des Weichmachers im Lötmittel. Daraus resultiert
eine praktisch untragbare Klebrigkeit des nach der Lötung auf der Lötstelle verbleibenden
Harzüberzuges, der schnell verschmutzt, unzulängliche mechanische Festigkeit und
andere Nachteile besitzt. Endlich wurden Weichmacher auch schon zu dem bekannten
Zweck benutzt, die Schmiegsamkeit der Lötmittelfüllung vor dem Lötprozeß in der
Seele des Röhrenlötzinns sowie zur Erleichterung ihrer Einfüllung zu erhöhen, ohne
damit die Eigenschaften der fertigen Lötstelle zu beeinflussen.
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Demgegenüber besteht die Erfindung darin, daß der Weichmacher in einer
solchen Menge zugesetzt wird, daß die Kolophoniumfüllung einen nach niedrigeren
Temperaturen erweiterten Erstarrungsbereich erhält und nach der Lötung neben der
Lötstelle in einem fast plastischen und deshalb rißfrei bleibenden und korrosionsschützenden,
aber klebfreien Zustand erstarrt.
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Durch die gleichzeitige Aktivierung der Kolophoniumfüllung in Verbindung
mit dem erfindungsgemäß definierten Zusatz von Weichmachern mit niedrigem Dampfdruck
und hohem Siedepunkt, dessen Zersetzungsprodukte sich gegenüber den anderen Komponenten
der Kolophoniumfüllung
neutral verhalten, wird die Erstarrung des
Lötharzes über der Löstelle nach der Lötung in fast plastischem und deshalb rißfrei
bleibendem und korrosionsschützendem, aber klebfreiem Zustand sichergestellt. Damit
werden die oben geschilderten Nachteile vermieden und ohne Folgeschäden eine Aktivierung
des Kolophoniums zwecks Beschleunigung des Lötprozesses ermöglicht.
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Die erfindungsgemäß Verwendung findenden Weichmacher müssen folgende
Eigenschaften besitzen: a) einen sehr geringen Dampfdruck, b) damit einen sehr hohen
Siedepunkt, möglichst oberhalb des Schmelzpunktes des Lotes, c), keinerlei chemische
Reaktionsfähigkeit mit Kolophonium, _d) keinerlei chemische Reaktionsfähigkeit mit
den verwendeten Aktivatoren, e) wenn der Weichmacher sich in geringem Umfang bei
besonders hoher Löttemperatur zersetzt, dürfen nur Produkte entstehen, die nicht
nur die löttechnische Reaktion des Kolophoniums und der Aktivatoren nicht hemmen,
sondern sich auch neutral verhalten oder bestensfalls die Lötung zusätzlich unterstützen.
Da die verwendeten Aktivatoren in Lösung des Kolophoniums bei der Abkühlung aus
dem geschmolzenen über den plastischen Bereich zum festen Zustand einen gewissen
Einfluß auf die Breite des Erstarrungsbereiches des Kolophoniums haben, muß der
eingesetzte Weichmacher in seiner Lösungskonzentration im Kolophonium abgestimmt
sein auf den jeweilig verwendeten Aktivator und dessen mengenmäßigem Anteil im Kolophonium.
Als geeignete Weichmacher, die diese Forderungen erfüllen, sind in erster Linie
Ester zu nennen, z. B. die Ester höherer Alkohole mit höheren aliphatischen Säuren,
insbesondere Dicarbonsäuren. Zum Beispiel ergeben das Dioctylsebacat sehr gute Ergebnisse,
ebenso Ester der Phthalsäure, Adipinsäure, Weinsäure und anderer, insbesondere mit
höheren Alkoholen. Natürlich sind auch andere als Weichmacher bekannte Verbindungen,
wie Ketone, Säureamide, Alkohole, Äther u. a., die den vorstehend definierten Forderungen
entsprechen, brauchbar.
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Diese Weichmacher vergrößern den plastischen Erstarrungsbereich zu
niedrigeren Temperaturen. Mit anderen Worten wird das Kolophonium mit einem solchen
Weichmacher einen breiteren bzw. weiteren Rand um die Lötstelle bilden als das normale
Kolophonium. Während das normale Kolophonium, welches mit Halogenträgern aktiviert
ist, beim Erstarren noch bei Temperaturen von 100 bis 120° C Halogene dampfförmig
ausstößt, die an den Außenrändern der Kolophoniumzone auf den Metallen unangenehme,
ja gefährliche Korrosionen erzeugen, fließt das Kolophonium mit Weichmacher nach
der Erfindung noch fühlbar unter der Temperatur von 90 bis 100° C über diese Korrosionsgrenze
hinweg, deckt sie dadurch wie ein Lack ab und verhindert den Zutritt der Luft, so
daß weitere Korrosionsschäden nicht mehr auftreten können. Da aber dieses Kolophonium
mit Weichmacher einen wesentlich größeren plastischen Erstarrungsbereich nach niedrigeren
Temperaturen hin hat, so ist dieses Kolophonium mit Weichmacher auch nach der Lötung
noch fast plastisch, ohne zu kleben, mit anderen Worten, es haftet rißfrei an und
auf der Lötstelle und vermag nicht mehr abzublättern.
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Allein das Berühren des nach einer Lötung wieder erstarrten Kolophoniumfilms
mit dem Finger zeigt sofort an, ob Klebfreiheit vorliegt. Diese Prüfung auf Klebfreiheit
ist allen Fachleuten der Löttechnik bekannt. Mit dieser Probe ist das Maximum des
Zusatzes des jeweiligen Weichmachers zum aktivierten Kolophonium auf die einfachste
Weise feststellbar. Die Minimalmengen des Zusatzes sind durch die einfache Rißprobe
bei Blechbiegeversuchen mit gleicher Leichtigkeit feststellbar. Die Zusatzmenge
des Weichmachers ist wenigstens so lange zu erhöhen, bis Proben der Kolophoniummischung,
die wie bei einer praktischen Lötung mit einem Lötkolben auf einem dünnen Blech
ausgestrichen sind, bei einfachen Biegeversuchen eine ausreichende Rißfestigkeit
besitzen. Da, wie oben gesagt, schon die im aktivierten Kolophonium vorhandenen
Aktivatoren den Erstarrüngsbereich je nach Substanz und Menge zu niedrigeren Temperaturen
hin verschieben, ist in Abhängigkeit hiervon natürlich auch der Mengenanteil des
Weichmachers, mit dem das Ziel erreicht wird, verschieden. Es ist also für jeden
Fachmann der Löttechnik eine klare Selbstverständlichkeit, wie er auf Grund der
erfindungsgemäß gegebenen Regeln den erfindungsgemäßen Effekt in jedem Einzelfall
erreichen kann.
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Das Lötverfahren nach der Erfindung ermöglicht praktisch korrosionsfreies
Löten mit schnell wirkenden, an sich korrosionserzeugenden Aktivatoren und erspart
damit weitgehend die Notwendigkeit der Nachlackierung der Lötstellen, wie man sie
häufig zum Korrosionsschutz durchführen muß.