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Austenitische Chrom-Mangan-Nickel-Stahllegierung Hochlegierte Chrom-Mangan-Stähle,
insbesondere die austenitischen rostfreien Chrom-Mangan- und Chrom-Mangan-Nickel-Stähle,
besitzen viele vorteilhafte physikalische Eigenschaften. Ihre an sich schon hohe
Festigkeit und Härte bei hohen Temperaturen wird noch erhöht, wenn diese Stahllegierungen
einen verhältnismäßig hohen Stickstoffgehalt von mehr als 0,25 bis 0,60°/o aufweisen.
Die aus diesen Legierungen hergestellten Erzeugnisse haben beim Einsatz bei hohen
Temperaturen sogar in korrodierender oder oxydierender Umgebung eine lange Lebensdauer.
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Erfahrengsgemäß lassen sich aber diese Stahllegierungen, besonders
wenn sie einen hohen Stickstoffgehalt aufweisen, sehr schwer bearbeiten. Das Walzen
des Rohblockes zum Knüppel bereitet Schwierigkeiten, und die Umwandlung des Knüppels
in den Stab, Draht u. dgl. ist ebenso schwierig. Bei der Bearbeitung und Umwandlung
sind zahlreiche Wiedererhitzungsvorgänge erforderlich. Bei der Beaufsichtigung des
Walzvorganges muß mit großer Sorgfalt jedes Anzeichen für einen Riß oder Haarriß
in der Oberfläche des Preßlings beachtet werden, um das teilweise verformte Gut
sofort aus dem Walzwerk zu entfernen, erneut zu erhitzen und dann weiterzuverarbeiten,
da anderenfalls der Riß oder Haarriß sich rasch vergrößert. Metall mit starker Rißbildung
muß abgeschöpft und verschrottet werden. Zur Beseitigung der Fehlerstellen in dem
weniger starke Risse aufweisenden Metall nach Beendigung des Walzvorganges ist eine
sehr umfangreiche Schleif- oder sonstige Oberflächenbehandlung erforderlich, die
viel Zeit erfordert und bei der wesentliche Metallmengen verlorengehen. Im Ercebnis
ist daher die Warmverarbeitung der bekannten hochlegierten Chrom-Mangan-Stähle kostspielig
und zeitraubend.
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Die Erfindung stellt hochlegierte austenitische Chrom-Mangan- und
Chrom-Mangan-Nickel-Stahllegierungen zur Verfügung, die die hohe Festigkeit und
Härte der oben beschriebenen, bekannten Stahllegierungen mit hohem Stickstoffgehalt
besitzen, dabei aber in so bedeutendem Maße besser warmverformbar sind, daß eine
geringere Zahl von Arbeitsgängen für die Wiedererhitzung des Gutes im Walzwerk benötigt;
ein maximaler Umwandlungsgrad bei der Verarbeitung des Rohblockes zum Knüppel oder
zum sonstigen Erzeugnis erzielt wird und im geringstmöglichen Umfang Abfall anfällt
und kostspielige Oberflächenbehandlungen erforderlich werden.
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Da sich diese neuen austenitischen rostfreien Stahllegierungen trotz
ihrer hohen Härte und Festigkeit bei hohen Temperaturen leicht warmverformen lassen,
eignen sie sich besonders gut zur Verarbeitung zu hochtemperaturfesten Stäben, Stangen
und Drähten sowie zur Verformung zu Auslaßventilen für Verbrennungsmotoren durch
Strangpressen oder Stauchen unter minimalem Metallverlust oder Schrottanfall.
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Es wurde gefunden, daß austenitische Chrom-Mangan- bzw. Chrom-Mangan-Nickel-Stahllegierungen,
die ihre hohe Härte und Festigkeit bei hohen Temperaturen einem ungewöhnlich hohen
Stickstoffgehalt verdanken, durch Zusatz sehr geringer, aber kritischer Mengen an
Bor die Eigenschaft der guten Warmverformbarkeit erlangen. Die durch den geringen
Borgehalt erzielte Erhöhung der Duktilität beeinträchtigt nicht die Hochtemperaturfestigkeit
und -härte, obwohl das Gegenteil zu erwarten gewesen wäre. Das Metall läßt sich
also bei den üblichen Walztemperaturen gut bearbeiten und besitzt beim Einsatz bei
hohen Temperaturen trotzdem die gewünschte hohe Festigkeit und Härte.
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Die austenitischen Chrom-Mangan-Nickel-Stahllegierungen mit verbesserten
Warmwalzeigenschaften gemäß der Erfindung kennzeichnen sich durch einen Gehalt von
12 bis 3001, Chrom, 4 bis 200/, Mangan, 0 bis 350/, Nickel, 0 bis
1,501, Kohlenstoff, mehr als 0,25 bis 0,60"/, Stickstoff, 0,00005 bis 0,0050/,
Bor, Rest Eisen.
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Erfindungsgemäß können diese Stahllegierungen als Werkstoff für Auslaßventile
von Verbrennungsmotoren verwendet werden.
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Bevorzugte Legierungen dieser Art kennzeichnen sich durch einen zusätzlichen
Gehalt an mindestens einem der nachstehnden Elemente, und zwar von 0 bis 9 °/o Molybdän,
0 bis 20 °/a Kobalt und 0 bis 0,30 °/o Schwefel.
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Aus der USA.-Patentschrift 2 562 854 sind austenitische Chrom-Nickel-,
Chrom-Mangan- bzw. Chrom-Nickel-Mangan-Stähle bekannt, die 10 bis 30 °/a Chrom,
mindestens
50 % Eisen und so viel Nickel und/oder Mangan enthalten, daß der Stahl bei Raumtemperatur
vollständig austenitisch ist. Sie können z. B. 4 bis 40 0/0 Nickel, 0,25 bis 20
% Mangan, 0,1 bis 7,5 % Molybdän, 0,1 bis 1501, Wolfram und insgesamt 0,1
bis 5111, an Niob, Tantal, Vanadium und Titan enthalten, wobei der Gehalt an jedem
einzelnen dieser Elemente 20/0 nicht übersteigt. Ferner können die bekannten Stähle
0 bis 1% Silicium, 0 bis 0,5 % Kohlenstoff und 0 bis 501, Kupfer enthalten.
Die Festigkeit solcher Stähle kann durch Heiß- und anschließendes Kaltbearbeiten
bedeutend erhöht werden. Da die hierdurch erzielte Festigkeitszunahme aber beim
nachträglichen Anlassen wieder verlorengeht, sollen diese Stähle nach der Lehre
der Patentschrift 0,005 bis weniger als 0,1% Bor enthalten. Hierdurch wird erreicht,
daß die durch Heiß- und Kaltbearbeiten erzielte Erhöhung der Festigkeit beim nachträglichen
Anlassen erhalten bleibt. Da die in der genannten Patentschrift beschriebenen Stähle
aber nur höchstens 0,20/, Stickstoff und vorzugsweise überhaupt keinen Stickstoff
enthalten, tritt bei ihnen die Schwierigkeit bei der Warmbearbeitbarkeit, die erfindungsgemäß
durch den Zusatz wesentlich geringerer Bormengen zu den Stählen behoben wird, gar
nicht auf. Die Möglichkeit, die Warmbearbeitbarkeit der austenitischen Chrom-Mangan-Nickel-Stahllegierungen,
die infolge eines ungewöhnlich hohen Stickstoffgehaltes besonders hohe Festigkeit
und Härte bei hohen Temperaturen aufweisen, durch einen sehr geringen Zusatz von
Bor zu verbessern, war bisher noch unbekannt.
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Die USA.-Patentschrift 2 432 618 beschreibt warmbearbeitbare Stähle,
die 15 bis 25 °% Chrom, 2 bis 25 0/0 Nickel, 10 bis 4011/0 Kobalt, 0,5 bis 15111,
Wolfram, 0 bis 80/0 Molybdän und 0,5 bis 30/, an mindestens einem
der Elemente Niob, Tantal, Titan und Vanadium enthalten, wobei der Gehalt an jedem
einzelnen dieser Elemente 2 % nicht übersteigt. Um diesen Stählen eine bessere Warmbearbeitbarkeit
zu verleihen, enthalten sie außerdem Bor und/oder Aluminium in Mengen nicht über
10/0. In den Beispielen der Patentschrift beträgt der Borgehalt der Stähle
0,4 oder 0,5 0/0. Auch diese bekannten Stähle enthalten jedoch vorzugsweise keinen
Stickstoff und jedenfalls nicht mehr als 0,25 % Stickstoff. Auch dieser Patentschrift
war daher nicht die Lehre zu entnehmen, daß die Warmbearbeitbarkeit von Chrom-Mangan-Nickel-Stählen,
die ihre hohe Festigkeit einem besonders hohen Stickstoffgehalt verdanken, sich
durch einen sehr geringen Zusatz von Bor bedeutend verbessern läßt.
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Aus der österreichischen Patentschrift 91631 sind niedriglegierte
Kohlenstoffstähle mit Borgehalten von 0,001 bis 0,1% bekannt. Durch den Borgehalt
soll die Festigkeit dieser Stähle verbessert werden. Da es sich hierbei jedoch nicht
um hochlegierte austenitische Stähle handelt, deren hohe Warmfestigkeit und Härte
auf einem ungewöhnlich hohen Stickstoffgehalt beruht, konnte die genannte Patentschrift
zur Lösung des bei diesen Stählen auftretenden Problems bezüglich der Heißwalzbarkeit
nichts beitragen.
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Wie oben erwähnt, ist der Borgehalt bei den Stahllegierungen gemäß
der Erfindung äußerst kritisch. Das Bor darf nämlich nur in so geringen Mengen zugesetzt
werden, wie sie zur Erzielung der gewünschten Warmverformbarkeit gerade ausreichen.
Selbst bei dem kleinsten Überschuß an Bor wird das Metall spröde, bricht beim Walzen
und muß dann verschrottet werden. Das Bor wird dem Stahl entweder während der Endbehandlung
im Ofen oder in der Pfanne zugesetzt. Gute Ergebnisse werden erhalten, wenn der
Zusatz vor oder während des Abstechens in die Rohblockform erfolgt. Vorzugsweise
erfolgt der Borzusatz, wie nachfolgend beschrieben, in Gegenwart eines Desoxydationsmittels.
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Der günstigste Bereich des Borgehaltes beträgt etwa 0,0005 bis 0,0008
0/0. Die Mengen der anderen Bestandteile sind zwar nicht ganz so kritisch, aber
bei geringeren Chromgehalten wird nicht die gewünschte Korrosionsbeständigkeit erzielt,
und höhere Chromgehalte bedeuten nicht nur eine unnötige Verteuerung, sondern stören
auch das Strukturgleichgewicht des Stahles, zu dessen Wiederherstellung dann übergroße
Zusätze an den anderen Bestandteilen notwendig sind. Das Mangan dient zur Ausbildung
der Austenitstruktur; geringere Mengen wären nicht ausreichend, und größere Mengen
würden sich nachteilig auf die Korrosionsfestigkeit auswirken.
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Der Kohlenstoffgehalt ist insofern kritisch, als größere Kohlenstoffmengen
zu Schwierigkeiten beim Walzen, nämlich einer übermäßigen Härte und einer Rißbildung
führen. Stickstoff ist in den Stahllegierungen gemäß der Erfindung in Mengen von
mehr als 0,25 bis 0,600/, enthalten. Größere Stickstoffmengen sollen jedoch
vermieden werden, weil sie leicht zu einem ungesunden Stahlgefüge führen.
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Nickel wirkt sich insofern vorteilhaft aus, als es zur Stabilisierung
der Austenitstruktur des Stahles beiträgt; Kobalt trägt zur Hochtemperaturfestigkeit
bei.
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Wenn zur Verbesserung der Zerspanbarkeit des Metalls Schwefel zugesetzt
wird, so darf dies nur in Mengen bis zu 0,30°/o erfolgen; größere Mengen führen
zu Schwierigkeiten bei der Warmverformung, besonders zum Reißen bei der Walzbehandlung.
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Eine bevorzugte austenitische rostfreie Stahllegierung gemäß der Erfindung
enthält 18 bis 240/, Chrom, 6 bis 12°/o Mangan, 0,30 bis 0,60°/o Kohlenstoff, 0
bis 5 % Nickel, 0 bis 0,15 % Schwefel, 0,25 bis 0,600/, Stickstoff, 0,001 bis 0,0050
% Bor, Rest Eisen. Dieser Stahl ist bei hoher Einsatztemperatur von 760C und ebenso
bei den Walztemperaturen hart. Er besitzt jedoch bei den Walztemperaturen eine ausreichende
Duktilität, um ein gutes Walzen zu ermöglichen. Die Duktilität beeinträchtigt andererseits
die Härte bei 760°C nicht. Er eignet sich besonders als Werkstoff für Auslaßventile
von Verbrennungsmotoren.
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Nach einer anderen Ausführungsform der Erfindung besteht eine Stahllegierung
zur Herstellung warmgewalzter Stäbe aus 20 bis 220/, Chrom, 8 bis 100/0 Mangan,
2,50 bis 3,500/, Nickel, 0,32 bis 0,420/, Kohlenstoff, 0 bis 0,100/0 Schwefel,
0 bis 0,250/0
Silicium, mehr als 0,25 bis 0,35 % Stickstoff, 0,0001 bis 0,00500/,Bor,
Rest Eisen.
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Eine besonders bevorzugte Stahllegierung gemäß der Erfindung besteht
aus 20 bis 22 % Chrom, 8 bis 10 0/0 Mangan, 3,25 bis 4,500/0 Nickel, 0,55 bis
0,650/0
Kohlenstoff, mehr als 0,25 bis 0,50010 Stickstoff, 0 bis
0,300/0 Schwefel, 0 bis 0,250/0 Silicium, 0,0001 bis 0,0050 % Bor, Rest Eisen.
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Der Borzusatz zur Schmelze des rostfreien Chrom-Mangan-Stahles erfolgt
in Form verschiedener Bor-Vorlegierungen, wie Ferrobor, Siliciumbor, Manganbor,
Aluminiumbor, mit oder ohne Desoxydationsmittel, wie Silicium, Titan, Vanadium oder
Zirkonium. Der Zusatz kann auch in Form von Boroxyden
oder dehydratisierten
Boraten, wie Borsäure und Pyrobor erfolgen. Gewöhnlich verwendet man Rasorit (Na2B407
- 4 H20) oder ein anderes natürlich vorkommendes Borat, wie Borax.
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Zur Erläuterung der praktischen Bedeutung der verbesserten Warmwalzbarkeit
der austenitischen rostfreien Chrom-Mangan-Stähle gemäß der Erfindung werden nachstehend
bestimmte Warmwalzwerte eines erfindungsgemäßen Stahles für Ventilteile von Verbrennungsmotoren
(Tabelle I) mit denjenigen eines entsprechenden Stahles verglichen, der jedoch kein
Bor enthält (Tabelle II). Der erfindungsgemäße Stahl hat die allgemeine Zusammensetzung
20 bis 22 °/o Chrom, 8 bis 10 °/o Mangan, 3,25 bis 4,50 °/o Nickel, 0,47 bis 0,57
°/a Kohlenstoff, 0 bis 10 °/o Schwefel, 0 bis 0,250/,) Silicium, 0,38 bis 0,50 °/o
Stickstoff,
0,0001 bis 0,0050 °/o Bor, Rest Eisen. Der Vergleichsstahl hat
die gleiche Zusammensetzung, enthält jedoch kein Bor. In jedem Falle wurde versucht,
den Rohblock (25,4 - 25,4 cm) durch Walzen auf einem mit drei feststehenden Durchgängen
versehenen Walzwerk in einen Knüppel von 7,6 - 7,6 cm zu überführen. In den meisten
Fällen ließ sich der Stahl mit Erfolg auf die gewünschte Größe bringen, in vielen
Fällen mußte jedoch das Behandlungsgut vor Erreichung der gewünschten Größe aus
dem Walzwerk genommen werden, weil Anzeichen einer Haarrißbildung auftraten. Die
mit diesem Stahl erhaltenen Ergebnisse werden nachstehend mit dem kein Bor enthaltenden
Stahl verglichen.
Die Werte der Tabellen I und II zeigen, daß von den hundertneunzig erfindungsgemäßen
(borhaltigen) 25,4 - 25,4-cm-Rohblöcken hundereinundsiebzig mit Erfolg auf die gewünschte
Knüppelgröße von 7,6 - 7,6 cm gewalzt werden konnten, was eine Verarbeitbarkeit
von 90,0"/, darstellt. Von den zweihunderteinundneunzig 25,4 - 25,4-cm-Rohblöcken
ohne Borgehalt bei sonst gleicher Zusammensetzung konnten nur zwanzig auf die Knüppelgröße
von 7,6 - 7,6 cm reduziert werden. Die anderen Rohblöcke mußten mit verschiedenen
Zwischengrößen vom Walzwerk entfernt und wieder erhitzt werden, bevor die weitere
Reduzierung möglich war. Die Zahl der bei dem zweiten Versuch direkt auf eine Größe
von 7,6 - 7,6 cm verformten Rohblöcke beträgt nur 6,9 °/o, was die bedeutend bessere
Warmwalzbarkeit des erfindungsgemäßen Stahles zeigt.